Aufgrund dieser Arbeit ist in den vergangenen Jahren etwas geschehen. Deshalb ist die Frage, wie wir mit den pragmatischen Problemen dieser Tage umgehen,natürlich eine,die etwas mit Grundsätzen zu tun hat.Wir haben hinsichtlich der Helaba beispielsweise entschieden, dass es keinen Sinn macht, dass wir die operative unternehmerische Verantwortung für eine Bank übernehmen. Einige haben dies anders entschieden, und sie zahlen vergleichsweise teuer dafür. Das ist aber eine Entscheidung, die nicht selbstverständlich ist, sondern sie ist politisch herbeigeführt worden.
Die Sozialdemokraten glauben, dass, wenn der Staat sich um eine Sache kümmert, man einigermaßen sicher sein könne, dass sie gut funktioniert.
Das ist der entscheidende Unterschied.Wir haben erhebliche Zweifel daran, dass der Staat der bessere Unternehmer ist. Herr Schäfer-Gümbel, um das klar zu sagen: Das sage ich nicht, weil ich es mir oder Ihnen oder wem auch immer nicht zutrauen würde, dass wir gute Unternehmer sind, wenn wir Unternehmer wären. Darum streite ich gar
nicht. Es geht nicht um die individuelle Fähigkeit von Menschen.Wir haben sehr gute Experten.Wenn man sich als Staat Tag und Nacht mit Einzelunternehmen beschäftigen muss, dann sieht man auch, was für gute Leute dabei sind. Damit habe ich überhaupt kein Problem.
Die Aufgabe des Staates ist aber eine andere Aufgabe als die eines Wirtschaftsunternehmens. Ein Wirtschaftsunternehmen muss auf seinen eigenen Vorteil bedacht sein. Das ist seine Aufgabe.Wenn es diese Aufgabe nicht wahrnimmt, dann geht es kaputt. Der Staat hingegen kann sich nicht auf den Vorteil eines Einzelnen gegenüber einem anderen konzentrieren; denn der Staat ist für das Gemeinwohl zuständig.
Dieser Unterschied führt mich dazu, zu sagen: Lasst jeden machen, was er besser kann. Der private Unternehmer kann besser sein Unternehmen steuern, und der Staat kann sich besser um das Gemeinwohl kümmern. Diese Aufgabenteilung ist die richtige.
Jetzt sind wir mitten bei Opel. Ich sage das nicht, weil ich keine Lust habe, mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Das weiß sicher jeder,und das sieht auch jeder.Wenn man ein neues europäisches Automobilunternehmen gründen will, geht es nicht darum, dass ein paar Leute im Aufsichtsrat sitzen und kluge Reden halten. Vielmehr muss alles auf den Kopf gestellt werden. Dabei wird es Gewinner und Verlierer geben. Es wird Schwierigkeiten geben, die niemand von uns voraussieht.
Es gibt große Investoren in der Welt, die mir sagen: Wir trauen uns das nicht zu. Wir werden an diese Geschichte nicht herangehen. Diese Geschichte ist für uns zu kompliziert. – Leute, die Milliarden-Unternehmen erfolgreich gemanagt haben, sagen: Mein lieber Freund, das Ding wird aber nicht einfach.
Das wissen wir alle. Ich halte das Problem für lösbar. Ich halte es aber nicht für möglich, dass eine Regierung glaubt, sie könne nebenbei die entsprechenden unternehmerischen Entscheidungen treffen. Wer das behauptet, streut den Leuten Sand in die Augen.
Wir brauchen in der Finanzkrise die notwendige Unterstützung, damit Investoren so etwas machen. Dabei kann man nicht ohne unsere Hilfe vorgehen. Ich bitte aber die Sozialdemokraten herzlich: Lassen Sie uns dabei bleiben, einen Investor zu suchen. Wir sind jetzt schon viel weiter gekommen, als Sie je gedacht haben. Herr Steinmeier hat doch zufälligerweise seine Rede zehn Stunden vor dem Besuch der Bundeskanzlerin bei Opel gehalten, in der festen Absicht: Jetzt seid alle stolz, der Staat kommt.
Die Arbeitnehmer in der Halle bei Rüsselsheim waren viel schlauer als die sozialdemokratischen Kollegen. Das Thema ist Gott sei Dank erledigt.Aber lassen Sie es in der Kiste. Wir sind auf dem Weg, eine unternehmerische Lösung zu finden. Das ist schwierig genug. Machen Sie keinem Hoffnung auf überflüssiges staatliches Geld durch Eigeninvestition, sondern konzentrieren Sie sich darauf, dass wir kluge Unternehmer begleiten, aus diesem Unternehmen einen europäischen Automobilkonzern zu machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will ausdrücklich noch einmal sagen: Das gilt! Das ist nicht nur eine Floskel, wie sie es vielleicht war, als wir vor einem Dreivierteljahr das erst Mal über die Investitionsprogramme gesprochen haben.Wir reden auch darüber, dass dies für viele andere Unternehmen gilt.Wir sind im Land im Augenblick an vielen Stellen mit diesen Fragen befasst.
Ich bin froh, dass es, Gott sei Dank, inzwischen eine ganze Reihe von mittelständischen Unternehmen gibt, die – das sage ich ganz offen – den Mut haben, möglichst früh zu kommen. Dieses öffentliche Gerede: „Den Großen hilft man, den Kleinen nicht“, hat vieles versaut. Denn es gibt einige Kleine, die das glauben. Wir helfen auch einem Unternehmen, das seinen Kredit in Höhe von 50.000 c nicht mehr bekommt und deshalb möglicherweise als Handwerksbetrieb in Schwierigkeiten kommt.Wir wollen ausdrücklich dem mittelständischen Betrieb mit seinen 200 oder 300 Arbeitnehmern, der in der Vergangenheit nie an einen staatlichen Zuschuss gedacht hat, der nie daran gedacht hat, eine Bank nach einem Kredit zu fragen, helfen. Das Problem ist oft: Die Unternehmen, die schon viele Kredite haben, haben noch gute Gesprächspartner bei den Banken. Die Unternehmen, die bisher noch nie einen Kredit in Anspruch genommen haben, finden viele Banken, die der Meinung sind, das müsse auch so bleiben. Um diese Aufgabe zu lösen, braucht man oft die Kooperation. In einer sozialen Marktwirtschaft trägt der Staat auch eine bestimmte Verantwortung. Das ist nicht neu. Das geht nach Regeln. Diese Verantwortung wollen wir an dieser Stelle tragen.
Ich erlaube mir eine Nebenbemerkung zu Ihrer Steuerpolitik mit dem Versuch, Neid zu schüren, und mit dem Versuch, zu sagen: „Da die Reichen, und da die anderen“. Lieber Herr Schäfer-Gümbel, reden Sie einmal mit den Leuten, die im Augenblick versuchen, ihre Unternehmen im Mittelstand am Laufen zu halten – trotz der schwierigen Krise,in der sie sich befinden.Reden Sie mit den Leuten –
Sie kennen sie, und ich kenne sie –, die im Augenblick 30, 40 Leute entlassen müssten und keinen davon entlassen, die wir sogar noch davon überzeugen müssen,dass sie erst einmal Kurzarbeit machen, weil sie es ganz auf ihre Gehaltskonten genommen haben, die genau sehen, was dort los ist. Sie wissen, dass sie dieses Jahr keinen Gewinn machen. Sie wissen, dass sie nächstes Jahr keinen Gewinn machen, und sie hoffen, dass sie irgendwann wieder einen Gewinn machen. Was glauben Sie, in welch glücklicher Lage sie sind, wenn sie von Ihren sozialdemokratischen Parteipolitikern hören, dass sie die sind, die die Zeche bezahlen müssen, weil sie jetzt bereit sind, auf ihr Einkommen zu verzichten.
Sie können nicht in gute und schlechte Unternehmer unterscheiden. Das geht im Steuerrecht nicht. Es gibt ein paar, da habe ich Sympathie mit Ihnen, individuell. Das mag sein.Aber so kann man keinen Staat organisieren. So kann man Neid organisieren, aber keine Wirtschaft.Wenn man Wirtschaft organisieren will, muss man andere Voraussetzungen dafür schaffen.
Ich finde es vergleichsweise mutig, als Erstes Steuersenkungen, die ihre Gegenfinanzierung bei Weitem überstei
gen, öffentlich im Wahlprogramm vorzulegen und uns dann nach der Finanzierung für Steuererleichterungen zu fragen. Ich sage Ihnen ganz klar: Wir können es nicht verantworten – jedenfalls wir in dieser Regierungskoalition –, Steuergeschenke zulasten der nächsten Generation zu machen.
Das ist eine Lektion, die wir schon haben wollen. Aber, verehrter Herr Kollege Schäfer-Gümbel, erstens ist Steuerpolitik – so habe ich sie jedenfalls bisher immer verstanden – gelegentlich Anreizpolitik. Das wollen wir auch nicht verschweigen.Das ist Ihr eigenes Programm.Steuerpolitik bedeutet nicht nur Umverteilung; sonst hätte ich Ihren Kollegen Steinbrück in den letzten Jahren falsch verstanden. Ich glaube, er ist in Ihrer Partei.
Der zweite Punkt, den man in dem Zusammenhang sehen muss: Wir glauben, dass es in der nächsten Wahlperiode wieder Wachstum gibt. Ich bin nicht bereit, vier Jahre unter dem Gesichtspunkt zu planen: Es geht immer nur zurück. – Dafür sehe ich keinen Anlass.Wir müssen uns hier nicht kranker reden, als die Situation schwierig ist.
Drittens. Wir – jedenfalls wir Christdemokraten und, ich denke, auch die liberalen Kollegen – reden bei der Steuerreform und der Steuerentlastung der nächsten Jahre in aller Regel über den Facharbeiter, weil der Facharbeiter im Augenblick in dem System der kalten Progression derjenige ist, der am heftigsten dafür zahlt. Das ist der, der, wenn er einen Euro mehr verdient, die höchsten Abgaben hat. Da ist die „Bild“-Zeitung heute gar nicht so falsch. Das ist aber kein Steuerproblem,sondern das Problem ist, dass wir als Parteien allesamt die Abgabenlast nicht in den Griff bekommen haben. Die Abgabenlast ist nicht vollkommen nach dem Einkommen verteilt. Das geht nicht. Das wissen Sie auch.
Sie ist vielmehr bei den geringeren Einkommen in der Versorgungshöhe prozentual höher. Deshalb werden wir auch weiter über die Frage nachdenken müssen, wie wir das schaffen.Nicht bei der Rente,aber bei der Gesundheit müssen wir einen Weg finden, dass die Ausgaben nicht ins Unermessliche gehen.
Diese Kombination in der Diskussion wird bleiben. Ich sage Ihnen: Wer den Arbeitnehmern, den Leistungsträgern der Industriebetriebe dieses Landes sagt: „Wir vergessen die Tatsache, dass jede Leistung, die ihr mehr erbringt, sich für euch faktisch nicht mehr lohnt“, der trägt den Entwicklungen auch nicht Rechnung.
Das ist genau das Gleiche wie bei den Mittelständlern. Deshalb werden wir alle miteinander eine vernünftige und ruhige Diskussion über Steuerpolitik führen. Aber wir werden es nicht zulasten der Kinder machen. So konkret bleibt das bei uns. Sie sind die, die auf der Bundesebene im Augenblick Geld für eine Steuerreform ausgeben wollen,bevor Sie es haben.Wir werden das nicht in einer vergleichbaren Weise tun.
Wir sind dabei schon ein Stück bei den grundsätzlichen Fragen:Was müssen wir tun, was tun wir im Land, um jenseits von Infrastruktur und von Konjunkturprogrammen – –
Ich rede über unser Infrastrukturprogramm. Ich rede über Steuerpolitik. Ich rede über genau die Dinge, die wir entweder im Bundesrat oder im Hessischen Landtag miteinander entscheiden.
Herr Kollege Al-Wazir, das ist eine Grundsatzdebatte, auch wenn man das bei Herrn Schäfer-Gümbel nicht immer bemerken konnte.
Die zweite Frage ist: Was schaffen wir an langfristigen Voraussetzungen? Was ist das Ziel dieser Regierung? Dazu sage ich noch einmal, auch wenn es insbesondere den Kollegen von den GRÜNEN ganz bestimmt nicht gefallen wird: Wir sind absolut sicher, dass für den richtigen Neustart für ein Land mit seiner Exportorientierung und -vernetzung wie Hessen nach wie vor zwei Faktoren zentral sind,nämlich auf der einen Seite die Infrastruktur und auf der anderen Seite die Wissensinfrastruktur.An diesen beiden Stellen entscheidet sich die Frage, wie wir aus der Krise herauskommen.
Ich bin froh, dass es den Spatenstich gegeben hat. Das bestreite ich gar nicht. Ich habe da nicht viele Sozialdemokraten gesehen.Aber ich bin froh, dass es den Spatenstich gegeben hat. Ich bin darauf auch durchaus ein bisschen stolz.Wir haben dies mit der beharrlichen Arbeit der letzten zehn Jahre geschafft, sodass dann, wenn die Krise endet, die Landebahn ihren Betrieb aufnehmen kann.
Herr Schäfer-Gümbel, ich stelle mir lebhaft vor, was wäre, wenn Sie hier säßen und wir die Diskussion hätten. Ich wette mit Ihnen, dass es den Spatenstich zu dem Zeitpunkt nicht gegeben hätte.