Protokoll der Sitzung vom 13.12.2012

bis die Anträge auf dem Tisch des Hauses lagen. Das habe ich kritisiert, nicht aber die Tatsache der zur dritten Lesung gestellten Anträge.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Wie seriös die Opposition des Hauses Haushaltspolitik betreibt, vermag ich an einem sehr praktischen und handfesten Beispiel zu dokumentieren. Am 11. Dezember 2012, also am Dienstag, reicht die SPD hier einen Dringlichen Antrag mit der Aufforderung ein, die Landesregierung möge die zugesagten korrekten Berechnungen für die Reform des Kommunalen Finanzausgleichs doch endlich ausliefern. Mit E-Mail von Montag, dem 10. Dezember 2012, also am Abend zuvor, unter anderem gerichtet an einen Ab

geordneten namens Norbert Schmitt – vielleicht kennen Sie den –,

(Holger Bellino (CDU): Den kennen wir!)

sind diese Zahlen übersandt worden.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist unglaublich! Das ist eine Unverschämtheit! Das sind getürkte Zahlen!)

Das innerhalb eines Tages nicht zur Kenntnis zu nehmen, ist das eine. Aber bis heute zu behaupten, Sie hätten sie nicht bekommen, ist meines Erachtens unglaublich.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von der CDU: So ein Schlawiner! – Thorsten Schäfer-Güm- bel (SPD): Ihre Weihnachtskarte lege ich jetzt weg, Herr Minister!)

Lassen Sie mich zum Schluss noch zwei oder drei Hinweise zu dem sachlichen Gehalt mancher Initiativen aus Sicht der Opposition vortragen. Der Landesregierung und der sie tragenden Koalition vorzuwerfen, dass die Mehrausgaben zu hoch seien, ist das eine. Darüber kann man streiten und diskutieren. Gleichzeitig werden aber ein Mehrausgabenpaket von etwa 700 Millionen € und eine Gegenfinanzierung vorgelegt – der Kollege Noll hat darauf im Einzelnen hingewiesen –, die zu weiten Teilen darauf aufbaut, dass andere politische Entscheidungen treffen müssen. Wenn diese die Entscheidungen aber nicht treffen, was würde denn dann passieren? – Dann hätten wir die Mehrausgaben und gleichzeitig eine Neuverschuldung in gleicher Höhe. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist etwas, was wir nicht zulassen dürfen.

Wenn Sie von Wahlgeschenken sprechen, ist es das eine. Aber auf der anderen Seite so dreist und durchsichtig den Versuch von Wahlbetrug zu begehen, ist aus meiner Sicht das schlimmere Delikt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deshalb bleiben wir bei unserem Konsolidierungskurs, mit dem es gelingt, die Nettoneuverschuldung in den nächsten beiden Jahren weiter abzusenken, die Nettoneuverschuldung in der Realisierung unserer Finanzplanung deutlich vor dem Jahr 2020 auf null zurückzuführen und somit Schritt für Schritt und unter Aufrechterhaltung unserer politischen Schwerpunkte für Bildung, Sicherheit und unsere ökonomische Entwicklung die Konsolidierung des Landeshaushalts voranzutreiben. Dabei sind wir auf einem guten Weg, und ich danke dem Haus für die konstruktive Beratung unseres Haushaltsplanentwurfs. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort hat der Abg. Kaufmann von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem der Finanzminister so zugewandt die sensorischen Wahrnehmungen hier zum Thema gemacht hat, will ich doch unbedingt noch einmal darauf eingehen. Es ist in der Tat der Geruch von Moder und Verwesung, wenn man immer wieder behauptet, man wäre sozusagen am Leben, am Konsolidieren und dabei, die Finanzlage des Landes besser zu machen. Wenn man dann einen Blick auf die

Zahlen werfen muss, stellt man fest, das stimmt nicht, es wird nicht besser, es wird immer schlimmer, und die Schuldenberge steigen weiter an, der Haufen über dem Soliditätsgrab wird immer größer. Genau das ist der Fall.

Deswegen, verehrter Herr Finanzminister, ist Ihre Wahrnehmung, nach der ich immer wieder dasselbe erzählen würde, natürlich nicht richtig. Das kommt Ihnen nur so vor, weil Sie nämlich Jahr für Jahr immer wieder die gleichen Sünden begehen, indem Sie von Konsolidierung reden und de facto Mehrausgaben in den Haushalt schreiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man sich die Haushaltsentwürfe anschaut und die Einbringungsreden Ihres Vorgängers und von Ihnen hört, dann kann man zu dem Ergebnis kommen: Und täglich grüßt das Murmeltier. Immer wieder die gleichen Sprüche, und im Ergebnis immer wieder mehr Schulden. Daher ist es bedauerlicherweise notwendig, auch immer die entsprechenden Anmerkungen dazu zu machen. Ich kann Sie trösten: Meine Reden sind immer ganz frisch komponiert und der jeweiligen Situation angemessen.

Ein zweiter Punkt, der noch zu erwähnen ist. Der Kollege Noll hat die Unwahrheit hier schon eingeführt, und der Finanzminister hat sie sich sozusagen gleich zu eigen gemacht. Es ist eben falsch: Die Vorschläge für die Änderung des Haushalts von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind sämtlich gegenfinanziert und beziehen sich zu 100 % auf Maßnahmen, die einzig und allein von politischen Entscheidungen dieses Hauses abhängen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- ruf von der CDU)

Da ist kein Cent Hoffnungsgeld dabei. Wir haben auch weitere Wünsche formuliert, diese aber ausdrücklich nicht mit in die Deckung hineingenommen, sondern gesagt, dass man mit dem, was wir vorschlagen, erstens die Politik in die richtige Richtung akzentuieren kann. Zweitens kann man Geld sparen, weil die Nettokreditaufnahme, die bei uns unterm Strich herauskam, deutlich geringer war als bei der Landesregierung. Man kann also unterm Strich eine deutlich bessere Finanz- und Wirtschaftspolitik betreiben, als es die schwarz-gelbe Regierung tut.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Abbaupfad. Sie haben gesagt, die Rücklagenentnahme fand statt, um stattdessen keine neuen Schulden machen zu müssen, und andere Länder kritisiert, dass sie keinen gleichmäßigen Abbau in der Höhe der Verschuldung hinbekommen. Ja, wir haben damals gemeinsam darauf bestanden, dass es einen Abbaupfad gibt. Aber, verehrter Herr Finanzminister, Sie haben doch manipuliert, um diesen Abbaupfad überhaupt hinzukriegen, indem Sie Steuermehreinnahmen – statt sie zur Verringerung der Nettokreditaufnahme im entsprechenden Jahr zu nutzen – in die Rücklagen geschoben haben, um sie später wieder abzusenken. Es wurde mir aus Kreisen der Regierungsfraktionen bestätigt, dass es genau den Sinn hatte, dass man im Folgejahr mit der Kreditaufnahme nicht wieder höher gehen musste als im Vorjahr.

Das hat der Rechnungshof auch sehr deutlich in seinen letzten Bemerkungen kritisiert. Aber wir müssen ja zur Kenntnis nehmen, dass der Rechnungshof bei dieser Regierungsmehrheit offensichtlich nichts mehr gilt.

Bei uns gilt er nach wie vor sehr viel, und seine Feststellungen sind auch an dieser Stelle eindeutig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Letzte Bemerkung zum Thema Schweiz. Für uns gelten zwei Sätze, und ich dachte, sie gelten im ganzen Haus: Erstens. Kriminalität darf sich nicht lohnen. Das heißt, Abkommen, die einen kriminellen Steuerhinterzieher unterm Strich besserstellen als jemanden, der hier ehrlich die Steuern gezahlt hat, sind das falsche Signal.

Zweitens – das hat der Kollege Schmitt schon angesprochen –: Warum Anonymität, wenn man anschließend ehrlich sein will? Wir haben nichts dagegen, möglicherweise zur Glättung der Sache eine Amnestie zu machen und zusätzliche Strafzahlungen bleiben zu lassen. Aber sie besserzustellen als ehrliche Steuerzahler, das kann nicht richtig sein. Das steckt nach wie vor darin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen kann es nicht sein. Im Übrigen hören Sie bitte auf mit Ihren Fantasiezahlen. Nach einer klaren Aussage des Bundesfinanzministeriums kann man nach dem Abkommen mit der Schweiz sicher nur von 2 Milliarden € Mehreinnahmen insgesamt ausgehen, d. h. nur ca. 90 Millionen € für Hessen. Das ist ein Zehntel der Summe, von der Sie hier reden.

Einmalig 90 Millionen € sind nicht die Sanktionierung und Belohnung von kriminellem Handeln wert. Das ist unsere Position, und die ist meiner Ansicht nach auch gut vortragbar.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Das Wort hat Herr Abg. Schmitt für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister, ich will auf zwei Punkte eingehen. Der eine Punkt ist ihre Kritik und das, was Sie zu der Frage gesagt haben, wer wann welche Änderungsanträge zur zweiten und zur dritten Lesung eingebracht hat. Ich zitiere Sie, und wir werden sehen, wie die Schlussfolgerungen daraus sind. Ich zitiere aus dem Protokoll der 121. Sitzung am 21. November. Dort heißt es:

Üblicherweise ist es so, dass man den Versuch unternimmt – die LINKEN und die GRÜNEN haben das ja geschafft –, die Haushaltsanträge jenseits derer, die in der dritten Lesung noch einmal die letzten Punkte zusammenführen, aber das Gros der Haushaltsänderungsanträge rechtzeitig zur zweiten Lesung vorzulegen.

Meine Damen und Herren, CDU und FDP haben 41 Änderungsanträge zur dritten Lesung eingebracht. Da müssen wir uns eine solche Kritik von diesem Minister sicherlich nicht anhören.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe in meiner Rede darauf verzichtet, darauf einzugehen, aber das finde ich ein tolles Stück. Im Haushaltsaus

schuss kam dann noch der Zwischenruf: „Verpennt“, oder so. Dazu muss ich wirklich sagen: Die größten Penner sitzen irgendwo anders: Mit Regierungszuarbeit schaffen Sie es nicht, die Anträge rechtzeitig einzubringen. Sie bringen 41 Anträge verspätet ein, wo der Sachverhalt in den allermeisten Punkten klar ist, ob Schulleiter, ob Rechtsreferendare, ob Filmförderung, wo sich überhaupt nichts zwischen zweiter und dritter Lesung getan hat. Ich weiß nicht, ob Sie das gezielt nicht rechtzeitig zusammenbekommen haben, aber die Anträge wurden erst zur dritten Lesung eingebracht – also bei dem Punkt ist es völlig unglaubwürdig, Herr Minister.

Der andere Punkt ist noch witziger. Am Montag dieser Woche, um 19:40 Uhr, hat Michael Hohmann den finanzpolitischen Sprechern eine Rechnung zugeleitet. Um 9 Uhr ist vom Fraktionsvorstand meiner Partei dieser Antrag als Reaktion darauf gestellt worden. Er liegt Ihnen vor, und ich darf ihn vorlesen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, die zugesagte korrekte Berechnung der Auswirkung der von CDU und FDP geplanten Reform des Kommunalen Finanzausgleichs unverzüglich vorzulegen.

Dieser Antrag von 9 Uhr morgens war genau die Reaktion auf 19:40 Uhr, weil Sie wieder versucht haben, zu täuschen. Wieder haben Sie versucht, die Kommunen hinters Licht zu führen. Wieder haben Sie nicht, wie es in der Arbeitsgruppe vereinbart war, die Minireform so vorgelegt, ohne dass Sie Spitzabrechnungen hineingerechnet haben, Steuerzuwächse hineingerechnet haben oder Auflösungen aus dem Landesausgleichsstock. Sie sollten vielmehr – das war Vereinbarung – auf der Grundlage der Istzahlen vorlegen, was die Reform für 2012 bedeutet, wie es aussieht, wenn die Reform gemacht wird und wenn sie nicht gemacht wird.

Meine Damen und Herren, diese Zahlen haben Sie nicht vorgelegt, und sie werden bewusst nicht vorgelegt, weil deutlich werden würde, dass Schutzschirmgemeinden wie Kassel, Offenbach, wie meine Heimatstadt, aber auch Landkreise wie der Kreis Bergstraße in massivem Ausmaß unter dieser Reform leiden werden und sie finanzieren müssen.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Ich muss sagen, das ist übel. Das ist unsolide, das ist unkorrekt, und es ist eines Finanzministers nicht würdig, mit Zahlen hinterm Berg zu halten, um die Leute nicht zu informieren und sie hinter die Fichte zu führen. Das ist übel, und das zeigt ein wenig – ich habe gehofft, dass Sie ein bisschen anders sind –, dass Sie die wirre Politik Ihres Vorgängers an dieser Stelle fortsetzen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, es liegt noch die Wortmeldung des Ministers vor. Bitte schön, Herr Staatsminister Dr. Schäfer.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abg. Schmitt, die Stille galt wahrscheinlich dem Versuch, ein Argument in Ihrem Vortrag zu erkennen.