Protokoll der Sitzung vom 27.06.2013

Wir wollen, dass die politisch Verantwortlichen endlich die drängenden Fragen beantworten. Für das EBS-Desaster sind nämlich nicht allein Sie verantwortlich, Frau Ministerin. Dahinter steckte ein schwarz-gelber Männerklüngel.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

Das halbe Kabinett ist damals um EBS-Präsident Jahns herumgeschwänzelt. In den Führungsgremien der EBS saß eine ganze Riege von schwarz-gelben Politikern, die maßgeblich an der Mittelvergabe beteiligt waren. Der Wiesbadener Oberbürgermeister Müller, der stellvertretende Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Jawohl!)

und der Wirtschaftsminister Rentsch haben oder hatten Ämter in den Gremien der EBS. Herr Arnold, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion und Staatssekretär a. D., ist stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender. Er spielt eine besonders unrühmliche Rolle in dem ganzen Verfahren.

(Zurufe von der CDU)

Herr Rentsch war sogar als Mitglied des Stiftungsvorstands mit dem Fundraising der EBS befasst. Das hat er offensichtlich auch in seiner anderen Funktion gut umgesetzt. Der ehemalige EBS-Präsident Jahns dankte seinem „guten Kumpel“ Florian Rentsch ausdrücklich dafür. Wir wollen wissen, welche Rolle die schwarz-gelbe Politikerriege, die den Gremien der EBS angehörte, gespielt hat und welchen Einfluss sie auf die Förderung hatte.

Meine Damen und Herren, was ist seit der Einsetzung des Untersuchungsausschusses passiert? Nach der Einsetzung im Landtag, die einstimmig erfolgte, erklärte die CDU gegenüber der Presse, ein Untersuchungsausschuss sei Steuermittelverschwendung. Ich halte das wirklich für eine Unverschämtheit angesichts dessen, dass Sie immer noch eine Ministerin stützen, die 23 Millionen € an Steuergeldern in der EBS versenkt hat.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Arbeit des Untersuchungsausschusses ist vonseiten der Regierungsfraktionen von Beginn an behindert und verzögert worden. Erst haben Sie die Konstituierung verschleppt, und dann haben Sie die Opposition bei fast allen Verfahrensfragen überstimmt. So verkommt ein Untersu

chungsausschuss, der ausdrücklich ein Minderheitenrecht ist, zur Farce.

Dabei hat der Staatsgerichtshof Herrn Beuth schon einmal erklärt, dass er sich als Vorsitzender eines Untersuchungsausschusses an Recht und Verfassung halten muss. Ich bin der Meinung, dann muss Ihnen das der Staatsgerichtshof auch ein zweites Mal erklären.

(Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD) – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Mehr als sechs Monate sind bislang vergangen, ohne dass ein einziger Zeuge gehört worden ist. CDU und FDP hatten von Anfang an kein Interesse, hier für Aufklärung zu sorgen. Es scheint Sie überhaupt nicht zu interessieren, warum hier 23 Millionen € an Steuergeldern verpulvert wurden.

Herr Müller, gerade Sie als Präsident des Landessportbundes: Wie erklären Sie Ihren Vereinen, dass die EBS pro Jahr für die Law School mit 550 Studierenden mehr Geld bekommt als die hessischen Sportvereine mit 2 Millionen Mitgliedern?

(Beifall bei der LINKEN)

Wie erklären Sie Ihren Vereinen, dass die penibel abrechnen müssen, während eine Hochschule, die 1,5 Millionen € veruntreut, einfach weiter gefördert wird, ohne dass irgendetwas passiert?

Meine Damen und Herren, Sie haben die Minderheitenrechte der Opposition mehrfach mit Füßen getreten. Sie haben massenhaft Zeugen benannt, die nicht zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen können: Wirtschaftsjuristen, Journalisten, Wissenschaftler, die nichts mit der EBS zu tun haben – alles aus dem einen Grund, damit weder die Ministerin noch andere politisch Verantwortliche vor der Landtagswahl gehört werden können. Es ist ganz klar, was Sie hier machen: Mit diesem Antrag im Untersuchungsausschuss handeln Sie verfassungswidrig.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Wissler, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – Wer nichts zu verbergen hat, der verhält sich anders. Die Menschen haben ein Recht, vor der Landtagswahl zu erfahren, was mit den Steuergeldern passiert ist. Wir wollen endlich vollständige Aufklärung über diese schwarz-gelbe Vetternwirtschaft, und wir wollen ein Ende des schwarz-gelben Filzes in diesem Land.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Holger Bellino (CDU): Das ist eine Unterstellung!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. Auch Ihnen rufe ich freundschaftlich zu: „Schwarz-gelbe Vetternwirtschaft“ in dem Zusammenhang, und

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Familie! – Unruhe)

meine Damen und Herren, lassen Sie mich doch noch freundschaftlich ausführen – „die Hochschule hat 1,5 Millionen € veruntreut“, das sind Formulierungen – –

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ich habe nicht „veruntreut“ gesagt!)

Wollen Sie mit mir im Plenarsaal diskutieren? Ich glaube, nicht. Sie haben das formuliert. – Ich merke nur an, dass diese Formulierungen sehr im Grenzbereich sind, und bitte, auch in Zukunft bei den Debatten darauf zu achten.

Jetzt hat die Landesregierung das Wort. – Keiner. Dann ist die Debatte beendet.

(Günter Rudolph (SPD): Feige auch noch! – Norbert Schmitt (SPD): Wir machen einen Abgeordnetenbrief dazu! – Unruhe)

Meine Damen und Herren, die Debatte ist beendet.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich würde Sie bitten, dass Sie mir die Möglichkeit geben, die Plenarsitzung vernünftig fortzuführen.

(Günter Rudolph (SPD): Feige auch noch!)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 72 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare: Wo steht die Landesregie- rung?) – Drucks. 18/7535 –

anschließend Tagesordnungspunkt 41:

Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend volles Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften – Drucks. 18/ 7502 –

und Tagesordnungspunkt 47:

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften umfassend umsetzen – Drucks. 18/7518 –

Zuerst hat sich der Herr Ministerpräsident gemeldet. Er bekommt das Wort mit großer Freude. Bitte sehr.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Günter Rudolph (SPD): In der Aktuellen Stunde! – Zurufe von der CDU)

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! „Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare: Wo steht die Landesregierung?“, so lautet der Titel der Aktuellen Stunde. Ich möchte Ihnen gleich zu Beginn der Debatte dazu antworten. Ich nutze die Gelegenheit, ebenfalls eine Antwort auf die Frage des Kollegen Wagner der GRÜNEN-Fraktion zu erteilen, die in der Fragestunde nicht mehr aufgerufen wurde.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat sich zu der von Ihnen aufgerufenen Frage noch keine Meinung gebildet.

(Zurufe der Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Günter Rudolph (SPD))

Dazu besteht im Moment auch kein Anlass, insbesondere deshalb, weil nicht das Land, sondern der Bund zuständiger Gesetzgeber wäre. Es ist auch nicht ungewöhnlich – das ist auch der Grund für diese Aktuelle Stunde –, dass zwei unterschiedliche Parteien, die gemeinsam eine Regierung tragen, in bestimmten Sachverhalten unterschiedliche Bewertungen vornehmen. Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass in Fachkonferenzen einzelne Regierungsmitglieder ihre fachliche oder politische Bewertung zum Ausdruck bringen.

Davon zu unterscheiden ist, wie die Landesregierung sich dann, wenn eine Entscheidung ansteht, zur Sache verhält.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oho!)

Zu der angesprochenen Thematik hat sich der Justizminister geäußert. Auch der für das Adoptionsrecht nach Art. 104 unserer Verfassung zuständige Sozialminister wird sich in die Debatte einbringen, wie übrigens alle anderen Kolleginnen und Kollegen auch, was bei einer so schwierigen und in breiten Kreisen der Bevölkerung breit diskutierten Frage nicht ungewöhnlich ist. Ich glaube, es wird niemanden in diesem Hause geben, der nicht auch für sich in Anspruch nimmt, in dieser Frage sehr ernsthaft mitzudiskutieren. Genauso ist das auch in der Landesregierung.

Herr Kollege Wagner, Sie haben mich unter Berufung auf ein Zitat im „Spiegel“ gefragt, worauf mein Unbehagen

(Minister Axel Wintermeyer: Das war Herr Klose!)

Herr Klose, Entschuldigung; Herr Kollege Klose, die Antwort geht jetzt an Sie – in dieser Thematik beruht. Ich will Ihnen das gerne beantworten. Mein Unbehagen resultierte aus dem Umstand, dass zwischenzeitlich der Eindruck entstanden war, dass eine so schwierige und grundsätzliche Frage jetzt ganz schnell, sozusagen nebenbei und dann auch noch zu Wahlkampfzeiten gelöst werden könnte. Genau das halte ich für falsch.