Die Signale des Regierungschefs an die Deutsche Bahn, dass das Land nun doch einen Teil der Mehrkosten für den verbesserten Flughafenbahnhof übernehmen könnte, haben die Parteispitze in Berlin, aber auch Grünen-Politiker im Land und in Stuttgart nachhaltig verärgert. Dem bisher unangefochtenen Spitzenmann im Südwesten droht jetzt ein Konflikt mit seiner Partei …
Man sei entsetzt über die Äußerungen Kretschmanns in den vergangenen Tagen, heißt es an der Berliner Parteispitze. „Sein derzeitiges Verhalten gefährdet bundesweit unsere Glaubwürdigkeit als erklärte Projektkritiker“, sagte ein hochrangiger Grünen-Politiker der Stuttgarter Zeitung. Das Fass zum Überlaufen brachten offenbar diverse Interviews des Ministerpräsidenten in jüngster Zeit.
Meine Damen und Herren, das zeigt zunächst einmal, dass Winfried Kretschmann richtig gehandelt hat. Er hat eine Volksentscheidung akzeptiert, steht jetzt dahinter und realisiert das Projekt. Dass dadurch natürlich hunderttausende Wählerinnen und Wähler, die ihm geglaubt und vertraut haben, enttäuscht sind, ist verständlich. Aber trotzdem sage ich – das ist auch der Unterschied zu den hessischen GRÜNEN –: Es ist richtig, dass Winfried Kretschmann an dieser Stelle zum Rechtsstaat steht. Alles andere wäre ein Schaden für den Rechtsstaat gewesen.
Frau Kollegin Wissler, deshalb will ich auch aufnehmen, was Sie gerade gesagt haben. Ich denke, auch die Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht auf einen anständigen Bahnhof. Natürlich ist das – da bin ich beim Kollegen Al-Wazir; ich denke, es gibt auch einige Dinge, die uns gelegentlich zusammenführen – ein sehr teures Projekt. Ich glaube, man hätte, wenn man von Anfang an gewusst hätte, in welche Richtung sich dieses Projekt entwickelt, definitiv darüber nachdenken müssen, ob man für einen solchen Betrag ein solches Projekt durchführt.
Die Bahn und der Aufsichtsrat haben sich anscheinend gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten des Landes BadenWürttemberg, in der Abwägung von Abbruch und Weiterführung, für die Weiterführung entschieden. Das haben wir zu akzeptieren. Das haben wir gerade bei einem Zahlerland wie Baden-Württemberg zu akzeptieren. Es ist im Länderfinanzausgleich kein Nehmerland, sondern ein Zahlerland.
Genauso wichtig sind natürlich die Fragen: Wie ist denn die gesamte Ausstattung der Bahninfrastruktur? Was können wir eigentlich in den nächsten Jahren erwarten? – Dazu will ich eine Sache zitieren, die Herr Grube als Bahnchef aus meiner Sicht zu Recht gesagt hat. Er hat gesagt: Die Bahn und das Land Hessen haben eine enge Verbindung. Hessen ist aufgrund seiner zentralen Lage das Herz der Deutschen Bahn. – Das stimmt. Hessen hat für die Infrastruktur der Deutschen Bahn wirklich eine Schlüsselfunktion. Deshalb ist der Bund gemeinsam mit der Bahn gefordert, wenn es um hessische Projekte geht, besonderes Engagement zu zeigen.
Darin sind wir uns einig. Deshalb setzen wir uns bei der Deutschen Bahn in Berlin so massiv dafür ein. Wir haben eine ganze Reihe von Projekten auf der Tagesordnung:
Frankfurt Rhein-Main Plus, der Eisenbahnknoten in Deutschland, die Neubau- und Ausbaustrecke Hanau – Würzburg/Fulda (– Erfurt), dazu sage ich gleich etwas, die verschiedenen S-Bahn-Projekte wie die Rhein/MainRhein/Neckar-Verbindung und natürlich die verkehrliche Situation insgesamt, vor allem im Rhein-Main-Gebiet. Deshalb ist es ein Erfolg.
Wir können uns gemeinsam darüber freuen, dass es dem Land Hessen, meinem Vorgänger und in der Fortsetzung dann auch mir, gelungen ist, dass die Planung der DB AG für den Ausbau und den Neubau der Strecke Hanau – Würzburg/Fulda (– Erfurt) nach zehnjähriger Unterbrechung jetzt aufgenommen worden ist und dass die notwendigen Planungsmittel für das Raumordnungsverfahren zur Verfügung gestellt werden. Das ist ein Erfolg für die hessische Infrastruktur. Und deshalb können wir stolz darauf sein.
Ein zweiter Punkt ist wichtig: Wenn es darum geht, das Rhein-Main-Gebiet besser an andere Städte anzubinden, ist diese Strecke ein Nadelöhr. Dass wir das erreicht haben, war unglaublich wichtig. Deshalb werden wir auch die Bahn bei einem transparenten Bürgerbeteiligungsverfahren unterstützen, damit das, was bei Stuttgart 21 passiert ist, dass sich nämlich Menschen nicht informiert gefühlt haben, dort bei Hanau – Würzburg/Fulda (– Erfurt) nicht noch einmal passiert. Bahn ist wichtig, und Infrastruktur ist wichtig, aber sie funktionieren nur mit den Menschen und nicht gegen sie.
Zweitens. Natürlich gibt es eine Reihe von Projekten, bei denen wir weiterhin die Unterstützung des Bundes brauchen. Ich habe sie gerade genannt. Deshalb wird auch vor allen Dingen die Engpassbeseitigung beim Eisenbahnknoten Frankfurt, das sogenannter Projekt Frankfurt RheinMain Plus, eines der zentralsten Projekte sein. Wir haben im Investitionsrahmenplan des Bundes für die Jahre 2011 bis 2015 eine zum Teil deutlich bessere Einstufung von hessischen Projekten erreichen können. Aber trotzdem reicht das nicht aus. Wir brauchen konkrete Mittel des Bundes für diese Projekte. Deshalb werden wir uns auch dort weiter engagieren.
Aber wir erkennen auch, wo die Probleme liegen. Wer einmal im Mittelrheintal war und weiß, welch katastrophale Situation dort für die Menschen durch den starken Lärm entstanden ist, der weiß, wie wichtig eine Entlastungsstrecke ist. Deshalb haben wir sie auch im Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Wir reden nicht nur darüber. Wir machen auch das, was notwendig ist.
Die ÖPNV-Großprojekte sind für das S-Bahnnetz im Rhein-Main-Gebiet in Vorbereitung, die aus dem GVFGBundesprogramm sowie mit den Komplementärmitteln des Landes und der kommunalen Gebietskörperschaften in den nächsten Jahren finanziert werden sollen. Da ist das Investitionsvolumen von ca. 1,5 Milliarden € für die S-Bahn Frankfurt West – Bad Vilbel als erste Baustufe, die S-Bahn Bad Vilbel – Friedberg als zweite Baustufe und Gateway Gardens – Nordmainische S-Bahn.
Das sind all die Projekte, die wir auf der Tagesordnung haben und vorantreiben, weil wir die Verkehrsträger nicht gegeneinander ausspielen wollen. Für uns gilt Schiene genauso wie Straße und Flugverkehr und Wasser – alles muss
zusammenspielen. Deshalb geben wir bei den Themen auch so viel Gas. Wir wollen Mobilität in Hessen sichern. Wir machen das durch diese Programme.
Frau Kollegin Wissler, ja, vielleicht wäre es schön gewesen, die Bahn wäre allein auf den Trichter gekommen, dass man in hessische Bahnhöfe investieren muss. Kollege Posch und ich haben da sehr viel an der Bahn gearbeitet. Deshalb ist das Gesamtprojekt mit knapp 260 Millionen € an Investitionen in hessische Bahnhöfe kein negativer Tatbestand, sondern ein Erfolg für das Land.
Da freue ich mich, dass wir übereinstimmen. Wir investieren, und die Kommunen investieren. Auch die Bahn investiert. Ja, wir freuen uns über jeden Euro, den die Bahn mehr investiert. Aber wir haben hier an dieser Stelle ein Viertel der hessischen Bahnhöfe, die wir jetzt in einen sehr guten Zustand bringen werden. Nicht Dreiviertel dieser Bahnhöfe sind in einem schlechten Zustand. Aber wir werden mit diesem Programm weitermachen. Wir wollen, dass Bahnhöfe einen tollen Zustand haben, der die Menschen auch einlädt zu kommen und der sie nicht abstößt.
Deshalb will ich mich zum Schluss, lieber Herr Frankenberger, ganz eindeutig Ihnen anschließen. Sie haben das heute hervorragend gesagt. Da scheint ein Konflikt zwischen den hessischen GRÜNEN und dem Baden-Württemberger Ministerpräsidenten zu bestehen, was mich wundert, weil Kollege Al-Wazir ja seine ehemalige Mitarbeiterin, wenn ich richtig informiert bin, auch nach BadenWürttemberg entsendet hat. Sie ist jetzt Mitarbeiterin in Baden-Württemberg. Da gibt es also einen engen Kontakt.
Ich glaube, dass die GRÜNEN hier in Hessen zu Unrecht Kritik an Ministerpräsident Kretschmann üben. Ministerpräsident Kretschmann steht zumindest jetzt zu dem, was die Bürgerinnen und Bürger entschieden haben. Er übernimmt auch als Land die Zeche und lädt es nicht anderen Ländern auf. Insofern hat Herr Kretschmann an dieser Stelle unsere Unterstützung. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Staatsminister Rentsch. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit sind wir am Ende der Debatte.
Es wurde beantragt, dass der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Milliarden für MerkelBahnhof in Stuttgart fehlen für Bahnhöfe in Hessen, Drucks. 18/7131, an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen wird. Ich nehme an, dass der Dringliche Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP mit der Drucks. 18/7157 ebenfalls an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen werden soll. Zustimmung? – Dann machen wir das so.
Vierter Bericht des Petitionsausschusses betreffend bisherige Tätigkeit in der 18. Wahlperiode – Drucks. 18/7088 –
Die Berichterstatterin ist Frau Cárdenas. Die Ausschussvorsitzende hat zehn Minuten Redezeit. Für die übrigen Fraktionen sind es fünf Minuten. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Nach § 105 der Geschäftsordnung des Hessischen Landtags lege ich als Vorsitzende des Petitionsausschusses dem Hessischen Landtag meinen Bericht über die Tätigkeit des Ausschusses in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2012 vor.
Im Berichtszeitraum wurden 985 neue Petitionen an den Petitionsausschuss gerichtet. Da bei 68 Eingaben mehrere Personen beteiligt waren, liegt die Gesamtzahl der Beteiligten im Berichtszeitraum bei 28.403 Menschen.
1.076 Petitionen konnten abschließend behandelt werden – das auch Dank der Sondersitzung im November 2012.
Der Anstieg der Nutzung elektronischer Medien in der Gesellschaft macht auch vor den Petitionsausschüssen des Bundes und der Länder nicht halt. Wir müssen uns sicher darauf einstellen, dass immer mehr Menschen ihre Anregungen, ihre Bedenken oder ihren Unmut über das Netz an das Parlament herantragen möchten. Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen und auch im eigenen Interesse die Chancen nutzen, die diese neue Form der Bürgerbeteiligung an der Politik an Gestaltungsmöglichkeiten bietet.
Leider ist es aber immer noch nicht möglich, Petitionen online einzureichen, da sich einige im Landtag vertretene Fraktionen gegen die dazu erforderliche Änderung der Geschäftsordnung noch in dieser Wahlperiode ausgesprochen haben.
Zu den Eingaben, im Rahmen derer sich besonders viel Betroffene oder interessierter Bürgerinnen und Bürger gemeldet haben, gehören die Petitionen gegen den Fluglärm und die Abschaffung von G 8. Einzelheiten zu Inhalt und Behandlung dieser Petitionen können Sie im Bericht nachlesen. Ich werde sie jetzt nicht vortragen.
Gerade bei Petitionen von besonderer örtlicher oder allgemeiner Bedeutung mit öffentlicher Aufmerksamkeit besteht ein Interesse der Petentinnen und Petenten an einer öffentlichen Übergabe im Hessischen Landtag. Im Rahmen von Pressekonferenzen unter Teilnahme von Mitgliedern des Petitionsausschusses wurden Petitionen der Landesschülervertretung Hessen mit 14.621 Unterschriften und einer Mieterin der Nassauischen Heimstätte, die 4.711 Unterschriften im Internet und vor Ort gesammelt hat, übergeben.
Zudem überreichte eine Initiative während eines Fototermins im Landtag eine Petition auf Rücküberführung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg in Landeseigentum mit 1.270 Unterschriften, die dem Ausschuss für Wissenschaft und Kunst überwiesen wurde.
Die Art der Behandlung eines Anliegens im Petitionsausschuss oder in den Fachausschüssen ist allerdings nicht von der Zahl der Beteiligten oder Unterstützer abhängig. Die Hilfe im Einzelfall hat keinen geringeren Stellenwert als die Behandlung von Sachverhalten, die eine Vielzahl von Menschen betreffen. Jede Petition wird mit der gleichen Ernsthaftigkeit behandelt.
Über viele Jahre haben die sogenannten Ausländerpetitionen den Petitionsausschuss in erheblichem Umfang beschäftigt und waren ein Schwerpunkt seiner Arbeit. Dieser Anteil geht seit dem Jahr 2000 mit knapp 65 % aller Petitionen bis 2012 auf nur noch 18 % kontinuierlich zurück. Allerdings ist seit Ende des Jahres 2012 eine Zunahme von Petitionen für ausreisepflichtige serbische und mazedonische Staatsangehörige mit Roma-Volkszugehörigkeit oder Sinti-Volkszugehörigkeit zu verzeichnen. Die Betroffenen sind im Spätsommer/Herbst 2012 eingereist und in der Regel in der Heimat nicht sesshaft. Ein genereller Abschiebestopp für diesen Personenkreis wurde nicht erlassen. Dem Ausschuss erscheint eine Rückführung in den Wintermonaten aber grundsätzlich schwierig, wird sich aber mit der Problematik der Rückführung jetzt im Frühjahr beschäftigen müssen.
Nach wie vor beklagen Petentinnen und Petenten die lange Verfahrensdauer bei den Gerichten und beschweren sich über die Versagung von Leistungen der Sozialhilfeträger. Die in der Anlage aufgeführten Beispiele zeigen, dass der Petitionsausschuss mit allen Lebensbereichen, in denen Petentinnen und Petenten mit Behörden in Konflikt geraten können, befasst und um Unterstützung gebeten wird.
Im Berichtszeitraum fanden vier Ortstermine des Petitionsausschusses statt, zwei auswärtige Bürgersprechstunden in Hanau und Rüsselsheim, zwei am Rande des Hessentages sowie fünf Sprechstundentermine in Wiesbaden, die ganz besonders gut angenommen wurden – nicht nur von den Wiesbadenern selbst.
Auch auf dem Hessentag in Wetzlar präsentierte sich der Petitionsausschuss und stand den Bürgerinnen und Bürgern für Gespräche, Anregungen und Kritik zur Verfügung.
Die wie in jedem Jahr durchgeführte Umfrage untermauerte die Ergebnisse der Umfragen der letzten Hessentage und zeigte noch einmal deutlich den Wunsch der Bürgerinnen und Bürger nach vereinfachten Zugangsmöglichkeiten für die Einreichung von Petitionen durch sogenannte E-MailPetitionen und nach mehr Öffentlichkeit im Verfahren, z. B. durch öffentliche Petitionssitzungen. Auch das moderierte Podiumsgespräch mit den Obleuten der Fraktionen über das Petitionsverfahren fand auf dem Hessentag reges Interesse.
Insgesamt kann man sagen, dass der Petitionsausschuss inzwischen ein fester Bestandteil der Landesausstellung geworden ist. Das wollen wir im Interesse der Bürgerinnen und Bürger auch beim künftigen Hessentag wieder unterstreichen und vertiefen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Bericht finden Sie noch viele andere wichtige Informationen, die ich aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nicht weiter ausführen möchte. Ich möchte Ihnen unseren Bericht auf jeden Fall sehr ans Herz legen und würde mich über jede Rückmeldung freuen.