Auch der Ausbau der A 44 und der A 49 sind Projekte, die die SPD immer weiter vorantreibt, obwohl auch da Verkehrsmengen vorliegen, die besagen, dass der Weiterbau der A 44 überhaupt nicht mehr gebraucht werde, es bestehe kein Bedarf dafür.
Auch bei dem Straßenbauprogramm „Kommunales Interessenmodell II“ sind es Ihre Bürgermeister, die zuerst zuschlagen, obwohl die Verkehrsmengen es nicht hergeben. Damit wird ein Scheck auf die Zukunft ausgestellt. Die Kommunen finanzieren das vor. Das Land wird das im Jahr 2020 zurückzahlen.
Wo beim Straßenbau wirklich Engpässe sind, da fehlt das Geld. Da haben Sie nichts mehr zum Investieren.
Für uns ist ganz klar: Der Erhalt muss zwingend vor dem Neubau stehen. Herr Ramsauer hat es mittlerweile auch erkannt, zumindest theoretisch. Das heißt, selbst wenn Sie nicht der Meinung sind, dass der Verkehr einen Beitrag zum Klimaschutz leisten muss, müssen Sie umsteuern. Denn wir lesen ständig in der Zeitung, dass die Brücken kaputt sind und dass nicht mehr gewährleistet ist, dass Lkws darüber fahren können.
(Lachen des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP) – Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Was Sie erzählen, glauben Sie doch selbst nicht!)
Sie erzählen hier, mit Ihren Investitionen würden Sie eine zukunftsfähige Verkehrspolitik machen. Da müssen Sie selbst lachen, weil das so bescheuert ist.
Sie machen für Projekte, die keiner braucht, Betonpolitik. Sie führt dazu, dass das Geld da, wo es gebraucht wird, nicht mehr da ist.
Den Bau des Flughafens Kassel-Calden habe ich schon erwähnt. Ich will das jetzt auch nicht überstrapazieren.
Herr Müller, Sie haben vorhin die Verknüpfung der Verkehrsmittel und das Thema Carsharing erwähnt. Es wäre eine Sache des Landes, das mit einer Initiative voranzubringen. Der Bund hat nach jahrelanger Prüfung und steigender Zahl der Nutzer endlich erkannt, dass er etwas tun muss. Es wurde festgestellt, dass es keiner Änderung des Gesetzes bedarf. Vielmehr sind die Länder jetzt am Zug. Die Länder sollen untereinander einen Ausweis konzipieren, mit dem es Fahrern von Carsharingautos ermöglicht wird, auf ausgewiesenen Flächen zu parken. Dazu warte ich auf eine Initiative des Landes Hessen. Das wäre Mobilitätspolitik, so wie sie im Moment angesagt ist. Ihre Straßenbaupolitik ist das nicht.
Selbst die Automobilhersteller haben erkannt, dass sie zum Mobilitätsdienstleister werden müssen. Daimler-Benz hat jetzt die Einführung der neuen S-Klasse gefeiert. Gleichzeitig hat es aber auch einen Mobilitätsdienst vorgestellt, nämlich „moovel“. Die „Süddeutsche Zeitung“ kommen
tierte in ihrem Wirtschaftsteil, dass Daimler-Benz die Vorstellung dieser Mobilitätsplattform genauso groß hätte feiern müssen. Bei diesem Pilotprojekt werden Reiserouten von A nach B mit dem Fahrrad, dem Bus, der Bahn, dem Auto, Carsharing und Mitfahren zusammengestellt. Das ist es, was heutzutage angesagt ist. Die S-Klasse ist es nicht.
Das ist die Zukunft. Erkennen Sie es endlich an. Steuern Sie endlich um. Greifen Sie die Trends auf.
Sie haben es ja gesehen. Es gab auf der letzten CeBIT den großen Schwerpunkt Ökonomie des Teilens. Junge Menschen wollen die Autos benutzen, sie aber nicht mehr besitzen. Sie brauchen nur noch ihre Apps. All das nehmen doch auch Sie wahr. Nehmen Sie endlich wahr, dass es nicht reicht, Geld in Beton zu investieren. Vielmehr muss es in intelligente Verkehrskonzepte investiert werden.
Ich will noch ein paar Worte zur Stadtbahn sagen. Sie haben zum Schienenverkehr in Wiesbaden gerade aus der „Hessenschiene“ zitiert. Herr Rentsch hat den Bau der Stadtbahn mit einem Fax gestrichen. Das heißt, er stellt die Verkehrspolitik jetzt ein. Denn bis zum Jahr 2019 können überhaupt keine Projekte mehr bis zum Ende realisiert werden.
Ich habe mich darüber gefreut, dass Hessen der Bundesratsinitiative zugestimmt hat, das GVFG-Programm zu verlängern. Glauben Sie selbst nicht daran, dass Sie das schaffen? Haben Sie schon aufgegeben? Warum gehen Sie so mit Projekten der Kommunen um?
Unterstützen Sie die Trends. Nehmen Sie die Wünsche der Bevölkerung wahr. Schaffen Sie die Rahmenbedingungen, dass die Klimaschutzziele erreicht werden können. Damit würden Sie die Lebensqualität in den Städten erhöhen und würden die Kosten für die Allgemeinheit durch aktiven Gesundheitsschutz, mehr Bewegung, weniger Krankheiten und weniger Lärm verringern. Umweltzonen würden überflüssig.
Auf das Thema Tempolimit kommen wir morgen noch zu sprechen. Wir brauchen die freie Verkehrsmittelwahl, aber nicht die freie Fahrt auf der Autobahn und für jedes Dorf die Umgehungsstraße. Das ist die Botschaft der Zukunft. Das entspricht nicht Ihrer rückwärtsgewandten Politik.
Frau Müller, vielen Dank. – Ich darf Frau Kollegin Wissler für die Fraktion DIE LINKE das Wort erteilen.
Links überholt uns keiner. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das wurde schon angesprochen: Im „Bundesländerindex Mobilität“ belegt Hessen den 16., also den letzten Platz. Das ist auch kein Wunder, wenn man einen Verkehrsminister hat, der Verkehrspolitik wie ein Geisterfahrer betreibt.
Die Landesregierung setzt auf den Bau immer neuer Straßen. Sie privilegiert den Automobil- und Luftverkehr, während der ÖPNV in Hessen chronisch unterfinanziert ist. Anstatt sich einmal Gedanken darüber zu machen, wie eine Verkehrswende in Hessen aussehen könnte, anstatt sich einmal Gedanken darüber zu machen, wie die Verkehrsströme reduziert werden könnten, schlagen Sie allen Ernstes zur Entlastung des Verkehrs den Bau neuer Straßen vor. Dabei zeigt die Erfahrung doch: Wer Straßen baut, wird noch mehr Verkehr ernten.
Ihre Politik verursacht hohe Belastungen für das Klima und die Gesundheit der Menschen. Sie schadet der Umwelt, und sie verursacht enorm hohe Kosten. Hessen braucht die Verkehrswende. Hessen braucht vor allem eine ganz klare Prioritätensetzung zugunsten des ÖPNV.
Nun kritisiert die SPD-Fraktion in ihrem Antrag die Verkehrspolitik der Landesregierung. Sie bezeichnet sie als den Weg „schnurstracks in die Sackgasse“. Das Problem ist aber, dass die SPD in vielen Fällen Hand in Hand mit der Landesregierung in diese Sackgasse läuft.
Denn bei den größten verkehrspolitischen Fehlentscheidungen stand die SPD leider aufseiten der Landesregierung. Das gilt für den Ausbau des Frankfurter Flughafens. Das gilt für den Bau des Flughafens Kassel-Calden. Das gilt auch für die sinnlosen Autobahnprojekte wie den Weiterbau der A 44 und der A 49. All diese Projekte hat die SPD leider unterstützt.
Am nächsten Montag findet die 62. Montagsdemonstration am Flughafen statt. Seit über eineinhalb Jahren demonstrieren die Menschen jeden Montag gegen die Verlärmung der Region. DIE LINKE bleibt dabei: Wo ein politischer Wille ist, da ist auch ein juristischer Weg. Fehlentscheidungen wie der Bau der Landebahn müssen korrigiert werden, wenn Sie so fatale Auswirkungen haben. Fluglärm lässt sich nicht aussitzen. Fluglärm muss aktiv bekämpft werden.
Das Problem ist, dass die sogenannte Wachstumspolitik der Landesregierung vielleicht wachsende Gewinne für die Luftverkehrswirtschaft bedeutet. Aber für viele Menschen bedeutet das ein Schrumpfen, nämlich ein Schrumpfen ihrer Lebensqualität. Die Grenzen der Belastbarkeit sind bereits überschritten. Deshalb darf es auch kein Terminal 3 geben. Wir fordern, dass die Pläne für den Bau des Terminals 3 endlich ad acta gelegt werden.
Wir fordern das auch deshalb, weil die Prognosen der Passagierzahlen offensichtlich genauso falsch waren wie die Prognose der angeblich entstehenden 100.000 Arbeitsplätze, die angeblich durch die neue Landebahn geschaffen werden sollten. Nötig ist stattdessen die Priorität für den Lärmschutz. Wir brauchen ein achtstündiges Nachtflugverbot. Wir brauchen eine Reduzierung der Flugbewegungen. Ich denke, wir müssen die neue Landebahn stilllegen.
Bei all diesen Fragen hat die SPD aber leider immer mit Schwarz-Gelb gestimmt. Auch hinsichtlich der Frage des Endes der Privilegierung des Flugverkehrs hat die SPD leider auf der Seite der Landesregierung gestanden.
So war das leider auch bei dem Millionen-Euro-Grab Flughafen Kassel-Calden. Eine Verlärmung der Region kann man dem Flughafen Kassel-Calden zumindest nicht vorwerfen. Vielleicht gab es in der Vergangenheit ein bisschen Baulärm. Aber mittlerweile scheint es in der Region eher still zu sein.
Aber gerade angesichts der Vernachlässigung der Verkehrsinfrastruktur – das geschieht bei der Straße, der Schiene und dem ÖPNV, die SPD kritisiert das in ihrem Antrag vollkommen zu Recht – erscheinen Investitionen wie die in den Flughafen Kassel-Calden geradezu absurd und fehlplatziert. Der Bau des Flughafens Kassel-Calden hat das Land Hessen fast 271 Millionen € gekostet. Das ist fast doppelt so viel, wie ursprünglich geplant war. Dafür werden die Passagiere dann mit Taxis nach Paderborn kutschiert, weil es sich einfach nicht lohnt, vom Flughafen Kassel-Calden Flugzeuge mit sechs Passagieren an Bord starten zu lassen.
An dieser Stelle aber hat die FDP keinerlei Probleme mit der Staatswirtschaft. Es ist vollkommen klar: Kassel-Calden wird mindestens bis zum Jahr 2018 ein Verlustgeschäft sein, mit einem Defizit von ungefähr 8 bis 10 Millionen € pro Jahr.
Meine Damen und Herren, das muss man sich einmal vorstellen: Die Stadt Kassel ist gerade unter den sogenannten Kommunalen Schutzschirm geschlüpft. Jetzt wird dort an allen Ecken gekürzt. Stadtteilbibliotheken werden geschlossen, und städtisches Personal wird abgebaut. Genau diese Stadt aber beteiligt sich jetzt an der Subventionierung eines Flughafens, der sich einfach nicht rechnet, bei dem nicht einmal ein Flugzeug fliegt. Hier betreiben Sie doch eine absurde Politik.
Der Energiegipfel hat das große energiepolitische Thema Verkehr ausgespart. Klar ist jedoch, dass der Straßenverkehr gerade in Hessen einer der größten Energieverbraucher ist. Deshalb halten wir auch nichts von dem Ausbau der A 44 und der A 49. Das sind zwei von vielen Straßenbauprojekten zweifelhaften Nutzens. Leider hat die SPD gegen diese verkehrspolitischen Dinosaurierprojekte in den letzten Jahren keinen Einspruch erhoben.
Für Hessen als wirtschaftlich starkes und geografisch zentral gelegenes Bundesland ist die Verkehrspolitik ein bedeutendes Thema. Gerade in Hessen wäre es sinnvoll, Vorreiter bei der Erarbeitung und Umsetzung moderner Verkehrskonzepte zu sein.
Als Allererstes will ich dabei das Thema Verkehrsvermeidung ansprechen. Wie in der Energiepolitik gilt auch im Verkehrsbereich: Vermeidung ist die beste Methode, um individuelle, volkswirtschaftliche und ökologische Kosten zu senken. Das Verkehrsvolumen wächst kontinuierlich und massiv. Die Prognosen der Bundesregierung gehen von einer weiteren starken Steigerung des Verkehrsaufkommens in Deutschland aus, insbesondere beim Güterverkehr. Das hat weitere negative Folgen in Form von Klimazerstörung, Verlärmung und Luftverschmutzung. Schon heute gehört das Rhein-Main-Gebiet zu einer der am stärksten belasteten Regionen Deutschlands hinsichtlich der Luftqualität. Dass eine solche Belastung auch zu ge
Gleich nach der Vermeidung von Verkehr kommt die Frage: Wie kann man Verkehrswege verkürzen? Einen Großteil des heutigen Verkehrs muss man als erzwungenen Verkehr verstehen. Die Hunderttausende Pendler, die sich tagtäglich auf den Weg machen, tun das nicht, weil sie freie Fahrt für freie Bürger genießen wollen, sondern sie sind gezwungen, lange Wege zu ihren Arbeitsplätzen zurückzulegen.
Dieser Verkehr wäre vermeidbar, wenn wir in der Politik endlich damit aufhören würden, immer nur die Starken zu stärken und den ländlichen Raum massiv abzuhängen. Verkehrspolitik hat viel mit Flächenplanung und Wohnungsbau zu tun. Es hat etwas mit der Stärkung der Innenstädte statt einer Ansiedlung von Einkaufszentren auf der grünen Wiese zu tun. Letztlich ist auch das Verkehrspolitik – aber eine, die nicht nur in Straßenkilometern denkt und meint, mehr Straßen, mehr Autos seien die Lösung aller Probleme.