Protokoll der Sitzung vom 29.01.2013

Jede Investition dokumentiert, dass Hessen ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort ist. Wir haben auch hier einen Spitzenwert. Über 25.000 € wurden im Jahr 2011 pro Erwerbstätigem an diesem Standort investiert. Das ist so viel wie an keinem anderen Standort.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Diese Wirtschaftspolitik ist nicht vom Himmel gefallen. Sie hat an verschiedenen Stellen Rahmenbedingungen bedurft. Wir haben seit 1999 die Strukturen geändert. Dafür erhalten wir und die Menschen in unserem Land jetzt den Lohn. Das macht uns stolz. Wir sind dadurch aber sicherlich nicht weniger motiviert, da weiterzumachen.

In Zukunft wird es darum gehen, die hervorragenden Rahmenbedingungen weiter zu verbessern. Wir stehen im internationalen Wettbewerb mit anderen Standorten, die mit Sicherheit ein Stück von dem Wohlstand, den wir haben, abhaben wollen. Länder wie die Türkei, Russland oder China, die starkes Wachstum haben, erwecken den Eindruck, dass sie wirtschaftlich auch so stark wie wir werden wollen. Wenn wir diesen Wettbewerb erfolgreich gestalten wollen, werden wir deshalb weiterhin gute Rahmenbedingungen setzen müssen.

In Hessen hat aber mittlerweile nicht nur das Rhein-MainGebiet eine wirtschaftliche Erfolgsstory. Wir haben es geschafft, dass das Gefälle zwischen Nord- und Südhessen inzwischen ausgeglichen ist. Ich glaube, man darf sagen, dass mittlerweile nicht nur die Arbeitslosenquote in Nordhessen geringer als im Rhein-Main-Gebiet und in anderen Landesteilen ist.

Eine gute Infrastrukturpolitik hat dazu beigetragen, dass mittlerweile alle Landesteile mit ihren bestimmten Stärken prosperierende Wirtschaftsstandorte sind. Sie haben ganz unterschiedliche Charaktere. Das hat aber dazu beigetragen, dass wir mittlerweile überall in Hessen eine gute wirtschaftliche Entwicklung haben. Das macht uns stolz. In Hessen ist man in allen Landesteilen erfolgreich.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir wollen erreichen, dass wir weiterhin erfolgreich sind, dass die Menschen stolz auf dieses Land sein können und dass wir wirtschaftlich stark sind. Deshalb wird es meiner Ansicht nach in der Zukunft um drei Schwerpunkte bei der Wachstumspolitik gehen. Wir müssen uns auf den Mittelstand konzentrieren. Wir müssen in diesem Land auf die Infrastruktur setzen, und wir müssen auf die Technologie und die Industrie setzen.

Ich komme jetzt auf den Mittelstand zu sprechen. Der Mittelstand ist die treibende Kraft in Hessen, wenn es darum geht, Arbeitsplätze, Ausbildungsplätze und Bruttowertschöpfung zu schaffen. All das findet zu 99 % im Mittelstand statt.

Im Mittelstand sind nicht die großen Namen der Welt zu Hause. Vielmehr haben wir viele „hidden champions“ und Weltmarktführer, deren Namen vielleicht auf den ersten Blick nicht so bekannt sind, die aber ihren Teil dazu beitragen, dass wir überhaupt so stark sind.

Wir haben eine ganze Reihe an Initiativen unternommen, diesen Mittelstand zu unterstützen, ihn stark zu machen und ihn auf die internationale Bühne zu führen. Das geschah nicht nur mittels Veranstaltungen der VhU. Dort wurden die „hidden champions“ prämiert. Ihnen wurde eine Bühne für ihre Produkte und Dienstleistungen geboten. Es gab aber auch noch eine ganze Reihe anderer Maßnahmen.

Wir unterstützen Unternehmensgründer, weil wir fest davon überzeugt sind, dass nur Unternehmen Arbeitsplätze schaffen können. Wir unterstützen Existenzgründungen. Dabei sind wir sehr erfolgreich. In Hessen gibt es 104 Existenzgründungen auf 10.000 Erwerbstätige. Das ist bundesweit der Spitzenwert unter den Flächenländern.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Mehr Lob als das kann es eigentlich gar nicht geben, dass die Menschen, die ein Unternehmen gründen wollen, an Hessen denken. Denn eines ist klar: Sie würden das nicht tun, wenn hier nicht hervorragende Rahmenbedingungen wären, falls man ein Unternehmen gründen will.

Wir haben für diese Existenzgründer einen Rahmen geschaffen, der gut angenommen wird. Angefangen mit der Beratung über Darlehen und Zuschüsse bis hin zu einer Kapitalbeteiligung über die WIBank und andere Institutionen haben wir es geschafft, dass es für Menschen, die unternehmerisch tätig werden wollen, ein Netzwerk gibt.

Wir unterstützen diese Unternehmen auch auf den globalen Märkten. Ich habe das eingangs schon gesagt: Es ist wirklich einer der wichtigsten Punkte – ich denke, das gilt parteiübergreifend –, dass wir es geschafft haben, dass die Unternehmen die Möglichkeit haben, nicht nur in unserem Land ein Standbein zu haben, sondern dass sie sich international aufstellen können. Die Märkte von morgen sind die Zukunftsmärkte unserer Unternehmen.

Für viele kleine Unternehmen ist das nicht so einfach. Viele kleine Unternehmer waren mit uns auf Delegationsreisen des Landes, wo wir das versuchen und das auch realisieren. Für viele dieser Unternehmer ist es nicht so einfach, auf Messen in China, der Türkei oder den USA aktiv zu werden, da sie nur zehn oder 15 Mitarbeiter haben. Für sie ist das Messeprogramm des Landes eine sehr erfolgreiche Maßnahme.

Diese Auslandsmessen schaffen für diese Unternehmen neue Absatzmärkte und neue Investitionsmöglichkeiten. Es ist eine sehr gute Initiative gewesen, dass wir in den letzten Jahren darauf verstärkt den Fokus gelegt haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Es hat mich sehr gefreut, dass ein kleiner Unternehmer aus Taunusstein, der Teilnehmer unserer letzten Chinareise war – die Kollegen, die dabei waren, können sich an diesen Unternehmer sicherlich erinnern –, mir einen Brief geschrieben hat, der zum Inhalt hat, dass er nach dieser Chinareise für das vergangene Jahr ein Auftragsvolumen von knapp 800.000 € und für dieses Jahr von über 1 Milli

on € erhalten hat. Das geschah nicht deshalb, weil wir das alles organisiert haben. Es geschah aber, weil wir dabei waren und in China diese Gespräche unterstützt haben. Wir haben auch eine Garantie dafür abgegeben, dass dieses Unternehmen unsere Unterstützung hat. Denn wir wissen, dass das ein hervorragendes Unternehmen mit hervorragenden Produkten ist.

Damit wird für dieses Unternehmen auch der Standort hier gesichert. Peter Beuth kennt das Unternehmen. Er ist der Wahlkreisabgeordnete. Wir freuen uns, dass über diese Geschäfte im Ausland auch Arbeitsplätze hier gesichert werden. Deshalb ist für uns Globalisierung keine Bedrohung, sondern sie stellt einen Erfolg für die Sicherung der Arbeitsplätze hier in Hessen dar.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir mussten hier natürlich auch Hausaufgaben machen. Mit der Neuaufstellung der Hessen-Agentur und der neu gegründeten Hessen Trade & Invest haben wir eine gute Struktur geschaffen, um hier in Zukunft noch besser aufgestellt zu sein. Ich glaube, diese Maßnahme wird von vielen unterstützt werden – aber ich weiß: nicht von allen.

Meine Damen und Herren, wir wollen unsere Unternehmen auch ganz gezielt in bestimmten Clustern unterstützen. Cluster sind bestimmte Bereiche, in denen Wissenschaft und Wirtschaft vernetzt sind und Wissen ausgetauscht wird. Ich will Kollegin Kühne-Hörmann ausdrücklich danken,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Frau Kühne-Hörmann kann das auch gut gebrauchen!)

weil wir nicht nur mit unserem LOEWE-Programm, sondern auch mit der Grundidee des „House of …“, also mit dem Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, dazu beitragen, auf der einen Seite die Hürden zwischen Wirtschaft und Wissenschaft abzubauen, letztendlich aber gerade auch Investoren zeigen: An diesem Standort arbeiten wesentliche Bereiche von Wirtschaft und Wissenschaft zusammen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Nur als Beispiel: Wir haben das Software-Cluster RheinMain-Neckar. Das wurde im Spitzencluster-Wettbewerb als eines der führenden Cluster in Deutschland überhaupt ausgezeichnet. Mit dem House of IT ist uns eine großartige Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft gelungen.

Meine Damen und Herren, in der letzten Woche haben wir mit dem Hessen-Aviation-Cluster ein weiteres Cluster auf den Weg gebracht, in dem Wissenschaft und Wirtschaft zusammenarbeiten. Dieses Hessen-Aviation-Cluster agiert nicht nur im Rhein-Main-Gebiet, wo starke Luft- und Raumfahrtindustrie sitzt, sondern auch die Universität Kassel und starke Unternehmen aus der Region Nordhessen sind dabei. Das zeigt, dass wir auf dieser Plattform des House of Logistics and Mobility ein ganz wichtiges Cluster haben, in dem wir nicht nur darüber reden, welche Potenziale in der Luft- und Raumfahrtindustrie stecken, sondern auch darüber, welchen Anteil viele Tausende von Zulieferbetrieben hier übernehmen können. Liebe Frau Kühne-Hörmann, die Universitäten bilden hier ein Rückgrat und sind letztendlich dafür notwendig, die Wirtschaft nach vorne zu bringen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das zeichnet uns aus.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war nicht immer so. Wir reden hier nicht über eine Struktur, die wir übernommen haben, sondern über eine, die wir erst schaffen mussten. Hier haben wir es geschafft – vielleicht auch ein bisschen von anderen Bundesländern motiviert –, das zu machen, was andere Bundesländer getan haben. Wir sind stolz darauf, dass uns das gelungen ist.

Aber dabei sind wir noch lange nicht am Ende. Diese House-of-Idee hat das Potenzial, auch in anderen Bereichen erfolgreich zu sein. Das werden wir in den nächsten Jahren sicherlich fortsetzen und dort einen Schwerpunkt bilden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Landesregierung weiß, dass der demografische Wandel nicht nur Verbände, Vereine und Kommunen vor neue Herausforderungen stellt. Wir erleben es auch bei Unternehmen, dass das Thema Fachkräftesicherung eines der zentralen Themen ist, wenn es darum geht, sich für die Zukunft aufzustellen.

Meine Damen und Herren, wir sind in einem sehr intensiven Austausch mit dem Mittelstand – der 75 % der Ausbildungsplätze stellt – und auch mit den großen Unternehmen. Wir wissen, bei dem Thema Fachkräftesicherung geht es neben der Frage der Ausbildungsplätze um lebenslanges Lernen, um die Aktivierung des Potenzials von Frauen, von älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, um die Weiterqualifizierung. Dabei müssen wir auch einen Blick auf die anderen Länder richten.

Ich bin der Fachkräftekommission unter Herrn Dr. Martin, Michael Boddenberg, aber auch Stefan Grüttner – der gemeinsam mit mir vor einigen Monaten die Kooperationsvereinbarung in Madrid abgeschlossen hat – sehr dankbar. Mit diesem Abkommen wollen wir dafür Sorge tragen, dass junge Fachkräfte, aber auch Auszubildende zu uns nach Hessen kommen. Damit versuchen wir, einen weiteren Mosaikstein in Bewegung zu setzen, um gut ausgebildete Menschen für diesen Standort zu bekommen.

Meine Damen und Herren, die Wahrheit ist: Bei dem Thema Fachkräfte sind wir nicht die Einzigen, die dort unterwegs sind. Dort sind auch noch viele andere europäische Nationen aktiv. Stefan Grüttner weiß, wovon ich spreche. Sie alle interessieren sich für dieses Land und diese Menschen. Wir müssen dringend dafür sorgen, dass wir das Vertrauen, das wir zur Regierung in Madrid aufgebaut haben, nutzen, um für Hessen und für unsere Unternehmen Werbung zu machen.

Spanien ist ein Land in einer wirklich schwierigen Situation. Aus meiner Sicht ist das für dieses Land eine Win-winSituation. Es geht nicht darum, die Kräfte ewig hier zu halten und sie den Spaniern sozusagen vorzuenthalten, wenn Spanien – hoffentlich bald – wieder auf einem wirtschaftlich erfolgreichen Kurs ist.

Vielmehr geht es darum, dafür Sorge zu tragen, dass junge Menschen, die in Spanien keine duale Ausbildung haben, hier die Möglichkeit erhalten, eine solche duale Ausbildung zu bekommen, dass sie sich fortbilden, sich qualifizieren. Auf der anderen Seite können wir dafür Sorge tragen, diese Fachkräfte für eine gewisse Zeit zu uns einzuladen, um hier zu arbeiten, um unseren Unternehmen in einer schwierigen Zeit möglicherweise zu helfen.

Meine Damen und Herren, dieses Zusammenspiel ist der Beleg dafür, dass Europa funktionieren kann, wenn man

sich anstrengt. Von alleine, wenn man nichts tut, wird es nicht funktionieren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir haben uns ganz bewusst dazu verpflichtet, das Thema duale Ausbildung in die Region Madrid zu tragen. Denn die Spanier haben uns darum gebeten, und wir sind davon überzeugt, dass wir unsere Erfahrungen mit der dualen Ausbildung an sie weitergeben können, damit die Spanier die Möglichkeit haben, auch in Spanien die duale Ausbildung einzuführen. Die Hessische Handwerkskammer genauso wie die IHKs waren Teil unserer Delegation. Wir haben uns gemeinsam verpflichtet. In den nächsten Monaten kommt die erste große Delegation von Auszubildenden aus Spanien, die in diesem Projekt hier ihre Erfahrungen sammeln werden.

Ich hoffe, alle Parteien im Hessischen Landtag werden diese jungen Leute mit offenen Armen empfangen – die ein kleines Abenteuer eingehen, wenn sie sich auf den Weg nach Hessen machen, von ihren Familien weg, sehr junge Leute. Ich hoffe, wir zeigen, dass wir gute Gastgeber sind, dass wir aber auch eine hohe Qualität bei der beruflichen Bildung haben. Das ist für uns auch eine Chance, Werbung für unseren Standort zu machen und diesen jungen Menschen zu helfen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sollten wir tun.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ein zweiter Punkt ist das Thema Infrastruktur.

Wenn ich dieses Wort nenne, dann weiß ich, dass bei einem Teil dieses Hauses sofort die Alarmglocken läuten und die Gefahr gesehen wird, ich würde nur über Straßen reden. Meine Damen und Herren, ich rede auch über Straßen, denn Straßen sind ein ganz wichtiger Bestandteil unserer Verkehrsinfrastruktur, und wir wollen nicht das Gleiche tun wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen oder auch Niedersachsen: Dort wird es eine der ersten Maßnahmen der rot-grünen Landesregierung sein, das Autobahnprojekt A 20 in die Tonne zu treten. Für dieses Projekt haben viele Menschen jahrelang gearbeitet. Es ist fatal, zu sehen, was rot-grüne Regierungen mit Infrastrukturprojekten machen. Es ist fatal.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Eigentlich könnte es uns in Hessen egal sein, was die Niedersachsen tun. Wer eine Regierung gewählt hat, muss mit dem leben, was diese Regierung macht.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Stimmt!)