Protokoll der Sitzung vom 23.05.2013

(Beifall bei der SPD)

Drittens. Vielleicht schauen Sie sich doch einmal an, bevor Sie hier so leichtfertig mit den Begriffen der Dorfhelferin und des Dorfhelfers umgehen, um was es sich dabei handelt. Das sind nicht irgendwelche Hausmeisterinnen und Hausmeister. Das sind Leute – –

(Peter Beuth (CDU): Wollen Sie jetzt den Beruf des Hausmeisters verunglimpfen?)

Nein, ich habe es nämlich als Beispiel für pädagogisch nicht ausgebildete Kräfte genannt, nicht um etwas gegen Hausmeister zu sagen.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Ich weiß, wie wichtig der Hausmeister einer Kita ist. Das weiß ich besser als mancher andere hier. – Es ist eine Fortbildung an einer Fachschule in durchaus einschlägigen und vergleichbaren Ausbildungsgängen und ist mit einer Hochschulausbildung im Bereich Sozialwesen anschlussfähig. Das ist schon ein bisschen etwas anderes als das, was Sie hier dargestellt haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Letzter Punkt. Wenn wir über Baden-Württemberg reden, dann sollten Sie sich vielleicht einmal die Vereinbarung anschauen – das habe ich hier schon erwähnt –, die das Land Baden-Württemberg mit den Kommunalen Spitzenverbänden getroffen hat und die besagt, dass das Land Baden-Württemberg zwei Drittel der Kosten für die frühkindliche Bildung im Land Baden-Württemberg übernimmt, einschließlich der durchgeleiteten Bundesmittel. Vielleicht nehmen Sie sich daran einmal ein Beispiel.

(Anhaltender Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Das Wort hat Frau Abg. Schott für die Fraktion DIE LINKE.

(Zurufe von der CDU: Uiuiui! – Gegenruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD): Musste das sein?)

Einen Augenblick, Frau Schott. – Meine Damen und Herren, wir haben zwischen den Vizepräsidenten und mir vereinbart, dass, wenn Redner aufgerufen werden und es von dieser Seite Zwischenrufe gibt, wir dagegen vorgehen. Ich bitte Sie, sich an dieser Stelle zusammenzunehmen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meinen ausdrücklichen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, Sie haben in einer Sendung im hessischen Fernsehen im letzten Sommer gesagt: Aufgrund des Fachkräftemangels kann es nötig werden, dass wir vorübergehend den Fachkräfteschlüssel in den Kinderbetreuungseinrichtungen werden absenken müssen. – Das war Ihre Aussage vor einem Jahr. Sie hatte wenigstens Ehrlichkeit. Seit vier Monaten ziehen Sie und die Sie tragenden Fraktionen durchs Land und versuchen, uns und den Menschen zu erzählen, dass es ein unglaublich tolles Projekt sei, alle möglichen Menschen mit allen möglichen Qualifikationen in Kitas zu beschäftigen.

(Zuruf von der CDU: Sie sind doch gar nicht betei- ligt in Baden-Württemberg! Sie müssen das nicht rechtfertigen!)

Wenn Sie wenigstens die Größe hätten, zu sagen: Wir haben es verpennt, die Menschen auszubilden, die wir in den Kitas brauchen, und jetzt müssen wir sehen, wie wir mit dem Dilemma umgehen. – Denn Sie haben das eingebrockt. Das Dilemma ist jetzt da. Es ist ein Problem. Aber Sie hätten hier die Größe haben können, zu sagen: Wir haben hier ein Problem und müssen nach einer Lösung suchen; und diese Lösung kann, wenn sie eine Verschlechterung des Standards bedeutet, immer nur vorübergehend aus dieser Notlage heraus sein und muss mit Maßnahmen flankiert werden, die dafür Sorge tragen, dass wir die Situation bei den Erzieherinnen und Erziehern verbessern, mehr Menschen für diesen Beruf gewinnen und das dann eindeutig befristen und sofort wieder zurücknehmen, weil es das Ergebnis einer Situation ist, die nicht abänderbar ist.

(Zuruf von der FDP: Keine Fachkräfte mehr?)

Diese Größe hatten Sie nicht. Sie haben versucht, diesem Land zu verkaufen, das sei eine glorreiche Idee. Gott sei Dank hat Ihnen das niemand abgenommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Herr Abg. Al-Wazir, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Peter Beuth (CDU): Jetzt kommt die nächste Verteidigungsrede! Das ist ein hessischer GRÜNER, der da steht! Das brauchen Sie uns nicht zu sagen! Das wissen wir jetzt schon!)

Ach, Herr Beuth, ich weiß, Sie haben sich die Woche anders vorgestellt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

In aller Ruhe. Wir sind in der dritten Lesung des sogenannten Kinderförderungsgesetzes. Der zuständige Minister redet an keiner Stelle über das Gesetz, das hier zur Beratung auf der Tagesordnung steht,

(Zuruf von der CDU: Das stimmt nicht!)

sondern begibt sich sozusagen schon jetzt auf die Flucht von der Regierungsbank im Hessischen Landtag in die Nachbarländer.

(Zuruf von der FDP: Was für ein Geschwätz!)

Was war denn das Hauptargument von Stefan Grüttner? – Das Hauptargument war: Wir sind doch gar nicht so schlecht, wie es die Eltern und Erzieherinnen und Erzieher glauben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, jetzt sollten Sie, anstatt begeistert zu klatschen, sich eigentlich einmal Gedanken machen, warum man Schwarz-Gelb in Hessen im 15. Jahr der Regierungsverantwortung alles, aber auch alles erdenklich Schlechte zutraut. Diese Frage sollten Sie sich einmal stellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Peter Beuth (CDU): Sie retten das nicht mehr!)

Die Antwort finden Sie übrigens genau in der Rede des Staatsministers Grüttner, die Sie gerade so frenetisch beklatscht haben. Die Antwort liegt nämlich darin, dass Sie im 15. Jahr Ihrer Regierungsverantwortung nur noch mit Scheuklappen unterwegs sind, völlig beratungsresistent, und nur noch arrogant daherreden. Das ist doch Ihr Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Wissen Sie, Herr Staatsminister Grüttner, Sie können mit solchen arroganten Reden vielleicht noch die Parallelwelt der CDU- und FDP-Abgeordneten zu Begeisterungsstürmen hinreißen, aber angeblich soll ja sogar das Orchester auf der Titanic bis zum Schluss super gespielt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ich glaube, es geht doch eigentlich um etwas ganz anderes. Warum redet denn Ihr Sozialminister so, wie er jetzt gerade geredet hat? – Weil Ihr Sozialminister erstens der Auffassung war, er braucht kein ordentliches Gesetzgebungsverfahren, sondern geht gleich mit einem Fraktionsgesetz in den Hessischen Landtag. Wenn Sie das gemacht hätten, was ein ordentliches Ministerium und ein ordentlicher Minister machen, dann hätten Sie das früher vorgelegt und wären in die Regierungsanhörung gegangen. Diese Regierungsanhörung ist nicht öffentlich, und es liegt kein Gesetzentwurf auf dem Tisch des Hessischen Landtags, den sich jeder holen kann. Ich sage Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP: Hätten Sie das gemacht, wäre Ihnen schon in der Regierungsanhörung aufgefallen, dass Sie ein paar Sachen lieber nicht in dieses Gesetz hineingeschrieben hätten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Dann hätten Sie vielleicht gemerkt, dass Ihr Passus zu den zu ersetzenden Fachkräften genau die Bösgläubigkeit hervorruft, die auch am Ende dazu geführt hat, dass Sie das wieder gestrichen haben. Dann wäre vielleicht auch genau diese Welle der Empörung nicht hochgekommen.

Eines kann ich Ihnen sagen: Herr Beuth, wir sind nicht schlecht. Aber eine Opposition, selbst wenn sie völlig einig wäre und nur an diesem einen Thema arbeitet und nichts anderes macht, wird es niemals schaffen, diese Zahl an Unterschriften hervorzubringen, die Ihnen zu dieser Frage auf den Tisch geflattert sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Das kriegen Sie nur hin, wenn Sie ein Gesetz vorlegen, das so viele Leute, völlig unabhängig von parteipolitischen Fragen, auf die Palme bringt, dass sie sagen: so nicht. – Das ist Ihr ureigener Fehler.

(Zuruf von der CDU: Was ist mit Baden-Württem- berg?)

Das ist der ureigene Fehler des Staatsministers Stefan Grüttner, der Ihnen dieses Problem eingebrockt hat und den Sie trotzdem jetzt gerade so bejubelt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ein letzter Punkt. Wir wissen, der Fachkräftemangel wird uns in den nächsten Jahren in diesem Bereich beschäftigen.

Der Abg. Bocklet hat für meine Fraktion schon im Jahr 2007 gesagt: Wir brauchen da ein Sonderprogramm, weil wir in den nächsten Jahren dramatische Probleme bekommen werden. – Damals – ich glaube, es war noch Frau Lautenschläger, und in der zweiten Variante war es Herr Banzer – haben die beiden in der ihnen eigenen Arroganz Reden gehalten, die Sie genauso bejubelt haben, wonach ein solches Sonderprogramm nicht nötig sei.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt sollten Sie sich einmal überlegen, ob Ihre Selbstsuggestion und diese Selbstbefruchtung, die Sie wie Regenwürmer hier versuchen, eigentlich Teil des Problems ist, das Sie hier beklatschen, oder Teil der Lösung.

(Zuruf von der CDU: Baden-Württemberg!)

Insofern kann ich Ihnen sagen:

Ihre Redezeit ist zu Ende.