Protokoll der Sitzung vom 21.03.2013

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Caspar, erst einmal möchte ich sagen, dass das kein Plus von 19 % ist. Das wäre dramatisch. Es handelt sich um ein Plus von 7,6 %.

(Ulrich Caspar (CDU): 19 Personen!)

Ich habe im Übrigen nicht gesagt, dass dort zwingend ein Zusammenhang besteht. Vielmehr habe ich gesagt, es ist legitim, zu fragen, ob es da einen Zusammenhang gibt.

Genau das habe ich am 14. Januar 2013 getan. Ich wollte vom Verkehrsministerium wissen, auf welchen Strecken die Zahl der Unfälle, die es gab, zugenommen hat. Waren das Landstraßen? Waren es Autobahnen? Sind davon Abschnitte betroffen, auf denen das Tempolimit an- oder aufgehoben wurde? – Genau diese Fragen habe ich gestellt.

Ich frage mich: Warum beantwortet der Verkehrsminister diese Fragen einfach nicht? – Da gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder weiß es das Verkehrsministerium nicht. Das wäre schlimm genug. Dann frage ich mich, warum Sie sich hier so aufplustern und sagen, das sei eine grobe Entgleisung der GRÜNEN.

(René Rock (FDP): Hier hat sich überhaupt niemand aufgeplustert!)

Ich bitte Sie: Herr Müller hat gesprochen. Er hat sich hierhin gestellt und gesagt, das sei eine grobe Entgleisung der GRÜNEN. – Das wissen Sie doch gar nicht. Da das Verkehrsministerium keine Angaben machen kann, stellt sich die Frage: Woher wollen Sie das denn wissen?

Die andere Möglichkeit ist – das wollte ich dem Ministerium nicht unterstellen –, dass es die Antwort kennt und sie mir als Abgeordnete vorenthält. Das ist die andere Möglichkeit. Ich frage mich eh schon immer, warum es so ewig lang dauert, bis das Wirtschaftsministerium meine Kleinen Anfragen beantwortet.

(Zuruf)

Herr Staatssekretär, ich bin nicht die Einzige. Vielen Dank. – Es gibt diese zwei Möglichkeiten. Entweder weiß es das Verkehrsministerium nicht, oder das Verkehrsministerium enthält demokratisch gewählten Abgeordneten genau diese Informationen vor. Diese beiden Möglichkeiten gibt es. Sie können sich aussuchen, welches die bessere Möglichkeit ist.

Ich bin sehr gespannt, was der Herr Minister heute hier sagen wird. Vielleicht wird er die Fragen meiner Kleinen Anfrage heute hier beantworten. Vielleicht ist es auch so, wie es mir das Ministerium mitgeteilt hat, dass es nämlich nicht in der Lage ist, eine qualifizierte und aussagekräftige Antwort zu geben.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Wissler, vielen Dank. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Frankenberger von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Herr Kollege, bitte schön, Sie haben Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kann den Fraktionen der CDU und der FDP dankbar sein. Eine bisher kaum beachtete Pressemitteilung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Tempolimit 120 km/h auf Autobahnen hat dank dieses Setzpunktes der Fraktionen der CDU und der FDP endlich größere Aufmerksamkeit erhalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu können Sie eigentlich herzlich Dankeschön sagen.

Meine Damen und Herren der Fraktionen der CDU und der FDP, ich nehme jetzt Ihren Antrag, so wie Sie ihn vorgelegt haben, sehr ernst. Wenn es eine Statistik über die nutzlosesten und unsinnigsten Anträge geben würde, dann wäre der vorliegende Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP sicherlich ganz vorne mit dabei.

(Zuruf von der FDP: Sie sind da ganz vorne!)

Wissen Sie, man kann hinsichtlich des Tempolimits 120 km/h durchaus geteilter Meinung sein. Ich werde gleich etwas dazu sagen.

Da hat sich jemand Gedanken darüber gemacht, ob ein Tempolimit dazu beitragen kann, die Anzahl der Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang auf Hessens Straßen zu reduzieren. Allein schon deswegen, weil sich da jemand Ge

danken darüber gemacht hat, haben Sie das als geschmacklos tituliert. Meine Damen und Herren der CDU und der FDP, das finde ich ziemlich geschmacklos.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich muss an Sie die Frage stellen: Was haben Sie sich bei diesem Antrag eigentlich gedacht?

(Zurufe von der SPD: Nichts!)

Ich gebe die Antwort gleich dazu: nichts. Meine Damen und Herren der CDU und der FDP, Sie können doch Diskussionen über Verkehrsunfälle, Tote und Verletzte nicht einfach nur deswegen als geschmacklos erklären, weil Ihnen die politische Richtung nicht passt.

Eines treibt mich wirklich um. Wenn ich diesen Antrag, so, wie er formuliert ist, so, wie er aufgeschrieben ist, Wort für Wort ernst nehme, dann ist das unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit ein Armutszeugnis für Schwarz-Gelb.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Sie reden sich mit Ihrem Antrag die Welt in einem äußerst sensiblen Bereich schön. Frau Kollegin Wissler hat schon darauf hingewiesen: Die Fakten zeigen etwas ganz anderes.

In vier Bundesländern gab es im Jahr 2012 mehr Straßenverkehrstote als im Vorjahr. Auch darauf hat Frau Kollegin Wissler hingewiesen: Besonders stark war die Zunahme in Hessen mit 20 Todesopfern.

Es ist nicht geschmacklos, sondern es ist für uns Parlamentarier geradezu eine Pflicht, darauf hinzuweisen. Denn wir alle stehen hier in der Verantwortung. Wir müssen gemeinsam darüber reden, wie Maßnahmen ergriffen werden können, um diese Zunahme zu reduzieren.

Die Statistik gibt Anlass zur Sorge. Im gleichen Zeitraum sank die Anzahl der Verkehrstoten im Bundesdurchschnitt um über 10 %. In Hessen stieg sie vom Jahr 2011 zum Jahr 2012 von 250 auf 263 Verkehrstote.

Das ist etwas, was mich bei Ihrem Antrag umtreibt. In Ihrem Antrag taucht lediglich die Statistik bis zum Jahr 2010 auf. Sie formulieren heute einen Antrag über Verkehrstote, und Ihre Statistik endet im Jahr 2010,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja!)

weil Sie sich die Welt schönreden wollen. Aber die Entwicklung der letzten Jahre, um die wir uns doch alle Sorgen machen müssen, die findet in Ihrem Antrag überhaupt nicht statt. Das finde ich nicht in Ordnung.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Deswegen helfen so vorgelegte Anträge auch nicht weiter. Was vor allen Dingen nicht weiterführt, sind so stereotype Reflexe, wie sie von CDU und FDP immer wieder aus der Schublade geholt werden. Wir Sozialdemokraten wollen uns gar nicht an der Debatte beteiligen, ob ein Tempolimit auf Autobahnen von 120 km/h sinnvoll ist oder nicht.

(Minister Florian Rentsch: Weil Sie dazu keine Mei- nung haben!)

Fakt ist – auch das nehmen wir zur Kenntnis, darüber müssen wir sehr ernsthaft reden; das richte ich jetzt einmal an die GRÜNEN, weil sie da mit schnellen Antworten bei der

Hand sind –: Die Anzahl der Toten und Schwerverletzten ist vor allem außerhalb der Autobahnbereiche angestiegen. Deshalb muss man der Frage, ob ein Tempolimit etwas bringt, sehr ernsthaft nachgehen.

(Beifall der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Damit will ich das Nachdenken nicht verbieten. Aber man muss dieser Frage sehr ernsthaft nachgehen: Ist da ein Tempolimit – das ja schnell angeordnet ist – wirklich der Stein des Weisen?

Aus unserer Sicht, aus der Sicht der Sozialdemokraten, ist hier eine differenzierte Ursachenforschung notwendig, damit geeignete und wirksame Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden können. Wir müssen untersuchen, wie sich die Unfallzahlen auf den Landstraßen und in den Ortschaften entwickelt haben. Vor allen Dingen müssen wir herausfinden, wo denn die Unfallschwerpunkte der letzten beiden Jahre sind.

Ich sage ausdrücklich an Schwarz-Gelb: Die Entwicklung der letzten Jahre ist kein Grund, sich so satt und zufrieden zurückzulehnen,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Allerdings!)

wie es CDU und FDP tun.

(Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Haben Sie nicht zugehört?)

Ich beziehe mich auf Ihren Antrag. Herr Kollege Müller, darin findet sich nichts darüber. Das treibt mich so um.

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Sie zetteln hier im Landtag eine Debatte über Verkehrssicherheit an – und dann blenden Sie eine besorgniserregende Entwicklung in Ihrem Antrag vollkommen aus. Das ist doch nicht in Ordnung.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Ich möchte noch einen anderen Aspekt ansprechen. Auch die Anzahl der Schwerverletzten stieg in Hessen von 2010 bis 2011 um 12 % an. Das ist doch kein Grund zur Selbstzufriedenheit, wie Sie das in Ihrem Antrag formulieren.