Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst einmal auch meinen Dank an die ausscheidenden Mitglieder aus dem Kabinett richten. Frau Henzler, Herr Posch, aber auch Herr Hirschler: ganz herzlichen Dank für das von Ihnen aufgebrachte Engagement. Wir alle wissen, solche Funktionen sind nicht einfach. Sie sind nicht immer vergnügungssteuerpflichtig. Deswegen gilt – jenseits aller politischen Differenzen, zu denen ich natürlich auch gleich noch ein paar Bemerkungen machen werde – persönlich und politisch unser Dank auch Ihnen.
Damit das am heutigen Tage nicht untergeht, möchte ich aber auch jemand anderen aus diesem Hause verabschieden, nämlich den Kollegen Manfred Görig, der heute letztmals am Plenum teilnehmen wird. In wenigen Tagen wird er neuer Landrat im schönen Vogelsbergkreis. Lieber Manfred, dir herzlichen Dank für deine Arbeit hier im Haus und alles Gute in deiner neuen Funktion.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zeit reicht ganz sicherlich nicht aus – angesichts der zehn Minuten, die wir uns vorgegeben haben –, die Kabinettsumbildung des stellvertretenden Ministerpräsidenten hier vertieft zu diskutieren. Allerdings will ich gleich zu Beginn festhalten, dass eine rein auf bio
logische Verjüngung setzende Kabinettsumbildung ganz sicherlich kein Aufbruchsignal ist. – Ehrlich gesagt, wünschen wir uns das auch politisch nicht, damit da keine falsche Interpretation entsteht.
Ich bin sehr sicher: Nach dieser Kabinettsumbildung wird es keine neuen Impulse geben. Diese Regierung wird dort nahtlos anknüpfen – Herr Rentsch und Frau Beer stehen auch in einer Tradition dieser Koalition – und sich weiter etablieren als die ideenloseste, die ratloseste und die konzeptloseste, die es in der Republik gibt.
Längst haben Sie Ihren inneren Kompass verloren. Das wird an vielen Stellen deutlich. Ganz besonders wird das deutlich – an dieser Stelle haben bei der Rede von Herrn Greilich eben auch viele Kolleginnen und Kollegen in meiner Fraktion und in manch anderer gezuckt – beim würde- und stillosen Umgang bei der Auswechslung von Frau Henzler. Das will ich in aller Klarheit sagen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf des Abg. Pe- ter Beuth (CDU))
Wenn der Ministerpräsident formuliert, „auf ihre Bitte“ sei sie entlassen worden, ist das zynisch angesichts ihrer eigenen persönlichen Erklärungen. Während sich Herr Posch noch im Rahmen einer Regierungserklärung hier abfeiern durfte – wir werden heute die Flughafendebatte nicht wiederholen –, hatte Frau Henzler im Rahmen dieses Plenums keine Möglichkeit, nochmals für ihre Politik einzutreten. Ich finde das unangemessen – auch angesichts der Krokodilstränen, die hier gerade vergossen wurden.
Ich will das auch mit mindestens zwei inhaltlichen Punkten verbinden. Kollegin Wissler hat das bereits in der letzten Parlamentsdebatte erklärt: Ihr Umgang mit den Kindern ohne Aufenthaltsstatus ist vorbildlich, weil er Kindern, die sonst durch jedes Raster gefallen wären, eine Chance gibt. Dafür ganz herzlichen Dank.
Das gilt auch – und zumindest wir beide wissen, wovon da die Rede ist –, weil Sie an verschiedenen Stellen versucht haben, die Parteibuchwirtschaft bei der Besetzung von Schulleiterstellen zu beenden. Auch dafür will ich Ihnen ganz herzlich danken.
Es gilt allerdings auch – Frau Henzler, das kann ich Ihnen und der Koalition am heutigen Tage nicht ersparen –, dass für uns wichtige Impulse im Bildungsbereich ausgeblieben sind.
Das gilt für das Thema Chancengleichheit und auch für die Entwicklung bei den Ganztagsschulen. Das gilt ganz besonders bei der weiteren Entwicklung der Inklusion und auch beim weiteren Umgang mit dem Thema G 8 und G 9. Dort gibt es nach wie vor große Baustellen.
Ihr Herzensanliegen, die selbstständige Schule, geriet in Gefahr, ein Bürokratiemonster zu werden. Wir werden es beim Landesschulamt – der Erfindung von Herrn Greilich – noch ausreichend zu diskutieren haben, ob dort nicht neue Bürokratie entsteht, statt die Organisation ein biss chen zu straffen.
Letztlich müssen Sie sich vorhalten lassen, dass bei Ihrer 105-prozentigen Lehrerversorgung doch eher die kreative Buchführung im Vordergrund stand, als am Ende den Schulen wirklich eine Lösung anzubieten.
Die Berufung von Frau Beer – der wir persönlich alles Gute wünschen – in ihre neue Funktion war für uns außerordentlich überraschend. Bisher ist Frau Beer ausschließlich als Erfinderin des Studiengebührenmodells der hessischen FDP aufgefallen.
Insofern erwarten wir von Ihnen, Frau Beer, wenige Impulse beim Thema Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit.
Sie können uns vom Gegenteil überzeugen – dafür bleiben Ihnen 18 Monate Zeit. Wir sind sehr gespannt.
Wir wünschen Ihnen in den ersten 100 Tagen eine ordentliche Einarbeitung, danach werden wir sicherlich sehr engagiert miteinander auch über Chancengleichheit streiten.
Damit will ich zu Herrn Posch kommen. Lieber Dieter Posch, auch Ihnen – oder ich darf das hier sagen: auch dir – ganz herzlichen Dank für das Engagement. Aber auch bei dir ist die politische Bilanz leider durchwachsen.
Beim Thema Flughafen ist genau das passiert, was ich am Dienstag befürchtet habe: Wir haben eine erste Klageankündigung, und ich vermute, es werden noch ein paar andere folgen. Das Verfahren zum Frankfurter Flughafen ist eben nicht abgeschlossen. Insofern hoffe ich, dass sich der Weg, der hier eingeschlagen wurde, nicht am Ende rächt – im Interesse der Nachtruhe der betroffenen Bürgerinnen und Bürger.
Bei den Nachrichten zum Thema staufreies Hessen habe ich häufig morgens auf der A 5, der A 3, der A 45 und vielen anderen Straßen in Hessen sehr an Sie gedacht. Ich hätte mir gewünscht, dass das deutlich besser funktioniert.
Beim Thema der Nassauischen Heimstätte wie der ge samten Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik sind jegliche Impulse ausgeblieben. Ich hätte mir gewünscht, dass der Wohnungsminister des Landes auch in den Privatisierungsdebatten deutlich Position bezogen hätte.
Das ÖPNV-Gesetz ist ambitionslos. Es leidet darunter, dass es mit massiven Mittelkürzungen gegenüber den Verbünden verbunden ist.
Letztlich ist auch die Never-ending-Story um die HessenAgentur mitnichten gelöst. Wir haben zwar wieder einmal ein paar Personalwechsel erlebt, aber hinsichtlich einer ordentlichen Mittelstandsorientierung dieser Landespolitik ist nichts passiert.
Allerdings will ich deutlich sagen, dass die Zusammenarbeit bei der drohenden Fusion von Deutscher Börse und NYSE Euronext außerordentlich gut war. Ich glaube, zumindest an dieser Stelle können wir festhalten, dass wir gemeinsam das Ergebnis erzielt haben, das wir von Anfang an wollten.
Dass diese Kabinettsumbildung des stellvertretenden Ministerpräsidenten auch von Kompasslosigkeit geprägt ist, macht die dritte Personalie deutlich, nämlich die Berufung von Frau Breier. Herr Hahn, ich will in aller Deutlichkeit sagen, die Berufung von Frau Breier befremdet uns sehr. Frau Breier hat im Rahmen ihrer Berufung noch einmal erklärt, dass sie die Kritik an der Regierung Orbán, die in Europa durchgängig ist, als perfide Behauptungen abtut, die von der Linken in Ungarn gesteuert seien, und sie keinerlei Probleme bei dem sehe, was in Ungarn passiere. Ich will gar nicht mich oder andere zitieren.
Herr Greilich, ich zitiere den Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechte und für humanitäre Hilfe, Markus Löning, FDP. Er hat gesagt:
Die Bundesregierung erwartet, dass alle Reformen in Ungarn in Respekt vor den europäischen Werten angegangen werden. Ich bin sehr besorgt um die Unabhängigkeit der Justiz und die Entwicklung der Meinungsfreiheit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Warnung des Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, ein Mitglied der FDP, könnte deutlicher nicht sein. Wir erwarten eine Klarstellung der Regierung, wie sie zu den Positionen von Frau Breier steht.
Ich möchte eine letzte Bemerkung machen, weil hier mehrfach von geordneten Verfahren gesprochen worden ist. Wo war eigentlich der Ministerpräsident bei dieser Kabinettsumbildung? Er ist aufgetaucht, als alles erklärt wurde oder sozusagen auf Parteitagen inszeniert wurde.
Allerdings gibt es auch deutliche Hinweise darauf, dass die Zusagen des Ministerpräsidenten nicht eingehalten wurden. Zum Beispiel steht im „Wiesbadener Kurier“ vom 4. Mai, es gebe deutliche Vorbehalte aus der FDP