Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren,wir wollen eine Steuerpolitik, bei der Starke eben mehr tragen als Schwache. Und verstecken Sie sich nicht hinter irgendwelchen Steuerdebatten. Sie wollen, dass dieser Zustand genau so bleibt, wie er ist.

(Beifall bei der SPD)

Damit komme ich zur letzten Bemerkung und zum abschließenden Fazit dieser Generaldebatte. Herr Koch, Sie und Ihr Kabinett sind ganz offensichtlich ideenlos, amtsmüde und lustlos. Ich sage Ihnen in aller Bescheidenheit: Mit einem Blick auf Ihren Gehaltszettel am Ende des Monats können Sie sich immer wieder vergewissern, in wessen Auftrag Sie hier eigentlich handeln, nämlich im Auftrag der hessischen Bürgerinnen und Bürger. Sie sind in Ihrer Amtsführung lustlos geworden; das kann ich persönlich sogar nachvollziehen. Aber ich sage Ihnen, meine Schwiegermutter sagt dazu, wenn der eine oder andere vielleicht einmal keine Lust hat:Wir erwarten – –

(Minister Michael Boddenberg: Gut, dass Sie eine Schwiegermutter haben!)

Herr Boddenberg, wenn Sie jetzt etwas gegen meine Schwiegermutter sagen, dann werden wir bis zum Ende aller Tage wirkliche Freunde.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Meine Schwiegermutter ist eine sehr bodenständige Landwirtsfrau, die wahrscheinlich im Grundsatz politisch eher bei Ihnen als bei mir ist.

(Demonstrativer Beifall bei der CDU)

Deswegen sage ich Ihnen – das hat etwas mit Sekundärtugenden zu tun –:Wenn Sie zu etwas keine Lust haben, und Sie haben ganz offensichtlich keine Lust mehr auf dieses Amt,

(Lachen bei der CDU)

dann können wir wenigstens von Ihnen erwarten, dass Sie es ohne Lust machen. Nicht mehr und nicht weniger erwarten die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land und auch die Opposition. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Schäfer-Gümbel. – Für die Landesregierung wird jetzt Herr Ministerpräsident Koch das Wort ergreifen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Schäfer-Gümbel, wenn wir mal für einen Augenblick unterstellen, dass Sie heute Morgen Lust gehabt haben, dann ist das Ergebnis schwach.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn Sie diese Maßstäbe an die Leistungsfähigkeit anlegen, dann muss sich das der Ministerpräsident selbstverständlich gefallen lassen. Deshalb reden wir darüber. Aber, verehrter Herr Kollege Schäfer-Gümbel, dann sage ich zu Beginn der Debatte auch einmal: Sie auch. Wer an jeder Stelle erklärt, was in seiner eigenen Partei vorgeht, könne er leider nicht ausreichend beeinflussen, denn da gebe es so komplizierte Verfahren, wer sieht, dass seine nordhessischen Freunde mit Menschen, die einmal Abgeordnete dieses Landtags waren, eine am Ende erträgliche politische und parteipolitische Auseinandersetzung haben, und wer sieht, dass er, obwohl er noch stellvertretender Vorsitzender in Südhessen ist, nicht einmal in Südhessen genug Autorität hat, die Dinge einigermaßen in Ordnung zu bringen, der muss wissen, welche Leistungskraft er hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das musste ich gegen mich gelten lassen, und das müssen auch Sie hier gelten lassen:Wer Parteivorsitz und Oppositionsführung nicht ordentlich hinkriegt, der kann sich nicht ordentlich um den Posten des Ministerpräsidenten bewerben. Sie haben viereinhalb Jahre lang Zeit, aber das ist der Weg, den wir alle gemeinsam gehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das müssen wir dann, denke ich, in der notwendigen Freundschaft miteinander austragen. Dass Sie jetzt hier als Oppositionsführer sprechen, das ist gut so.Aber damit

auch völlig klar ist: Das ist kein selbstverständliches Ergebnis der politischen Diskussionen der letzten 18 Monate in diesem Lande.Wenn man in diesen Tagen die Ankündigungen der Parteien liest, muss man sich nur einmal kurz vorstellen, dass hier mitten in dieser schwierigen Krise, in der wir sind, eine aus SPD und GRÜNEN gebildete Koalition – am jeweiligen Haken der Linkspartei, die mit Ja oder Nein stimmen und ohne eigene Verantwortung Regierungen mitbilden kann – eine solche Gestaltung haben würde.

Meine Damen und Herren, lieber Herr Schäfer-Gümbel, Sie reden jetzt über den Haushalt. Im letzten Jahr hatten Sie nicht einmal die Kraft, auch nur zwei Sätze zur Haushaltspolitik in Ihrer ganzen Koalitionsvereinbarung zu verabreden, weil Sie dazu kein Konzept hätten haben können, mit dieser Linkspartei. Das ist die Ausgangsposition, in der wir hier miteinander arbeiten.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von der SPD)

Deshalb sage ich Ihnen: Ja, Hessen ist zu stabilen Verhältnissen zurückgekehrt. Das war die wichtigste Entscheidung der Wählerinnen und Wähler.

(Beifall bei der CDU)

Hier wird mit einer stabilen politischen Mehrheit regiert. Ja, diese Regierung geht planvoll und Schritt für Schritt ihre Dinge an. Sie wird nicht in 100 Tagen alles verwirklichen können. Das wollen wir auch gar nicht, denn wir wollen und können fünf Jahre lang regieren, und wir werden uns an der Bilanz dieser fünf Jahre messen lassen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist die Aufgabe vernünftigen Regierungshandelns.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Gerade nach dem, was im letzten Jahr war, sage ich Ihnen auch: Ich weiß sehr wohl, Verlässlichkeit ist nicht alles. Aber diese Regierung macht Verlässlichkeit zu ihrem Markenzeichen, weil sie weiß, ohne Verlässlichkeit ist alles nichts – gerade in Zeiten wie diesen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Diese Frage von Verlässlichkeit wird in den nächsten Monaten nach wie vor eine hessische Geschichte sein; denn Hessen ist nun einmal nach meiner Vorstellung und der von Jörg-Uwe Hahn durchaus eine Blaupause für das,was man national machen könnte. Wir glauben, eine derart stabile Regierung wie in Hessen hat auch Deutschland nötig.

Dies ist aber auch eine Blaupause für die Diskussion auf der anderen Seite. Es ist eine Debatte, in der in Deutschland im Augenblick genau das Gleiche passiert, was wir vor zwei Jahren in Hessen erlebt haben, nämlich eine schleichende Konversion der Parteiprogramme, die sich immer mehr in Übereinstimmung begeben – mit gleichzeitigen öffentlichen Abwehrerklärungen, man werde die Einheitlichkeit seiner Programme niemals zu einer gemeinsamen Regierung nutzen, um andere Modelle auszuschließen, um eigentlich nur noch diese Machtperspektive zu haben.

Wir haben in Deutschland im Augenblick nur einen Vorteil, den die Sozialdemokraten dankenswerterweise herbeigeführt haben.Am 23.Mai steht die Wahl zum Bundespräsidenten an. Verehrte sozialdemokratische Kollegen, dabei muss man sich bekennen, ob man das macht, was 90 % der Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland für richtig halten,nämlich einem ausgezeich

neten Bundespräsidenten mit einem großen Vertrauensbeweis der Bundesversammlung für weitere fünf Jahre ein politisches Amt zu übertragen, was im Übrigen auch die meisten Sozialdemokraten wollen,

(Günter Rudolph (SPD): Was hat das mit dem Haushalt zu tun?)

oder ob man die Chuzpe hat, einen Tag nach dem 60. Geburtstag des Grundgesetzes zu sagen: Wir wollen auf jeden Fall den Bundespräsidenten bzw. die Bundespräsidentin stellen,auch wenn wir dafür die Stimmen der Kommunisten brauchen. – Das ist beschämend, und das ist ein Teil der Diskussion, die wir miteinander führen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Verehrter Herr Kollege Schäfer-Gümbel, ich sage das zu Beginn, damit klar ist, dass wir keine Politikdebatte im blutleeren Raum führen. Wir führen eine politische Debatte mitten in einer der zentralen Auseinandersetzungen über die Zukunft dieser Gesellschaft, in der diese Regierung eine Rolle spielt.

(Zuruf des Abg.Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Bei dieser Frage reden wir zunächst einmal über die Grundsätze, aber nicht über die Details. Einer der ganz entscheidenden Grundsätze ist diese Richtungsentscheidung. Sie wird uns prägen bei der Beantwortung der Frage, was in den nächsten Monaten und Jahren geschieht, erstens zur Bewältigung der Krise, die vor uns steht, und zweitens zur Sicherstellung, dass wir uns als die Besten profilieren, um gut aus dieser Krise herauszukommen und neu zu starten.

Das ist die Aufgabe, mit der wir uns im Augenblick sehr handwerklich und sehr pragmatisch beschäftigen. Dabei sollte nicht jeden Tag eine neue programmatische Revolution ausgerufen werden. Das ist vielmehr häufig eine sehr handwerkliche und nüchterne Arbeit an den einzelnen Projekten. Das ist Kontinuität, weil wir seit dem Jahr 1999 einige Schritte in diese Richtung unternommen haben. Das erfordert neue zusätzliche Impulse, über die wir im Augenblick sprechen.

Wenn man die hessische Situation betrachtet, muss man sich vor Augen führen, dass wir ein Bundesland sind, das einerseits sehr stark vom Export abhängig ist. Das ist ein großer Vorteil, und das bedeutet große Verdienste und relativ hohe Beschäftigungsmöglichkeiten für die Menschen in unserem Bundesland.Andererseits sind wir aber sehr anfällig für eine Weltwirtschaftskrise.

Das verspüren wir im Augenblick. Das stellen wir bei den Steuereinnahmen fest. Das werden wir auch bei den Arbeitsplätzen feststellen. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen wir international bleiben.Wir sind ein Land, das vom Finanzplatz lebt, der in dieser Zeit in besonders großen Schwierigkeiten steckt.Wir sind ein Land, das sehr abhängig von der Automobilindustrie ist. Wir sind außerdem ein Land, das sehr behutsam dafür sorgen muss, dass das, was wir an grundständiger Kapazität einer Bauindustrie haben, in einer Krise überleben kann, die außerordentlich schwierig ist.

Mit diesen Fragen beschäftigen wir uns derzeit. Dabei muss man auch die Frage entscheiden, was man kurzfristig tun kann. Ich will mit Ihnen jetzt nicht in einen detaillierten Wettbewerb darüber eintreten, wer wann was gesagt hat; denn jeder kann nachlesen, dass Sie unrecht hatten, Herr Schäfer-Gümbel. Wir haben ein Investitionsund Konjunkturprogramm auf den Weg gebracht, das wir

im Übrigen gemeinsam beraten haben. Ich will gar nicht bestreiten, dass Sie gesagt haben, dass Ihnen erstens nichts Besseres einfällt und wir zweitens recht haben. Ich finde, das ist das Gegenteil von Schläfrigkeit.

Wenn ich die sozialdemokratisch regierten Bundesländer in Deutschland betrachte – es gibt nur noch wenige davon, die man als Benchmark verwenden kann –, kann ich nicht erkennen, dass ein sozialdemokratisch regiertes Bundesland ein vergleichbares Programm aufgelegt hat.

(Zuruf von der CDU: Gar nichts!)

In dieser Gesellschaft ist die Fähigkeit sehr verbreitet, über Erfolge zu schweigen. Die meisten Länder, die im Augenblick in einer schwierigen finanziellen Situation sind, sind es auch deshalb, weil sie sehr viel für die öffentlichen Banken ausgeben müssen.

Wir geben über unser Konjunkturprogramm vergleichsweise wenig für die Eigenkapitalausstattung unserer Landesbank aus – relativ zu dem, was die meisten anderen Bundesländer für die Eigenkapitalausstattung ihrer Banken entweder in der Vergangenheit schon ausgegeben haben oder jetzt ausgeben müssen.Wir reden auch über unser Eigenkapital, aber nur in dem Zusammenhang, dass wir Zukunftsentwicklungen schneller vorantreiben wollen. Die Bayern müssen 10 Milliarden c investieren. Nordrhein-Westfalen muss 8 Milliarden c investieren, und zwar mit enormen Schwierigkeiten.

Herr Kollege Dieter Posch als Wirtschaftsminister und ich haben damals entschieden,dass wir uns an der Hessischen Landesbank beteiligen und Verantwortung übernehmen. Deshalb sollten Sie uns schon erlauben, dass wir ein bisschen stolz darauf sind, wie die Hessische Landesbank heute dasteht,weil wir etwas damit zu tun haben,und dass dieser Landtag eine leichtere Aufgabe zu bewältigen hat, weil mit dem Konjunkturprogramm die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen worden sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP)