Protokoll der Sitzung vom 25.04.2013

(Alexander Bauer (CDU): Das ist Familienfreundlichkeit in Praxis!)

Das ist Familienfreundlichkeit in Praxis. Danke, Herr Kollege Bauer, für dieses richtige und wichtige Stichwort.

Familie und Ausbildung unter einen Hut zu bekommen, das wollen wir ermöglichen. Viele der Anzuhörenden haben das ausdrücklich gelobt.

Mit der Einführung des Altersgeldes betreten wir Neuland. Das ist richtig. Künftig geben wir den Beamten eine faire Chance, sich nach einer Zeit im öffentlichen Dienst beruflich nochmals neu zu orientieren. Das war der Wunsch der Mediatoren, parteiübergreifend, von CDU, SPD, FDP und GRÜNEN. Heute sehen wir, dass Erwerbsbiografien 50 Jahre und länger dauern können. Das heißt, wer im Alter von 19 die Anwärterzeit beginnt, befindet sich mit 43 erst genau in der Mitte seines beruflichen Wirkens. Beispielsweise so jemandem wollen wir eine Chance geben, dass er – ohne sich in der Rentenversicherung nachversichern zu müssen und alles zu verlieren, was er an Versorgungsansprüchen erworben hat – sich nochmals völlig neu orientieren kann.

Die Redezeit gibt folgenden kleinen Exkurs noch her: Selbstverständlich werden wir auch bei der anstehenden Besoldungsrunde – das kommt im nächsten Plenum – die Beamten nicht von der allgemeinen Entwicklung abkoppeln, auch nicht von der Entwicklung bei den Tarifbeschäftigten.

(Minister Boris Rhein: Sehr gut!)

Wir machen nicht das, was Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz machen: Nordrhein-Westfalen gibt 1 % für A 11 und A 12 und 0 % – nichts – für A 13 und höher, und das über zwei Jahre.

(Holger Bellino (CDU): Ein Sonderopfer!)

Rheinland-Pfalz deckelt die Besoldungserhöhung auf 1 %.

(Nancy Faeser (SPD): Können Sie aber etwas zu den letzten 14 Jahren sagen?)

Bei der Besoldungsentwicklung gilt: Wo Rot und Grün zusammen regieren, da geht es den Beamten schlechter.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Daher kann ich heute als Zwischenstand und vor der nächsten Beratungsrunde zusammenfassen: In Hessen befinden sich die Beamten in einem Rechtsverhältnis eigener Art. Das wird auch so bleiben. Wir werden ein eigenes qualifiziertes Beamtenrecht weiterentwickeln und weiter verbessern. Das Land Hessen erwartet viel von seinen Beamten, aber das Land Hessen bietet seinen Beamten auch sehr viel, oftmals sehr viel mehr als andere Länder.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deshalb ist das Zweite Dienstrechtsmodernisierungsgesetz ein gutes Gesetz. Es ist gut für die Beamtinnen und Beamten in unserem Land, und es ist auch gut für unseren Staat.

Das bewährte Dienstrecht wird weiterentwickelt und an aktuelle Erfordernisse angepasst. Wir passen es an die europäische Rechtsordnung und an das deutsche Verfassungsrecht an. Wir stärken und erweitern die Rechte von Familien, und wir bieten weiterhin die Gewähr dafür, dass der öffentliche Dienst in Hessen leistungsfähig und attraktiv bleibt. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort hat der Abg. Schaus, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will mich in Anbetracht der Zeit und vor dem Hintergrund dessen, dass wir eine dritte Lesung vereinbart haben, darauf beschränken, einige wesentliche Anmerkungen zu machen.

Fakt ist – da scheint es in der Tat unterschiedliche Wahrnehmungen zu geben –, dass ich in der sehr ausführlichen Anhörung zur Kenntnis genommen habe, dass es eine breite Kritik, zugegebenermaßen nicht an allen, aber an zentralen Punkten des Zweiten Dienstrechtsmodernisierungsgesetzes gegeben hat und gibt. Ich will den Teil der Kritik, der aus dem Bereich der Gewerkschaften gekommen ist und der für unsere Fraktion von besonderer Bedeutung ist, in wenigen Punkten noch einmal skizzieren.

Der DGB schreibt in seiner Stellungnahme, grundsätzlich kritisiere er, dass es im Entwurf eine Reihe von Ermächtigungsnormen für den Erlass von Rechtsverordnungen gebe, ohne dass diese Verordnungen Bestandteil des Gesetzentwurfs seien. Wir haben einen umfangreichen Gesetzentwurf vorliegen, er umfasst knapp 400 Seiten; aber einige entscheidende Rechtsverordnungen, die für die Beurteilung der gesetzlichen Regelung wichtig sind, z. B. im Hinblick auf § 59 des Hessischen Beamtengesetzes, wo es um Beurteilungen geht, und im Hinblick auf § 27 des Hessischen Besoldungsgesetzes, wo es um die Obergrenzen für Beförderungsämter geht, sind nicht Bestandteil dieses umfangreichen Gesetzespaketes. Das wird heftig kritisiert.

(Widerspruch des Ministers Boris Rhein)

Herr Minister, es wurde und wird heftig kritisiert, weil das natürlich auch eine inhaltliche Frage ist. Der Forderung der Gewerkschaften, die wir zu Recht unterstützen und teilen, nämlich eine generelle Streichung der Obergrenzenregelung und damit die Eröffnung der Möglichkeit, dass die Kommunen und die einzelnen Dienstherren selbst entscheiden, in welchem Rahmen und auf welchem Besoldungsniveau sie Beamtinnen und Beamte beschäftigen – natürlich immer im Rahmen des Haushalts –, sind Sie nicht gefolgt. Das wäre aber ein großer Wurf gewesen.

Ein zweiter Punkt ist die vom Kollegen Rudolph schon angesprochene Regelung der Dienstbefreiung für politische und gewerkschaftliche Tätigkeit.

(Nancy Faeser (SPD): Und die ehrenamtliche, z. B. in Sportvereinen!)

Für ehrenamtliche, politische und gewerkschaftliche Tätigkeiten. Danke für den Hinweis. Natürlich geht es auch um Sportvereine, um Übungsleiter, genauso wie es um par

teipolitische, aber auch gesellschaftspolitische Tätigkeiten, bis hin zu gewerkschaftlichen Tätigkeiten, geht.

Wir haben kein Verständnis dafür, dass die bisher bestehende Regelung, wonach die beamtenrechtlichen Freistellungsbedingungen für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst, mithin auch für die tariflich Beschäftigten, gelten, aufgekündigt werden soll. Als wir in der letzten Sitzung des Innenausschusses darüber beraten haben, hatte ich den Eindruck, dass die Vertreter der Koalitionsfraktionen, die diesen umfangreichen Gesetzentwurf ja eingebracht haben, überhaupt nicht verstanden haben, worum es geht. Es nützt nämlich nichts, ins Beamtengesetz zu schauen und zu sagen, da stehe die Regelung drin, sondern anknüpfend an die Historie dieser Regelung ist diese durch eine entsprechende Überleitung auf den Tarifbereich zu übertragen. Das ist eine Position, die wir nachdrücklich unterstützen.

Wir unterstützen auch die Forderung, dass die Hilfspolizistinnen und -polizisten in den Kommunen im Hinblick auf die Altersgrenzen so gestellt werden wie die übrigen Polizeibeamtinnen, Polizeibeamten und die Feuerwehrleute, dass sie also, was die Altersgrenze angeht, einer besonderen Regelung unterfallen.

Lassen Sie mich nur noch ein weiteres Beispiel anführen, das in den Anhörungen dargestellt wurde und das an anderer Stelle stets eine große Rolle spielt. Vonseiten der Koalitionsfraktionen wird hier immer wieder dargestellt, wie toll sie doch reagierten, die Polizei unterstützten und wie wertvoll deren Arbeit sei. Sie ist offensichtlich aber nicht so wertvoll, dass man die Polizeizulage wieder ruhegehaltsfähig macht. Auch das ist eine schon seit Langem seitens der Gewerkschaften erhobene Forderung. Auch wir denken, dass die Polizeizulage, die ja Bestandteil der Besoldung ist, wieder ruhegehaltsfähig werden muss, sodass sie bei der Pension berücksichtigt wird.

Wir hätten uns sehr gewünscht – das ist aber nicht die Position von CDU und FDP –, eine Diskussion über eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit zu führen. Unsere Forderung, unsere Position bleibt auch bei diesem Gesetzentwurf bestehen, denn die längste Arbeitszeit, nämlich 42 Wochenstunden, haben die Beamtinnen und Beamten. Das kann man als nicht gerade familienfreundlich bezeichnen. Wir werden nicht nachlassen, weiterhin zu fordern, dass die Wochenarbeitszeit wieder auf das tarifliche Niveau, zumindest auf 40 Stunden, reduziert wird. Genauso werden wir weiterhin Kritik an der Erhöhung der Lebensarbeitszeit auf 67 Jahre üben, die ja bestehen bleiben soll.

Unsere Position bleibt unverändert: Wir brauchen für die Beamtinnen und Beamten eine angemessene Besoldung. Es darf für sie kein Sonderopfer geben, weder durch die Schuldenbremse noch durch andere Sparmaßnahmen begründet. Es kann nicht sein, dass jedes Jahr und immer dann, wenn es um beamtenrechtliche Regelungen geht, hier immer ein Stückchen mehr abgeschnitten wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Herr Dr. Blechschmidt für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Mit dem Ende der Legislaturperiode – insofern besteht ein

Einvernehmen unter allen Fraktionen – werden wir das Dienstrecht modernisiert haben. Das freut mich persönlich, denn ich kann mich gut an die ehrgeizigen Ziele erinnern, die geäußert wurden, als in den ersten Monaten der Legislaturperiode der Mediatorenbericht vorgestellt wurde. Wenn das Gesetz vor der Sommerpause verabschiedet ist, können alle Parlamentarier, die sich daran beteiligt haben, mit Befriedigung feststellen, dass wir ein modernes Dienstrecht haben.

Wir reden hier im Plenum nicht zum ersten Mal über das Dienstrecht, sondern haben das schon sehr oft getan. Ich möchte nicht alte Reden erneut halten oder neu reden, wo doch Änderungsanträge angekündigt sind und ich derzeit nicht weiß, wie diese konkret aussehen.

Die dritte Lesung ist beantragt. Deshalb möchte ich mich auf das Wesentliche beschränken. Ich freue mich auf eine nochmalige Diskussion im Ausschuss und nehme einfach das auf, was wir im Ausschuss einvernehmlich festgestellt haben: dass wir darangehen, im Mai in dritter Lesung mit weiteren Änderungsanträgen der Opposition die Debatte zu Ende zu führen und das Gesetz rechtzeitig zu verabschieden.

Das freut mich insbesondere deshalb, weil wir im Mai – darauf hat der Kollege Heinz hingewiesen – auch den Gesetzentwurf auf dem Tisch haben werden, mit dem die wesentlichen Teile des Tarifabschlusses für den öffentlichen Dienst auf die hessischen Beamten übertragen werden. Das gibt der Diskussion noch einen gewissen Pfeffer. Insofern kapriziere ich mich heute auf das Wesentliche und freue mich auf die dritte Lesung.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Abg. Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn es spät ist, vielleicht doch ein paar Anmerkungen zum Gesetzentwurf.

Jemand hat, als es am Anfang der Debatte um das Dienstrechtsmodernisierungsgesetz auch darum ging, dass das ein Gesetz ist, das uns lange begleiten wird, gefragt: Warum versuchen wir nicht, bei einem so wichtigen Werk einen Konsens zu organisieren? – Ich muss dazu einfach sagen: Wenn man das will, muss man die Debatte anders anlegen. Herr Kollege Heinz, Sie haben das leider nicht gemacht. Bei einer Debatte, die breite gesellschaftliche Gruppen erreichen soll und bei der man im Parlament möglichst einen Konsens erzielen will, würde ich mir wünschen, dass Sie in diese Debatte diejenigen einbeziehen, die davon betroffen sind, und auch die politischen Parteien einbinden. Das haben Sie nicht gemacht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Acht Jahre ist es her, dass eine Föderalismusreform durchgeführt wurde. Vier Jahre ist es her, dass uns die Mediatoren auf Bitten des ehemaligen Ministerpräsidenten Roland Koch einen Vorschlag vorgelegt haben. Sie hatten vier Jahre Zeit, den Entwurf für ein Dienstrechtsmodernisierungs

gesetz vorzulegen und den Versuch zu unternehmen, eine große, breite Mehrheit dafür zu organisieren. Das haben Sie leider nicht gemacht.

Ich persönlich finde das schade; denn diejenigen, die in der Anhörung Kritikpunkte vorgetragen haben, haben gesagt, dass sie ihre Vorschläge gerne schon in der Regierungsanhörung gemacht hätten. Dann wäre die Chance, in diesem Gesetzgebungsverfahren gehört zu werden, vielleicht größer gewesen. Das haben Sie leider nicht gemacht; denn Sie haben ein mehr als 400 Seiten umfassendes Fraktionsgesetz entworfen. Ich glaube, das hat es noch nie gegeben.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Sie haben jahrelang daran gearbeitet!)

Sie haben die Regierungsanhörung ausgeblendet. Das finde ich schade, gerade nach der Debatte der Mediatoren und nach der großen Zustimmung, die es in vielen Teilen gegeben hat. Ich habe in diesem Haus schon oft gesagt, dass viele Vorschläge, die die Mediatoren gemacht haben, gute Ansätze enthielten, die man auch gut und mit einer breiten Mehrheit im Gesetz hätte verankern können. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie diesen Prozess so organisieren.

Sie haben nur wenige Interessenvertretungen einbezogen. Wie man hört, haben Sie zwar den Deutschen Beamtenbund eingebunden, die Gewerkschaften z. B. aber nicht. Ich finde, das macht man nicht, wenn man will, dass ein solches Werk im Konsens geschaffen wird. Ich glaube daher, dass eine ordentliche und grundständige Beratung gut gewesen wäre.

Ich will noch einmal daran erinnern, dass wir letzte Woche die zweite Lesung vorbereitet haben. Sie haben uns am Montag die Auswertung der Anhörung zukommen lassen. Ich glaube, es waren 40 Anzuhörende anwesend. Die Anhörung hat vier Stunden gedauert. Am Montag haben wir das Protokoll bekommen. Einen Tag, bevor wir die Beratung haben, legen Sie uns einen 13-seitigen Änderungsantrag zu diesem Gesetzentwurf vor und reden davon, das sei ein ordentliches Verfahren gewesen. Das glaube ich nicht. Das hätte man deutlich anders machen können.