Protokoll der Sitzung vom 22.05.2013

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Heute ist wieder einmal deutlich geworden: Die Energiewende in Hessen geht nur mit Rot-Grün, Schwarz-Gelb hat da einen Kredit verspielt. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Gremmels. – Das Wort hat Herr Abg. Sürmann, FDP-Fraktion.

(Holger Bellino (CDU): Eine energiegeladene Rede war das; außer heißer Luft war nichts zu hören! Das ist das energiepolitische Konzept der SPD: heiße Luft! – Widerspruch bei der SPD)

Meine Damen und Herren, würden wir bitte allseits dem Kollegen Sürmann zuhören.

(Günter Rudolph (SPD): Wir stören doch gar nicht!)

Okay, dann an alle. Es geht immer an alle Seiten, ihr Lieben. – Bitte, Kollege Sürmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es war interessant, die Debatte auch einmal von hier aus zu beobachten. Nichtsdestotrotz wollen wir noch einmal beobachten, was hinter dem Antrag der GRÜNEN steckt und was Sie, insbesondere Frau Dorn, zu suggerieren versuchen.

Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass mit den Vorgaben des Landesentwicklungsplans die 2 % auch in Südhessen erreicht werden. Alle Experten sagen: Wir schaffen das mit den Kriterien, die im Landesentwicklungsplan aufgestellt wurden.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Widerspruch bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie stellen immer nur notorisch die Frage: Wie viele Prozent werden es? – Sie stellen überhaupt nicht mehr die Frage: Wie viel Energie brauchen wir denn? Wie viele Kilowattstunden müssen denn auf welcher Fläche herauskommen, damit wir genügend Energie haben, damit zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort ausreichend Energie da ist, um die Netzspannung zu einem Preis aufrechtzuerhalten, der gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern vertretbar ist, damit der Strombezug am Ende des Tages eben nicht zu einer sozialen Frage wird und wir für diejenigen Sozialhilfe leisten müssen, die es sich nicht mehr leisten können, und damit nicht schlechter Verdienende wie inzwischen im europäischen Ausland im Schnitt 25 % des Einkommens für Energie ausgegeben müssen? – Das wollen wir weder in Hessen, in Deutschland noch in Europa.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Deshalb Windkraft im Binnenland, das ist billiger!)

Diese Fragen können Sie nicht so einfach beantworten und so tun, als ob das alles mit Windkraft geschehen könnte.

Nein, dazu gehört nach wie vor ein Energiemix, und dazu gehört natürlich die Solarenergie. Dazu gehört aber auch, dass wir uns die Fragen stellen: Wie können wir mit Brennstoffzellen umgehen? Wie gehen wir mit dem Fracking um? – Ich lehne es ab, einfach herzugehen, Potenzial liegen zu lassen und zu sagen: Wir machen es nicht. – Ich sage ganz deutlich, dass ich das ablehne. Wir müssen in diesem Zusammenhang auch sehen, dass es eben unverantwortlich ist, Energiereserven liegen zu lassen, die dazu dienen können, die Preise zumindest temporär zu stützen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wer glaubt, die Energiewende sei allein in Hessen zu schaffen, der ist und bleibt ein Traumtänzer. Es gehört sich nicht, so etwas zu suggerieren. Die Energiewende ist in Deutschland umzusetzen. Dazu hat Hessen seinen Beitrag zu leisten. Die Energiewende ist, wenn möglich, auch in Europa umzusetzen. Dazu hat Deutschland seinen Beitrag zu leisten; denn es ist unverantwortliche Europapolitik, die Energiewende allein auf Deutschland oder gar Hessen zu beschränken.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

So weit erst einmal zur Frage der erneuerbaren Energien und dazu, auf welchem Weg sich diese Landesregierung befindet. Mit dem Landesentwicklungsplan halten wir den Energiegipfel und seine Ergebnisse ein; es wird gelingen, ob es Ihnen gefällt oder nicht.

Nun aber zum eigentlichen Kern Ihres Antrags und dem, was Sie zum atomaren Abfall sagen. Ich sage: Gefährlicher Transport muss schnell zum Ort, gefährlicher Transport braucht kurze Wege.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich führe Sie gerade vor, das stimmt. – Ich will das auch begründen. Warum ist das ein gefährlicher Transport? Nicht, weil die Castoren per se gefährlich sind. Das sind sie nicht. Was wirklich gefährlich ist, ist das Schottern von Gleisen und die Gewalt gegenüber den Transporteuren durch Täter,

(Beifall bei der FDP und der CDU)

die das Gefühl haben, dass – wenn auch nicht mit Billigung – insbesondere die linke Seite diese Qualität von Gewalt verharmlost. Das ist der eigentliche Grund, warum wir sagen, dass es der kürzeste Weg sein muss und überhaupt keinen Kilometer zu lang sein darf, damit wir nicht die Polizisten und die Bahnfahrer auf dem Weg nach Biblis gefährden. Da müssen auch 50 km entsprechend verkürzt werden. Das ist der wahre Grund, warum wir die kurzen Strecken brauchen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD)

Warum versuchen die GRÜNEN dies mit ihrem Antrag – es klang ja ein bisschen so an, als hätte die SPD auch solche Überlegungen angestellt –, obwohl sie damals, als Biblis noch betrieben wurde, immer gesagt haben, es sei das gefährlichste Atomkraftwerk in ganz Deutschland, es könnten Flugzeuge darauf stürzen und alles damit passieren – diese Gefahr soll nun plötzlich bei der Einlagerung von Castoren nicht mehr da sein?

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wollen doch nur verharmlosen, dass das, was Sie unter Rot-Grün beschlossen haben, nämlich dass atomare Zwischenlagerung an der Oberfläche stattfindet, eine falsche Entscheidung war und ist. Wir brauchen ein Endlager, das die Möglichkeit beinhaltet, den atomaren Abfall rückholbar zu machen, um uns nicht gegenüber neuen Techniken zur Behandlung des Abfalls zu verschließen, etwa der Separations- und Transmutationstechnologie. Ginge man Ihren Vorschlägen nach und würde endgültig einlagern, würden Sie sich dieser Technologie entziehen, keine Verantwortung mehr für die Bürger übernehmen und Strahlung von über einer Million Jahren Dauer in Kauf nehmen, statt die Möglichkeit auszunutzen, dass es nur noch 150 Jahre gefährlich strahlt. Dann hätten wir wirklich etwas Gutes für dieses Land getan. Das verhindern Sie und wollen Sie verdecken.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Deswegen sagen Sie, es sei ein Gebot der Fairness, atomaren Abfall auch in Biblis zu lagern. Die Wahrheit ist auch: Wenn Sie dies fordern, müsste RWE sofort einen neuen Antrag auf Erweiterung der Lagerkapazitäten stellen, zusätzlich zu dem jetzt schon beantragten Bau, der schon angefangen wurde. Angesichts des Rückbaus dieses Atomkraftwerks – den alle hier gewollt haben – brauchen wir diese Lagerkapazitäten für den atomaren Abfall, der jetzt noch entsteht, damit RWE ihn auch verantwortungsvoll lagern kann, bis endlich ein Endlager gefunden ist.

Quintessenz: Wir werden natürlich gegen diesen Antrag der GRÜNEN stimmen. Er ist nicht stimmig und versucht, eigene politische Fehler zu verdecken. Das lassen wir nicht zu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Sürmann. – Es gibt eine Kurzintervention. Kollege Gremmels, bitte.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Sürmann, Sie sehen mich fast sprachlos – und das soll bei mir schon etwas heißen.

(Zuruf von der FDP)

Mit Ihrer Argumentation, immer den kürzesten Weg zu nehmen, wollen Sie erreichen, dass Biblis sozusagen ein Endlager wird. Das ist doch Ihre Argumentation, wenn man ihr in Gänze folgte, dass überhaupt kein Atommüll mehr transportiert würde. Sie müssen doch einmal Ihre eigenen Argumente auf Sinnhaftigkeit abklopfen, Herr Sürmann.

(Beifall bei der SPD)

Zum Schluss haben Sie sich hierhin gestellt und vorzurechnen versucht, dass es in Biblis überhaupt keinen Platz mehr geben würde. Wir reden hier von fünf zusätzlichen Castoren aus La Hague, bei denen wir prüfen können, ob wir sie aufnehmen.

Ich sage Ihnen einmal etwas zur Auslastung. Zurzeit lagern 55 Castoren in Biblis. Weitere 51 Castoren kommen noch aus dem selbst produzierten Müll von Biblis. Die Gesamtkapazität bietet Platz für 135 Behälter. Das heißt, es haben

um die 30 zusätzliche Behälter im Zwischenlager in Biblis Platz. Das sind die Fakten, Herr Sürmann. Sie aber haben gerade versucht, uns Sand in die Augen zu streuen – der Beitrag war völlig falsch und völlig am Thema vorbei. Es gibt in Biblis noch Platz, um diese fünf zusätzlichen Castoren aufzunehmen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Die politische Verantwortung für Atomkraft tragen FDP und CDU. Ich finde, Sie sollten auch zu Ihrer politischen Verantwortung stehen und Ihren Beitrag leisten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage Ihnen: Ich hatte Verständnis für die Castortransporte, als der Atomausstieg und die Endlagerfrage noch offen waren. Ich werde meinen Einfluss geltend machen, dass es hier bei den nächsten Transporten keine Proteste gibt. Natürlich wird es Leute geben, die auf die Straße gehen – aber die werden nicht meine Unterstützung und nicht die der SPD-Fraktion haben;

(Zurufe von der CDU: Oho!)

denn der Atommüll ist in Deutschland, in Hessen produziert worden. Wir haben daher eine moralische Verpflichtung, uns um diesen Müll zu kümmern. Ich werde bei allen Demonstranten dafür werben, dass es zu keinen großen Demonstrationen und Auseinandersetzungen kommt. Wir stehen zu unserer Verantwortung – ich wünschte, Sie täten das auch.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Die Demonstran- ten werden beeindruckt sein!)

Vielen Dank, Kollege Gremmels. – Antwort, Herr Kollege Sürmann.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Al-Wazir, Sie hatten keine Kurzintervention, das war der Kollege Gremmels. – Herr Kollege Gremmels, wenn Sie gerade eben gesagt haben, die Verantwortung für die Atomkraft trügen ausschließlich FDP und CDU, dann ist es schon ein bisschen traurig, wenn man an Ihren Bundeskanzler Helmut Schmidt denkt, unter dessen Ägide unter anderem einige Atomkraftwerke gebaut worden sind. Das war auch richtig so und eine Überlegung, der man folgen konnte. Aber sich in einer Kurzintervention hierhin zu stellen und einen solchen Unsinn zu erzählen, als ob die SPD nie für Atomkraft gewesen wäre – hallo?

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Entschuldigung, aber das war ein bisschen ein Griff in die Kloschüssel.

(Zuruf von der SPD)