Protokoll der Sitzung vom 28.02.2013

Kollege Stephan hat das Wort zur Antwort.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Noch einen kurzen Einschub zu dem, was Frau Wissler eben gesagt hat. Frau Wissler, ich habe gesagt, Sie haben das Protokoll von damals aufmerksam gelesen.

(Lachen bei der LINKEN – Demonstrativer Beifall des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Wissler, was ich von Ihnen damals erwartet hätte, ist, dass Sie das, was Sie jetzt gesagt haben, damals als Antrag formuliert hätten.

(Lachen und Zurufe von der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Glockenzei- chen des Präsidenten)

Sie hätten doch sagen können: Liebe Frau Ministerin, machen Sie es nicht. – Sie haben es nicht gemacht. Das ist der Vorwurf, den ich an Sie richte.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Hermann Schaus (DIE LINKE): Dem Antrag hätten Sie zugestimmt? – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Weitere lebhafte Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Glockenzeichen des Präsidenten)

Sie sagen, Sie hätten alles gewusst. Sie haben es aber nicht gesagt. – Es ist eine völlig andere Frage, wie wir entschieden hätten. Im Nachhinein zu sagen: „Ich habe alles gewusst, ich habe es nur nicht gesagt“, das ist der Vorwurf. Ich komme noch einmal zurück – –

(Janine Wissler (DIE LINKE): Hätten Sie zugestimmt, Herr Stephan? – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Die arme Frau Puttrich!)

Einen Moment, Herr Kollege Stephan. – Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas Aufmerksamkeit.

Ich komme auf die damalige Ausschusssitzung zurück, die aus meiner Sicht in sehr viel sachlicherer Atmosphäre verlaufen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die arme Frau Puttrich, so eine Verteidigung! – Weitere Zurufe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Ministerpräsident.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich stelle fest, dass in der heutigen Debatte einiges durcheinandergeht. Ich will schon Gelegenheit nehmen, ein paar Punkte klarzustellen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat erklärt, das alles seien die Folgen „böser Taten“. Sehr geehrter Herr Al-Wazir, das, was wir getan haben, erfolgte in der Überzeugung, dass es richtig war. Es erfolgte in der Überzeugung, dass wir handeln wie alle anderen Länder auch. Es erfolgte in der Überzeugung, dass es nach der Katastrophe von Fukushima angezeigt war, innezuhalten, zu überprüfen, ob die Sicherheit dieser Kraftwerke im Licht der neuen Erkenntnisse noch gegeben ist.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Genau so war es!)

Genau das ist die Grundlage des Atomgesetzes. So haben wir gehandelt. Das war richtig. Das war verantwortungsvoll. Meine Damen und Herren, das war ganz und gar nicht die Folge böser Taten.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Zum Zweiten. Ich kann nicht durchgehen lassen, dass hier heute Morgen ein Fest der Pharisäer gefeiert wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, ich wende mich nun an die Damen und Herren der SPD und der GRÜNEN. Die LINKEN lasse ich da außen vor, nicht, weil sie auf dem richtigen Weg gewesen wären, aber weil ich mich jetzt erst einmal den beiden zuwende.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie wir im Hessischen Landtag Debatten geführt haben und wie Sie insbesondere den Ministerpräsidenten in Person beschimpft haben, weil ich seinerzeit erklärt habe, ich halte am Moratorium fest. Haben Sie das alles vergessen? Herr Kollege Stephan hat Ihnen eben Ihre eigenen Anträge vorgelesen. Darin stand am 18. März 2011: „endgültig stilllegen“. Ich weiß noch sehr genau, dass ich damals gesagt habe: Wir haben ein Moratorium beschlossen, um zu prüfen. – Wenn man das ernst nimmt, prüft man und trifft nicht sofort eine Entscheidung für die gesamte Zukunft, also eine endgültige Entscheidung. Das war meine Position. Das können Sie in zig Debatten nachlesen.

Die Position von SPD und GRÜNEN war immer: Dieser Bouffier ist ein verkappter Mithelfer von RWE – oder wem auch immer. Wir fordern die Abschaltung.

(Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Wagner, seien Sie vorsichtig. Wenn ich das einmal so locker sagen darf: Ihr habt euch darauf konzentriert, zu rufen: „Abschalten, abschalten, jetzt.“

(Lebhafte Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Ich habe immer darauf hingewiesen: Man muss die Folgen einer solchen Entscheidung bedenken.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Ministerpräsident, das hat gut geklappt!)

Ich habe schon damals darauf hingewiesen. Das können Sie nachlesen. Lieber Herr Wagner, jetzt weichen Sie nicht aus. Ich habe Ihnen damals vorgehalten, das tue ich auch wegen denkbarer Rechtsfolgen und Schadenersatzansprüche.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das hat gut geklappt!)

Ich zitiere mich jetzt einmal selbst: Ich bin nicht bereit, ungeachtet aller Folgen, eine Entscheidung zu treffen, die am Ende schwere Konsequenzen für unser Land hat.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das hat gut geklappt! – Janine Wissler (DIE LINKE): Der Unterschied zwischen Worten und Taten!)

Reaktion von Rot und Grün: Bouffier hat sich wieder einmal weggeduckt und will versuchen, die Atomkraft länger zu nutzen. – Das war Ihre Melodie.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich kann mich noch sehr genau an die letzten zwei Jahre erinnern. Deshalb ist es nicht redlich, es ist nicht in Ordnung, und es ist verwerflich,

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Auch noch verwerflich!)

wenn diejenigen, die sich damals hingestellt und unbedingt gefordert haben, eine Entscheidung auf Dauer zu treffen,

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Und sofort! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Ganz schwach!)

heute glauben, Triumphe feiern zu können. Meine Damen und Herren, die Entscheidung in Kassel ist kein Anlass zur Begeisterung.

(Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN: Ach!)

Aber es ist eine Entscheidung, die noch nicht rechtskräftig ist, deren Gründe wir noch nicht kennen, jedenfalls ich nicht, und die wir zu prüfen haben werden.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Es ist aus meiner Sicht sicher ein Sachverhalt, der sehr grundsätzliche Bedeutung hat.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach ja!)

Wenn wir den Sachverhalt geprüft haben, können wir uns gerne weiter darüber unterhalten.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Meine Damen und Herren, aus heutiger Sicht finde ich, dass wir uns an der Geschichtsklitterung jedenfalls nicht widerspruchslos beteiligen sollten.

Wenn Sie in Ihrem Antrag schreiben – sehr schön z. B. in Ziffer 5 und Ziffer 6 –, dass das Ganze sozusagen die Folge der Rücknahme des Atomausstiegsbeschlusses von RotGrün sei – –

(Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Natürlich!)