Bevor wir in der Tagesordnung weitergehen, darf ich Ihnen noch mitteilen, dass die Fraktionen vereinbart haben, die Tagesordnungspunkte 20, 53 und 69 – zweite Lesung des Gesetzentwurfs zur Verbesserung der Feststellung der Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen usw. – heute vom Plenum abzusetzen und in der Dezember-Plenarsitzung wieder zu platzieren und aufzurufen. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis. Ob mit Freude oder mit was weiß ich, auf jeden Fall ist es so.
Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Freiheit, Vielfalt und Qualität statt Einheitsschule – Drucks. 18/6493 –
Zehn Minuten Redezeit je Fraktion. Wir sind jetzt wieder im Rahmen des Zeitplanes. Das Wort hat der Kollege Schork, CDU-Fraktion.
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! – Allgemeine Unruhe – Glockenzei- chen des Präsidenten – Norbert Schmitt (SPD): Freiheit oder Sozialismus!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Bildungspolitik stehen CDU und FDP für Freiheit, Vielfalt und Qualität.
Die SPD hat mit ihrem vorgelegten Programm gezeigt, dass sie für die Einheitsschule steht. Herr Kollege Schmitt, insofern war Ihr Zwischenruf durchaus berechtigt. Es gilt wieder das, was in den Siebzigerjahren gegolten hat: Wir stehen für Freiheit und Sie für Sozialismus.
(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Mauer ist gefallen vor über 20 Jahren! – Norbert Schmitt (SPD): Sie sind ein würdiger Nachfolger vom Irmer! – Glockenzeichen des Präsidenten)
Wenn der Kollege Schmitt einen Zwischenruf macht, der ein Kalauer ist, den er aus der Ypsilanti-Zeit gerettet hat,
(Beifall bei der CDU – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer ist denn dieser Karl Lauer? – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Schülerinnen und Schüler verfügen über unterschiedliche Begabungen, Talente und Fähigkeiten. Es ist Aufgabe der Bildungspolitik, diese optimal zu fördern.
Um dies zu ermöglichen, bedarf es eines vielfältigen Schulsystems, das individuell auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler eingeht und diese entsprechend fördert. Das ist der Grund,
warum wir für ein vielfältiges Schulsystem stehen. Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass die von der SPD in ihrem Programm propagierte Einheitsschule für die Klassen 5 bis 10
Sie wollen in den Klassen 5 bis 10 alle Schulformen zusammenführen und damit die Einheitsschule anstatt der Schulvielfalt. Sie wollen – das ist die Konsequenz, und so steht es in Ihrem Programm – einen allgemeinen Bildungsabschluss nach der Klasse 10. Sie wollen keine Differenzierung bei den Abschlüssen. Es gibt einen Einheitsabschluss für alle Schülerinnen und Schüler. So steht es in Ihrem Antrag.
Wir glauben, dass es aufgrund der unterschiedlichen Begabungen, Talente und Fähigkeiten auch in Zukunft notwendig ist, den Schülerinnen und Schülern differenzierte Abschlüsse zu geben
und sicherzustellen, so wie es jetzt bereits im Schulsystem ist, dass jeder Abschluss auch einen Anschluss hat. Wir sind dafür, dass die Haupt- und Realschulen erhalten werden – mit ihrer praxisorientierten Ausbildung als Voraussetzung für eine gute berufliche Ausbildung.
Wenn der Kollege Thorsten Schäfer-Gümbel gestern in seiner Rede ausgeführt hat, dass Haupt- und Realschüler Bildungsabsteiger sind und keine Chancen haben, dann ist es genau so, wie es gestern die Frau Ministerin gesagt hat: Das ist eine Frechheit.
Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass nicht nur der gymnasiale Abschluss das allein selig Machende ist, sondern dass es vielfältige Möglichkeiten gibt, im Bildungssystem aufzusteigen.
Sie haben in Ihren Ausführungen schlicht und einfach vergessen oder wollten vergessen, dass über 184.000 Schülerinnen und Schüler die Befähigung zum Studium über andere Wege, über berufliche Gymnasien, außerhalb des Gymnasiums erworben haben. Das sind mehr als 45 % derer, die die Studierfähigkeit haben.
Wir wollen – dazu stehen wir – auch in Zukunft ein gut funktionierendes System an sozialpädagogischen Förderund Beratungszentren und an Förderschulen.
Die Förderschulen leisten hervorragende Arbeit. Sie unternehmen alles, um Menschen mit Handicaps, mit Behinderungen individuell zu fördern und auszubilden und ihnen auch qualifizierte Abschlüsse zu ermöglichen. Dieses System hat sich bewährt. Sie wollen dieses System abschaffen.
Wir glauben, dass dies auch in Zukunft notwendig ist, um den Menschen mit Behinderungen individuell ihre Chancen zu erhalten.
Reden wir über die gymnasiale Bildung. Sie wollen alle Schulen dazu zwingen, zu G 9 zurückzukehren. In dieser Frage folgt Ihnen noch nicht einmal Ihr potenzieller Koalitionspartner, die GRÜNEN. Wir haben sehr aufmerksam zur Kenntnis genommen, dass der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN gestern gesagt hat, er wird die befreundete Partei von einem Irrweg abhalten.
Er sagte, er wolle die befreundete Partei von dem Irrweg abhalten. – Wir hoffen und wünschen, dass Sie da Erfolg haben.
Denn in diesem Punkt sind wir uns einig. Es ist richtig und sinnvoll, den Gymnasien die Wahlfreiheit zu geben und es ihnen zu ermöglichen, sowohl einen G-8- als auch einen G-9-Bildungsgang anzubieten. Das halten wir für richtig und angemessen.
Sie schreiben in Ihrem Programm, dass die schulformbezogene Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer abgeschafft werden solle. Es solle nur noch eine Ausbildung für alle geben. Das ist nichts anderes als der Einheitslehrer.
Um den unterschiedlichen Bildungs- und Erziehungsaufträgen der einzelnen Schulformen gerecht zu werden, ist es notwendig und geboten, den Lehrerinnen und Lehrern differenzierte Abschlüsse zu ermöglichen. Denn die Anforderungen an Grundschulen sind nun einmal anders als am Gymnasium. Das ist logisch nachvollziehbar.
Das muss auch in Zukunft sichergestellt werden. Deswegen bleiben wir bei den schulformbezogenen differenzierten Abschlüssen für Lehrerinnen und Lehrer.