Ich denke, dieses Frauenbild und die Wertschätzung der Arbeit von Frauen bezeugt diese Hessen-CDU damit, dass sie ihre jetzige Familienministerin einfach mal zurück an den Herd schickt.
Ich bin mitnichten ein Fan von Frau Schröder und ihrer Politik; das braucht man nicht zu befürchten.
Im Grunde wird die Frau im Moment eigentlich Opfer ihrer eigenen Familienpolitik. Aber es wäre totale Realsatire, wenn es nicht leider bittere Realität wäre, wenn es nicht zeigen würde, dass in weiten Teilen der CDU Teil des Weltbilds und deren Überzeugung ist: Frauen gehören nach Hause, Frauen sollen Kinder kriegen, Frauen sollen Kinder erziehen, statt dass sie die gleichen Ämter wie die Männer besetzen können, statt dass sie Karriere machen dürfen, statt dass sie gescheite Berufe ausüben können, wie Männer es seit jeher schon immer getan haben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Holger Bellino (CDU): Das hat doch die Bundeskanzlerin getan! – Horst Klee (CDU): Grober Unfug!)
Frauenpolitik, Geschlechtergerechtigkeit und auch das Hessische Gleichberechtigungsgesetz waren in dieser Legislaturperiode für die schwarz-gelbe Männerriege absolut kein Thema. Das Einzige, was Minister Grüttner – unser Familienminister –, versprochen hat, war,
dass er gesagt hat: Rechtzeitig vor Ablauf der Frist wird der Hessische Landtag mehrheitlich ein entsprechendes Gesetz beschließen.
Wir haben mittlerweile April 2013. Das Gesetz wäre noch ein Dreivierteljahr gültig. Bisher liegt uns nichts vor.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Minister Stefan Grütt- ner: Es ist auch noch rechtzeitig!)
Ich weiß nicht, wie Sie das mit Gleichstellung und Frauenpolitik irgendwie begründen wollen. Das Einzige, was uns vorliegt, ist ein Gesetzentwurf der SPD. Ich finde es abenteuerlich, Frau Kollegin aus der CDU, dass Sie kritisieren, dass der Gesetzentwurf schlecht wäre, wenn sie selbst überhaupt keinen Gegenentwurf haben.
In dem Punkt bestätigt sich, was sich die letzten Wochen, Monate und Jahre gezeigt hat: Frauenpolitik und Gleich
Vor 20 Jahren wurde hier dieses Gesetz erstmals verabschiedet. Hessen hatte ein vorbildliches Gleichberechtigungsgesetz. Es war in Deutschland in dieser Form einmalig. Abgelehnt wurde es – wen überrascht es – von CDU und FDP. Es verstoße gegen das Grundgesetz. Was für ein Hohn. Die Klage vor dem Europäischen Gerichtshof scheiterte natürlich, denn von einem Verstoß gegen das Grundgesetz kann überhaupt nicht die Rede sein – im Gegenteil.
Gleichberechtigung ist fester Bestandteil des Grundgesetzes. Dass Bund und Land auf die Durchführung von Gleichberechtigung hinwirken müssen, ist ebenfalls gesetzlich geregelt.
Ja, wir haben in Hessen mittlerweile mehr Frauen beschäftigt. Diese sind überwiegend in Teilzeit. Ja, wir haben mehr Frauen in Führungspositionen. Aber es ist immer noch lediglich ein Achtel bei den Spitzenbeamten. Wir haben mehr Professorinnen an den Hochschulen, aber immer noch nur 22 %. Die restlichen fast 80 % sind immer noch weiterhin Männer.
Sämtliche Novellierungen, die es bisher seit 1999 gab, führten entweder zu keiner Veränderung oder zu einer Verschlechterung. Rein nach dem Credo: „Wenn das Gesetz schon nicht verfassungswidrig ist, dann machen wir es wenigstens wirkungslos“, hat die Frauenförderung in den letzten 14 Jahren unter Schwarz-Gelb schwer gelitten.
Ein Gleichberechtigungsgesetz, das diesen Namen verdient, muss auch halten, was es verspricht, und nicht nur schön heißen. Wir brauchen verbindliche Vorgaben im öffentlichen Dienst. Als Gesetzgeber und als Arbeitgeber ist das Land gefordert. Es steht in einer bestimmten Verantwortung. Das Land muss als Vorbild vorangehen. Gleichbehandlung am Arbeitsplatz muss in gezielter und in systematischer Weise gefördert werden.
Das Land muss Karriere für Frauen ermöglichen. Das Land muss die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Es müssen Männer und Frauen gleichermaßen die Möglichkeit haben, beides miteinander zu kombinieren. Natürlich wird deutlich, dass nur ein Bündel an Maßnahmen schlussendlich dafür sorgen wird, dass im öffentlichen Dienst geschlechtergerechte Beschäftigungsverhältnisse entstehen.
Den Gesetzentwurf, den wir heute vorliegen haben, finden wir in weiten Teilen gut. Wir haben allerdings natürlich Punkte, über die man im Detail diskutieren muss. Ich denke, das machen wir im Ausschuss. Worüber man nicht diskutieren muss, ist aber die paritätische Gremienbesetzung.
Bei den GRÜNEN ist es schon von jeher so, dass 50 % der Plätze an Frauen gehen. Die FDP hat darin bisher nichts verstanden und davon auch nicht den Nutzen gesehen. Bei Ihnen sind irgendwie die Mitglieder zu 23 % Frauen, und in führenden Positionen haben Sie fast gar keine.
Ich habe lange überlegt, ob ich bei Ihnen auch eine 50-%-Quote fordern oder ob ich nicht im Grunde genommen allen Frauen, die nicht bei Ihnen eintreten und kein Amt übernehmen, gratulieren sollte, weil sie dieses Frauenbild nicht unterstützen.
Wir bewerten in dem Entwurf positiv, dass es die Ausdehnung auf die privatisierten öffentlichen Unternehmen gibt; denn das Land hat in dem Bereich eine Vorbildfunktion. Wir befürworten, dass die Stellung von Frauenbeauftragten gefördert wird, die eigentlich die Schlüsselfiguren in Betrieben und Verwaltungen sind, dass Frauenbeauftragte in ihrer Macht auch weiter gestärkt werden müssen.
Wir unterstützen ausdrücklich, dass Frauen mit Behinderungen hier auch Eingang finden. Frauen sind eine benachteiligte Gruppe. Behinderte haben in vielen Bereichen Probleme. Frauen mit Behinderungen brauchen besonderen Schutz und haben es auf jeden Fall verdient, hier erwähnt zu werden.
In Fragen der Geschlechtergerechtigkeit hat sich natürlich in Deutschland, auch in Hessen, vieles getan, aber garantiert nicht aufgrund der vorbildlichen Politik von CDU und FDP,
als vielmehr aufgrund von vielen Frauen und Männern, die dieses Frauenbild satthaben und schon viel weiter sind und daran arbeiten.
Das liegt also an modernen Frauen und Männern, die daran arbeiten, dass wir tatsächlich gleichberechtigt leben können. In Hessen haben wir viel zu tun, und es fehlen CDU und FDP innovative Ideen. Wir stellen einmal mehr kurz vor den Wahlen fest, dass auch CDU und FDP dringend einer Ablösung bedürfen; denn diese Regierung ist erschöpft und verbraucht.
Vielen Dank, Frau Kollegin Lentz. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Schott von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Ravensburg, vor dem Hintergrund, dass Sie einer Partei angehören, die seit 20 Jahren darüber diskutiert, ob sie eine Quote
für Parteiämter haben will oder nicht, und seit 20 Jahren zu demselben Ergebnis kommt, nämlich dass sie es nicht will, wundert mich Ihre Rede überhaupt nicht.
Man muss sagen, es gibt Frauen in der Partei, die diese Quote gerne hätten. Ich kann gut verstehen, dass Sie sie gerne hätten, weil sie notwendig und zwingend ist, aber sie kriegen es nicht gebacken.
Seit 20 Jahren haben wir ein Gleichberechtigungsgesetz. Das hat ganz viel Fortschritt gebracht. Aber irgendwann war der Fortschritt aufgebraucht, der in dem Gesetz steckte, und es gab keine Weiterentwicklung. Wenn wir uns ansehen, wo wir heute stehen, dann stellen wir fest, seit vielen Jahren hat sich nichts verbessert.
Sie sagen: Misstrauen wir denn den Amtsleitern? – Natürlich misstraue ich nicht dem einzelnen Amtsleiter. Aber haben Sie schon einmal den Begriff strukturelle Benachteiligung von Frauen gehört? Das ist doch das Problem, das dahintersteht.
Der Amtsleiter tut das, was in seinem Sinn vor einem bestimmten Hintergrund, der gesellschaftlich da ist, richtig ist. Dieser Hintergrund stellt eben Gleichberechtigung von Frauen und Männern nicht sicher – ganz im Gegenteil.
Wir haben die Benachteiligung der Frauen in der ganzen Gesellschaft. Wir müssen deswegen etwas dagegen tun. Das heißt, wir müssen uns weiterentwickeln. Deshalb ist es zu begrüßen, dass sich die SPD-Fraktion mit dem Abbau der Benachteiligung beschäftigt hat.
Nun muss man aber bei der SPD in Bezug auf die Bekämpfung der Benachteiligung der Frauen vorsichtig sein.