Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013

Dazu ist eine Politik mit Herz und Verstand notwendig, die nach Möglichkeit nicht aus dem Bauch heraus erfolgt. Dass Hessen, obwohl es nicht für die Außenpolitik zuständig ist, als Bundesland einen wichtigen Beitrag leisten kann, liegt an unserem föderalen Aufbau. Die Bildungspolitik, aber auch Fragen des Rechts und z. B. das Feuerwehrwesen sind bei uns föderal strukturiert.

Ich finde es gut, dort zu helfen, vor allem wenn Griechenland selbst um Hilfe bittet und bereit ist, Veränderungen vorzunehmen. Die Initiative der Hessischen Landesregierung wird von der CDU ausgesprochen begrüßt, weil sie auf Erfahrungen aufbaut, die wir woanders gemacht haben.

Man sollte an dieser Stelle auch noch einmal an das Erfolgsbeispiel unserer Partnerschaft mit der polnischen Region Wielkopolska erinnern. Der Eintritt Polens in die Europäische Union und die Vorbereitung darauf – auch mit hessischer Hilfe – verliefen ausgesprochen gut. Die wirtschaftliche Dynamik Polens und seine Eingliederung in Europa gelten als vorbildlich.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Gern sind wir bereit, Griechenland nach unseren Möglichkeiten zu unterstützen, zu helfen und hierbei zu beraten. Aber man muss immer wieder feststellen: Die Bereitschaft zu Veränderungen muss von den Griechen selbst kommen. Leider gab es in Griechenland eine merkwürdige Melange: Auf der einen Seite war die Staatsgläubigkeit. Das heißt, man erwartet alles Gute vom Staat. Auf der anderen Seite wird der Staat aber als Beute begriffen. Man versucht also, aus dem Staat alles herauszuholen, was nur geht. Diese Kombination ist besonders verheerend.

Ich glaube, Griechenland hat eine Zukunft, auch in Europa. Ich finde, wir Hessen sollten unseren Beitrag leisten, auch angesichts der vielen griechischen Staatsbürger, die in Hessen leben und ein Teil unserer Gesellschaft sind. – Danke.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Kollege Utter. – Das Wort hat Frau Abg. Erfurth, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als ich den Titel dieser Aktuellen Stunde gelesen habe, ging es mir ähnlich wie dem Kollegen Reuter. Ich habe mich gefragt: Was will uns der Dichter damit sagen?

(Dr. Michael Reuter (SPD): Dichter?)

Das hat sich mir im ersten Moment nicht ganz erschlossen. Ich möchte mich ausdrücklich bei Herrn Utter bedanken, der zu dem Ganzen ein bisschen Hintergrund geliefert und es mit Leben erfüllt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Holger Bellino (CDU): Sehr guter Mann!)

Ja, das ist so. – Bisher – Herr Reuter, auch darauf haben Sie hingewiesen – ist die FDP nicht mit besonders griechenlandfreundlichen Äußerungen hervorgetreten. Ich muss Ihnen dazu etwas vorlesen. Am 15. November des letzten Jahres, also noch nicht so lange her, hieß es über den hessischen Europaminister Jörg-Uwe Hahn – ich zitiere aus den „Finanznachrichten“ –:

Der hessische Europaminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) lehnt weitere Hilfen für Griechenland ab und fordert stattdessen eine Staatsinsolvenz für das krisengeschüttelte Land. Jedes Unternehmen müsse beim Ausstieg der Gläubiger Insolvenz anmelden, sagte das FDP-Präsidiumsmitglied „Handelsblatt Online“.

Ich finde, das, was wir heute erleben, bedeutet demgegenüber einen deutlichen Fortschritt. Nun schaue ich mir die Presseerklärungen der letzten Tage an. Herr Hahn, Sie haben unter der Überschrift „Griechenland muss die Wende schaffen“ zum Empfang eingeladen. Das klingt schon wesentlich freundlicher. Das ist ein Lernfortschritt, den wir hier deutlich wahrnehmen und anerkennen wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ob es nach der nächsten Überschrift – „Köche und Metzger für Griechenland“ – laufen muss, weiß ich nicht. Damit wird die Stiftung begründet. Aber das, was dahintersteht, hat durchaus einen vernünftigen und realen Kern. Es ist sicherlich zu loben, wenn man die Wettbewerbsfähigkeit eines schwächelnden Euro-Partners unterstützt, indem man mit den Mitteln hilft, die man hat: indem man versucht, jungen Menschen eine Perspektive zu eröffnen und ihre Ausbildungsfähigkeit zu verbessern.

Allerdings habe ich mich gefragt, was außer freundlichen Presseerklärungen der hessische Anteil ist. Ich habe jetzt gelesen, es ist eine Stiftung, zu der griechische Unternehmen und die Handwerkskammern beitragen. Aber was

steckt dahinter, was ist der Kern der hessischen Hilfe außer der freundlichen Begleitung?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Greilich (FDP): Er erklärt es Ihnen gleich!)

Herr Greilich, es freut mich, dass der Fraktionsvorsitzende der FDP darauf hinweist, dass in der Aktuellen Stunde der FDP-Fraktion der Minister erklärt, was gemeint war. Das ist ein schönes Bild.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Dr. Frank Blech- schmidt (FDP): Das ist eine Form des Dialogs!)

Es mag sein, dass Sie das als Dialog betrachten, vielleicht auch betrachten müssen. Aber wenn Sie jedes Mal, wenn aus dem Europaministerium eine Presseerklärung bei uns landet, eine Aktuelle Stunde machen wollen, dann sind wir bei der Schlagzahl der Presseerklärungen, die täglich aus dem Europaministerium bei uns landen, damit noch bis nach der Bundestagswahl beschäftigt. Ich hoffe, das wird nicht passieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte zum Ernst der Sache zurückkehren. Sie haben die Aktuelle Stunde damit überschrieben, dass Hessen beim Gerichtswesen, bei der Feuerwehr und bei Ausbildungsplätzen hilft. Ich habe gefunden, Sie wollen im Tourismus Menschen ausbilden. Zum Gerichtswesen habe ich noch nichts gefunden. Aber vielleicht weiß Herr Minister Hahn da auch ein bisschen mehr. Das würde in der Tat Sinn machen, weil das Gerichtswesen Griechenlands und Deutschlands gemeinsame Wurzeln hat.

(Zuruf des Abg. Norbert Kartmann (CDU))

Im 19. Jahrhundert waren viele deutsche Rechtsgelehrte in Griechenland. Das würde durchaus Sinn machen.

(Zuruf der Abg. Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber ich habe trotz der zahlreichen Presseerklärungen aus dem Europaministerium nichts finden können, worin die praktische Hilfe besteht.

Eine Zusammenarbeit der Feuerwehren ist sicher nicht schädlich und sicher auch gut. Es brennt viel in Griechenland.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Oh!)

Ich habe schon öfter Urlaub in Griechenland gemacht. Herr Hahn, das meine ich ernst. Sie brauchen nicht „Oh!“ zu sagen. Ich habe einen Flächenbrand auf einer Insel erlebt.

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Das war bedrohlich. Ich musste erleben, dass die griechische Feuerwehr selbst zugegeben hat: Wir bekommen es nicht in den Griff, weil wir nicht so organisiert sind wie ihr. – Das habe ich vor Ort erlebt. Das meine ich nicht polemisch. Ich finde es durchaus richtig, sich da miteinander zu verständigen. Aber ich habe nichts gefunden, was der tatsächliche praktische Weg ist, wie Sie sich da miteinander vernetzen wollen. Dazu habe ich in Ihrer Presseerklärung nichts gefunden. Da warte ich ganz gespannt, was Sie uns noch erklären werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Das war auch schon das Ende meines Beitrags. Ich warte jetzt mit Spannung auf die Aufklärung durch den Europaminister.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Erfurth. – Das Wort hat Herr Staatsminister Hahn.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Da ich ein positiv gestimmter und denkender Mensch bin, sage ich: Ich bedanke mich ganz herzlich für die Aktuelle Stunde und für die Debatte, die deutlich macht, dass alle Fraktionen im Hessischen Landtag der Auffassung sind, dass praktische Hilfen für Griechenland etwas Gutes sind. Vielen herzlichen Dank. Das konnten Sie nicht wegreden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Es ist schon beachtlich – deshalb sollte sich der Hessische Landtag diese Tatsache vor Augen führen –, dass sich der Innenminister der Republik Griechenland auf seinem Staatsbesuch, den er am vergangenen Wochenende gemacht hat, am längsten in Hessen aufgehalten hat.

(Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Hört, hört! – Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

Er hat in Begleitung des zuständigen Beauftragten der Bundesregierung, des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Hans-Joachim Fuchtel, die Gespräche in Hessen mit verschiedenen Persönlichkeiten durchgeführt. Am Ende hat er sich ausdrücklich bei mir für die Hilfsbereitschaft und Unterstützungsbereitschaft bedankt.

(Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach ja!)

Ich sage das sehr deutlich: Man kann alles karikieren. Die GRÜNEN lieben es derzeit, zu karikieren, weil Inhalte derzeit nicht ihr Thema sind.

(Beifall bei der FDP)

Ich finde, man sollte bei einem außenpolitischen, bei einem europapolitischen Thema mit den Lästereien aufhören. Sie können sich gern an mir abarbeiten. Aber tun Sie es bitte nicht an den Beziehungen, die wir als Land Hessen z. B. mit Griechenland haben. Ich finde, das gehört sich nicht. Ich sage das hier sehr deutlich, wie es meine Auffassung ist.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es passt im Übrigen auch sehr gut zusammen: Auf der einen Seite sagt man, es gibt eine Staatsschuldenkrise, mit der die Gemeinschaft und damit der Euro in irgendeiner Weise fertig werden müssen. Sie nennen die Saulus. Das mögen Sie bewerten, wie Sie wollen. Auf der anderen Seite gehört es dazu, dass man sagt, dort, wo praktische Hilfe möglich ist, soll man sie auch geben. Das ist die Aufgabe einer verantwortlichen Landesregierung. Dieser Aufgabe kommen wir nach.

Was ist z. B. in Griechenland zu tun? Der griechische Innenminister hat selbst darauf hingewiesen, auch in dem Gespräch, das er mit der Presse geführt hat, dass Restrukturierungsmaßnahmen in der öffentlichen Verwaltung in Griechenland durchgeführt werden müssen. Es gibt dort kein geeignetes Grundbuch. Es gibt dort keine geeignete Katasterverwaltung. Aus diesem Grunde ist es – Frau Erfurth hat es vorhin angesprochen – auch ein bisschen schwierig, Steuern usw. einzutreiben. Denn wenn man nicht weiß, wem das Grundstück gehört, kann man auch schlecht einen Steuerschuldner finden.