Ich will einmal ein Beispiel nennen, das mir wirklich wichtig ist, weil man daran zeigen kann, was im Falle von Fehlern passiert und wozu diese führen. Großbritannien hat sich vor über 15 Jahren auf den Weg gemacht, mit London eine Finanzmetropole zu bilden. Diese Finanzmetropole sollte letztendlich auch die Old Economy ablösen – viele rauchende Schlote und Industrieanlagen, die natürlich, das ist unstreitig, immer in einem Konflikt zu den Menschen und der Umwelt in der Umgebung stehen. Großbritannien hat diesen Weg beschritten. Wo steht Großbritannien heute? Ministerpräsident Cameron kämpft mit allem, was er hat, für die Durchführung einer Reindustrialisierung, um Industrie zurück ins Land zu holen. Es hat sich gezeigt, dass Wirtschaft ohne industriellen Kern nicht die Bestandskraft hat, um durch Krisen zu kommen. – Diesen Fehler, den Großbritannien an dieser Stelle begangen hat, dürfen wir doch nicht auch machen, meine Damen und Herren.
Sie beteiligen sich zurzeit an sehr vielen Debatten, Herr Al-Wazir. Ich hatte letztens eine wirtschaftspolitische Debatte mit meinem Friseur, der hatte mehr Kompetenz als Sie mit Ihren Zwischenrufen; das muss ich wirklich einmal sagen.
Deshalb gehören auch Rahmenbedingungen für die Industrie dazu. Auch weil sich die GRÜNEN so aktiv in diese Debatte einmischen, sind z. B. Koalitionsverträge wie in der Regionalversammlung Rhein-Main, wo im Einführungspassus steht, man wolle eine klimaneutrale Dienstleistungsregion, das Gegenteil guter Industriepolitik. Wir wollen eben gute Rahmenbedingungen, damit die Industrie nicht aus dem Land geht.
Zu starker Industrie gehören verschiedene Bausteine. Dazu gehört ein starker Flughafen in unserer Region RheinMain. Dazu gehört eine Energiepolitik, die es schafft, die Preise nichts ins Unendliche zu treiben, auch wenn wir gemeinsam die Energiewende wollen. Dazu gehört eben auch das, was die Fraktionen ansprechen, nämlich ein Rohstoffkonzept, mit dem wir die Rohstoffe im eigenen Land nutzen und fördern und nicht noch künstlich verteuern.
Bei Unternehmen – Sie können sich vorstellen, dass wir, ebenso wie Sie wohl auch, im Gespräch mit vielen Unternehmen sind, gerade bei der Industrieplatz-Initiative, die das Land gemeinsam mit der VhU macht, aber auch in anderen Bereichen –
gibt es natürlich schon die Angst, dass eine Partei wie die GRÜNEN – die gerade in den Neunzigerjahren für Abgabenorgien in diesem Bereich bekannt war, man denke an Grundwasserabgabe etc. – auch an dieser Stelle wieder eine Schraube dreht, um Rahmenbedingungen für diesen Standort zu verschlechtern. Wir stehen mit unserem Standort Hessen im Wettbewerb zu vielen Ländern, nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt. Zum Schluss lautet die entscheidende Frage: Wie sind die Rahmenbedingungen hier, und wie sind sie woanders? Investieren Unternehmen in Hessen oder irgendwo anders auf der Welt? Schaffen sie hier Arbeitsplätze oder irgendwo anders auf der Welt? Diese Rahmenbedingungen, an denen Sie immer gern herumschrauben und die Sie damit verschlechtern wollen, sind ein zentraler Baustein dafür, ob wir auch in Zukunft noch wirtschaftlich erfolgreich sein werden oder nicht; das ist der Unterschied.
Deshalb ist nicht nur die von den GRÜNEN losgetretene Steuerdebatte ein Riesenthema bei den Unternehmen, weil natürlich Angst vor einer Substanzbesteuerung besteht und Ihnen das auch alle zutrauen. Nein, es sind auch die heimischen Rahmenbedingungen in Hessen, beispielsweise über eine Sand- und Kiesabgabe, die natürlich in verschiedenen wichtigen Wirtschaftsbereichen Materialien verteuern würde, aber auch Rahmenbedingungen setzt, durch die wir als Wirtschaftsstandort nicht attraktiv sind.
Das ist ein fundamentaler Unterschied zwischen uns. Frau Kollegin Schulz-Asche hat vorhin immer dazwischengerufen, was wir denn wollten. – Wir wollen ein Rohstoffsicherungskonzept, das Rohstoffe in diesem Land trotz aller bestehenden Umweltauflagen nicht weiter künstlich verteuert, Frau Kollegin. Das ist unser Anspruch, und deswegen wollen wir das Gegenteil von dem, was Sie wollen.
Ich will auch ein konkretes Beispiel nennen: Frau Dorn, Sie haben das auszuführen versucht. Ich weiß nicht genau, wohin Sie wollten, aber wir werden es in den nächsten Monaten sicher noch in Erfahrung bringen. Ihre Kollegen von der Linkspartei, die vor nicht allzu langer Zeit von Ihnen noch als Koalitionspartner ins Auge gefasst worden sind
und wahrscheinlich auch noch werden, wenn es allein nicht reichen würde, haben über Frau Schott gesagt, wenn ich das richtig verstanden habe: Wir würden bei K+S Rahmenbedingungen setzen, die diesen Standort und das Unternehmen gefährden.
Zunächst einmal glaube ich: Für uns ist ein Unternehmen wie K+S eines der wichtigsten Unternehmen in Nordhessen, wenn es darum geht, gut bezahlte, krisenfeste industrielle Arbeitsplätze zu sichern, meine Damen und Herren.
Dieses Unternehmen hat genauso eine lange Tradition in der Frage, die wir heute diskutieren, nämlich in der Frage, Rohstoffe abzubauen und in ein Produkt umzuwandeln – diese Rohstoffe werden nicht geschaffen, sondern sind schon da –, indem Kali + Salz sie in einer Wertschöpfungskette zu einem Produkt macht, das auf der ganzen Welt erhebliche Nachfrage findet. Deshalb sind sie auch Weltmarktführer.
(Minister Florian Rentsch: Frau Schott, bitte! – Ja- nine Wissler (DIE LINKE): Ist das abhängig, von wem? – Gegenruf des Ministers Florian Rentsch: Klar ist es abhängig, von wem! Wenn Sie gefragt hätten, hätte ich auch Ja gesagt!)
Herr Minister, Sie wissen aber schon, dass es ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland gibt und dass dieses EU-Vertragsverletzungsverfahren keineswegs entschieden ist und dass bislang alles, was geliefert worden ist, nicht ausreichend war, um die Bedenken der EU auszuräumen, oder?
Ich komme gerne dazu, Frau Schott. Ja, das ist richtig. Aber ich will Ihnen auch erklären, was die politische Situation ist.
Wir erleben ein sehr erfolgreiches Unternehmen in Nordhessen, das von verschiedenen Parteien seit Jahren massiv angegriffen wird bei der Frage, welches Produkt es herstellt. Da ist natürlich nicht nur eine massive Verunsicherung vieler Tausender Mitarbeiter in dem Unternehmen, sondern es ist auch für den Wirtschaftsstandort Hessen, dafür, ob das Unternehmen an diesem Standort investiert, eine zentrale Frage, ob wir ein politisches Umfeld haben, wo
dieses Unternehmen und seine Mitarbeiter und alle, die daran angeschlossen sind, wissen, dass wir hinter diesem Unternehmen stehen.
Frau Kollegin Schott, ja, es gibt ein EU-Vertragsverletzungsverfahren. Wir sind gerade zur Stellungnahme aufgefordert; so läuft das. Das Verfahren wird laufen. Zum Schluss ist es doch richtig, dass sich K+S Gedanken macht, eine Pipeline zu bauen, einen Entsorgungsweg zu finden. Aber es kann doch nicht die Alternative sein, dieses Unternehmen zu schließen. Wir wollen, dass es dieses Unternehmen weiter gibt, dass es diese Industriearbeitsplätze gibt, dass es diese Wertschöpfung in Nordhessen gibt. Dafür stehen wir, und dafür kämpfen wir.
Deshalb war es so richtig, dass Kollege Heidel als Vizepräsident damals gemeinsam mit Wilhelm Dietzel den runden Tisch überhaupt erst auf den Weg gebracht hat, damit diskutiert wird, welche Möglichkeiten es gibt, damit es eine umweltschonende Möglichkeit gibt, dieses Unternehmen weiter zu betreiben, aber es zu betreiben.
Das ist der Unterschied. Wir erleben, wie Sie vor Ort auftreten, wie von Ihnen das Unternehmen und seine Mitarbeiter angegriffen werden. Das sind nicht die Rahmenbedingungen, in denen wir gut bezahlte Arbeitsplätze in Hessen halten. Das ist der Unterschied.
Deshalb ist es so, dass wir nicht wieder zurückwollen zu rot-grüner Grundwasserabgabe, zur Sonderabfallabgabe und allen Ideen, die Sie so haben, wie man Wirtschaft in Hessen zusätzlich belasten kann, sondern wir wollen Rahmenbedingungen, die für Unternehmen attraktiv sind, damit sie sich an diesem Standort wohlfühlen.
Jetzt kommt häufig, und es ist auch vorhin auch gerufen worden: Ihr macht Politik für Unternehmen. – Nein, wir machen Politik dafür, dass in diesem Land Arbeitsplätze geschaffen werden. In Deutschland gibt es noch knapp 3 Millionen Arbeitslose. Es muss das Ziel der Politik sein, es muss unser Anspruch sein: weniger Arbeitslose, bessere Wirtschaft. Das ist das Ziel.
Deshalb kämpfen wir auch so für Industrie. Ich sage auch: Ja, rauchende Schlote gehören immer noch dazu. Wir wollen sie weiter haben, weil sie ein Teil dieser Mischung, dieses Wirtschaftsmix sind, der uns in Hessen so erfolgreich gemacht hat.
Ja, das gibt es auch, Herr Kollege Al-Wazir. Aber es gibt auch noch Industrie mit rauchenden Schloten. Was Sie wollen, ist eben alles ohne rauchende Schlote. Da unterscheiden wir uns.
Wir wollen nicht, wie Sie es als grüner Landesvorsitzender vereinbart haben, eine klimaneutrale Dienstleistungsregion ohne Industrie. Denn man kann nicht beides haben. Sie versuchen den Leuten vorzugaukeln, es gebe klimaneutrale Dienstleistungsregionen, und führen nette Gespräche mit der Industrie. Aber dann, wenn es scharf geschaltet wird, machen Sie sich in die Büsche. – Nein, wir brauchen das eine wie das andere, und wir wollen nicht beide gegeneinander ausspielen. Das ist der Unterschied.
Deshalb sage ich zum Abschluss: Unser Ziel sind weiterhin optimale Rahmenbedingungen ohne zusätzliche Abgaben. Wir wollen mehr Ansiedlung von Unternehmen, auch im industriellen Bereich. Wir wollen, dass sich diese Unternehmen in diesem Land wohlfühlen.
Der Kollege Pentz hat es gesagt: Natürlich gibt es auch bei Unternehmen Angst um Arbeitsplätze. Es gibt Angst davor, dass Rot-Grün mit einer Abgabenorgie wie in den Neunzigerjahren wieder Verantwortung übernehmen könnte. Was würde das für den einzelnen Arbeitsplatz bedeuten? Was bedeutet das für Schicksale von Familien? Natürlich machen sich die Leute darüber Sorgen. Deshalb ist es richtig, das hier zu thematisieren, die Unterschiede aufzuzeigen.
Frau Kollegin Dorn, Sie haben einen wunderbaren Satz gesagt, und der Kollege Pentz hat ihn schon zitiert. Er ist so wichtig wie nichts anderes: Wir müssen hier regieren und nicht Sie. Dabei sollte es auch bleiben. – Vielen Dank.