Wir möchten, dass das als eine Gemeinschaftsaufgabe von Kommunen und vom Land gesehen wird. Wir sind bereit, darüber weiter zu diskutieren. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Feldmayer. – Als nächster Redner spricht Herr Dr. Büger von der FDP-Fraktion. Bitte schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Rahmen des Setzpunktes der LINKEN befassen wir uns heute mit den Bibliotheken. Der Antrag beginnt mit dem Satz: „Bibliotheken sind wichtige Kultur- und Bildungseinrichtungen.“ – Ja, das stimmt.
Aber für diese Feststellung braucht es nicht erst die Linkspartei in diesem Haus. Kultur wird seit vielen Jahren in diesem Haus großgeschrieben. Liberale haben eine lange Tradition in der Kulturpolitik. Ich erinnere an Ruth Wagner. Diese Landesregierung fördert mit sehr viel Geld Kultur in diesem Land.
Wenn im Übrigen einer den Rotstift an Kultur anlegt, dann war es doch – der Kollege Lenz hatte zu Recht an die Vergangenheit erinnert – DIE LINKE in diesem Haus. Diese Landesregierung wertschätzt im Gegensatz dazu Kultur, und sie wertschätzt Bibliotheken wie keine andere.
Wir haben sogar, auch darauf wurde hingewiesen, das erste Hessische Bibliotheksgesetz verabschiedet. Das hat keine unserer Vorgängerregierungen getan.
Frau Wissler, Ihr Plädoyer für Kultur ist alles andere als authentisch. Es ist wohl eher der fünften Jahreszeit, nämlich dem Vorwahlkampf, geschuldet. Wenn Sie den Zustand der kommunalen – ich unterstreiche das Wort „kommunalen“ – Bibliotheken anführen, so kann ich nur eines feststellen: Offenkundig finden Sie gar kein originäres landespolitisches Thema mehr, das Sie hier vorbringen können, und weichen deshalb auf kommunale Themen aus.
(Hermann Schaus (DIE LINKE): Wieso ist das kein landespolitisches Thema? – Janine Wissler (DIE LINKE): Wir haben ein Hessisches Bibliotheksgesetz!)
Ich selbst bin Mitglied in der Stadtverordnetenversammlung in Wetzlar. Ich bin Mitglied im Kreistag des LahnDill-Kreises. In beiden Parlamenten sitzen im Übrigen Abgeordnete der Linkspartei – leider. Wissen Sie, wie viele Anträge die dort zu Bibliotheken gestellt haben, wie viele Fragen zu kommunalen Bibliotheken die vorgebracht haben, wie oft sie das in ihren Reden erwähnt haben? – Ich kann es Ihnen sagen: kein einziges Mal.
Aber dort würde es hingehören, wenn es Ihnen wirklich um die Bibliotheken gehen würde. Dort wird nämlich entschieden, welche Aufgabe vor Ort Priorität hat. Da ist von der Linkspartei ganz typisch Fehlanzeige.
Stattdessen werden im Kreistag Bundesthemen thematisiert, die dort gar nicht zu entscheiden sind. Sie wollen gar nicht Politik machen oder Probleme lösen. Sie wollen Wahlkampf betreiben. Wenn Ihnen die Kultur dabei hilft, dann nehmen Sie die Kultur in Geiselhaft. Herr Schaus und Frau Wissler, aber das werden wir Ihnen heute nicht durchgehen lassen.
Ich stelle deshalb fest: Es ist Aufgabe der Kommunen, über die Ausgestaltung der Bibliothekslandschaft zu entscheiden. Hessen hat nach wie vor ein reichhaltiges Bibliotheksangebot mit über 400 Bibliotheken. Ja, es ist richtig, dass die Gesamtzahl in den letzten Jahren um rund 40 zurückgegangen ist. Dabei handelt es sich aber insbesondere um Zusammenlegungen.
Nicht jede Schließung einer Bibliothek oder einer Zweigstelle ist automatisch eine Verschlechterung des Angebots, wie das HMWK auch dankenswerterweise auf die Anfrage im Dezember geantwortet hat. Oftmals handelt es sich um eine Konsolidierungsmaßnahme, die ineffiziente Angebote schließt und attraktivere Angebote stärkt. Denken Sie insbesondere an die Angebote von neuen Medien. Dazu benötigt man natürlich eine gewisse kritische Masse.
Als Land geben wir pro Jahr 1,25 Millionen € Zuschüsse über den Kommunalen Finanzausgleich für öffentliche kommunale Bibliotheken. Das Land Brandenburg – jetzt einmal andere Zahlen –, in dem DIE LINKE bekanntlich seit vielen Jahren regiert, fördert die kommunalen Bibliotheken im Land Brandenburg mit 80.000 € pro Jahr. Dann haben Sie die Chuzpe, sich hierhin zu stellen und zu sagen, wo wir 1,25 Millionen € geben, das sei zu wenig. Das ist ganz schön unverfroren.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist etwas ganz anderes! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Ist es jetzt kommunale Aufgabe oder Landesaufgabe?)
Das eigentliche Ziel Ihres Antrags ist wohl auch ein anderes. Es geht Ihnen gar nicht um die Bibliotheken. Es geht Ihnen darum, notwendige Konzepte der Haushaltskonsolidierung, kommunale Sparanstrengungen, die Schuldenbremse und den von Ihnen explizit genannten Kommunalen Schutzschirm anzugreifen und als Kern des Übels darzustellen. Dazu ist Ihnen jedes Mittel recht. Dazu instrumentalisieren Sie hier und heute die Bibliotheken.
Ihr Angriff geht aber völlig ins Leere. Erstens geht es den hessischen Bibliotheken in Gänze nicht schlecht, sondern gut. Der Kollege Lenz hat es sehr richtig dargestellt. – Zweitens ist Sparen kein Übel, sondern Sparen ist notwendig. Drittens ist der Kommunale Schutzschirm eine höchst segensreiche Maßnahme. Er entschuldet und führt gleichzeitig auf den Weg zu ausgeglichenen Haushalten.
Das sehen im Übrigen auch die leider noch überwiegend nicht von CDU und FDP regierten Kommunen so. Deswegen haben auch 100 von 106 Kommunen, die berechtigt waren, das Angebot angenommen. Hören Sie also bitte auf, hier das Sparen ständig schlechtzureden. Das Problem in den Kommunen ist doch nicht,
dass wir in der Vergangenheit zu viel gespart und zu wenig ausgegeben hätten. Das Problem ist auch nicht, dass der Staat nicht genug eingenommen hätte, Herr van Ooyen. Das Problem ist, dass wir viel zu viel Geld ausgegeben haben. Gerade Sie von der LINKEN wollen allerdings immer mehr.
Wenn wir 400 Bibliotheken haben, dann wollen Sie mit Sicherheit – na, sagen wir: 500. Hätten wir 500, dann würden Sie sagen: 600. Stellen wir 2.500 neue Lehrer ein, dann fordern Sie – was war es – 7.500. Diese Maßlosigkeit, für die DIE LINKE wie keine andere Partei steht und in deren Geleitzug SPD und GRÜNE glauben,
Meine Damen und Herren, ja, wir stellen uns dem entgegen. Ja, wir stehen zum Sparen. Und ja, das Geheimnis des Sparens ist auch der Verzicht, nämlich der Verzicht auf nicht unbedingt notwendige Ausgaben.
Das kann auch der Verzicht auf einen Bibliotheksstandort sein, z. B. dann, wenn dort bei einer Bibliothek nur ein bis zwei Bücher pro Tag ausgegeben werden, und solche gab es. Dann ist das Zusammenlegen mit einer anderen Bibliothek in der Nähe klug.
Bei den angeblichen Wohltaten, die Sie den Bürgern versprechen, verschweigen Sie, dass Sie dieselben Bürger dann zur Kasse bitten, um das alles zu bezahlen, was Sie ihnen aufgedrängt haben. Das Zitat will ich Ihnen mitgeben. Schon Wilhelm Busch schrieb:
In der Schweiz ist es übrigens Brauch, dass bei jeder kommunalen Ausgabe zur Finanzierung eine kommunale Steuer angehoben werden muss. Typisch ist da die Grundsteuer, die jeder bezahlt. Die Bürger bekommen also unmittelbar die Rechnung präsentiert, zuweilen noch mit dem Bürgerentscheid.
Ich halte das für ein hochinteressantes Modell. Wissen Sie nämlich, was dort geschehen ist? – In der Schweiz sind die kommunalen Ausgaben pro Bürger deutlich unter dem Schnitt der deutschen Kommunen. Zum Teil sind sie nur halb so hoch. In der Schweiz bekommt der Bürger nämlich das, was er wirklich will, und nicht das, was ihm angebliche Gutmenschen aufdrängen, nur um ihm nachher die Rechnung zu präsentieren.
Frau Wissler, da Sie Bibliotheken und Bücher so sehr mögen, möchte ich Ihnen einen Lesetipp geben. Es ist das
Buch „Erfolgsmodell Schweiz“ von Jürgen Elsässer und Matthias Erne. Da können Sie noch richtig lernen.
Bezeichnend ist in Ihrem Antrag übrigens, dass Sie unter Punkt 6 den Bürger zwar als Demonstranten loben, was grundsätzlich in Ordnung ist, dass Sie aber mit keiner Silbe den Bürger als ehrenamtlich Tätigen erwähnen. Das ist übrigens für Ihre Sichtweise sehr bezeichnend. Ihnen geht es nämlich darum, alle Aufgaben an den Staat zu binden, einen Staat, über den Sie dann natürlich sehr gerne bestimmen wollen.
Gerade bei der Kultur darf man aber das ehrenamtliche und das bürgerschaftliche Engagement nicht vergessen. Der Träger der Kultur ist nicht in erster Linie der Staat, sondern es ist die Gesellschaft. Es sind die Menschen in unserem Land. Der Staat kann da nur einen Rahmen geben und Bedingungen schaffen, unter denen sich die Kultur möglichst gut entfalten kann. Bei den Theatern gibt es mehr als nur die Staatstheater. Das umfasst vielmehr z. B. auch die freie Szene.
Sie vernachlässigen hinsichtlich der Bibliotheken alle ehrenamtlichen Initiativen. Dazu kommt in Ihrem Antrag nichts vor.
Zum Beispiel betreibt die Kirche in meiner Heimatstadt Wetzlar einen Bücherturm, in dem jedermann Bücher abgeben und für kleines Geld gebrauchte Bücher kaufen kann. Ich gehe da auch gerne und oft hin. Das Projekt ist ein Erfolgsmodell, ohne dass es irgendeines staatlichen Eingriffs bedarf.
Manch andere Projekte bedürfen einer kleinen Förderung. Das wissen wir. Das kann aber doch nur gelingen, wenn man vor Ort im Gemeindeparlament auf freiwilliger Basis Zuschüsse gewährt. Wie soll denn so etwas als Pflichtaufgabe organisiert werden? Soll es einen Rechtsanspruch auf einen Bücherturm und den Klageweg geben? – Das ist doch Unsinn.
Damit die nötigen Finanzmittel für die freiwilligen Leistungen vorhanden sind, müssen die Kommunen entschuldet werden. Die Kommunen müssen sich konsolidieren. Das betrifft im Übrigen auch und gerade die Pflichtaufgaben, die nämlich mehr oder weniger effizient wahrgenommen werden können. Es ist schlichtweg nicht zu wenig Geld da. Erst recht ist nicht zu wenig im Staatssäckel. Es ist auch nicht zu viel Geld in den Taschen der Bürger. Wir müssen nur vernünftig mit dem Geld, das da ist, umgehen und dürfen nicht immer nur nach mehr Staat rufen.
Frau Wissler, ich muss Ihnen sagen, dass der Antrag Ihrer Fraktion deshalb in die völlig falsche Richtung geht. Die Kultur hat in Hessen eine Heimat.