Protokoll der Sitzung vom 06.09.2012

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Ihr habt schlechte Mitar- beiter!)

Herr Minister Hahn, dabei haben Sie sich verrannt. Das Steuerabkommen mit der Schweiz wird nicht kommen, und das ist gut so.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU)

Es ist ein Affront gegen alle ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Erstens. Bei einem einmaligen Transfer von Vermögen in die Schweiz, das sind fast 80 % der Fälle, bleibt es beim Mindeststeuersatz von 21 %. Dieser Wert liegt offenkundig unter dem Satz der Abgeltungssteuer von 25 %. Die Steuerhinterzieher haben also mindestens 4 Prozentpunkte gespart.

Zweitens. Sie haben vereinbart, dass der Steuerhöchstsatz auf 41 % angehoben wird. Eine effektive Besteuerung über 34 % ist nach Berechnungen von Prof. Hechtner nur

bei einer jährlichen Rendite von mindestens 56 % zu erreichen. Ich glaube, eine solche Rendite ist auch mit einer Anlage in der Schweiz schwerlich zu erreichen. Das ist also reine Theorie.

Der Knackpunkt ist, dass bei dem Schweizer Bankenmodell die Anonymität der Kunden erhalten bleibt. Selbst wenn eine anonyme Nachbesteuerung erfolgt, wenn man sein Geld in der Schweiz hat und es anonym nachversteuert, bekommt man einen Persilschein. Herr Hahn, Sie wollen die Schlupflöcher nicht schließen. Offensichtlich hat der FDP-Klientelschutz Vorrang vor Steuerrecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie geben Schwarzgeldbesitzern einen Persilschein. Bei allen Auskünften, die die deutsche Seite von der Schweizer Seite erhält, müssen wir uns auf das verlassen, was uns die Schweizer Banken sagen. Es gibt für die deutschen Finanzbehörden keine Möglichkeit, das nachzuprüfen.

Deshalb müssen wir weiter an der Einführung eines automatischen Informationsaustausches festhalten. Das wird aber durch dieses Abkommen behindert.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Momentan sind die Ankäufe von Steuer-CDs die einzige Option, um Steuersünder zu überführen. Auch das Bundesverfassungsgericht sagt, dass die strafrechtliche Verwertung des angekauften Materials zulässig ist.

Es wird behauptet, eine Mehrheit der Bundesbürger fürchte den Kauf von Steuersünderdaten. Das ist eine Mär. Machen Sie sich nichts vor: Dies ist nicht in erster Linie ein Konflikt zwischen Deutschland und der Schweiz. Dies ist ein Konflikt zwischen Vermögenden, die ihre Steuern nicht zahlen wollen und deshalb die Anonymität des Schweizer Bankgeheimnisses schätzen, und der Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland und der Schweiz, die ordentlich Steuern zahlt – also ganz normaler Klassenkampf.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sollten aufhören, so zu tun, als gebe es einen Konflikt zwischen zwei Staaten. Selbst in der Schweiz ist das Bankgeheimnis doch schon lange umstritten. So erklärten die Schweizer GRÜNEN im Jahr 2009 – ich zitiere –:

Das Steuerhinterziehungsgeheimnis gehört rasch abgeschafft, für alle Länder, auch für Schweizerinnen und Schweizer. Natürlich soll für Sparerinnen und Sparer ein Datenschutz bestehen, aber nicht für Steuerbeschiss.

Nur die politische Rechte in unserem Land steht wieder einmal auf der Bremse und schützt so weiterhin deutsche Steuerbetrüger – eine maßlose Schelle für alle ehrlichen Steuerzahler.

Die Welle von Selbstanzeigen ist ein guter Beleg für die Wirksamkeit der CD-Käufe. Auf dieses Notinstrument darf der Staat bei der Verbrechensbekämpfung – Steuerbetrug ist ein Verbrechen – nicht verzichten.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Kollege van Ooyen. – Das Wort hat Herr Kollege Müller, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben hier einmal mehr eine parteiideologische Diffamierungskampagne wie aus dem Bilderbuch, die unerträglich und unredlich ist.

Ich will lhnen zu Beginn kurz vortragen, was bei Wikipedia unter „Diffamierung“ zu finden ist.

Als Diffamierung... bezeichnet man heute allgemein die gezielte Verleumdung Dritter. Dies kann durch die Anwendung von Schimpfwörtern oder durch diverse Unterstellungen geschehen.

Vor allem im Bereich der Politik bezieht sich die Diffamierung auf die Ehrverletzung, Hetze sowie die Gerüchteverbreitung gegen partei- oder staatspolitische Gegner. Die dabei angewendeten Methoden können sowohl physischer als auch psychischer Natur sein und haben stets den Zweck, den Betroffenen gesellschaftspolitisch auszuschalten, mundtot zu machen oder gar zu ruinieren. Eine moderne Form der Diffamierung ist das sogenannte Mobbing.

Meine Damen und Herren, viel treffender kann eine Definition für das, was SPD und GRÜNE seit dem letzten Wochenende in diesem Land abziehen, kaum beschrieben werden.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihre Vorwürfe in unsere Richtung, wir wollten Steuerhinterzieher schützen und schonen, sind nichts als böswillige Unterstellungen. Sie kehren die Realität um und sind vor allem auch ehrabschneidend.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Liberale setzen beim Kampf gegen die Steuerhinterziehung auf das Steuerabkommen mit der Schweiz. Ich will Ihnen auch genau darlegen, warum.

Erstens. Das Steuerabkommen ist eine effektive und gut handhabbare Maßnahme zur dauerhaften Lösung der Steuersünderproblematik.

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Nur über ein Steuerabkommen kann der Staat alle Steuerhinterzieher zur Rechenschaft ziehen. Mit dem von der Opposition verfolgten Ankauf von Steuer-CDs wird man immer nur einen kleinen Teil der Steuersünder zur Rechenschaft ziehen können, während der größere Teil ungeschoren bleibt.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Lachen und Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bleibt die SPD bei ihrer Ablehnung des Steuerabkommens, haben Sie es zu verantworten, dass ein großer Teil der Steuerhinterzieher auch künftig ungestraft bleiben wird und damit dem Land Hessen Mehreinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe entgehen werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man sich Ihrer Diffamierungskampagne anschließen wollte, was ich ausdrücklich nicht tue, dann könnte man daraus folgende Sprachregelung machen. Die SPD setzt mit dem Ankauf der Steuer-CDs darauf, dass nur ein kleiner Teil der Steuerhinterzieher gefasst wird. Sie nimmt das in Kauf, weil sie damit den weitaus größeren Teil der Steuerhinterzieher vor einer Verfolgung schützen kann.

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): So ein konzentrierter Blödsinn!)

Meine Damen und Herren, so argumentieren Sie im Moment uns gegenüber. Dieses Spiel spielen Sie mit uns. Das ist ein schmutziges Spiel.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der dritte Grund, warum wir für das Steuerabkommen sind: Wenn wir auf den Ankauf von Steuer-CDs setzten, würden wir selbst von den wenigen Steuerhinterziehern, die wir auf diese Weise erwischen, noch eine erhebliche Zahl aufgrund von Aufklärungsschwierigkeiten und Verjährungsfristen weder einer Besteuerung in Deutschland unterwerfen noch sie von der deutschen Strafjustiz zur Rechenschaft ziehen lassen können.

Viertens. Wir wollen uns nicht auf die Zuarbeit von Datendieben verlassen müssen und bei der Aufklärung von Steuerhinterziehung davon abhängig sein, dass die Diebe in der Schweiz gut arbeiten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ein Rechtsstaat muss mit dem Ankauf von geklauten Steuerdaten sehr vorsichtig sein, weil es sich um eine rechtsstaatlich sicherlich zweifelhafte Methode handelt. Die Pläne der Opposition sind ein fatales Zeichen. Ein Staat kann es sich nicht erlauben, sich bei der Lösung solch erheblicher Probleme wie der Steuerhinterziehung auf Verhandlungen mit Verbrechern verlassen zu müssen. Genau das tut die SPD mit ihrer Kampagne.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

In dem Zusammenhang möchte ich an Hans Eichel erinnern, der 2005 ein Gesetz zur Steueramnestie auf den Weg gebracht hat.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein gutes Beispiel!)

Das haben Sie mit beschlossen. Damals konnte man sich mit einer 5-prozentigen Abgeltungssteuer von allen Straftaten, die man vorher begangen hatte, befreien. So viel zu dem Thema, dass Sie die Steuerhinterzieher knallhart verfolgen wollen.

(Heiterkeit bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir wollen keine Steuerhinterzieher schützen. Im Gegenteil, wir wollen sie alle kriegen. Das geht eben nur mit dem Steuerabkommen.

Bei der Aufteilung des Einmalbetrages aus der Nachversteuerung könnte Hessen mehrere Hundert Millionen Euro einnehmen. Mit ihrer rein parteitaktischen Ableh