Zweiter Punkt. Es ist nicht so, dass Rhön-Klinikum der einzige Akteur in diesem Bereich wäre. Wir fordern Sie weiterhin auf, sofort mit der Siemens AG zu verhandeln, um die Partikeltherapie, die in Deutschland – also auch in Mittelhessen – in die universitäre Forschung eingebunden ist, nicht nur in Marburg zu erhalten, sondern darüber hinaus den Abbau und die Verlagerung ins Ausland zu verhindern.
Deswegen fordere ich Sie auf: Nehmen Sie sofort Verhandlungen mit der Siemens AG auf. Holen Sie sich zur Not Unterstützung aus dem Bund; aber fangen Sie endlich an, auch die Siemens AG als Gesprächspartner ernst zu nehmen.
Dritter Punkt. Auch das liegt seit über einem Jahr völlig klar auf der Hand: Nehmen Sie bitte sofort Verhandlungen mit der Landesregierung von Baden-Württemberg als Trägerin der Universität Heidelberg und des dortigen Partikeltherapiezentrums mit dem Ziel auf, eine enge Kooperation herzustellen, um in Hessen und in ganz Deutschland Synergieeffekte der Strahlentherapieforschung zur Tumorbekämpfung zu generieren.
Letzter Punkt. Tun Sie endlich mehr dafür, dass der angesehene Tumorforschungsstandort Marburg auch in Zukunft erhalten bleibt. Dazu gehören Innovation, klinische Forschung und auch Forschung in Bereichen, die bisher nicht wirtschaftlich sind. Es ist das Wesen von Forschung, dass sie nicht immer sofort Rendite abwirft. Fangen Sie deswegen im Interesse der Hochschulmedizin in Hessen endlich damit an, sich anständig um die Kliniken und um die Uni
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich saß sehr lange im Aufsichtsrat einer sehr gut funktionierenden Klinikkooperation im Main-Kinzig-Kreis, die in öffentlicher Trägerschaft war. Ich kenne auch aus eigener Erfahrung das Innenleben von privat geführten Kliniken. Deswegen wäre ich nicht so vermessen, vorab zu beurteilen, was das Gute und was das Schlechte ist. Das hängt nämlich von vielem ab, z. B. vom Personal: Welche Führungskräfte und welche Chefärzte arbeiten dort? Deswegen gibt es das Schwarz-Weiß-Bild nicht, das die Kollegin Wissler eben gezeichnet hat.
Ich sage allerdings auch eines: Wir – zumindest diejenigen, die damals mit dem großen Experiment begonnen haben, nicht nur die Klinikstandorte der beiden Universitäten zusammenzuführen, sondern auch das dann entstandene Klinikum zu privatisieren – wussten, dass dies aus vielerlei Gründen, die wir kennen, nicht so einfach sein würde. Ich sage auch – die Kollegin Schulz-Asche und Frau Wissler haben eben zu Recht darauf hingewiesen –: Ich bin über vieles – es muss in Hessen niemanden beeindrucken, wenn ich ärgerlich bin –, was in der Folge dieser beiden Experimente, nämlich der Fusion und der Privatisierung, geschehen ist, nicht sehr glücklich.
Aber man muss auch sagen – das wird sehr oft unterschlagen –, diese Lösung war damals die einzige Chance, den Universitätsklinikstandort Gießen zu erhalten.
Wir dürfen auch in der heutigen politischen Diskussion nicht ausblenden, wie die Situation damals war. Deswegen sage ich ganz bewusst, wir alle beobachten mit Argusaugen, ob es gelingen kann, zwei Universitätsstandorte mit Kliniken zu fusionieren: zwei Fachbereiche mit ihren Medizinprofessoren, bei denen zum Teil auch Eitelkeiten eine Rolle spielen.
Deswegen komme ich heute zu einer völlig anderen Bewertung dieses Kompromisses als Sie. Das wird Sie nicht sehr überraschen. Zunächst einmal sage ich ganz bewusst: Das ist ein Kompromiss, und Kompromisse sind nie im Leben Ideallösungen. Für mich könnte die Ideallösung für diese fusionierte und privatisierte Klinik auch anders aussehen. Aber das, was der Ministerpräsident und die zuständige Ministerin mit diesem Kompromiss geschaffen haben, ist aus meiner Sicht unter den gegebenen Bedingungen eine Glanzleistung.
(Beifall bei der CDU – Janine Wissler (DIE LIN- KE): Das glauben Sie doch selbst nicht, Herr Müller!)
Ich will es deutlich machen. Sie haben völlig recht: Das, was Sie angesprochen haben, war der Punkt, an dem mir in der Ausschusssitzung ein bisschen der Kragen geplatzt ist.
Es war in der Tat ein ausschlaggebender Faktor für den Zuschlag an die Rhön-Klinikum AG, dass sie die Errichtung einer Partikeltherapieanlage angeboten hat. Deswegen nehmen wir im Unterschied zu Ihnen die Vertreter der Rhön-Klinikum AG beim Wort.
und meine Kollegin Janine Wissler haben diese Partikeltherapieanlage schon aufgegeben. Wenn Sie sich hierhin stellen und sagen: „Wir wollen die 107 Millionen € haben“, heißt das, Sie haben diese Anlage im Geiste schon aufgegeben. Wir dagegen wollen diese Partikeltherapieanlage aus zwei Gründen: Sie soll erstens den Patienten zugutekommen und zweitens die medizinische Forschung voranbringen.
Das gelingt einem nicht, wenn man sagt: Na gut, das hat alles nicht so geklappt; ich will das Geld zurückhaben. – Von daher sind wir in einer anderen Situation. Ich sage: So ärgerlich es auch ist, nehme ich doch im Interesse jedes einzelnen Patienten in Kauf, dass es möglicherweise ein Jahr länger dauert.
Übrigens stehe ich damit nicht allein. Prof. Mukherjee, Präsident der Universität Gießen und möglicher neuer Wissenschaftsminister in dem Fall, dass Sie gewinnen sollten – was ich nicht glaube –, hat klipp und klar erklärt, das sei ein wunderbarer Kompromiss.
Erstens. Die bisherige strukturelle Benachteiligung der mittelhessischen Universitäten wird durch die Zahlung von 3 Millionen € beendet, die nicht Rhön-Klinikum bekommt, sondern die in den Forschungsstandort und damit in den universitären Bereich fließen.
Zweitens. Wir haben endlich – das war möglicherweise ein Geburtsfehler – durch diesen Kompromiss neue Mitwirkungsrechte der Landesregierung im Aufsichtsrat, im erweiterten Beirat und vieles mehr. Wir haben ein Stellenmoratorium, und wir sagen: Mit dieser Entscheidung wird der Universitäts- und der Universitätsklinikstandort in Mittelhessen gestärkt.
Deswegen sage ich: Wir haben keine Ideallösung. Wir haben eine Kompromisslösung, die unter den gegebenen Bedingungen eine Glanztat des Ministerpräsidenten und der Ministerin ist. – Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Günter Rudolph (SPD): Erst war es ein Leuchtturm, jetzt ist es eine Glanzleistung!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Rolf, Glanztaten sehen anders aus – bei allem Respekt.
Ich wollte heute eigentlich gar nicht über die Geschichte reden. Aber einen Punkt kann man nicht unwidersprochen stehen lassen. Das ist die Historie. Natürlich stand keineswegs die Privatisierung alternativ zur Schließung des Universitätsklinikums Gießen.
Der Gedanke an sich ist abwegig. Die Erhaltung des Standorts Gießen wäre ohnehin unvermeidbar gewesen.
Zweitens. Lieber Rolf Müller, dass im Frühjahr 2003 300 Millionen € für Baumaßnahmen für Gießen ausgeschrieben wurden und im September diese Ausschreibung im Rahmen der „Operation düstere Zukunft“
Die kann man treffen. Aber dafür muss man dann auch die Verantwortung tragen: dass man genau diese politische Entscheidung mit der absoluten Mehrheit der CDU getroffen hat.