Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Ministerpräsident musste zum Bundesrat.
Ich will einmal Folgendes feststellen: Dafür, dass das eigentlich in dieser Plenarwoche der Kracher aus Sicht von Schwarz-Gelb sein sollte, hat es nicht so sehr gekracht. Ich habe das jetzt einmal vorsichtig ausgedrückt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Thorsten Schäfer- Gümbel (SPD): Gekracht hat es, aber anders!)
Erstens. Es gibt einen Länderfinanzausgleich. Dieser Länderfinanzausgleich wurde von Ronald Koch und Karlheinz Weimar mit ausgehandelt. Übrigens haben Christean Wagner und Volker Bouffier dem auch zugestimmt. Denn sie haben damals dem Kabinett angehört.
Ich möchte jemanden zitieren, nämlich den jetzigen stellvertretenden Ministerpräsidenten Jörg-Uwe Hahn. Er hat einen sehr weisen Satz gesagt. Damals war er noch in der Opposition und Fraktionsvorsitzender der FDP. Er hat am 12. Oktober 2005 in der Plenarsitzung zu Roland Koch gesagt:
Sie können doch nicht auf der einen Seite etwas verhandeln und als gut bezeichnen, und auf der anderen Seite jetzt so tun, als sei das alles Mist.
Zweitens. Wenn Sie einmal ein bisschen darüber nachdenken, werden Sie zu der Erkenntnis gelangen, dass das Argument der Verfassungsänderung mit der Schuldenbremse nicht richtig sein kann.
Denn die Schuldenbremse wird im Jahr 2020 in Kraft treten. Der Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt werden im Jahr 2019 außer Kraft treten. Es könnte sogar sein, dass das eine mit dem anderen etwas zu tun hat.
Drittens. Es wird auch in Zukunft einen Länderfinanzausgleich geben. Denn das Grundgesetz gilt. Die spannende Frage dabei ist doch, ob man bei einem neuen Länderfinanzausgleich etwas weniger einzahlt, was wir uns aus hessischer Sicht wünschen würden. Es wird nicht so sein, dass es gar keine Einzahlungen mehr geben wird. Denn es muss einen solidarischen Finanzausgleich geben.
Es ist völlig klar, was wir hier sehen: Das ist Wahlkampf. – Sie haben zweieinhalb Jahre lang nichts getan. Wir haben im Jahr 2010 mit Ihnen gemeinsam noch einen Antrag gemacht. Der Ministerpräsident hat gesagt, er habe verhandelt. Seine Verhandlungen haben darin bestanden, dass er den anderen gesagt hat: Ich möchte nicht mehr so viel zahlen. – Das sind noch keine Verhandlungen. Vielmehr wäre es besser gewesen, wenn die Hessische Landesregierung die Zeit genutzt hätte, um einmal zu skizzieren, wie denn aus ihrer Sicht ein gerechter Länderfinanzausgleich aussehen sollte. Das hat sie nicht getan. Deswegen hat sie keine guten Argumente auf ihrer Seite. Deswegen sind wir jetzt in der Situation, in der wir sind.
Ich will Ihnen etwas ausdrücklich sagen. Da unterscheidet sich die Position der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein wenig von der der Fraktion der SPD. Ich glaube nicht, dass welche guten Argumente auch immer schon alleine reichen werden, um einen neuen Länderfinanzausgleich hinzubekommen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das sehe ich auch so!)
Deswegen war die Position von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN immer schon Folgende: Ja, eine Klage kann sinnvoll sein, um uns für die dann folgenden Verhandlungen bessere Argumente an die Hand zu geben. Dazu gehört aber, dass die Klage gut begründet und erfolgreich ist.
Ich sage es noch einmal in aller Kürze: Klage ja, wenn gut. Wenn die Klage gut ist, sind wir dabei. Wenn die Klage schlecht ist, dann soll sie um Gottes willen bitte nicht eingereicht werden. Denn wenn wir das Verfahren verlieren sollten, dann wird das für die Verhandlungen eher kontraproduktiv sein.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU: Das ist wieder typisch!)
Herr Pentz, das ist überhaupt nicht typisch. Dass Sie keine Ahnung von Klageverfahren haben, hat der Verwaltungsgerichtshof Ihnen gestern ins Stammbuch geschrieben.
Ich finde es geradezu abenteuerlich, dass Sie hier über einen Antrag abstimmen lassen wollen und sagen, wir müssen auf jeden Fall für die Klage sein – obwohl Sie die Klageschrift überhaupt nicht kennen. Das ist doch irre: Obwohl Sie noch nicht einmal den Inhalt der Klage kennen, wissen Sie trotzdem schon, dass Sie auf jeden Fall dafür sind? Auf diese Art und Weise sind wir in die Schadenersatzforderung von RWE in Sachen Biblis hineingelaufen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, so geht es nicht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Man- fred Pentz (CDU))
Ich will Ihnen aber sagen, worin das Grundproblem besteht und warum Sie eigentlich den ganzen Zinnober hier veranstalten.
Im Jahr 2012 haben wir als Bundesland Hessen so wenig Geld in den Länderfinanzausgleich eingezahlt wie noch nie in den letzten 18 Jahren. Es waren nur noch 6 % unserer Gesamtausgaben, die in den Länderfinanzausgleich gegangen sind. Wir waren schon bei fast dreimal so viel. Insofern ist das Problem für uns im letzten Jahr leider geringer geworden. Ich sage deshalb „leider“, weil das Gründe hat. Ein Grund dafür ist, dass die Finanzkraft des Landes Hessen so gering ist,
im Vergleich zur Finanzkraft der Länder Bayern und Baden Württemberg, wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Das ist das Grundproblem.
Vielleicht haben Sie wahrgenommen, dass Deutschland insgesamt im Jahr 2012 keine Schulden mehr gemacht hat, Deutschland insgesamt. Das liegt daran, dass im letzten Jahr die Sozialversicherungen einen großen Überschuss verzeichnet haben, und daran, dass die Gemeinden unter dem Strich – das betone ich, da gibt es große Unterschiede – einen kleinen Überschuss verbucht haben, und daran, dass acht Bundesländer keine Schulden mehr gemacht haben.
Herr Schork, auf Sie ist Verlass: Da kommt immer ein Zwischenruf, anhand dessen man Ihnen beweisen kann, dass Sie gar nicht wissen, worum es geht.
Logisches Denken müsste Ihnen sagen: Der Länderfinanzausgleich kann nicht daran schuld sein, dass ein Land Schulden macht. Denn zu den Ländern, die im letzten Jahr keine Schulden mehr gemacht haben, sondern einen Überschuss, gehören die beiden Geberländer Bayern und Baden-Württemberg.
Das heißt, obwohl das Land Baden-Württemberg einen Betrag gezahlt hat wie noch nie und obwohl Bayern unglaublich viel einzahlen musste, ist es diesen beiden Ländern gelungen, keine Schulden zu machen, sondern einen Überschuss zu erwirtschaften. Das ist doch das Problem.
Herr Kollege Schork, Hessen aber hat als einziges Bundesland im Jahr 2012 nicht nur Schulden gemacht – das haben auch sieben andere Bundesländer getan –, sondern Hessen hat als einziges Bundesland im Rechnungsabschluss mehr Schulden gemacht als geplant. Das Problem ist: Sie haben die Finanzen des Landes nicht im Griff, und zwar auf der Ausgabenseite. Das liegt nicht am Länderfinanzausgleich.
Deswegen: Ja, wir haben einen Antrag eingereicht, in dem wir sagen, eine Klage ist sinnvoll, wenn sie juristisch gut begründet ist und wenn sie – ganz wichtig – mit einem eigenen Konzept einhergeht, wie man sich eine Veränderung des Länderfinanzausgleichs vorstellt. Denn gleichgültig, wie diese Klage ausgeht: Selbst, wenn wir sie gewinnen sollten, werden wir nachher verhandeln müssen.
Ein Bundesverfassungsgericht setzt keinen neuen Länderfinanzausgleich fest. Und wenn der Riesenstaatsmann Greilich hergeht und sagt: „Ich würde euch am liebsten auflösen“, dann können Sie sich vorstellen, welchen Spaß es machen wird, sich mit denen, die man auflösen möchte, am Ende auf einen neuen Länderfinanzausgleich zu einigen.
Vor allem – darin haben Sie recht –: Es gibt 13 Nehmerländer und drei Geberländer, und trotzdem brauchen wir am Ende eine Mehrheit im Bundesrat. Da wünsche ich Ihnen gute Verrichtung, wenn Sie mit dieser Strategie in die Verhandlungen gehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen – schon alleine deshalb, weil er im ersten Satz sagt, dass der Landtag feststellt, dass das Finanzausgleichssystem verfassungswidrig ist.