Wir haben bei dem gemeinsamen Beschluss seinerzeit vereinbart, dass für beide Verfahren, nach denen die Verfassung erlaubt, Kredite aufzunehmen, eine qualifizierte Mehrheit notwendig sein soll. Das soll sowohl für das konjunkturell bedingte Schuldenmachen als auch für das aufgrund der Notlage gelten. So steht es in unserem gemeinsamen Beschluss. Das ist dort Nr. 9.
Sie wollen davon abweichen und ganz unterschiedliche Quoren haben. Sie setzen dann dem Ganzen sozusagen noch die Krone auf, indem Sie für den Fall der außergewöhnlichen Notlage das Vorliegen einer Zweidrittelmehrheit verlangen wollen. Das ist nichts als Augenwischerei, denn Sie können sich die wesentlichen Parameter zum Schuldenmachen über die Konjunktur mit einfacher Mehrheit beschaffen.
Zugleich aber liegt dieses Verfahren auch völlig quer zu unserer Hessischen Verfassung. In der Verfassung des Landes Hessen kommt die Zweidrittelmehrheit überhaupt nicht vor. Sie wissen: Wir können selbst die Verfassung mit der Mehrheit der Mitglieder des Landtags ändern – und anschließender Volksabstimmung. Wenn Sie sich also daran orientieren wollten, müssten Sie für die Notlage auch eine Volksabstimmung durchführen – ein irrsinniger Gedanke.
Natürlich wollen wir das nicht. Aber das zeigt doch – Herr Kollege Pentz, egal wer zu diesem Zeitpunkt regiert –, dass in einer Notsituation, die sich dem Einfluss des Staates entzieht, die Regierungsmehrheit natürlich handlungsfähig sein muss, statt bei der Opposition „Bitte, bitte!“ sagen zu müssen: „Bitte, stimme mir zu!“ Aber genau das wollen Sie. Sie wollen die Handlungsfähigkeit einer Regierung – egal welcher; das steht zum heutigen Zeitpunkt ja noch nicht fest – kaputt machen, und das nur, weil der Kollege Noll irgendwann einmal diesen Blödsinn erfunden hat und
Auf dieser Basis wird es keine Einigung geben. Ich würde gerne eine Einigung haben. Wenn der Ministerpräsident da wäre, könnte er hören, dass wir gerne wieder den Konsens suchen – aber auf der Basis des Beschlusses, den wir gemeinsam gefasst haben, nicht auf der Basis irgendwelcher Hirngespinste aus Kreisen der FDP. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Kollege Pentz hat gesagt, wir sollten den Mantel der Geschichte ergreifen. Aber, Herr Kollege Pentz, dieser Mantel der Geschichte riecht ziemlich nach Mottenkiste und hat vor allem große Löcher, nämlich große Haushaltslöcher. Ich glaube, da können Sie von der Opposition nicht erwarten, dass sie über solche Mängel des Ausführungsgesetzes hinwegsieht.
Meine Damen und Herren, statt auf Konsens und Kooperation zwischen CDU, FDP, SPD und GRÜNEN zu setzen – wir waren uns einig, dass eine Schuldenbremse eingeführt werden soll –, haben beide Regierungsfraktionen mit diesem Gesetzentwurf ganz bewusst auf Spaltung gesetzt und einen – für die GRÜNEN ist es eben dargestellt worden – für Sozialdemokraten völlig inakzeptablen Gesetzentwurf vorgelegt. Das ist die gezielte Spaltung. Sie ist von der FDP ausgegangen. Meine Damen und Herren, diese Verantwortlichkeit muss man hier einmal herausstellen.
Den ersten Punkt hat der Kollege von den GRÜNEN eben dargestellt. Das ist die Zweidrittelmehrheit. Wir halten das für rechtlich äußerst problematisch. Sie wissen das alle: Solche Zweidrittelmehrheiten führen am Ende immer zu politischem Kuhhandel. Am Ende führen sie immer dazu, dass es um Mehrheiten geht, die nicht die Regierungsmehrheit abbilden, sondern da müssen Weitere hinzugenommen werden, und die wollen dafür einen Preis haben.
Bei Zweidrittelmehrheiten und insbesondere, wenn es um Haushaltsgestaltung geht, ist das die übliche Erfahrung.
Der zweite und sehr zentrale Kritikpunkt richtet sich darauf, dass die Steuerausfälle, die steuerrechtsbedingt und also auf Bundesebene veranlasst sind, sofort ausgeglichen werden müssen. Meine Damen und Herren, in Konsequenz heißt das doch: Auf der Bundesebene wird irgendeine Sause beschlossen, beispielsweise Lobbyentlastungen für Hoteliers, und die müssen wir dann sofort im Haushaltsverfahren einfangen. – In unserem Gesetzentwurf zur Änderung der Verfassung haben wir dazu etwas vorgelegt. Meine Damen und Herren, wir haben immer gesagt, das ist für uns völlig inakzeptabel. Schon das wird von uns auf keinen
Fall mitgetragen werden, und das macht deutlich, dass dieser Gesetzentwurf von uns absolut nicht zu unterzeichnen ist.
Meine Damen und Herren, der dritte Punkt ist: Der Ausgleich bei Überschreitungen von 5 % der Steuereinnahmen ist viel zu gering. Ein solcher Ausgleich müsste schon bei 600 Millionen € erfolgen, Herr Minister, ich glaube, diese Zahl können Sie bestätigen. Meine Damen und Herren, auf Bundesebene ist ein Ausgleich erst bei einer Überschreitung des Bruttoinlandsprodukts um 1,5 % erforderlich, und das sind 4 Milliarden €. Eine solch niedrige Summe, wie sie für Hessen hier angesetzt wird, 600 Millionen €, ist finanzpolitisches und auch konjunkturpolitisches Harakiri; denn am Ende wird das dazu führen, dass wir uns konjunkturzyklisch verhalten, also ein prozyklisches Verhalten. Das ist ein völlig falscher Ansatz. Wirtschaftspolitisch ist das, was hier vorgeschlagen wird, nahezu irrsinnig.
Beim vierten Punkt, der problematisch ist, knüpfen wir an unseren gemeinsamen Antrag an. Daran sehen Sie, dass Ihr Gesetzentwurf nicht auf Konsens angelegt ist. In dem gemeinsamen Antrag und in der Hessischen Verfassung haben wir verankert, dass es eine Einnahmenverantwortung der Landesregierung gibt.
Meine Damen und Herren, wo ist das in diesem Gesetzentwurf dargestellt? Wo ist das weiter konkretisiert und detailliert? – Ohne eine solche Darstellung werden Sie von Sozialdemokraten keine Zustimmung erhalten, denn wir stehen auf dem Boden dieser Verfassung und auch dieser Verfassungsänderung.
Der fünfte Punkt ist – und jetzt wird es hochinteressant –, dass die Versorgungsrückstellungen herausgenommen werden. Herr Minister, zumindest finanzpolitisch ist das doch eigentlich auch irre. Denn dann sollen die Versorgungsrückstellungen über Kredite finanziert werden.
Ich verstehe die dahinterstehende Haushaltsproblematik. Wir alle kennen die Situation des Haushalts, der Kollege Kaufmann hat etwas dazu gesagt: In fast keinem Land ist es schlimmer als in Hessen. Es ist also die blanke Not, dass das herausgenommen wird.
Kollege Noll, was aber steht denn eigentlich dazu in unserem gemeinsamen Antrag? Meine Damen und Herren, dort ist das eben nicht aufgeführt. Dadurch ist dargestellt, dass die nicht zu berücksichtigen sind. Deswegen: Ohne eine solche Regelung – dass das zumindest für eine Übergangszeit akzeptiert wird – ist auch das für uns nicht akzeptabel. Auch hier steigen Sie wieder aus dem Konsens aus.
Sechstens. Das Ausgangsjahr für die Abbautreppe ist das Haushaltsgesetz 2014. In diesem Haushaltsgesetz 2014 sind gewisse Risiken überhaupt nicht eingeplant – z. B. der Tarifabschluss, den Sie gerade vereinbart haben,
aber auch das bestehende Konjunkturrisiko. Die Bundesregierung und auch die Wirtschaftsinstitute haben das Wachstum niedriger angesetzt als noch zum Zeitpunkt der Haushaltsaufstellung. Natürlich ist damit ein Risiko verbunden.
Auch die versprochenen Mehrausgaben, die Sie im Vollzug bereits vorgenommen haben, machen deutlich, dass das Tableau des Abbaus falsch bestimmt ist.
Deswegen werden wir auf einer intensiven und wirklich guten Anhörung zu diesem Ausführungsgesetz bestehen. Wir werden auch weiterhin die völlig unsolide Ausgabenpolitik dieser Landesregierung, auch am Beispiel dieses Ausführungsgesetzes, thematisieren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit einiger Zeit Abstand sprechen wir in dieser Legislaturperiode doch noch einmal über die hessische Schuldenbremse.
Zunächst einmal möchte ich diese Gelegenheit nutzen, mich bei allen hessischen Bürgerinnen und Bürgern zu bedanken, die damals, bei der Volksabstimmung am 27. März 2011, mit Nein gestimmt haben, weil sie wussten, was auf sie zukommen würde.
Immerhin 30 % der Bevölkerung in Hessen haben sich gegen eine Fiskalpolitik ausgesprochen, die es verbietet, dass das Land Hessen für Investitionen Kredite aufnimmt.
Fast jede dritte Hessin und jeder dritte Hesse haben also gegen eine Haushaltspolitik gestimmt, die den Staat dazu zwingt, seine Ausgaben zu kürzen und so den Sozialstaat zu schleifen.
Was die Schuldenbremse bedeutet, sehen wir in verschärfter Form gerade in weiten Teilen Europas – wo der einzige Zweck der Politik nur noch darin besteht, Haushalte auszugleichen und gleichzeitig die Interessen des Kapitals zu schützen.
Ich danke allen, die sich bereits im Jahr 2011 dagegen ausgesprochen und die Verfassungsänderung abgelehnt haben, die die Grundlage für den heute diskutierten Gesetzentwurf ist.
Man kann hier die kommunale Situation heranziehen. Sie zeigt uns ganz konkret, was die Schuldenbremse für die Menschen bedeutet.
Wir hatten im Parlament seinerzeit einige hitzige Debatten über die Schuldenbremse, vor allem, weil SPD und GRÜ
NE die Schuldenbremse mittragen wollten. Ohne DIE LINKE hätte es in diesem Hause niemanden gegeben, der deutlich sagt, dass Schuldenbremse Sozialabbau heißt.
Umso mehr verwundert es jetzt, dass es SPD und GRÜNE sind, die brav über das Stöckchen springen, das CDU und FDP ihnen hinhalten.