Tobias Utter
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Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Bilder und Berichte aus der Türkei sind äußerst beunruhigend. Die Eskalation staatlicher Gewalt erfüllt uns mit großer Sorge. Nicht nur viele Mitbürger türkischer Herkunft, sondern die gesamte Öffentlichkeit unseres Landes nimmt Anteil an den Ereignissen in Istanbul und dem Rest der Türkei.
Durch unsere Regionalpartnerschaft mit Bursa gibt es ein besonderes Interesse unseres Bundeslandes an der weiteren Entwicklung in der Türkei. Wir wünschen uns, dass Konflikte mit demokratischen und rechtsstaatlichen Mitteln gelöst werden. Besonders die verbalen Entgleisungen der türkischen Regierung in den letzten Tagen heizen die Situation nur an und sind kein Beitrag zur Beruhigung der Lage.
Auf der anderen Seite bleibt es bewundernswert, dass eine selbstbewusste Zivilgesellschaft auf friedliche Weise für Bürgerrechte eintritt. Meinungs- und Versammlungsfrei
heit gehören zu einer echten Demokratie genauso wie die Unabhängigkeit der Justiz. In diesen Tagen gibt es allerdings durchaus auch immer wieder Hoffnungsschimmer, z. B. kritische Stimmen innerhalb der Regierungspartei, die sich mit dem Regierungsverhalten auseinandersetzen.
In den vergangenen Jahren hat die Türkei eine bewundernswerte wirtschaftliche Entwicklung erfahren. Neue Arbeitsplätze sind entstanden, Einkommen sind gestiegen. Doch diese positive wirtschaftliche Entwicklung wird nur dann nachhaltig sein, wenn sie von einer Weiterentwicklung der türkischen Demokratie begleitet wird.
Die Kontakte zu unseren Partnern in Bursa waren in der Vergangenheit durch Offenheit und Herzlichkeit geprägt. Mehrmals hatten wir auch Gelegenheit zum Gespräch und zur Diskussion mit Vertretern der Opposition. Daher bin ich mir auch sicher, dass man unsere Sorgen, die wir in diesem Antrag zusammengefasst haben, nicht als Einmischung, sondern als echtes Interesse und Mitgefühl verstehen wird. Ich finde es auch ein sehr positives Zeichen für unseren Landtag, dass wir mitten im Wahlkampf, am Ende einer langen Plenarsitzung, in der Lage sind, gemeinsam einen Antrag einzubringen und ein gemeinsames, einmütiges Zeichen zu setzen.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Nach dieser kleinen Vorlesung in angewandtem Marxismus sollten wir vielleicht zum Thema zurückkommen.
Wenn man hierbei zuhört, erkennt man, der Vorteil ist, dass man die Bücher, die man noch aus der DDR hat, einfach mittendrin aufschlagen und dort dieselben Sätze finden kann. Es ist immer das Gleiche.
Ja, aber publiziert wurde er dort. – Kommen wir zurück zum Thema: zu Griechenland und zu dem, was wir Hessen machen können. Kein anderes europäisches Land ist von der Finanzkrise so schwer getroffen wie Griechenland. Es handelt sich sicherlich um eigene Fehler, aber auch um Fehler, die andere gemacht haben. Die Einführung des Euros in Griechenland erfolgte zu früh; die Prüfung der Kriterien war nicht genau. Schon damals gab es viele Skeptiker, die davor gewarnt haben.
Man muss aus deutscher Sicht auch selbstkritisch sagen, dass Deutschland und Frankreich, die sonst immer Motoren der europäischen Entwicklung sind, zu Beginn des neuen Jahrhunderts ein schlechtes Vorbild und ein schlechtes Beispiel geliefert haben: Als Deutschland und Frankreich die Stabilitätskriterien gerissen haben, haben sie für sich selbst Ausnahmen verlangt, die sie anderen nicht zu gewähren bereit sind.
Die Situation in Griechenland ist durchaus dramatisch. Gestern haben wir an die Machtübertragung in Deutschland erinnert. Die Ergebnisse der Nationalwahlen in Griechenland haben gezeigt, dass auf erschreckende Weise besonders extremistische Kräfte gestärkt wurden. Das erinnert durchaus an die Weimarer Republik: Es sind die Linken und die Rechten, die nun die Demokratie in die Mangel nehmen.
Ich finde es allerdings ausgesprochen erfreulich, dass sich die griechische Regierung und die griechische Gesellschaft von ihrer starren Haltung gelöst haben und bereit sind, in dieser Krise nicht mehr nur Sparmaßnahmen vorzunehmen, sondern auch grundsätzliche Reformen anzugehen, und dass sie erkennen, welche Chancen Europa bietet. Griechenland gehört zu Europa; deshalb hat Griechenland auch die Solidarität der anderen Europäer verdient.
Dazu ist eine Politik mit Herz und Verstand notwendig, die nach Möglichkeit nicht aus dem Bauch heraus erfolgt. Dass Hessen, obwohl es nicht für die Außenpolitik zuständig ist, als Bundesland einen wichtigen Beitrag leisten kann, liegt an unserem föderalen Aufbau. Die Bildungspolitik, aber auch Fragen des Rechts und z. B. das Feuerwehrwesen sind bei uns föderal strukturiert.
Ich finde es gut, dort zu helfen, vor allem wenn Griechenland selbst um Hilfe bittet und bereit ist, Veränderungen vorzunehmen. Die Initiative der Hessischen Landesregierung wird von der CDU ausgesprochen begrüßt, weil sie auf Erfahrungen aufbaut, die wir woanders gemacht haben.
Man sollte an dieser Stelle auch noch einmal an das Erfolgsbeispiel unserer Partnerschaft mit der polnischen Region Wielkopolska erinnern. Der Eintritt Polens in die Europäische Union und die Vorbereitung darauf – auch mit hessischer Hilfe – verliefen ausgesprochen gut. Die wirtschaftliche Dynamik Polens und seine Eingliederung in Europa gelten als vorbildlich.
Gern sind wir bereit, Griechenland nach unseren Möglichkeiten zu unterstützen, zu helfen und hierbei zu beraten. Aber man muss immer wieder feststellen: Die Bereitschaft zu Veränderungen muss von den Griechen selbst kommen. Leider gab es in Griechenland eine merkwürdige Melange: Auf der einen Seite war die Staatsgläubigkeit. Das heißt, man erwartet alles Gute vom Staat. Auf der anderen Seite wird der Staat aber als Beute begriffen. Man versucht also, aus dem Staat alles herauszuholen, was nur geht. Diese Kombination ist besonders verheerend.
Ich glaube, Griechenland hat eine Zukunft, auch in Europa. Ich finde, wir Hessen sollten unseren Beitrag leisten, auch angesichts der vielen griechischen Staatsbürger, die in Hessen leben und ein Teil unserer Gesellschaft sind. – Danke.
Herr Landtagspräsident, sehr geehrten Damen und Herren!
Mit der UN-Behindertenrechtskonvention haben sich viele Länder ein ehrgeiziges Ziel gesetzt – Länder, die sich auf einem sehr unterschiedlichen Niveau befinden, was die Förderung von Menschen mit Behinderungen angeht. Aber das Ziel ist ein gemeinsames.
Nun geht es darum, diese UN-Behindertenrechtskonvention mit Leben zu erfüllen. In einem föderalen Staat, wie das die Bundesrepublik Deutschland ist, kommt den Ländern dabei eine ganz besondere Rolle zu.
Ich habe unseren Aktionsplan einmal mitgebracht.
Das ist ein schönes Werk geworden. Regelmäßig treffe ich mich mit den behindertenpolitischen Sprechern von CDU und CSU, und wir diskutieren darüber, was alles in den Ländern geschieht, um diese UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen. Einmal sind wir in der Opposition, an anderen Stellen sind wir in der Regierung. Allseits aber wird gelobt, dass unser Aktionsplan alle Bereiche des Lebens umfasst, dass er konkrete Ziele benennt, dass er Bereiche benennt und dass er sich nicht nur auf die Politik beschränkt, sondern die gesamte Gesellschaft einbezieht. Denn anders wird man dieses Ziel nicht umsetzen können.
Der Aktionsplan geht auf die Bewusstseinsbildung innerhalb der Gesellschaft ein. Ohne die geht es gar nicht, denn verordnen lässt sich ein Bewusstsein nicht, sondern es muss wachsen. Denn es ist ja nicht nur im öffentlichen Bereich, sondern auch im privaten Bereich notwendig, Menschen mit Behinderungen offen zu begegnen und ihnen eine Teilhabe zu ermöglichen.
Recht und Verwaltung werden angesprochen, Barrierefreiheit im öffentlichen und im privaten Raum. Auch die Themen Kinder und Familien spielen eine große Rolle, und selbst Arbeit, Studium und Ausbildung werden hier behandelt. Einzelne Gruppen wie Senioren, Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund werden hier nicht vergessen. Selbst Gesundheitsfragen, Kultur und Tourismus, ja, auch die Kirchen und Verbände haben sich hier beteiligt.
Vorbildlich am hessischen Aktionsplan war seine Entstehung. Denn diesen Aktionsplan hat sich nicht einfach die Regierung ausgedacht, sondern von Anfang an wurden in vorbildlicher Weise die Verbände und Betroffene beteiligt. Es gab einen ersten Entwurf. Darauf war die erste Reaktion, dass Menschen gerne viel dazu sagen wollen. Die Landesregierung hat die Fristen sogar verlängert.
Trotzdem ist klar, was hier auch schon gesagt wurde: Dieser Aktionsplan ist nur der erste Schritt auf einem langen
Weg. Aber er ist ein guter Schritt. Denn er ist übersichtlich und gut zu lesen.
Frau Schulz-Asche, der Trick daran ist: Sie können ihn umdrehen, und auf der Rückseite befindet sich eine Version in leichter Sprache. Diese leichte Sprache kann ich uns Politikern eigentlich nur empfehlen. Man sieht, wie man auch mit einfachen Worten komplizierte Dinge ausdrücken kann. Das täte uns allen gut.
Es ist auch eine interessante Anregung, zu überlegen, welche Dokumente wir z. B. hier im Landtag, aber vielleicht auch die einzelnen Parteien und Fraktionen ebenfalls in leichter Sprache zur Verfügung stellen können. Wir sind jetzt alle auf dem Weg zu einer Landtagswahl, und somit ist es auch eine Frage an uns als Parteien, ob wir auch solche Programme machen, die für Menschen zugänglich sind, die eine sprachliche Behinderung haben, und wie das möglich ist.
Ja.
Herr Dr. Spies! Hallo!
Herr Dr. Spies, nach der Sommerpause hatten wir hier im Landtag eine Veranstaltung des Sozialministeriums. Dazu waren sehr viele Verbände eingeladen, und zumindest am Anfang waren auch viele Kollegen dabei. Dort gab es Arbeitsgruppen, in denen verschiedene Themen behandelt wurden. An einer Arbeitsgruppe habe ich teilgenommen. Dort ging es genau um dieses Thema. Dort haben auch Leute aus der Verwaltung und von Behindertenverbänden teilgenommen,
und sie haben genau dieses Thema miteinander diskutiert. Da wurde dann die rechtliche Problematik deutlich: dass Bescheide und dergleichen natürlich rechtskonform sein müssen. Ein Ansatz, den man dort diskutiert hat, war z. B., dass man in solchen Bescheiden am Anfang in möglichst leichter Sprache den Sachverhalt, um den es geht, darstellt, und dann erst im zweiten Teil das, was rechtsförmlich mitgeteilt werden muss, damit er rechtlichen Bestand hat. Da gibt es also Lösungsansätze, auch hier aus der Verwaltung. Ich fand das ausgesprochen spannend und interessant, dort mit Leuten aus der Praxis zu reden.
Ich kann es sowieso nur empfehlen, bei diesen wirklich hervorragenden Konferenzen, die das Sozialministerium organisiert, in die Arbeitsgruppen zu gehen, denn dort erfährt man aus der Praxis wirklich sehr viel.
Ich möchte noch kurz auf das wirklich große Problem, das wir dort gehört haben, eingehen: die Integration in den Arbeitsmarkt. Die Landesverwaltung ist dabei nicht einfach nur vorbildlich, das wurde schon gesagt, sondern sie nimmt in der Bundesrepublik einen Spitzenwert ein.
Doch, sind wir! – Das Tolle daran ist, dass sich das kontinuierlich hält. Das ist auch erklärbar. Wenn nämlich ein Arbeitsplatz erst einmal eingerichtet ist, wird dieser Arbeitsplatz, wenn der ursprüngliche Stelleninhaber in Ruhestand geht, erneut mit einem behinderten Menschen besetzt. Deswegen ist es gut, diese zum Teil kostenaufwendigen Arbeitsplätze zu schaffen.
Ich sage es aber ganz offen: Unbefriedigend bleibt die Situation in der freien Wirtschaft. Man muss kein Prophet sein mit der Aussage: Wenn es nicht zu Veränderungen kommt – es gibt Initiativen wie beispielsweise die Initiative „Inklusion“ –, ist damit zu rechnen, dass möglicherweise irgendwann die Schwerbehindertenabgabe erhöht wird. Das ist nicht auszuschließen.
Eine wichtige Frage wurde auch schon angesprochen, aber da ist auch der Bundesgesetzgeber gefragt. Dabei handelt es sich um die Frage: Wenn jemand aus einer Werkstatt hinaus in den ersten Arbeitsmarkt geht, herrscht oftmals die Angst, ob er jemals wieder zurückkehren kann. Dieses
Rückkehrrecht muss besser geregelt werden. Es würde vielen mehr Mut machen zu sagen: Ich probiere es, und wenn es nicht funktioniert, kehre ich wieder zurück. – Das wäre etwas, das noch geändert werden könnte.
Insgesamt ist das Glas halb voll. Ich finde es schon ziemlich voll, denn wir tun ziemlich viel. Aber es ist der Anfang eines Weges, den wir gemeinsam gehen.
Unsere Landesregierung, ganz voran unser Sozialminister, haben einen wirklich tollen Job gemacht. Das ist ein Job, der in der Bundesrepublik als vorbildlich gilt. Andere schauen sich unseren Aktionsplan an und schreiben ihn ab. Das finde ich auch gut, sie dürfen alle abschreiben. Dieser Plan ist wirklich sehr gut. Ich freue mich, wenn wir uns darüber noch öfter unterhalten und die Fortschreibung mit erleben würden.
Zum Schluss noch meine Anregung, ob wir nicht nur den Antrag der SPD, sondern auch die beiden Entschließungsanträge mit in den Ausschuss nehmen, damit wir diese drei Initiativen als Bündel noch verhandeln können. Wenn es gewünscht wird, würden wir so verfahren. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich kann der Hessische Landtag über alles reden, und wenn das Thema auch noch Bezug zu unserem Bundesland hat, ist es besonders gut. Das ist nicht immer der Fall. Ich finde aber, dass wir uns mit dem vorliegenden Antrag der LINKEN keinen Gefallen tun.
Finden Sie, ich bin verklemmt?
Danke. – Das, was der Herr Wagner von den GRÜNEN gesagt hat, ist genau richtig: in solchen Fragen einen Dialog mit den Kirchen zu führen. Aber wenn wir hier einen Antrag beraten, ihn verabschieden oder ablehnen, dann ist das eben nur ein Dialog unter uns und kein Dialog mit den Kirchen.
Die eigentliche Debatte über den „Dritten Weg“ gehört nämlich in erster Linie nicht in den Landtag, sondern in die kirchlichen Gremien. Dort wird die Debatte auch geführt, strittig geführt. So hat z. B. die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland nach einer langen und ernsthaften Debatte im November 2011 beschlossen, am „Dritten Weg“ festzuhalten.
Der aktuelle hessische Bezug ergibt sich aus der Absicht des Diakonischen Werkes Hessen-Nassau und des Diakonischen Werkes Kurhessen-Waldeck, zu fusionieren. Dieses Thema beschäftigt zurzeit die Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Dort gehört auch vieles von dem hin – Herr Kollege Wagner hat es schon angesprochen –, aber leider können heute sechs Synodale,
die diesem Landtag angehören oder für diesen Landtag arbeiten, wegen der zeitlichen Überschneidung nicht an den Beratungen in Frankfurt teilnehmen.
Doch bereits in vorigen Synodentagungen wurde über dieses Thema debattiert. Dort war auch ich anwesend. Die Frage nach den Arbeitnehmerrechten war dabei der Schwerpunkt der Diskussion, und es hat auch schon Änderungen in den Vorlagen gegeben, die jetzt der Kirchensynode vorliegen, gerade was die Arbeitnehmerrechte angeht.
Ich selbst hatte als Vorsitzender des Dekanatssynodalvorstandes des Evangelischen Dekanats Wetterau, oder kurz Präses Wetterau, mehrere Gespräche mit unserer Mitarbeitervertretung genau zu diesem Thema. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt, von dem auch Sie schon gesprochen haben, vom vergangenen Dienstag bestätigt eine Position, die ich in der innerkirchlichen Debatte schon länger vertrete.
Grundsätzlich wurde die Rechtmäßigkeit des „Dritten Weges“, des eigenständigen kirchlichen Arbeits- und Tarifrechts, bestätigt. Es wird damit anerkannt, dass sich das jahrzehntelange dialogische und geschwisterliche Konzept der besonderen Dienstgemeinschaft innerhalb der Kirche bewährt hat und dass das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen staatlicherseits geachtet wird.
Auf der anderen Seite wurde aber auch deutlich, dass vereinzelte Missstände in Bereichen des kirchlichen Arbeitsrechtes, zum Teil durch Lohndumping und der Ausweitung von Leiharbeit und Outsourcing hervorgerufen, genau dieses Selbstverständnis der diakonischen Gemeinschaft im Kern gefährden und somit dringend abgestellt werden müssen.
Der Antrag der Fraktion DIE LINKE gibt, trotz seiner Länge, den gesamten Sachverhalt sehr einseitig wieder. Schon die Überschrift „Der ‚Dritte Weg‘ dient zur Lohnabsenkung …“ ist falsch. Dies ist nicht richtig und verzerrt die Absichten, die hinter dem „Dritten Weg“ stehen. Die Kirchen sind eben nicht einfach Unternehmen, die im sozialen Sektor tätig sind. Für Christen gibt es eine besondere Motivation, warum sie sich im sozialen Bereich engagieren. Es geht nicht ums Geldverdienen, sondern um eine konkrete Umsetzung des Evangeliums. Jesus hat seine Botschaft im Doppelgebot der Liebe zusammengefasst: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken“, und: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
Die Nächstenliebe ist somit Verpflichtung für jeden Christen und jede Christin, doch der Einzelne kommt mit seinen Kräften schnell an Grenzen. Im Hessischen Landtag ist es sicherlich angemessen, in diesem Zusammenhang einmal an die heilige Elisabeth zu erinnern.
Ja, dann freuen sich auch die Marburger.
Nach dem Tod ihres Mannes widmete sich die Landgräfin der Krankenpflege in Marburg und gründete ein Hospiz.
Dabei opferte sie sich so sehr für Bedürftige auf, dass sie bereits nach relativ kurzer Zeit an Entkräftung starb. Schon im Mittelalter wurde also klar, dass die Krankenversorgung einer komplexen Organisation bedarf und der Einzelne schnell überfordert ist. Stiftungen und Klöster fungierten als Träger von Einrichtungen. Seit dieser Zeit hat sich die grundlegende Motivation nicht geändert. In karitativen und diakonischen Einrichtungen arbeiten Christen gemeinsam, um Nächstenliebe konkret umzusetzen.
Der „Dritte Weg“ ermöglicht es den Kirchen und ihren Wohlfahrtsverbänden, die religiöse Dimension ihres Wirkens auch in der Form des Arbeitsrechts zu leben und ihren Auftrag, die Verkündigung von Gottes Wort, die Feier des Gottesdienstes und tätige Nächstenliebe, zu erfüllen. Unabhängig von ihrer beruflichen Position und Stellung haben alle in der Kirche Tätigen an diesem Auftrag Anteil. Sie arbeiten deshalb nach dem Leitbild der christlichen Dienstgemeinschaft zusammen. Dieses Leitbild beruht auf dem gemeinsamen Auftrag von Dienstgeber und Dienstnehmer. Es schließt die Existenz unterschiedlicher Interessen nicht aus, gibt aber Wege für eine partnerschaftliche Lösung vor.
Streik und Aussperrung sind für viele in der Kirche mit dem gemeinsamen Auftrag nicht vereinbar. Wenn eine Einbindung der Gewerkschaften in die paritätischen und konsensorientierten Verhandlungen stattfindet, haben die Gewerkschaften kein Recht, zum Streik aufzurufen, so das Bundesarbeitsgericht am Dienstag. Es stimmt nicht, dass Kirchen und kirchliche Einrichtungen grundsätzlich schlechter bezahlen. Bei Vergleichen wird z. B. gern übersehen, dass es oft eine bessere zusätzliche Altersversorgung gibt.
Noch kurz zu dem kleinen Disput, was 100-%-Dinge angehen. Dazu kann ich aus der eigenen Erfahrung berichten. Unser Kindergarten, ein kirchlicher Kindergarten, besteht aus vier Gruppen. Eine Gruppe ist eine sogenannte 100%-Gruppe, wo kommunale und staatliche Träger die gesamten Kosten tragen.
Drei Gruppen – jetzt kommt es – sind unter dem Normalvorhalt. Das heißt, mehr als 15 % werden aus Kirchensteuermitteln dazugegeben, und in einem Kindergarten gibt es eben beides, deshalb diese 100 %. Man muss immer schauen, wie das in der Praxis aussieht.
Die Frage ist nun: Warum beschäftigt sich die Fraktion DIE LINKE mit diesem Thema? – Die „FAZ“ sagt heute: „Möglicherweise ist sie einer Kampagne von ver.di aufgesessen, denen es vor allen Dingen um Mitgliedergewinnung geht.“
Es gibt drei Gründe, warum es vielleicht besser und klug ist, den Antrag abzulehnen.
Drei Hauptgründe. – Erstens. In aller Regel, finde ich, sollten sich ein Parlament und eine Regierung nicht in die inneren Angelegenheiten einer Religionsgemeinschaft einmischen. Das steht dem Grundrecht auf Religionsfreiheit und kirchliche Selbstbestimmung, Art. 4 und 140, entge
gen. Gerade wir Deutsche haben schlechte Erfahrungen gemacht, wenn sich der Staat in kirchliche Angelegenheiten einmischt.
Zweitens. Es kann natürlich zu Konflikten zwischen verschiedenen Rechtsgütern kommen, eben z. B. auch in der Frage der Koalitionsfreiheit, aber ich finde, dass wir in Deutschland eine gute Geschichte haben. Wir haben in der Bundesrepublik nämlich die Erfahrung gemacht, dass man bei widerstreitenden Rechtsgütern die Entscheidung den Gerichten überlassen sollte. Die machen das in aller Regel viel weiser und klüger als manche politische Entscheidung.
Drittens ist der vorliegende Antrag doch sehr einseitig, da er nur die eine Seite der Argumente wiedergibt.
Ich komme zum Ende. – Er blendet die Argumente für den „Dritten Weg“ eigentlich aus. Deshalb wird die CDU den Antrag ablehnen.
Dennoch freue ich mich, dass Ihr Antrag es ermöglicht hat, dass Jesus Christus und die heilige Elisabeth Eingang in das Landtagsprotokoll gefunden haben. – Danke.
Ich möchte noch drei Anmerkungen zu der Debatte und zu einzelnen Punkten machen. Zunächst einmal möchte ich etwas zu den berühmten 100 % sagen. Da sieht man, dass Begrifflichkeiten, wenn sie nicht wirklich exakt ausgeführt werden, zu Missverständnissen führen.
Die Beispiele für 100 %, die so in den Berichten und in sonst irgendetwas stehen, beziehen sich fast immer nur auf Teile. Zum Beispiel wurde jetzt gesagt, das betreffe die ambulante Krankenpflege. Dazu kann ich Ihnen aus meiner Gemeinde sagen: Ja, da gibt es eine Erstattung zu 100 % für das, was gerade geleistet wurde. Aber zusätzlich gibt es dort Mittel von einem kirchlichen Verein, der dafür sorgt,
dass die Krankenpfleger noch länger bei den Kranken bleiben können, als es überhaupt abgerechnet werden kann.
Das ist nicht die Theorie. Das ist die Praxis. Das ist die Praxis in meinem Ort.
Da sehen Sie, wie das mit den 100 % ist. Trotzdem wird aber gesagt, das sei eine Finanzierung zu 100 %. Aber es gibt da noch zusätzliche Mittel.
Bei den Kindertagesstätten ist es genau so, wie es der Sozialminister gesagt hat. Die Finanzierung der Errichtung der Gebäude, in denen die Gruppen dann sind, erfolgt z. B. 50 % : 50 %.
Das ist jetzt eine persönliche Anmerkung. Herr Schaus, in finde schon, Sie hätten sich nichts vergeben, wenn Sie in die Begründung hineingeschrieben hätten, dass das Thema von Ihrer Partei in Niedersachsen auch schon aufgegriffen wurde. Das hätte nichts gemacht. Das hätte sicherlich dazu geführt – –
Nein. Aber ich sage Ihnen ganz offen: Ich habe mich etwas vorgeführt gefühlt. Das wäre einfach nur ein kleiner Satz in der Begründung. Es ist doch nichts dabei, wenn Sie schreiben würden: Das Thema wurde in Niedersachsen schon behandelt. – Das fände ich gar nicht schlimm.
Ich habe noch nicht irgendwo abgeschrieben.
Ich komme zum letzten Punkt. Vielleicht habe ich das nicht klar genug gesagt. Das Handeln der Diakonie und der Caritas lässt sich nicht von den Kirchen trennen. Denn es entspringt dem kirchlichen Handeln und dem Selbstverständnis der Kirchen.
Deshalb kann man nicht einfach sagen: Das sind die Unternehmen im Sozialbereich, und das sind die Kirchen. – Vielmehr gehört das eng zusammen. Das macht den innerkirchlichen Dialog zu dieser Frage so schwierig. Denn wir können das nicht einfach trennen. Caritas und Diakonie gehören zur Kirche. Ohne die Kirche würde es die beiden nicht geben.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde das jetzt ein bisschen bedauerlich von Dr. Spies, denn es handelt sich hierbei um ein Ausführungsgesetz des Bundes. Es ist klar, wenn man die Diskussion verfolgt, dass sich bei der Bundeslage durchaus etwas ändern wird. Es gibt Bestrebungen, das Bundesgesetz zu verändern. Das ist auch der Grund, warum dieses Ausführungsgesetz jetzt zu denen gehört, die wir immer noch zeitlich begrenzen. Es ist jetzt nur für fünf Jahre vorgesehen, weil es möglicherweise in diesem ganzen Bereich grundsätzlich eine Reform gibt.
Es wird auch ein bisschen unterschlagen, dass sich das bisherige Ausführungsgesetz, das jetzt nur ein bisschen reformiert wird, durchaus bewährt hat. Es geht um einen Bereich, der leider zunimmt, nämlich um Menschen, die sich nicht mehr selbst helfen können – entweder durch Unfall oder Krankheit verursacht –, die auf Hilfe angewiesen sind, wo insbesondere Familienangehörige nicht unterstützen können. Die Regelungen des Gesetzes haben sich bewährt. Deshalb fände ich es doch gut, wenn Sie dem zustimmen könnten, dieses Ausführungsgesetz in dieser leicht bearbeiteten Version erneut in Kraft zu setzen.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Die Zufälligkeiten des Sitzungsablaufs haben dazu geführt, dass wir heute Nachmittag nach der Debatte über den inklusiven Unterricht an Hessens allgemeinbildenden Schulen nun auch noch über die Situation der Menschen mit Behinderungen auf dem hessischen Arbeitsmarkt sprechen.
Der Hinweis liegt nahe, dass sich Inklusion nicht allein auf die Schule beschränken sollte, sondern auch auf den Arbeitsmarkt Anwendung finden muss.
Eine Kernforderung der UN-Behindertenrechtskonvention ist die Inklusion der Menschen mit Behinderungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Das System der Förderschulen und der inklusive Unterricht werden sich immer auch daran messen lassen müssen, inwieweit Schülerin
nen und Schüler dieser Systeme letztendlich auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich sind.
Die Hessische Landesregierung engagiert sich nicht nur bei der Inklusion im Schulsystem vorbildlich, sondern auch bei der Eingliederung von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt. Menschen mit Behinderungen haben in Hessen gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
Dabei geht die Landesregierung bereits seit vielen Jahren mit gutem Beispiel voran. Mit einer Beschäftigungsquote von 7,86 % von Menschen mit Behinderungen in der Landesverwaltung liegt Hessen bundesweit an der Spitze. Das ist ein großer Erfolg, und wir werden uns auch weiterhin dafür einsetzen, dass das Land als Vorbild für die guten Chancen für Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt dient.
Sowohl in der öffentlichen Verwaltung als auch in der privaten Wirtschaft sind in der Summe die Erfahrungen mit Menschen mit Behinderungen sehr positiv. Immer wieder wird uns berichtet, dass Menschen mit Behinderungen besonders engagierte und zuverlässige Mitarbeiter sind. Dies sollte eine Ermutigung für alle Unternehmen und Betriebe sein, die bisher noch keine Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen bereitstellen. Menschen mit Behinderungen muss eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft genauso möglich sein wie Menschen ohne Behinderungen.
Nein, da gab es auch schon vorher Beifall. – Frau Fuhrmann hat natürlich recht: In der Frage des Umgangs mit behinderten Menschen gibt es hier einen großen Konsens und gar nicht so viel Streit.
Die Berufstätigkeit schafft finanzielle Unabhängigkeit und ist wichtiger Bestandteil eines erfüllten und selbstbewussten Lebens.
Auch wenn sich Hessen mit dem bereits Erreichten wirklich sehen lassen kann, so müssen die Anstrengungen zur Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt fortgesetzt werden. Im letzten Jahr hat das Land 50,4 Millionen € für das hessische Schwerbehindertenprogramm zur Verfügung gestellt. Dies ist für die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsmarkt von enormer Bedeutung.
Mit dem Bund-Länder-Programm „Initiative Inklusion“ werden die Chancen von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt noch weiter verbessert. Mit den Bausteinen Berufsorientierung, betriebliche Ausbildung und Arbeitsplätze für ältere, schwerbehinderte Menschen gibt es hier ein Gesamtpaket, das den Menschen mit Behinderungen den Einstieg in das Arbeitsleben erleichtert.
All diese Anstrengungen sehen wir als Teil der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.
Im Entwurf der Landesregierung für einen Aktionsplan zur Umsetzung dieser Konvention, der am 1. Dezember zur Diskussion vorgelegt wurde, beschäftigt sich Kapitel 6 mit diesem Thema. Dort wurden sieben Grundziele formuliert: Verringerung der Arbeitslosigkeit, Verbesserung der Zugangsmöglichkeiten zum Arbeitsmarkt, Beibehaltung der hohen Beschäftigungsquote im Landesdienst,
weiterer Aus- und Aufbau alternativer Beschäftigungsformen, Förderung der Arbeitsfähigkeit behinderter und chronisch erkrankter Menschen
ja – sowie die gesonderte Förderung der Beschäftigung von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit Behinderungen. Ich bin gespannt, welche Ergänzung dieser Entwurf durch die Diskussion mit den Verbänden noch finden wird.
Mit der Umsetzung der UN-Konvention werden die Rechte von Menschen mit Behinderungen weiter gestärkt. Ziel ist es, die Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Vor allem die Teilhabe am Arbeitsmarkt ermöglicht Chancengleichheit.
Machen Sie es also wie die CDU: Stimmen Sie diesem Entschließungsantrag zu.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch nach dem Vortrag von Dr. Wilken bleiben bei diesem Antrag der Fraktion der LINKEN viele Fragen offen.
Erstens. Wer ist für dieses Thema zuständig? Die Regelbedarfsstufe 3 nach dem Sozialgesetzbuch II und die Novellierung des Sozialgesetzbuchs XII fallen eindeutig in die Zuständigkeit des Bundes. Also gehört dieser Antrag in den Bundestag – wo übrigens die Fraktion DIE LINKE dieses Thema bereits im vergangenen Sommer angesprochen hat. Wäre dann also unsererseits dieser Antrag im Hauptausschuss zu beraten?
Oder gehört dieser Antrag vielleicht in den Umweltausschuss? Denn immerhin handelt es sich hierbei um einen Fall von Recycling: Den gleichen Antrag haben die LINKEN nämlich bereits im Landtag von Sachsen-Anhalt gestellt.
Dort wurde er am 11. November 2011 auch beraten, und der dortige Minister für Arbeit und Soziales, Herr Bischoff von der SPD, sicherte zu, dieses Thema in der Fachministerkonferenz anzusprechen.
Was also soll dieser Antrag hier bei uns noch einmal? Warum müssen wir uns mit diesem Antrag beschäftigen, obwohl unser Landtag und unser Land dafür gar keine Kompetenzen haben? Zugleich werden andere Anträge, die sehr wohl in unsere Kompetenz fallen, von der Tagesordnung abgesetzt.
In der Begründung dieses Antrags kann man erahnen, dass es wohl um arbeitslose Menschen mit Behinderung geht, die – obwohl sie volljährig sind – bei ihren Eltern wohnen. Also ein Thema für den Sozialpolitischen Ausschuss.
Die nächste Frage ist dann schon schwieriger: Was will dieser Antrag?
In der Überschrift steht: „Regelbedarfsstufe 3 unverzüglich abschaffen“. Im Antragstext findet sich diese Forderung überhaupt nicht. Dort heißt es: „Die Landesregierung wird gebeten, darauf hinzuwirken, dass eine Überprüfung der Regelbedarfsstufe 3 durch die Bundesregie
rung zeitnah erfolgt.“ – Was das Ergebnis dieser Überprüfung sein wird, wird zu Recht offengelassen.
Nun hat die Bundesregierung bereits erklärt, dass es kurzfristig keine Handlungsmöglichkeit gibt. Sie hat allerdings im September 2011 einen Forschungsauftrag vergeben, der sich mit dieser Problematik beschäftigt. Die Forderung in der Überschrift dieses Antrags, die Regelbedarfsstufe 3 unverzüglich abzuschaffen, schießt meines Erachtens über das Ziel hinaus. Die Regelbedarfsstufe 3 gilt für alle Empfänger, die bei ihren Eltern wohnen, unabhängig davon, ob sie behindert sind oder nicht. Der Mehrbedarf für Menschen mit Behinderungen sollte aber über das Sozialgesetzbuch XII geregelt werden. Ob und in welche Richtung es Änderungsbedarf gibt, wird wohl ein Ergebnis dieses Forschungsauftrages sein.
Ich fasse zusammen: Es ist nicht klar, warum sich der Hessische Landtag mit diesem Antrag beschäftigen soll. Es ist nicht klar, was dieser Antrag will. Möglicherweise bringt die Beratung im Sozialpolitischen Ausschuss mehr Klarheit. In seiner jetzt verwirrenden Form kann man diesen Antrag nur ablehnen.
Herr Landtagspräsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dieser Großen Anfrage ist es so eine Sache, wenn man Fragen stellt, aber selbst schon die Antworten weiß und dann natürlich unzufrieden ist, wenn man Antworten bekommt, die man lieber nicht hören wollte, und dann in seinem Redebeitrag am besten nicht auf die Antworten eingeht. Aber dann geht der ganze Sinn einer Großen Anfrage ein bisschen am Thema vorbei.
Ich möchte mich an dieser Stelle gleich zu Beginn ausdrücklich bei der Landesregierung bedanken, dass sie in dieses Thema mit ihren Antworten Klarheit bringt und auf die indirekten Unterstellungen des Fragestellers nicht eingeht, sondern sie zurückweist.
Bei der Hilfe für Menschen mit Behinderungen findet in den letzten Jahren ein Paradigmenwechsel statt. Im Mittelpunkt steht der Mensch mit Behinderungen als Subjekt und nicht als Objekt fürsorglichen Handelns. Eine am Leitmotiv „Bürgerrechte statt Fürsorge“ anknüpfende Politik ist unabdingbar damit verbunden, Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen in den grundlegenden Lebensbereichen Arbeit, Wohnen, Mobilität und Freizeit mitten in unserer Gesellschaft zu verwirklichen.
Dies gilt auch für die Eingliederungshilfe. Die Eingliederungshilfe soll stärker auf den einzelnen Menschen ausgerichtet werden. Hierdurch gibt es eine Abkehr vom institutionszentrierten Ansatz, hin zu einer personenzentrierten Hilfe. Dies ist auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz unter Vorsitz des Hessischen Sozialministers Stefan Grüttner beschlossen worden.
Durch die Reform der Eingliederungshilfe wird künftig der Bedarf der Menschen mit Behinderungen individuell festgestellt. Hierbei werden alle Lebenslagen berücksichtigt. Es geht um die Teilhabe dieser Menschen am gesell
schaftlichen Leben, aber auch am Arbeitsleben, sowie um die Verbesserung des Übergangs von der Schule zum Beruf. Die Reform der Eingliederungshilfe in Kombination mit der Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist ein wichtiger Schritt zu mehr Teilhabe behinderter Menschen am gesellschaftlichen Leben. Dabei geht es nicht, wie von den Fragestellern unterstellt, um die Umsetzung einer Kostendämpfungspolitik.
In Hessen gibt es einen breiten Prozess der Förderung von Menschen mit Behinderungen. Die Einrichtung der Stabsstelle UN-Behindertenrechtskonvention, das Hessische Behinderten-Gleichstellungsgesetz sowie der Landesaktionsplan dienen der Umsetzung verschiedener Maßnahmen und zeigen die Bedeutung, die die Integration behinderter Menschen für das Land Hessen hat.
Derzeit startet der Reformprozess in der Eingliederungshilfe. Hierbei ist es wichtig, alle Beteiligten einzubeziehen. Ich bin mir sicher, dass die personenzentrierte Eingliederungshilfe dem einzelnen Menschen besser gerecht wird und den individuellen Bedarf stärker berücksichtigt.
Am Schluss meines Redebeitrags will ich noch auf ein Thema eingehen, das zwar nicht direkt mit der Anfrage zu tun hat, das uns aber immer wieder beschäftigt hat. Eine gute Nachricht: Schon des Öfteren haben wir uns damit auseinandergesetzt, dass sich Behindertenverbände beim Hessischen Rundfunk beschwert haben, dass so wenige Sendungen untertitelt werden. Nun habe ich die Mitteilung erhalten, dass der hr ernsthaft die Absicht hat, ab 2013 die „Hessenschau“, andere lokale Berichterstattungen und den überwiegenden Teil seiner Sendungen zu untertiteln. Also: Manchmal gibt es in kleinen Schritten auch dort Fortschritte.
Herr Landtagspräsident, sehr geehrte Damen und Herren! Um den Reigen vollständig zu machen: Auch die CDU-Fraktion wird dem Entwurf zum Landesblindengeldgesetz nun zustimmen. Das heißt, es kommt nicht so häufig vor, dass wir hier einen Gesetzentwurf einstimmig verabschieden. Das Landesblindengeldgesetz hat sich in seinem nun fast 30-jährigen Bestehen durchaus bewährt. Mit der Novellierung dieses Gesetzes nehmen wir einige Verbesserungen und Veränderungen vor, wie es auch schon die Vorredner gesagt haben.
Ein wesentlicher Punkt ist, dass der Bereich der Bezieher des Geldes ausgedehnt wird: Nun können auch Kinder unter einem Jahr Leistungsberechtigte sein.
Der andere wesentliche Punkt ist, dass immer gesagt wird: „Es muss mit EU-Recht konform sein.“ Ich will kurz aus
führen, wo der Problempunkt lag. Das bisherige Gesetz war an den Wohnsitz gebunden, und das ist mit EU-Recht nicht vereinbar. Deshalb findet nun eine Veränderung statt, sodass auch Menschen, die in Hessen beschäftigt oder für ein deutsches Unternehmen im Ausland tätig sind, dann vom Landesblindengeld profitieren können.
Auch wenn wir in Einzelheiten manchmal unterschiedlicher Meinung waren, gab es zum Schluss doch einen einstimmigen Beschluss, und ich wünsche mir dies nun auch im Landtag.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Südwestrundfunk hat über Jahrzehnte empfohlen, den Tag positiv zu beginnen. Diese alte Regel will ich auch gerne heute aufgreifen und positiv beginnen. Positiv finde ich an dieser Debatte, wie sehr sich alle in diesem Haus für den Sonntagsschutz einsetzen.
Ich höre das schon heraus.
Möglicherweise gibt es unterschiedliche Auffassungen über den Weg.
Aber ich finde, dass wir eine hessische Besonderheit haben. Wenn wir uns nämlich mit anderen Ländern vergleichen, sehe ich in kaum einem anderen Bundesland, dass sich Parteien so übergreifend mit diesem Thema beschäftigen und sich dafür einsetzen. Das finde ich eine positive hessische Tradition, auf die wir alle gemeinsam stolz sein können.
Herr Klose, ich finde es gar nicht schlimm, wenn DIE LINKE in Hessen einen Sonderweg geht, sich von dem gesamten Bundesverband DIE LINKE verabschiedet, hier eine ganz andere Politik macht und sich wirklich aktiv für Sonntagsruhe einsetzt.
Eine ganz tolle Sache.
Kommen wir zum Thema. Es geht um die Bedarfsgewerbeverordnung. Es wurde schon deutlich gemacht, dass es 14 andere Bundesländer gibt, die bereits eine solche Verordnung haben. Die Verordnung ist allerdings unterschiedlich ausformuliert. Auch das wurde schon gesagt.
Warum sollten wir Hessen das nicht haben? Das ist auch der Punkt, den ich an den beiden Anträgen, die zur Abstimmung stehen, nicht verstehen kann. Ich hätte verstanden, wenn Sie aufgezeigt hätten, in welchen Punkten Sie eine Änderung dieser Verordnung gerne hätten, anstatt pauschal zu sagen: Wir wollen das nicht.
Das kommt von der Landesregierung. Aber man hätte auch eine freundliche Bitte an den Minister formulieren können.
Ich kann Ihnen sagen, wie das geht.
Man könnte sagen: „Herr Grüttner, Sie haben die Einwendungen auch der Kirchen und der Gewerkschaften gehört. Die Bitte wäre jetzt, dass Sie dazu Stellung nehmen und sagen, ob diese Argumente zutreffen, ob man die Verordnung noch an einigen Stellen verändern muss.“
So unaufgeregt kann man das Thema miteinander behandeln.
Das sehe ich genauso.
Warum sehe ich das genauso?
Der Vertreter der FDP hat schon gesprochen. Jetzt muss ich davon ein bisschen wiederholen. Er hat vollkommen recht, dass man mit einer solchen Verordnung Bürokratie abbauen kann und dass man da, wo es sowieso regelmäßig Ausnahmegenehmigungen gibt, rechtlich Klarheit schafft,
indem man sagt: „Das ist jetzt immer so, und nicht nur mit Ausnahmegenehmigungen, die zeitlich befristet sind.“
Es gibt Bereiche, wo ich das alles durchaus sehr, sehr sinnvoll finde. – Manche wissen es: Ich komme aus Bad Vilbel wie der verehrte Justizminister, der mich da bestätigen könnte. Wir haben dort z. B. eine Fertighausausstellung.
Die ist gut. – Diese Fertighausausstellung ist auch am Sonntag geöffnet. Das ist durchaus sinnvoll, weil dort nämlich vor allem Familien zusammenkommen und eine Entscheidung – –
Die können da auch kommen.
Frau Fuhrmann, ich glaube, eines haben Sie vielleicht noch nicht so richtig mitbekommen:
dass die Gewerbetreibenden Sonntagsarbeit in der Regel – – Jetzt hört mir Frau Fuhrmann gar nicht zu.
Frau Fuhrmann, in aller Regel ist es nämlich so, dass die meisten Gewerbetreibenden Sonntagsarbeit eher vermeiden, weil sie mit Aufschlägen und zusätzlichen Kosten verbunden ist. Deshalb ist das eher die Ausnahme.
Ich finde, die Bedarfsgewerbeverordnung ist im Großen und Ganzen in Ordnung. Ich finde, man kann noch über einzelne Punkte reden, ob sie das Ziel und den Sinn genau treffen. Aber ich denke, Hessen hat, wie alle anderen Bundesländer auch, eine Bedarfsgewerbeverordnung verdient.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die CDU-Fraktion begrüßt die Neufassung des Gesetzes über das Landesblindengeld. Der Minister hat schon ausgeführt, dass es nicht nur darum geht, hier eine Neufassung zu verabschieden, weil das Gesetz zum 31. Dezember 2011 ausläuft, sondern auch weil es erheblichen Anpassungsbedarf an die Rechtsprechung und die Verwaltungspraxis gibt.
Wir finden, dass das Gesetz in seiner jetzt vorgelegten Form schon viele Probleme löst und deshalb ausdrücklich zu begrüßen ist. Für die Betroffenen sicherlich eine der wichtigsten Botschaften ist, dass es trotz der angespannten Haushaltslage keine Abstriche bei der Leistungshöhe geben wird. Ich finde es auch begrüßenswert, dass die Anpassung an das EU-Recht erfolgt; denn es bedeutet auch eine Freizügigkeit für Menschen mit Sehbehinderungen innerhalb der Europäischen Union. Auch wenn dies nur eine kleine Facette ist, Freizügigkeit noch weiter zu ermöglichen, so ist es doch ein weiterer Baustein.
Von allen wurde bisher begrüßt, und ich finde es auch richtig, dass das Gesetz nun noch ausgeweitet wird, dass auch Kinder unter einem Jahr von diesem Gesetz profitieren können. Es ist wahr, dass gerade in diesem Bereich der ersten Hilfe und Früherkennung sehr viel getan werden kann und auch Kosten anfallen, sodass das wirklich zu begrüßen ist.
Wenn es stimmt, was Herr Dr. Jürgens gesagt hat, dass es Möglichkeiten gibt, es einfacher zu formulieren und zu verbessern, so werden wir das im Sozialpolitischen Ausschuss gern miteinander besprechen. Natürlich kann man nie gegen Vereinfachungen sein, aber sie müssen präzise das wiedergeben, was gewünscht ist.
Schön ist, dass jetzt auch die Zuständigkeiten eindeutiger geregelt werden und es nicht mehr zu Unklarheiten kommt wie in der Vergangenheit.
Eines will ich noch korrigieren. Die kleine Sondersitzung des Sozialpolitischen Ausschusses findet nicht morgen, sondern übermorgen statt.
Morgen ist die Andacht, da kann man auch schon kommen.
Okay, es war Werbung in eigener Sache; ich nehme es zurück.
Dann sollten wir prüfen, was man noch verbessern kann. Dafür sind wir durchaus offen. Auch ich freue mich auf die Beratung und die Anhörung im Sozialpolitischen Ausschuss.
Sehr geehrter Landtagspräsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die momentane Diskussion in Schleswig-Holstein über den Fortbestand von Unikliniken im Norden Deutschlands macht deutlich, wie klug und vorausschauend die Entscheidung war, die Existenz der Unikliniken in Hessen langfristig zu sichern.
Die Privatisierung der Unikliniken in Marburg und Gießen war eine richtige und kluge Entscheidung.
Ich glaube, wir können daraus lernen, was es heißt, wenn ein Staat,ein Land in finanzielle Nöte kommt:dass sowohl die medizinische Versorgung als auch die Ausbildung durchaus in eine Krise geraten. Ich finde, wir in Hessen haben das exzellent gelöst,indem wir sichergestellt haben, dass im mittelhessischen Raum Forschung und Lehre qualitativ hochwertig erhalten bleiben. Deshalb finde ich, wir haben es richtig gemacht.
Wir haben nämlich nicht zu einem Zeitpunkt, als die Not besonders groß war, sondern schon vorausschauend eine Wende eingeleitet, die uns heute zugutekommt. Ich finde es bezeichnend, dass Herr Dr. Spies überhaupt nicht auf den Gesetzentwurf eingegangen ist, den die Ministerin vorgelegt hat,
sondern die ganze Zeit über das redet, was alles nicht im Gesetz steht. Da gibt es noch viel mehr zu finden.
Da war der Redebeitrag von Frau Sorge doch schon ein besserer. Denn sie ist wenigstens inhaltlich darauf eingegangen, was darin steht.
Man merkt doch gleich die Qualität einer Vizepräsidentin.
Ich finde es schon gut, wenn man einmal in das Gesetz hineinschaut, um zu sehen, was darin steht,
auch wenn man dann vielleicht zu unterschiedlichen Bewertungen kommt. Ich glaube, darüber sollten wir uns im Ausschuss unterhalten. Es geht dabei dann vor allem darum, dass Konflikte besser entschieden werden können.
Ich würde jetzt eher dem zuneigen,was Herr Büger gesagt hat.Aber diese Diskussion können wir führen.Es geht darum, Konflikte schneller zu entscheiden und zu einer besseren Lösung zu bringen.Vielleicht kommen wir sogar zu einem Konsens in der Diskussion.
Ich finde es auch richtig, dass wir die Diskussion umgestellt haben, dass wir uns zuerst mit dem Bericht des Wissenschaftsrats beschäftigen und dann den Gesetzentwurf verhandeln werden.
Das Gesetz an sich finde ich gut. Es ist eine Fortschreibung des gegangenen Weges. Aber wie es meistens so ist: In der Anhörung wird man noch klüger und erfährt noch mehr.Vielleicht nehmen wir dann noch Anpassungen vor. Ich freue mich auf die Diskussion, die hoffentlich auch so lebhaft ist wie diese.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Für die Fraktion der CDU bringe ich den gemeinsamen Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP zum Gesetzentwurf für das Hessische Ausführungsgesetz zum Zensusgesetz 2011 ein.
Aus der Anhörung im Hauptausschuss haben wir den Schluss gezogen, den Gesetzentwurf in einigen wenigen Punkten zu verbessern und zu präzisieren. Mit dem Änderungsantrag wollen die Fraktionen der CDU und der FDP sicherstellen, dass es durch den Zensus im nächsten Jahr zu keiner finanziellen Mehrbelastung der Kommunen bei der Datenerhebung kommt.
Sicherlich wird niemand bestreiten können, dass gerade die Kommunen bei ihrer Arbeit von den erhobenen Daten profitieren werden. Deswegen war der Gedanke, die Kommunen an den Kosten zu beteiligen, nicht abwegig. Doch auf der anderen Seite lohnt sich ein Streit über diese Frage nicht, insbesondere deswegen, weil die meisten anderen Bundesländer die Kommunen nicht an den Kosten beteiligen. Deswegen ist es richtig, so zu verfahren, wie es unser Änderungsantrag vorsieht.
Der Änderungsantrag der SPD-Fraktion, der zu diesem Punkt ein ähnliches Ziel verfolgt, erscheint uns dabei nicht ganz so präzise wie die Formulierungen in unserem eigenen Änderungsantrag. Deswegen beharren wir auf unserem Änderungsantrag.
Ja, manchmal.
Gleichzeitig wollen wir mit unserem Änderungsantrag auch noch den Schutz der erhobenen Daten verstärken. Deswegen sehen wir auch hierzu eine Änderung vor, die uns anempfohlen wurde.
Das könnte schon alles gewesen sein, was zu diesem Gesetzentwurf und zu dem Änderungsantrag zu sagen wäre, wenn nicht am Anfang der Woche einige mittelhessische Wahlbeamte aus der SPD in nicht zu akzeptierender Weise gemeint hätten, ihren Senf dazugeben zu müssen.
Ich muss Ihnen dazu etwas sagen. Ich komme wirklich aus einem der schönsten Teile des Hessenlandes.
Von dort kommen viele wunderbare hessische Landespolitiker. Der Wetteraukreis ist hier mit fünf Abgeordneten vertreten.
Leider war auch unser Landrat unter der Gruppe derer, die sich diese Ausfälle geleistet haben.
Ja, ich empfinde es als einen Ausfall, wenn man in dieser Frage zu einem Boykott aufruft bzw. androht, sich an der Datenerhebung nicht zu beteiligen. Damit will man bewusst geltendes Recht verletzen, wenn nicht so verfahren wird, wie es einem passt. Diesen Stil finde ich inakzeptabel.
Ich finde, es wäre besser gewesen, wenn diese Wahlbeamten einen Blick auf ihren Amtseid geworfen hätten. Sie haben sich wie Parteisoldaten aufgeführt, die einfach gegen den Innenminister schießen und glauben,sie seien damit besonders aktuell, weil er der nominierte Ministerpräsident ist.
Nein, der ist nicht unfehlbar. – Es wäre schön, einmal eine Initiative zur verbalen Abrüstung zu haben. Bei jedem kleinen Punkt wird gleich das ganze große Geschütz aufgefahren. Boykott, Verfassungsbruch – das sind die Worte,
die wir in dieser Pressemeldung lesen müssen. Ich finde das dem Punkt bei Weitem nicht angemessen. Das wird noch durch den Antrag der Linkspartei getoppt, die absolut destruktiv sagt: Wir beteiligen uns nicht am Zensus. – Das finde ich für eine Partei, die eine leichte Vergangenheit im SED-Regime hat,
wo versucht wurde, mit Planwirtschaft ein System zu lenken, bedenklich.
SED heißt in diesem Zusammenhang Planwirtschaft ohne Daten. Wohin das in der DDR geführt hat, haben wir gesehen.
Ich bin gespannt, was die Linkspartei in Berlin und in Brandenburg tun wird – auch dort muss es ein Ausführungsgesetz zum Zensusgesetz geben –, ob sie ihre Linie durchhalten wird, ob sich Berlin und Brandenburg am Zensus 2011 nicht beteiligen werden. Im Nachhinein fordern Sie all die Daten und all die Fakten, aber an der Erhebung wollen Sie sich nicht beteiligen. Das finde ich nun wirklich eine Vogel-Strauß-Politik und diesem Gesetz nicht angemessen.
Ich würde mich freuen, wenn wir mit großer Mehrheit die Verbesserungen für dieses Gesetz abstimmen und es heute in Kraft setzen würden.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Was in den Äußerungen bisher ein bisschen zu kurz gekommen ist,ist die Tatsache,dass ein gemeinsamer Antrag von CDU, FDP und den GRÜNEN im Ausschuss eine Mehrheit gefunden hat. Man sieht also die saarländische Jamaika-Sonne aufgehen.
Das, was wir in diesem Antrag festgestellt haben, kommt jetzt ein bisschen zu kurz. Denn wir haben in diesem Antrag ausdrücklich festgestellt, dass aus der UN-Konvention für uns als Land noch erheblicher Handlungsbedarf erwächst. Das haben wir darin ausdrücklich bekundet. Deshalb bin ich jetzt ein bisschen verwundert, wenn allseits immer wieder gesagt wird, dass schon bei dem Behinderten-Gleichstellungsgesetz oder, wie wir es jetzt nennen, dem Gesetz für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen auf die UN-Konvention stärker Bezug genommen werden sollte.
Ausdrücklich: Dieses Gesetz muss erneuert werden, damit es am 31. Dezember nicht außer Kraft tritt. Deshalb war es richtig, die Veränderungen vorzunehmen, wie wir sie im Ausschuss beschlossen haben und hier vorstellen. Das heißt aber nicht, dass wir, um das Bild von Herrn Dr. Jürgens weiter zu benutzen, mit unserem Lauf schon am Ende sind. Wir brechen den Lauf für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen an dieser Stelle nicht ab.
Ich sage es noch einmal: Die UN-Konvention und das Grundgesetz gelten für alle Kommunen in Hessen. Davon ist keine einzige ausgenommen.
Das brauchen wir nicht hineinzuschreiben. Ich brauche nicht hineinzuschreiben, dass das Grundgesetz und die UN-Konvention gelten, weil genau dies der Fall ist.
Unser Gesetz wird eine Anregung für die Kommunen sein, dass sie ihrer Verpflichtung nun auch nachkommen, ohne uns dabei allerdings erst noch leichtfertig mit einem Verfahren über die Konnexität auseinandersetzen zu müssen. Deshalb finde ich, dass unser Gesetz ein gutes Etappenziel auf dem Weg ist, Behinderten in Hessen gleiche Chancen einzuräumen.
Zum Abschluss. Ich fand das, was Herr Mick über den Hessischen Rundfunk gesagt hat, sehr vornehm und zurückhaltend ausgedrückt. Ich bin mir sicher, dass das eine Passage ist, die niemals im Hessischen Rundfunk gesendet wird.Das wird nie passieren.Der hr ist ein Schlusslicht und macht dem Land keine Ehre, was Untertitelungen und damit Hilfen für Menschen mit Behinderungen angeht.
Vorhin haben viele gesagt, wie stolz sie darauf sind, im Rundfunkrat zu sein. Dann habe ich die herzliche Bitte: Tut doch einmal etwas, damit der hr nicht ständig Briefe schreibt und dann mit Sendungen angibt, die er nicht einmal selbst produziert hat.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das Hessische Behindertengleichgestellungsgesetz ist genauso befristet wie alle hessischen Gesetze. Erneut zeigt sich an diesem Beispiel, dass sich diese grundsätzliche Befristung bewährt hat. Zwar wurden in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte bei der Gleichstellung von Behinderten gemacht. Doch bekanntlich ist das Bessere des Guten Feind. Die CDU-Fraktion begrüßt daher ausdrücklich die vorliegende Novellierung des BehindertenGleichstellungsgesetzes. Die neuen Regelungen des Gesetzentwurfes sind zum Teil Ergebnis der Anhörung der Behindertenverbände sowie der wissenschaftlichen Überprüfung des bisherigen Gesetzes.
Neben dem Abschluss von Zielvereinbarungen ist nun auch die Prüfpflicht zur Umsetzung der Behinderten
Gleichstellung konkretisiert worden. Dadurch wird erreicht, dass die Kommunen und Landkreise regelmäßig über die Fortschritte in der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen berichten werden. Damit erhalten auch wir als Abgeordnete einen Überblick über die Situation auf kommunaler Ebene.
Außerdem werden durch die Novellierung die Interessenverbände gestärkt und die Sicherstellung der Teilhabe durch neue Formen der Leistungserbringung, wie z. B. durch das persönliche Budget und die Ausrichtung auf personenzentrierte Leistungen, gewährleistet.
Selbst die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die einige Änderungsvorschläge unterbreitet, die wir gerne im Ausschuss beraten werden,kommt nicht umhin,festzustellen, dass die Novellierung ein Schritt in die richtige Richtung ist.Der Streit geht darum,wie weit wir gehen müssen. Ich bin davon überzeugt, dass alle staatlichen Ebenen in Deutschland verpflichtet sind, die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen umzusetzen, auch die kommunale. Da bin ich mir sehr einig mit Herrn Dr. Jürgens. Dennoch sollte vermieden werden, durch unglückliche Formulierungen einen Streit über eine mögliche Konnexität auszulösen. Darüber sollten wir im Ausschuss miteinander beraten, um das zu verhindern.
Die Gleichstellung von Behinderten und die Barrierefreiheit haben in den vergangenen Jahren in Hessen unbestreitbar Fortschritte gemacht. Ich beobachte z. B., dass bei vielen Straßenbaumaßnahmen im Rahmen des Konjunkturprogramms die Gelegenheit genutzt wird, Barrierefreiheit herzustellen oder zu verbessern. Auch dort, wo die Bahn AG Bahnhöfe saniert und umbaut, wird die Barrierefreiheit berücksichtigt und umgesetzt. Bedauerlich ist sicherlich, dass das manchmal zu langsam geschieht und dass es noch viel mehr Bahnhöfe sein könnten.