(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ich glaube, jetzt geht es los! – Anhaltende Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich will eines einmal ganz deutlich sagen: Was Sie hier über den Ablauf des parlamentarischen Verfahrens und vor allem über den Inhalt dieses Gesetzes gesagt haben, ist fernab jeder Wirklichkeit. Ich habe sechs Enkel, die in Kindergärten sind, und ich habe erlebt, wie dort Unterschriften gesammelt worden sind.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So etwa macht man, wenn man keine Argumente mehr hat! – Fortgesetzte Zurufe des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
Wenn man das Thema des Kinderförderungsgesetzes, das in einer sachlichen Art und Weise von Frau Kollegin Wiesmann hier vorgetragen worden ist, in dieser Form, wie es Herr Merz hier getan hat
ich bin am Ende –, zerredet hat, dann muss ich sagen, dass man diesem sensiblen Thema, wie Kinder heute an diese Gesellschaft herangeführt werden können, nicht gerecht wird.
(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Gegenruf des Abg. Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU) – Anhaltende Zurufe von der SPD)
(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) – Gegenruf des Abg. Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU) – Anhaltende Zurufe)
Herr Kollege Merz, einen Augenblick. – Herr Dr. Müller, ich darf Sie jetzt bitten, keinen Zwischenruf mehr zu machen, weil Kollege Merz das Wort hat. – Bitte schön.
Ich stelle fest, dass dem Kollegen Müller als Antwort auf meine Rede nichts anderes eingefallen ist, als erstens Witze über meinen Namen zu machen, über die ich seit meinem sechsten Lebensjahr nicht mehr lache,
und zweitens meine Person und meinen Lebenslauf auf eine Art und Weise zu diffamieren, die zu widerlegen und zu kommentieren ich weder Lust noch Anlass habe.
Ich will sie aber mit zwei Sätzen kommentieren. Erstens. Herr Kollege Müller, das fällt in vollem Umfang auf Sie zurück.
(Anhaltender Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Dr. Rolf Mül- ler (Gelnhausen) (CDU): Wir waren noch nie zusammen, wie sollen wir da geschieden sein? – Gegenruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Halten Sie sich zurück! – Petra Fuhrmann (SPD): Erziehung null, Benehmen null, Kinderstube null! Unglaublich!)
Meine Damen und Herren, ich darf jetzt bitten, dass wir wieder zur normalen Aussprache zurückkehren.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident, wenn da noch einmal etwas kommt, sehen wir uns wirklich im Ältestenrat wieder! – Minister Stefan Grüttner: Sind das Drohungen, oder was?)
Meine Damen und Herren, kann ich Herrn Bocklet das Wort erteilen? – Herr Bocklet, bitte schön, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss zugeben, dass dieser Wortbeitrag von Herrn Müller mich wirklich betroffen gemacht hat und meine Lust, über das Thema zu reden, relativ stark gesunken ist. Ich finde, das war eine einmalige Entgleisung, wie ein Amokläufer auf den Redner loszugehen.
Ich bin der Meinung, man kann anderer Meinung sein und eine andere politische Meinung vertreten. Aber sich an einem Lebenslauf abzuarbeiten – ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, Herr Müller und sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Wenn die Nerven so blank liegen, wie tief müssen Sie gesunken sein, was muss Ihnen da widerfahren sein? Du liebe Güte.
130.000 Menschen, das ist die größte Protestaktion seit der Startbahn West vor 30 Jahren. 5.000 Menschen waren es in Frankfurt. 5.000 Menschen haben in Wiesbaden demonstriert. Wir haben eine siebenstündige Anhörung gehabt, in
der Sie sechs Stunden und 55 Minuten die Leviten gelesen bekommen haben. Für fünf Minuten war ein Verband dabei, der gesagt hat: Grundsätzlich finden wir das Gesetz gut. – Er hat dann aber 13 Seiten Änderungsvorschläge eingebracht. Sehr geehrte Damen und Herren von CDU und FDP, dieses KiföG war falsch, ist falsch und bleibt falsch. Und Sie haben nichts dazugelernt.
Sie haben – es fällt mir in so einer Atmosphäre schwer, das tatsächlich zu sagen – einen der größten Unfuge, den Sie darin formuliert haben, nämlich das fachfremde Personal, tatsächlich nach massiven Protesten zurückgezogen. Das war richtig. Auch das fällt mir angesichts dieser Atmosphäre hier schwer zu sagen. Aber es ist richtig. Aber Sie haben auch neue stümperhafte Fehler hineingebaut und gehen dann wieder auf den politischen Gegner los, nach dem Motto: Wir machen die Fehler, und die Opposition ist daran schuld. – So läuft das nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Jetzt kommen wir einmal zum Thema Mittagessen. In der ersten Lesung haben Sie einen Satz eingebracht, in dem steht, dass ein Kindergarten, der eine Betreuung von mehr als sechs Stunden anbietet, nur dann eine Betriebserlaubnis bekommt, wenn er ein Mittagessen anbietet. In der zweiten Lesung sind Sie dann um die Ecke gekommen – – Ja, Herr Minister, da würde ich auch unruhig auf dem Sessel hin und her rutschen.
Dann haben Sie das Wort „muss“ durch das Wort „soll“ ersetzt. Was heißt das denn? – Das heißt nichts anderes, als dass Sie diese Verpflichtung für die Kommunen, Betriebserlaubnisse nur dann auszusprechen, wenn es ein Mittagessen gibt, zurücknehmen. Das ist ein Aufweichen von Qualitätsstandards, wie man es durchgängig in diesem KiföG findet. Genau deshalb ist es falsch.
Das ist wie eine rote Linie in diesem KiföG. Das sind Qualitätsstandards. Passen Sie jetzt bitte genau auf. Es besteht die Gefahr, dass diese Qualitätsstandards gesenkt werden können. Niemand von der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN sagt, dass sie abgesenkt werden müssen. Aber wenn Sie ein Gesetz verfassen, in dem steht, dass man Qualitätsstandards absenken kann, dann müssen Sie sehen, dass viele Menschen in diesem Land zu Recht aufstehen und sagen: Nein, wir wollen die Qualitätsstandards nicht absenken. – Genau das ist auch der Fall beim Mittagessen. Keine Absenkung der Qualitätsstandards – das ist das Motto für uns GRÜNE.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))
Lieber Kollege Bellino, liebe Frau Kollegin Wiesmann, ich wäre ein schlechter Abgeordneter, wenn ich mir nicht diesen Ausnahmefall des japanischen Kindergartens in Frankfurt angeschaut hätte. Dann hätte ich meine Hausaufgaben für heute nicht gemacht. Dieser japanische Kindergarten ist, oh Wunder, gar keine Ganztageseinrichtung. Montags schließt er beispielsweise um 12:30 Uhr. Er hat eine alte Betriebserlaubnis, die schon weit über mehrere Jahrzehnte
alt ist. Er schließt häufig nach nur fünf bis sechs Stunden. Es gibt eine Formulierung in diesem Gesetz, die lautet: Eine Einrichtung, die mehr als sechs Stunden öffnet und Betreuung anbietet, muss ein Mittagessen vorhalten.
Ich frage Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wer möchte in diesem Land eine Kindereinrichtung haben, die länger als sechs Stunden geöffnet ist und kein Mittagessen anbietet? – Wir wollen so einen Standard nicht haben.