Protokoll der Sitzung vom 24.04.2013

Eine inhaltliche Debatte möchten wir an dieser Stelle nicht führen, weil es uns wirklich wichtig ist, die Einhaltung der Geschäftsordnung auch für die nächsten Jahre hochzuhalten. Der hessische Bürger und die hessische Bürgerin müssen sich auch in Zukunft darauf verlassen können, dass die Einzelfälle in ihrem Interesse überparteilich sachlich bearbeitet werden.

(Alexander Bauer (CDU): Aber auch zeitnah entschieden werden! Auch darauf haben die Bürger ein Recht! – Gegenruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Von daher glaube ich daran, dass die Mehrheitsfraktionen diesem Beschlussvorschlag folgen werden und einen Schaden vom Hessischen Landtag und vom Petitionsausschuss abwenden werden. In diesem Sinne bitte ich um Ihre Unterstützung. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Öztürk. – Als nächste Rednerin hat sich die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Frau Cárdenas, zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Cárdenas, Sie haben das Wort.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie spricht als Abgeordnete!)

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Die letzte Sitzung unseres Petitionsausschusses hat ein Novum hervorgebracht. Der Ausschuss hat entgegen dem Wunsch der Berichterstatterin, die die Petition aus von ihr dargelegten Gründen noch bis zur nächsten Sitzung schieben wollte, diese Petition mit Ihrer Regierungsmehrheit zur Abstimmung gestellt. Was beschlossen wurde, ist nebensächlich; es geht um den Vorgang an sich. Damit wurde, aus meiner Sicht ohne Not, eine Übereinkunft des Ausschusses aufgekündigt, Berichterstatterinnen und Berichterstattern in ihrem Vorschlag, wie die Petition zu behandeln sei, zu folgen.

Es war meines Wissens ebenfalls ein Novum, dass daraufhin die Opposition nicht an der Abstimmung teilnahm, weil sie erstens die Rechte der Berichterstatterinnen und Berichterstatter verletzt sah, und zweitens der Auffassung war, dass diese Abstimmung entgegen dem Wortlaut der uns alle verpflichtenden Geschäftsordnung des Hessischen Landtags vorgenommen wurde. Frau Öztürk hat den Passus bereits zitiert.

Als Vorsitzende des Petitionsausschusses liegt mein Interesse darin, dass wir möglichst reibungsfrei zusammenarbeiten im Sinne und Interesse der Menschen, die sich mit Eingaben bzw. Petitionen an den Landtag und den zuständigen Ausschuss wenden und darauf vertrauen, dass parteipolitische Interessen in keiner Weise handlungsleitend bei der Bearbeitung ihrer Petitionen sein werden.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das in der Geschäftsordnung des Hessischen Landtags verankerte Petitionsrecht hat anerkanntermaßen mehrere Funktionen. Es dient dem Rechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger, ermöglicht ihren Einfluss auf die politische Willensbildung sowie auf die parlamentarische Kontrolle gerade auch hinsichtlich der praktischen Anwendung von Gesetzen. Es ist insofern auch ein Instrument der Verwaltungskontrolle.

Als Bürgerrecht ist das Petitionsrecht ein wichtiges Grundrecht der Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Staat und in der politischen Auseinandersetzung mit der Landesregierung und im Parlament. In einer Zeit des zunehmenden Verlusts des Vertrauens der Menschen in ihre gewählten Repräsentantinnen und Repräsentanten gilt es, jedem Anliegen von Petentinnen und Petenten eine besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, jede Petition ernst zu nehmen und erst einmal von ihrer Berechtigung auszugehen. Dies heißt für mich nicht, dass damit ein generelles Misstrauen gegenüber den Behörden gerechtfertigt wäre, aber ebenso wenig ein generelles Vertrauen, dass schon alles richtig laufe. Nur so werden wir mehr Partizipation und demokratische Teilhabe ermöglichen und unsere Demokratie stärken können.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Zugleich waren wir uns im Ausschuss und auch als Obleute unter meinem Vorsitz einig, möglichst viele Petitionen zeitnah vor der Sommerpause abzuschließen. Wir einigten uns daher selbstverständlich auch auf Sondersitzungen. Ebenso gehe ich davon aus, dass wir, auch wenn das bisher nicht explizit vereinbart wurde, als Berichterstatterinnen und Berichterstatter eine Selbstverpflichtung eingegangen sind, jede Petition sorgfältig und eigenverantwortlich zu bearbeiten. Das gilt auch für jeden Beschlussvorschlag. Das umfasst auch die Entscheidung, welche Dinge noch zu klären sind, bis ein verantwortungsvoller Beschlussvorschlag vorgestellt wird.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch ein paar Worte als Obfrau der LINKEN anfügen. Ich sehe die Gefahr, dass durch dieses Vorpreschen der Abg. Wallmann und die Unterstützung durch CDU und FDP Beschlussfassungen erzwungen und bereits vollendete Tatsachen geschaffen werden, bevor der gesamte Petitionsausschuss die gesammelten Fakten ausreichend beraten hat und begründet entscheiden kann. Durch dieses Vorgehen wird vom bisherigen Konsensprinzip und dem generellen Vertrauen in den Berichterstatter Abschied genommen, werden Präzedenzfälle geschaffen, wird die Geschäftsordnung des Hessischen Landtags ausgehebelt und der Profilierung einzelner Abgeordneter Tür und Tor geöffnet. Dem werden wir als Linksfraktion nicht zusehen können.

Ich bitte daher das Parlament, dafür zu sorgen, dass im Petitionsausschuss zur bisherigen Praxis zurückgekehrt wird,

indem die Petition an den Ausschuss zurücküberwiesen wird. – Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Cárdenas. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Wallmann von der CDU zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Arm, wenn man sich mit Petitionen profilieren muss! – Gegenruf des Abg. Holger Bellino (CDU): Gleichfalls! Das sagt der Richtige!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal: Es ist unüblich, dass man sich im Plenum mit Sachverhalten einer nicht öffentlichen Sitzung befasst. Ich finde es aber persönlich in Ordnung, dass wir das in diesem Fall tun.

(Zurufe von der SPD)

Denn ich kann in diesem Fall ein paar Dinge aufklären. Dann fällt es vielleicht doch wieder auf die Gegenseite zurück, was Sie hier gerade veranstalten. Herr Wagner, Sie können sicher sein, dass ich mich darüber nicht profiliere. Vielleicht können Sie jetzt kurz zuhören, wie sich der Sachverhalt zugetragen hat.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Es geht um eine Petition, die Frau Öztürk in der Petitionsausschusssitzung – ich werde keine Daten nennen; aber ein paar Fakten muss man nennen, damit es klar wird – am 14.03. nicht beraten wollte, sondern erst im Juni, und zwar aus Zeitgründen. Dem haben wir widersprochen, weil wir gesagt haben, das kann nicht sein. Das haben wir auch ausführlich in der Sitzung der Vorprüfungskommission diskutiert. Es kann jeder in das Protokoll schauen. Das werde ich hier nicht näher ausführen.

In der darauffolgenden Sitzung hat Frau Öztürk darauf abgestellt, dass sie die Petition weiter schieben möchte. Jetzt muss man wissen: Es ist eben keine der sonst üblichen Petitionen, sondern sie gehört zu dem Korb an Petitionen, bei denen wir unter den Obleuten besprochen hatten – deswegen waren sie auch nur an Obleute verteilt –, dass wir sie zügig bearbeiten. Es sind nämlich Fälle, bei denen keine rechtliche Möglichkeit für einen Aufenthaltstitel gegeben ist.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Sie wollen doch eh alle abschieben!)

Es geht um eine Vielzahl von Petenten, die im Herbst eingereist sind und einen Aufenthaltstitel begehren. Dem können wir aus rechtlichen Gründen aber nicht nachkommen. Insofern haben wir entsprechend dieser Vereinbarung der Obleute zum einen darauf gedrängt, dass es nicht sein kann, dass man uns mitteilt, dass man eine Petition über ein Vierteljahr nicht bearbeiten kann. Denn wenn hier immer das Recht der Berichterstatter angeführt wird: Petenten haben auch ein Recht, nämlich ein Recht darauf, dass die Petition zügig bearbeitet wird und man nicht sagt: Ich kann das erst in einem Vierteljahr machen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Im Übrigen möchte ich noch darauf hinweisen – das ist hier leider mit keinem einzigen Wort erwähnt worden –, dass wir bei diesen Sonderfällen an Petitionen, wo wir rechtlich nichts machen können, die wir seit mehreren Monaten erhalten, uns über das, was wir eigentlich hätten machen können, hinweggesetzt haben und gemeinsam zwischen den Obleuten besprochen haben, dass wir diese Petitionen nach Sach- und Rechtslage bescheiden mit der Maßgabe, dass eine Rückführung stets erst nach dem 31.03. erfolgt, damit keine Rückführung in den Wintermonaten erfolgt. Das Innenministerium hat das mitgetragen. Wir haben da sehr human entschieden und das auch gemeinsam so besprochen.

(Beifall bei der CDU – Janine Wissler (DIE LIN- KE): Da will ich nicht wissen, wie Sie inhuman entscheiden! – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Wie geht das zusammen?)

Ich kann nun einmal nichts daran ändern, dass der Petitionsausschuss an Recht und Gesetz gebunden ist. Das ist nun einmal das System dieses Landtags.

(Beifall bei der CDU – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und an die Geschäftsordnung!)

In diesem Fall haben wir keine rechtliche Handhabe, einen Aufenthaltstitel zu erreichen. Frau Öztürk, Sie haben gesagt, Sie wollten noch Zeugnisse einholen. In dem Fall wird das aber rechtlich nichts ändern. Das haben wir auch von allen Beteiligten bestätigt bekommen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das wissen Sie vor der Prüfung! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Sie wissen mehr als die Berichterstatterin, das ist schon seltsam!)

Ich habe Sie gefragt, ob Sie mir irgendeinen Grund nennen können, wie sich die Rechtssituation ändert. Sie konnten mir dazu nichts sagen, weil die Rechtssituation eindeutig ist.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Frau Wallmann, das ist ein Vorurteil!)

Aus diesem Grund haben wir gemeinsam mit der FDP die Maßgabe „Härtefall“ beschlossen. Frau Cárdenas, Sie haben es falsch dargestellt. Wir haben nicht „Sach- und Rechtslage“ gesagt, wir haben gesagt: mit der Maßgabe „Härtefall“. Damit helfen wir den Petenten, weil im Härtefallverfahren humanitäre Gründe berücksichtigt werden, die im Petitionsverfahren nicht berücksichtigt werden. Insofern haben wir etwas für die Petenten getan, weil wir ihnen diesen Weg eröffnet haben.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Alexander Bauer (CDU): Die wollen verzögern!)

Frau Öztürk, es kann nicht sein, dass Sie sagen, Sie können Petitionen ein Vierteljahr nicht bearbeiten. Es tut mir herzlich leid, das geht nicht, zumal wir vereinbart hatten, dass wir sie bearbeiten.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Völlig richtig! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Wer hat das denn zu entscheiden? – Mathias Wagner (Tau- nus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sind Sie die Oberaufseherin, oder was? – Glockenzichen der Präsidentin)

Das kann nicht sein. Die Petition war entscheidungsreif, und die Entscheidung würde ich auch genau so, wie wir das beschlossen haben, wieder treffen, weil der Vorwurf nicht gerechtfertigt ist. Sie hätten über das Petitionsverfahren für die Petenten überhaupt nichts erreichen können. Wir haben die Maßgabe „Härtefall“ beschlossen. Insofern haben wir etwas für die Petenten getan und nicht Sie.

Noch ein letzter Satz zu der Frage der Abstimmung. Wenn Ihr Grundsatz gelten würde und die Rechtsauffassung des Hessischen Landtags, des Petitionsbereichs – die kennen Sie inzwischen – –

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, die kennen wir nicht, der Präsident hat sie nicht mitgeteilt!)

Gut, aber in der Ausschusssitzung wurde etwas dazu gesagt. Frau Öztürk kann Ihnen da sicher gern weiterhelfen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Präsident hat nicht geantwortet!)

Kann ich bitte kurz – – So geht es nicht. Entschuldigung, so geht es nicht.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Bitte etwas mehr Ruhe. Die Rednerin hat das Wort. – Bitte schön, Frau Wallmann.

Wenn Sie wirklich geltend machen,

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen der Präsiden- tin)