Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Präsident! Ich denke, dass zumindest in der Frage Einigkeit besteht, dass das Thema Wohnungsbau, Wohnungsbaupolitik in Hessen ein wichtiges Thema ist. Ich finde, es ist auch im Redebeitrag des Kollegen Klose ein bisschen zu kurz gekommen, dass wir in Hessen sehr unterschiedliche Verhältnisse haben. Während wir auf der einen Seite in Nordhessen, in Mittelhessen, in den Rändern teilweise, z. B. im Landkreis Hersfeld-Rotenburg oder im Werra-MeißnerKreis, eine demografische Entwicklung haben, die eher dazu führt, dass die Menschen die Region verlassen, haben wir auf der anderen Seite einen starken Ballungsraum, der aufgrund seiner wirtschaftlichen Stärke viele Menschen in Hessen anzieht.
Das ist der große Vorteil: dass wir mit der Region Frankfurt/Rhein-Main im wirtschaftlichen Sinne einen der erfolgreichsten Ballungsräume in ganz Europa haben. Es ist klar, dass durch diese Attraktivität Massen von Menschen in diese Region strömen. Deshalb ist es völlig richtig, dass
wir uns darum kümmern, das Thema zu koordinieren, aber auch die Kommunen bei ihren Maßnahmen unterstützen, wenn es um das Thema Wohnungsbau geht.
Ich bin etwas erstaunt gewesen. Herr Kollege Siebel, ich glaube, wir können uns darauf einigen, dass nicht alle beim Deutschen Städtetag irre sind. Denn Sie haben gesagt: „Nicht alle dort sind irre.“ Das ist eine sehr weitgehende Formulierung gewesen. Ich glaube, wir dürfen gemeinsam feststellen, dass da sehr viele vernünftige Persönlichkeiten ihre Arbeit machen.
Es ist doch so, dass wir konstatieren müssen, dass das, was Rot-Grün, was Rot-Rot in Verantwortung machen, sich häufig von dem unterscheidet, was wir heute hier gehört haben.
Nordrhein-Westfalen ist ein Beispiel. Warum werden in einem Land, in dem der Haushalt mittlerweile eh schon über Bord geworfen worden ist und in dem die Verfassungsmäßigkeitsgrenze keine Rolle mehr spielt, die Mittel für den Wohnungsbau gekürzt? Diese Frage werden Sie erklären müssen.
Es stellt sich eine zweite Frage. Da will ich gerne die bemerkenswerte Rede von Herrn Schaus aufnehmen. Herr Schaus hat für sich und seine Partei, die Linkspartei in Deutschland, erklärt, dass man da immer sauber sei, wenn es um das Thema gehe.
Schauen wir nach Berlin. Lieber Kollege Siebel, es ist damals die Regierung von Sozialdemokraten und Linkspartei, die Regierung Wowereit/Wolf gewesen, die zwar vollmundig gesagt hat, sie mache etwas beim Thema Wohnungsbau, aber das, was sie gemacht hat, hat viele überrascht. Diese Regierung hat nämlich die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft mit über 30.000 Wohnungen an den Investor Cerberus verkauft – in Klammern: übersetzt heißt das Höllenhund. Dann stellt sich die gleiche Partei hierhin und erzählt uns, wenn das Land mit der Nassauischen Heimstätte und der Sparkassenfamilie verhandele, dann sei das nicht in Ordnung.
Das ist eine Doppelzüngigkeit, wie wir sie noch nicht erlebt haben. Das ist eine Doppelzüngigkeit, die wirklich ihresgleichen sucht. Dazu muss ich feststellen: Wenn Sie so gute Drähte zu solchen Investoren und Heuschrecken wie Cerberus haben, dann hoffe ich nicht, und das werden wir verhindern, dass Sie in Hessen an die Regierung kommen und so etwas dann noch umsetzen könnten. Deshalb, glaube ich, ist die Nassauische Heimstätte bei uns in guten Händen, und sie wird von uns gut geführt.
Deshalb sind die Herausforderungen für die Wohnungsbaupolitik in Hessen sehr unterschiedlich. Das haben wir mit unserem Programm auch dargestellt. Diese Unterschiedlichkeit zeigt sich darin, dass wir diesen starken Ballungsraum haben. Auf der anderen Seite haben wir ländlich strukturierte Gebiete, die völlig andere Herausforderungen bedeuten als das, was hier heute diskutiert worden ist.
Meine Damen und Herren, wir können auf der einen Seite z. B. den Trend erkennen, dass zurzeit Menschen, egal wo sie in Hessen leben, aus ländlichen Gebieten wieder zurück in die Kernstädte ziehen. Sie wollen zurück in ein städtisches Umfeld. Menschen, die älter werden, wollen gerade aufgrund der demografischen Entwicklung und einer guten Infrastruktur zurück in die Kerne unserer Städte. Das ist eine Herausforderung, der wir natürlich in irgendeiner Form begegnen müssen, der wir auch mit anderen Instrumenten begegnen müssen, um diesen ländlichen Raum, um das, was Heinrich Heidel bei uns immer stark nach vorne trägt, attraktiv zu machen. Dafür, dass der ländliche Raum in Hessen attraktiv bleibt, sorgen wir mit intelligenten ÖPNV-Angeboten, mit einer intelligenten Dorferneuerung, aber auch mit einer guten Infrastrukturpolitik.
Auf der anderen Seite haben wir einen Ballungsraum, der zu den stärksten wirtschaftlichen Räumen Europas gehört. Dafür haben wir viel gearbeitet und gute Rahmenbedingungen gesetzt, damit sich die Wirtschaft entfalten kann. Wir haben mit Frankfurt einen Leuchtturm, den viele Länder gern hätten. Der Nachteil ist eben, dass die Flächen knapp sind. Dass wir es erreichen, dass im Ballungsraum mehr Wohnungen gebaut werden, muss das Ziel der nächsten Jahre sein. Das ist der Kernpunkt: Wir brauchen die Aktivierung von Wohnungsbau, von Investoren, die in diesem Ballungsraum investieren und Mietwohnungen zur Verfügung stellen. Wir wollen aber auch – Herr Kollege Siebel, es wundert mich, dass wir da so unterschiedlicher Auffassung sind –, dass sich ein Polizist in Frankfurt eine Eigentumswohnung kaufen kann, und deshalb fördern wir das. Das ist unser Ansatz. Was dagegen sprechen soll, weiß ich nicht.
Wir wollen gerade, dass auch Menschen mit kleinem Einkommen die Chance haben, sich Wohneigentum zu leisten. Was ist für das Alter denn besser? Was schützt denn mehr vor Altersarmut, als wenn man Wohneigentum besitzt? – Deshalb setzen wir hier Akzente; da geben wir mit unserem Wohnraumfördergesetz auch eine Unterstützung. Was daran falsch sein soll, will ich beim besten Willen nicht erkennen.
Meine Damen und Herren, wir haben erstens aus meiner Sicht mit dem Wohnraumfördergesetz, mit einer ganzen Reihe von Instrumenten, einen guten Rahmen geschaffen, der gesetzliche Möglichkeiten gibt.
Zweitens. Wir haben mit dem Sonderprogramm Wohnungsbau und Herrn Dr. Herbert Hirschler als Wohnungsbaukoordinator eine Persönlichkeit eingesetzt und ein Programm auf den Weg gebracht, das seinesgleichen sucht. Jetzt sagen Sie: „Das haben wir alles erfunden.“ Dann sollten Sie sich mit dem Thema vielleicht auch inhaltlich ein bisschen mehr beschäftigen, weil das, was wir dort fortsetzen und intensivieren, viele unserer Programme sind, die nicht in der Regierungszeit von 1991 bis 1999 entstanden sind, sondern in der Zeit seit 1999. Wir intensivieren das; das stimmt. Wir setzen dort vermehrt Schwerpunkte. Wir wollen, dass mehr Wohnraum geschaffen wird; wir wollen, dass Hessinnen und Hessen in diesem Land guten und bezahlbaren Wohnraum haben. Es kann mir wirklich niemand erklären, was daran falsch sein soll.
Deshalb ist ein entscheidender Punkt dieser Initiative, dass wir die Akteure vernetzen, dass wir es schaffen, die verschiedenen Player auf Landes- und kommunaler Ebene, die Bundes- und Landesgesellschaften, dazu anzuhalten, Flächen zur Verfügung zu stellen.
Drittens. Dass wir mit einem Sonderprogramm von zusätzlichen 150 Millionen € an Landesmitteln sowie der vollständigen Bindung der Bundesmittel in Höhe von 150 Millionen € – also, Strich drunter: 300 Millionen € – einen finanziellen Rahmen setzen, um an dieser Stelle voranzukommen, ist doch auch richtig.
Viertens. Darüber hinaus setzen wir mit 1.000 zusätzlichen Sozialwohnungen, 2.000 Wohnungen für Studenten, 1.000 zusätzlichen Möglichkeiten für Schwellenhaushalte zum Erwerb von Wohnungseigentum – das ist das Beispiel, das ich genannt habe –, der Modernisierung von weiteren 2.000 Sozialwohnungen und dem Ankauf von Belegungsrechten – das gehört zu dem Thema Fehlbelegungsabgabe und ist nicht genannt worden – einen wichtigen Akzent, damit in dieser Frage auch sozialpolitisch die richtigen Akzente gesetzt werden.
Fünftens. Darüber hinaus setzen wir beim Thema barrierearmes Bauen einen Akzent. Ich will noch einmal ganz konkret sagen, warum das so wichtig ist. Barrierearmut ist von der Jugend an bis zur Bahre ein Thema. Es trifft sowohl Familien mit Kinderwagen, Menschen mit Handicaps und Behinderungen als auch Menschen im Alter, die auf Rollatoren oder Gehhilfen angewiesen sind. Es ist richtig, dass wir dort Akzente setzen, weil wir wollen, dass Hessen ein Land ist, das für Menschen vom Jugendalter bis ins Alter – im besten Sinne des Wortes – attraktiv ist. Auch dieser Punkt kann, glaube ich, kein Streitpunkt sein.
Sechstens. Wir haben mit der Mobilisierung zusätzlicher Bauflächen, der schnelleren Realisierung von Baulandbereitstellungen, also B-Plänen, und der Absprache mit den Kommunen, was Baugenehmigungen angeht, einen weiteren Punkt vor uns, der sehr wichtig sein wird. Wie schaffen wir es aber, dass in dieses Thema Geschwindigkeit kommt? – Wir brauchen ineinandergreifende Strukturen, und der Wohnungsbaukoordinator Herr Dr. Hirschler wird diese Aufgabe für uns übernehmen.
Herr Kollege Klose, deshalb habe ich wohl die Stelle verpasst, an der Sie auch einen Punkt herausgegriffen hätten, der uns wichtig ist. Herr Dr. Hirschler führt mit wichtigen Kommunen in unserem Land Gespräche, nicht nur mit Herrn Cunitz, sondern auch mit Herrn Partsch. Es ist richtig, dass wir es jetzt von Landesseite, egal mit welcher Couleur vor Ort, schaffen, dass zusätzliche Flächen angeboten werden. Das Thema BImA ist genannt worden. Deshalb freuen wir uns doch auch, dass es von grüner Seite keine Berührungsängste gibt, auf den Wohnungsbaukoordinator zuzugreifen und seine Fähigkeiten, Möglichkeiten und Kompetenz zu nutzen. Das ist von kommunaler Seite doch eher ein Lob – ob von den GRÜNEN oder Roten, ist doch völlig egal. Wir wollen, dass es bei diesem Thema vorangeht.
Deshalb ist einer der zentralsten Punkte, den will ich herausgreifen, die Frage: Wie schaffen wir es, zusätzliche Flächen zur Verfügung zu stellen? – Da ist es besonders wichtig, dass wir eben, was die Flächen angeht, auf Bundesinstitutionen wie die BImA, die Bahn, aber auch auf Landesinstitutionen zugehen. Wir haben in vielen Städten Flächen, gerade im Ballungsraum.
Frau Kollegin Ypsilanti, ich habe es gerade gelesen und war ganz überrascht, dass wir an dieser Stelle absolut einer Meinung sind, wenn es um die Kritik an Oberbürgermeister Feldmann geht.
Ja, es ist auch wichtig, dass wir darüber sprechen. – Frau Ypsilanti kritisiert heute in der „Frankfurter Rundschau“ Oberbürgermeister Feldmann für eine verfehlte Wohnungsbaupolitik mit der Ausweisung eines neuen Wohngebiets in Frankfurt, und damit hat sie recht.
Es macht keinen Sinn, jetzt Wolkenkuckucksheime zu malen, nach dem Motto: „Jetzt muss es außerhalb der Stadt neue Wohngebiete geben“, und sich nicht vorher darauf zu konzentrieren, was in der Stadt selbst möglich ist. Das hat mehrere Gründe:
Das, was Herr Feldmann vorschlägt, hat erstens einen Zeithorizont von wahrscheinlich mehreren 20 Jahren, bis man dort überhaupt ein Wohngebiet planungsrechtlich realisiert hat. Das wird kurzfristig überhaupt nichts ermöglichen.
Zweitens – da bin ich bei Frau Ypsilanti – ist es eine Gefahr für unsere Landwirtschaft, die wir auch im Ballungsraum haben wollen. Die Landwirtschaftsministerin in Hessen tut sehr viel dafür, dass wir es schaffen, Werbung dafür zu machen, die Versorgung im Ballungsraum auch in Zukunft durch die Landwirtschaft sicherstellen zu können. Das wird durch solch ein Projekt vollständig gefährdet, neben den ökologischen Fragen, die Frau Ypsilanti in ihrem Artikel eindrucksvoll hinterlegt hat.
Deshalb ist es richtig, dass wir solche Sachen nicht machen, sondern erst einmal schauen, welche Flächen wir in der Stadt und welche Möglichkeiten wir dort haben, diese Flächen zu aktivieren: Bahnflächen, Bundesflächen und Konversionsflächen. All das muss geprüft werden. Ich glaube, Herbert Hirschler ist mit seiner Erfahrung als Mitarbeiter, stellvertretender Regierungspräsident, Staatssekretär, aber auch als derjenige, der in der WIBank die Förderprogramme konzipiert hat, der optimale Ansprechpartner. Das will ich hier noch einmal ausdrücklich sagen: Herr Kollege Schaus, ich bin dankbar, dass wir für diese Arbeit eine solche Persönlichkeit gewinnen konnten; diese muss sich von Ihnen im Hessischen Landtag wirklich nicht diskreditieren lassen.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Das Thema ist für uns eine Herausforderung. Wir wollen das Thema für
Aber wir lassen uns von Ihnen nicht erklären, Sie hätten es erfunden, wir hätten es nur gemacht. Wir tun das im Interesse der Menschen in Hessen mit ihren unterschiedlichen Ansprüchen im Wohnungsbau. Wir wollen bei diesem Thema etwas erreichen. Dieses Programm ist keine Worthülse, sondern es ist ein aktives Programm, das Hessen nach vorne bringen wird – davon können Sie sich in einigen Bundesländern eine Scheibe abschneiden.