Protokoll der Sitzung vom 23.05.2013

Frau Kollegin Dorn, Sie haben einen wunderbaren Satz gesagt, und der Kollege Pentz hat ihn schon zitiert. Er ist so wichtig wie nichts anderes: Wir müssen hier regieren und nicht Sie. Dabei sollte es auch bleiben. – Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Schönen Dank, Herr Staatsminister Rentsch. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen.

Die Überweisung an den Wirtschaftsausschuss ist vereinbart. Dann verfahren wir so.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 5 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Krankenhausgesetzes 2011 (HKHG 2011) – Drucks. 18/7351 –

Mit aufgerufen wird Tagesordnungspunkt 58:

Erste Lesung des Dringlichen Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Verbesserung der Krankenhausversorgung und zur Anerkennung von Leistungen in der Pflege – Drucks. 18/7392 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. Zur Einbringung hat Herr Staatsminister Grüttner das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Staat soll das regeln, was er regeln muss. Ansonsten soll er sich auf die Festlegung von Rahmenbedingungen und Spielregeln beschränken.

Meine Damen und Herren, Krankenhäuser werden finanziert, indem die Krankenkassen die Betriebskosten bezahlen und die Länder die Investitionskosten. Das ist die Teilung, die wir in der Bundesrepublik Deutschland haben.

Bis vor etwa 15 Jahren gab es in Deutschland noch eine staatliche Großgeräteplanung. Da musste ein Krankenhaus beim Land beantragen, wenn es eine Röntgenanlage kaufen wollte. Man kann sich heute gar nicht mehr vorstellen, dass es so etwas einmal gab.

Genauso wenig wird man sich in 15 Jahren vorstellen können, dass Krankenhäuser ein langwieriges und kompliziertes bürokratisches Antragsverfahren durchlaufen mussten, wenn sie ihre Gebäudestrukturen verbessern wollten, wenn sie ein neues Bettenhaus, einen neuen OP-Trakt oder eine Tagesklinik errichten wollten.

Man kann sich natürlich die Zeiten zurückerträumen, in denen Krankenhäuser Teile der Kreisverwaltung waren, in denen es eher beschaulich zugegangen ist. Das entspricht aber nicht mehr der heutigen Realität. Heute sind Krankenhäuser große Dienstleistungsunternehmen mit zwei- bis dreistelligen Millionenumsätzen. Solche Unternehmen können nicht warten, bis ihnen der Staat nach vier, fünf oder mehr Jahren – das ist leider die Realität – durch einen Bescheid ermöglicht, mit einer Baumaßnahme zu beginnen. Bis dahin ist die alte Planung vielleicht obsolet, und man kann gerade wieder von vorne beginnen.

Deshalb hat sich die Landesregierung dafür entschieden, die Krankenhausförderung zu pauschalieren, und einen entsprechenden Gesetzentwurf bringt die Hessische Landesregierung heute in den Hessischen Landtag ein. Wir machen das in einer sehr ausdifferenzierten Weise. Die einheitliche Pauschale kommt ab 2016. Damit haben Krankenhäuser einen ausreichenden Zeitraum, sich darauf einzustellen. Sie gilt für Baumaßnahmen genauso wie für die Medizintechnik. Die Verteilung der Mittel erfolgt leistungsbezogen, wie es das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, das InEK, im Rahmen sogenannter Investitionsbewertungsrelationen ermittelt.

Wir legen mit dem Hessischen Krankenhausgesetz 2011 einen besonderen Schwerpunkt auf die Notfallversorgung. Das ist der Nukleus unserer Krankenhausplanung in Hessen. Deswegen werden die der Notfallversorgung angehörenden Allgemeinkrankenhäuser als Herzstück der Krankenhausversorgung einen Zuschlag von 15 % erhalten.

Die Mittel können innerhalb von Verbünden gesammelt und konzentriert verwandt werden. Dies ist insbesondere ein Anreiz dafür, Verbundstrukturen zu bilden. Die Mittel sollen außerdem jährlich entsprechend der Kostensteigerung angepasst werden. Die in den letzten sechs Jahren erhaltenen Einzelfördermittel werden angerechnet. Damit soll ein Gerechtigkeitsausgleich dergestalt geschaffen werden, dass Krankenhäuser, die vor der Umstellung auf die Pauschalierung noch eine große Einzelinvestitionsförderung erhalten haben, nicht bevorteilt werden gegenüber denjenigen, die schon sechs, sieben oder acht Jahre zurückliegend eine Einzelförderung erhalten hatten.

Natürlich kommen sofort Einwände der Opposition, wir würden unsere Steuerungsmöglichkeiten aufgeben. Man fragt sich, was da gesteuert wird. Es geht anscheinend darum, Kliniken von einer Förderung auszuschließen, die einem politisch querkommen. Es geht in Wahrheit bei einer solchen Förderung um Klientelpolitik, Geld also nur für Krankenhäuser, die sich der Landesregierung gegenüber willfährig verhalten.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Nicht aus der Praxis der Landesregierung schließen, Herr Minister!)

Das ist, wie Herr Spies gerade mit seinem Zwischenruf bestätigt, Politik der SPD, aber nicht Politik dieser Landesregierung.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Das ist auch nicht meine Art und meine Vorstellung von Steuerung. Auch hier gilt wieder, ganz im Gegensatz zu der Opposition in diesem Hause, dass der Staat nur das regeln sollte, was tatsächlich notwendig ist. Wir wollen nicht, dass aus politischen Gründen an oder um Krankenhäuser gebaut wird, wo man das nicht braucht. Deshalb haben wir uns noch einen Vorbehalt in einer Größenordnung von Investitionen ab 10 Millionen € vorbehalten. Dort ist eine Genehmigung dem Grunde nach seitens des Landes auszusprechen.

Das ist ein unbürokratisches Verfahren, bei dem nur geschaut wird, ob die geplante Maßnahme sinnvoll ist und auch dem Versorgungsauftrag entspricht. Außerdem – da macht Steuerung auch Sinn – können wir Fördermittel beschränken, wenn die Kliniken ihre grundlegenden Verpflichtungen zur Erfüllung des Versorgungsauftrages, zur Hygiene, zu den Regelungen des Transplantationsgesetzes nicht einhalten. So verbinden wir Freiheit mit sinnvollen Steuerungsmöglichkeiten.

Wir haben die heftigen Pressemeldungen der SPD gegen die Pauschalierung zur Kenntnis genommen. Auch ich habe sie zur Kenntnis genommen. Sie ähneln nach meiner Auffassung eher ein bisschen dem Geisterfahrer, der als Einziger weiß, welche Richtung richtig ist. Ausnahmslos alle beteiligten Organisationen haben sich nämlich in der Regierungsanhörung dem Grunde nach positiv zur Pauschalierung der Krankenhausförderung geäußert.

(Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Scheinbar weiß das nur die SPD besser. Die GRÜNEN haben sogar gefordert, die Mittelvergabe müsse transparenter gestaltet werden. Ich frage mich wirklich, was es Transparenteres als Pauschalierung nach objektiv festgestellten leistungsbezogenen Indikatoren gibt.

(Beifall bei der SPD und des Abg. René Rock (FDP))

Abgerundet wird der Gesetzentwurf durch ein Sonderprogramm von 120 Millionen €, wenn der Haushaltsgesetzgeber dem zustimmt.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir erhalten so die Möglichkeit, vor Einstieg in die Pauschale einen Großteil der seit Jahren angemeldeten Maßnahmen zu noch fördern, um annähernd gleiche Verhältnisse herzustellen.

Die Hessische Krankenhausgesellschaft – sozusagen der Zusammenschluss aller kommunalen, frei-gemeinnützigen und privaten Krankenhausträger in Hessen – hat dieses Programm sehr begrüßt. Wörtlich sagte der Präsident der Hessischen Krankenhausgesellschaft in seiner Pressemeldung:

Ich verstehe dies als Anerkennung der Leistungen und der Bedeutung der Krankenhäuser in unserem Bundesland. Die Hessische Landesregierung zeigt damit, dass sie einer guten und modernen Kranken

hausversorgung für die Patienten und Bürger in Hessen hohe Priorität einräumt.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der CDU – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wunderbar!)

Herr Minister, die Redezeit.

Lassen Sie mich deswegen noch zwei Sätze zu dem Gesetzentwurf der SPD sagen, der heute noch eingebracht wird. Nichts in diesem Entwurf verbessert irgendetwas.

(Torsten Warnecke (SPD): Na!)

Sie wollen teilweise Regelungen ändern, die bundesgesetzlich vorgegeben sind, wie die Prüfung der Notwendigkeit stationärer Krankenhausbehandlung durch einen Arzt. Sie müssen sich einmal vorstellen, nachts ist ein Unfall. Einer kommt in die Notfallaufnahme, und nach dem Gesetzentwurf der SPD muss erst einmal der Psychotherapeut da sein und sagen, der ist behandlungsbedürftig oder nicht. – So einen „Mist“ schreiben Sie in einen Gesetzentwurf hinein.

(Petra Fuhrmann (SPD): Das ist aber nicht parlamentarisch, Herr Minister!)

Man muss sich einmal vorstellen, was das im Grunde genommen bedeutet. Das heißt, Sie wollen überflüssige Bürokratie mit Personalmindeststandards schaffen, die man nicht finanzieren kann, weil es wieder Sache des Bundesgesetzgebers wäre. Solche Standards zu schaffen, wenn man sie für erforderlich hält, wäre im Übrigen eine typische Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses. Rechtliche Regelungskompetenz auf Landesebene besteht an dieser Stelle grundsätzlich überhaupt keine.

Sie wollen Verpflichtungen zum Risikomanagement, sogenannte Critical Incident Reporting Systems, einführen und haben überhaupt nicht mitbekommen, dass genau dies kürzlich durch Bundesrecht im Patientenrechtsgesetz geschehen ist; denn der gemeinsame Bundesausschuss legt solche Voraussetzungen

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

es hilft doch nichts, wenn Sie dazwischenrufen, es ist einfach überflüssig, was Sie dort hineingeschrieben haben – in der Zwischenzeit verpflichtend für alle fest. Sie zeigen damit, dass Sie nicht einmal das kleine Einmaleins des Gesundheitsrechts beherrschen. Das wird durch diesen Gesetzentwurf wieder einmal deutlich.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oh, mein Gott!)

In Ihrem Art. 2, mit dem Sie eine Änderung des Hessischen Gesetzes über Betreuungs- und Pflegeleistungen bezwecken, bringen Sie auch nichts Neues. Mit entsprechenden, wörtlich identischen Änderungswünschen von Ihrer Seite haben wir uns in der Vergangenheit schon auseinandergesetzt. Die Ablehnung, die damals erfolgt ist, wird auch heute fortbestehen bleiben.

Die genannten Gesetzesänderungen sind allein deshalb weiterhin abzulehnen, weil konkretisierende Regelungen

zur Sicherstellung einer fachlich angemessenen Betreuung in die Personalverordnung gehören. Das Gesetz sollte nicht mit Teilregelungen überfachtet werden, und schon gar nicht mit solchen, die selbstverständlich und damit völlig überflüssig sind. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Schönen Dank, Herr Staatsminister Grüttner. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Herr Spies. Wir haben fünf Minuten vereinbart, aber etwas zuzugeben, weil die Redezeit überzogen war – sechs Minuten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn es eines Beweises bedurft hätte, warum die Krankenhauspolitik dieser Landesregierung und insbesondere dieses Ministers so grandios gescheitert ist – Sie haben ihn gerade geboten bekommen.