Protokoll der Sitzung vom 21.03.2013

Die Schulen müssen sich darauf umstellen. Das dauert einige Monate. Insofern ist und bleibt nicht mehr viel Zeit. Deswegen sind wir sehr dafür, diesen Antrag heute zu behandeln, und schlagen als Kompromiss vor, ihn als letzten Tagesordnungspunkt zu behandeln. Das könnte sinnvoll sein. Das haben wir in anderen Fällen auch so gemacht. Wir sollten ihn nicht in den Ausschuss verschieben, wo es dann erst nach Ostern zu einer Debatte kommt. Das ist viel zu spät. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben jetzt eine ganze Reihe von Vorschlägen. Konkret ist die Dringlichkeit beantragt worden, und es ist zur Dringlichkeit gesprochen worden. Ich lasse jetzt über die Dringlichkeit abstimmen. Wer der Dringlichkeit zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD, GRÜNE und DIE LINKE. Wer ist dagegen? – Das sind CDU und FDP. Damit ist die Dringlichkeit abgelehnt.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Unglaublich! – Weitere Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, ob laut oder leise, die Mehrheiten sind so, wie sie sind. Ich kann es nicht ändern. – Damit ist die Dringlichkeit abgelehnt, und der Antrag ist nicht auf der Tagesordnung. Sind wir uns da einig? Er kommt dann auf die nächste Tagesordnung.

(Günter Rudolph (SPD): Das sehen wir dann! Wir haben noch andere Möglichkeiten!)

Das sehen wir dann. Gut. Warten wir ab, was in der nächsten Sitzung ist. Der eine ist da, der andere nicht. Das warten wir einmal ab. Auf jeden Fall ist er heute nicht drauf.

Dann ist das erledigt. Noch irgendetwas Dringliches? – Es langt. Gut.

Dann teile ich wieder etwas friedlicher mit, dass wir heute bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von einer Stunde tagen.

Wir beginnen mit den Anträgen für die Aktuellen Stunden mit jeweils fünf Minuten Redezeit. Dann werden die Anträge, die Sie kennen, abgestimmt. Nach Punkt 45 wird Punkt 56, Dringlicher Antrag der SPD zum gleichen Thema, aufgerufen und abgestimmt oder an den Ausschuss überwiesen. Nach Tagesordnungspunkt 46 wird Tagesordnungspunkt 24, Dringlicher Entschließungsantrag zum Thema, ohne Aussprache aufgerufen und sofort abgestimmt. Dann geht es mit Punkt 39 weiter.

Es fehlen heute entschuldigt: Herr Ministerpräsident Bouffier, Herr Staatsminister Axel Wintermeyer, Herr Staatsminister Michael Boddenberg, Herr Staatsminister Jörg-Uwe Hahn – –

(Petra Fuhrmann (SPD): Sind noch ein paar da?)

Meine Damen und Herren, lassen Sie das doch. Beschimpfen Sie nicht mich, beschimpfen Sie doch die Minister oder wen, aber nicht das Präsidium.

(Heiterkeit)

Entschuldigt sind Herr Staatsminister Jörg-Uwe Hahn ganztägig, Herr Staatsminister Stefan Grüttner ab 12:45 Uhr und Frau Abg. Lisa Gnadl und Herr Abg. Jochen Paulus.

So weit zur Lage der Nation. Dann hätten wir die amtlichen Mitteilungen erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 43 auf:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Equal Pay Day – Frauen in Hessen verdie- nen mehr als 22 % weniger als Männer) – Drucks. 18/7146 –

Anschließend wird der Dringliche Entschließungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 18/7154, aufgerufen und abgestimmt.

Die Redezeit beträgt fünf Minuten, und Frau Kollegin Schott beginnt. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für die Frauen ist heute, wirtschaftlich gesehen, der 31.12.2012. Denn heute haben sie so viel Einkommen erwirtschaftet, wie es die Männer an dem Tag schon getan haben. Das bedeutet bundesweit etwa – –

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Frau Kollegin Schott, einen Moment. – Meine Damen und Herren, es gebietet der Anstand, dass man der Rednerin zuhört. Ich bitte, dann auch Platz zu nehmen. Wer sich nicht setzen kann oder will oder sich legen will, der soll herausgehen. Aber ich bitte doch, hier der Rednerin zuzuhören.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Danke, Herr Präsident. Wenn jetzt jemand sagt: „Lassen Sie sie schwätzen“, dann zeugt das davon, wie ernst Männer dieses Frauenthema nehmen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nicht alle!)

Die Mehrheit, leider ein großer Teil der Männer. Das erleben wir daran, wie damit umgegangen wird.

(Zuruf von der CDU: Jetzt kommt d i e Leier wieder!)

„Jetzt kommt d i e Leier wieder“, das ist genau der Punkt, dass Sie nicht ernst nehmen, dass die Situation für Frauen in den letzten Jahren nicht besser geworden ist. Ganz im Gegenteil, in Hessen ist die Situation der Frauen schlechter geworden. Während wir schon einmal bei 22 % waren, sind wir jetzt bei 25 % angekommen. Das ist die Art und Weise, wie Sie die Probleme der Frauen ernst nehmen, und das ist ungeheuerlich.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir 22 % als Durchschnitt im Jahr haben, wird es schlimmer, wenn man sich das als Gender Pay Gap im Lebenslauf anschaut. Da sind wir bei 58 %. Wenn wir uns die Rentensituation anschauen, dann sind wir bei 60 %, und das bei einer Frauenerwerbsquote von 66 %.

Davon sind aber zumindest im Westen nur 50 % Vollzeitbeschäftigte. Der Rest ist teilzeitbeschäftigt, und das Entgelt für Teilzeitbeschäftigung liegt statistisch gesehen um 3,74 € niedriger als das bei Vollzeitbeschäftigung.

77 % der Frauen in Teilzeitbeschäftigung sind es deshalb, weil sie sich um die Kinderbetreuung kümmern müssen. Damit sind wir wieder bei dem Betreuungsproblem, über das wir heute noch diskutieren werden.

Ein ganz entscheidendes Problem ist aber durch die Deregulierung des Arbeitsmarktes der rot-grün-schwarz-gelben Regierungen der Vergangenheit entstanden. 22 % der Teilzeitbeschäftigten haben einen Minijob, und es gibt eine brandneue Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, also völlig unverdächtig, die „Frauen im Minijob“ heißt. Sie weist nach, dass 61 % der Minijobberinnen kein weiteres Einkommen haben. 3 % der Minijobberinnen sind Rentnerinnen, die sich etwas dazuverdienen müssen. Das Problem ist nur, die eine Variante, sein Einkommen zu generieren, zieht die andere nach sich. Das heißt, Minijobberinnen werden im Alter arm sein. Sie müssen dann dazuverdienen.

Der Minijob ist auch keine Brücke in die Vollzeitbeschäftigung. Nur 16 % der ehemaligen Minijobberinnen haben in der Zwischenzeit eine Vollzeitbeschäftigung. Es ist absolut falsch, zu glauben, dass die Minijobberinnen schlecht qualifiziert wären. 87 % haben eine Berufsausbildung, 13 % davon sogar eine Fachschul- oder höherwertige Ausbildung. Mädchen machen zu 55,6 % Abitur, und viel weniger Mädchen als Jungen verlassen die Schule ohne Abschluss. Wenn wir uns anschauen, wie hier die Ressource Intelligenz, die Ressource Bildung und gute Ausbildung verschwendet wird, kann man nur sagen, es ist einfach unverantwortlich.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben ein Gleichstellungsgesetz für den öffentlichen Dienst. Aber hier zeigen Studien, dass das leider auch keine Wende geschaffen hat. Trotz Gesetz und ausgewiesener Frauenförderpolitik hat sich die Besetzung der attraktiven Arbeitsplätze zwischen Männern und Frauen nicht wesentlich anders verteilt. Bei den Einstellungen werden dann ganz kreativ Kriterien gefunden, weshalb gleich geeignete Bewerberinnen und Bewerber eben doch nicht gleich geeignet sind.

(Claudia Ravensburg (CDU): Das ist gar nicht wahr!)

Das können Sie in Forschungsergebnissen nachlesen, dazu können Sie die Frauenbeauftragten befragen, dazu können Sie die betroffenen Frauen befragen. Da braucht niemand aus dem Off zu sagen, das sei nicht wahr.

Im Übrigen können wir statistisch genau nachweisen, dass bei den Beförderungen und Höhergruppierungen die Frauen im öffentlichen Dienst hinten runterfallen.

Das nächste Problem ist die gläserne Decke. Für gut ausgebildete Frauen stellt sie nach wie vor ein kaum zu überwindendes Hindernis dar. Nur 24,5 % der Führungspositionen in der Privatwirtschaft sind von Frauen besetzt. Das „Managerinnen-Barometer“ sagt für 2012: Nur 4 % der Vorstände der Top-200-Unternehmen sind weiblich. Deutschland hat in der EU laut Eurostat den geringsten Anteil von Müttern in Führungspositionen.

Politisch ist daraus zu folgern, dass die unsäglichen Minijob-Regelungen nicht, wie im vergangenen Jahr, ausgeweitet, sondern abgeschafft gehören.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Branche mit der höchsten Quote an Minijobberinnen ist der Handel. Die Deregulierung von Arbeitsmarkt und Öffnungszeiten hat allein im ersten Jahr nach Einführung der Minijobs im Handel dazu geführt, dass 227.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze abgebaut wurden. Das muss aufhören. Im öffentlichen Dienst müssen die Rechte der Frauenbeauftragten gestärkt werden, damit dem Gleichstellungsgesetz endlich gelingen kann, was es bezwecken soll. Außerdem brauchen wir dringend eine Quote für die Aufsichtsräte.

Meine Damen und Herren, das alles nützt aber überhaupt nichts, wenn es uns nicht gelingt, Kinderbetreuung so zu gestalten, dass Frauen arbeiten gehen können, ohne sich kaputtzuhetzen und ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, weil ihre Kinder nicht gut untergebracht sind.

Frau Kollegin Schott, Sie sind so lieb?

Mein letzter Satz. – Mit dem, was wir im Moment an Gesetzgebungsverfahren haben in Form von KiföG, und mit dem, was wir im Moment an Betreuungsgeld haben, sind wir davon weit entfernt. Auf diese Weise wird sich nichts an der Situation der Frauen ändern.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Das Wort hat Frau Abg. Monika Lentz für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute, am 21. März 2013, haben Frauen genauso viel verdient, wie Männer bereits am 31. Dezember 2012 verdient haben.

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Das habe ich schon einmal gehört!)