Protokoll der Sitzung vom 28.02.2013

Wir sind der Landtag. Wir sind kein Gericht und schon gar nicht das Bundesverfassungsgericht.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Wir können doch eine Meinung äußern! Unsinn! Das sind keine Argumente!)

Eine solche Anmaßung kann man eigentlich nicht ernsthaft formulieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Brigitte Hofmeyer (SPD))

Am letzten Freitag haben Sie eine Presseerklärung herausgegeben und gesagt: Heute wird sich zeigen, wer das „Hessen-Gen“ hat. – Herr Pentz, zeigen Sie mir erst einmal, wie dieses Hessen-Gen aussieht.

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Da wäre ich gespannt. Aber ich rate Ihnen: Gehen Sie eher einmal auf die Suche nach dem juristischen Stümper-Gen. Nach dem gestrigen VGH-Urteil haben wir eine Ahnung, bei wem das zu finden ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

In diesem Zusammenhang kann ich Ihnen sagen: Bei dem, was Sie hier machen, auch mit Ihrer albernen Presseerklärung, ist völlig deutlich geworden: Ihnen geht es nicht um den Länderfinanzausgleich. Ihnen geht es auch nicht um die Finanzen des Landes Hessen. Ihnen geht es um Wahlkampf, schlicht und einfach um Wahlkampf.

(Widerspruch bei der CDU und der FDP)

Deswegen kann ich Ihnen sagen: Uns geht es um Hessen, Ihnen geht es um Wahlkampf.

(Lachen bei der CDU und der FDP)

Die Bürgerinnen und Bürger sind schlauer, als es Ihnen lieb sein kann. Die merken das nämlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Herr Präsident, meine Redezeit wäre zu Ende, wenn sich der Ministerpräsident an die zehn Minuten gehalten hätte.

(Judith Lannert (CDU): Unglaublich!)

Deshalb will ich als letzten Satz sagen: Herr Kretschmann wurde hier schon mehrfach zitiert. Er sagt immer: Politiker und Journalisten tendieren dazu, die Informiertheit der Bürgerinnen und Bürger zu überschätzen

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Dafür sind Sie das beste Beispiel!)

und deren Urteilsfähigkeit zu unterschätzen. – Ich sage Ihnen: Die Bürgerinnen und Bürger wissen sehr genau, wem es um Hessen geht und wenn es um Wahlkampf geht. Deswegen wird diese Nummer von Ihnen nicht funktionieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf der Abg. Judith Lan- nert (CDU))

Vielen Dank. – Nur zu meiner Entschuldigung, Herr Kollege Al-Wazir: Ich hätte sagen müssen „geht zu Ende“, nicht „ist zu Ende“. Da haben Sie recht. Ich habe gesagt, sie „ist zu Ende“. Das war falsch. Ich bitte um Entschuldigung.

Zweiter Punkt: Ihre Redezeit hat sich um eine Minute und ein paar Zerquetschte verlängert. Sie haben also eine punktgenaue Landung geschafft. Danke schön.

(Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Okay, auch das ist einen Beifall wert. Oder nur das. Aber das müssen Sie entscheiden.

Ich rufe Herrn Kollegen Greilich für die Fraktion der FDP auf. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ob mit einer Minute drüber oder nicht, jedenfalls war es ausreichend peinlich, wie Herr Kollege Al-Wazir versucht hat, zu begründen, warum er sich vor einem klaren Bekenntnis drücken will,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

und zwar mit dem Hinweis, es sei nicht richtig, wenn wir in Punkt 1 unseres Antrags feststellen, dass der Länderfinanzausgleich so, wie er ist, verfassungswidrig ist. Genau das stellen wir hier fest. Herr Al-Wazir, genau das ist der Grund, warum wir klagen, während Sie sich vor einem klaren Bekenntnis bei dieser Frage drücken.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU)

Zum Mitschreiben aber will ich es Ihnen in aller Kürze nochmals durchdeklinieren; es ist schon mehrfach vorgetragen worden.

Der Länderfinanzausgleich in seiner derzeitigen Form ist ungerecht, intransparent und leistungsfeindlich. Das hat ganz deutlich verfassungsrechtliche Auswirkungen.

An welchen Punkten sich die Verfassungswidrigkeit des Systems des Länderfinanzausgleichsystems festmacht, hat die FDP-Fraktion in den letzten Jahren mehrfach aufgezeigt. Auch das können Sie in den Protokollen des Landtags nachlesen, wenn Ihnen die Gutachten zu schwierig sind.

Ein Beispiel dafür ist die höhere Gewichtung der Einwohner der Stadtstaaten, die sogenannte Einwohnerveredelung. Darauf hat der Ministerpräsident vorhin schon hingewiesen. Das entbehrt jeglicher tragfähigen Rechtfertigung.

(Zuruf des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Das Gleiche gilt für die Hauptstadtfunktion Berlins. Es kann nicht Aufgabe des Länderfinanzausgleichs sein, die Hauptstadtfunktion Berlins zu finanzieren.

Der Ansatz der Gemeindefinanzkraft mit 64 % ist zu hoch, weil er die finanzielle Eigenverantwortung der Kommunen völlig unzureichend berücksichtigt.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Wenn hier erzählt wird, man müsse damit rechnen, dass sogar 100 % dafür in Ansatz gebracht werden,

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das wäre sogar korrekt!)

dann kann ich dazu nur sagen: Es gibt auch relativ einfache Beispiele, die jedem verständlich zeigen sollten, warum es verfassungsrechtlich nicht korrekt sein kann – ob mit oder ohne kommunale Finanzkraft –,

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

wenn ein Land wie Hessen vor dem bundesstaatlichen Finanzausgleich auf einem Spitzenplatz liegt, nach Durchführung des Finanzausgleichs aber, nach allen Ausgleichszahlungen, auf den 14. Platz zurückfällt.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Auch wenn Sie das immer wiederholen, ist es falsch!)

Meine Damen und Herren, dazu muss man nicht Jura studiert haben. Das sollte auch für Politologen mit oder ohne Abschluss bzw. mit oder ohne Diplom nachvollziehbar sein.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich entschuldige mich nicht dafür, dass ich einen Beruf ausgeübt habe, bevor ich in den Landtag gekommen bin, und dass ich diesen Beruf auch heute noch ausübe.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Die verschiedenen Stufen des Länderfinanzausgleichs sind nicht aufeinander abgestimmt. Sie verletzen damit den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsatz der Folgerichtigkeit.

Wie ein reformierter Finanzausgleich aussehen kann, hat die FDP-Fraktion vor einigen Monaten ebenfalls in einem Gutachten vorgestellt. Unser Modell führt zu deutlich mehr Finanzautonomie der einzelnen Länder und damit zu einem gerechteren, transparenteren und leistungsfreundlicheren System.

Ein Aufschieben dieser Reform ist nicht mehr vertretbar. Die Klage ist deshalb der einzig mögliche und richtige Schritt. Wer sich dagegen wehrt, muss zur Kenntnis nehmen, dass wir ihm deutlich sagen, dass er zum Schaden der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes handelt.