Regierungserklärung der Hessischen Kultusministerin betreffend „Für die Zukunft unserer Kinder – Qualität und Kontinuität statt ideologischer Experimente“
Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Schwarz-Gelb lässt hessische Eltern im Stich – für eine Bildungs- und Betreuungsgarantie für alle Grundschulkinder – Drucks. 18/7674 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erweisen sich als Parteien des Bildungsabbaus und der Leistungsfeindlichkeit – Drucks. 18/7708 –
Redezeit: 30 Minuten pro Fraktion. Frau Ministerin, damit haben Sie eine zeitliche Orientierung. Ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Bildung ist der Schlüssel für Teilhabe und Aufstieg in unserer Gesellschaft; denn sie eröffnet jedem Einzelnen die Möglichkeit, sein Leben selbstbestimmt und eigenverantwortlich zu gestalten.
Die Hessische Landesregierung schafft hierfür gute Rahmenbedingungen – und zwar ohne ideologisches Korsett, sondern durch Raum und Freiheit zur Entfaltung. Wir wollen kein Bildungssystem, das alle gleich macht, sondern wir wollen ein Bildungssystem, das jeden besser macht.
Den rund 60.000 Lehrerinnen und Lehrern an unseren Schulen, den Schulleiterinnen und Schulleitern sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der hessischen Bildungsverwaltung verdanken wir wieder einmal einen gelungenen Start in das neue Schuljahr. Hessens Schülerinnen und Schüler und ihre Familien können zuversichtlich auf das neue Schuljahr blicken; denn sie wissen sich von dieser Landesregierung getragen, die die Zukunft der Kinder in den Mittelpunkt rückt.
Lieber Herr Merz, ich verstehe Ihren Zwischenruf nicht. Es geht um die Zukunft unserer Kinder. Diese Zukunft rücken wir in den Mittelpunkt, und zwar fernab von ideologischen Experimenten.
Wir sichern langfristig Unterrichtsqualität und Ruhe zum Arbeiten mit den Schülerinnen und Schülern an unseren hessischen Schulen.
Herr Merz, in der Schule steht der Unterricht an erster Stelle. Er ist ihr Kerngeschäft. Man könnte auch sagen, er ist ihr „Herzstück“. Gute Schulen brauchen hierfür gute und vor allem ausreichend viele gute Lehrkräfte. Dafür haben wir gesorgt.
Die hessischen Schulen hatten noch nie so viele Lehrkräfte wie in diesem Schuljahr. Trotz rückläufiger Schülerzahlen haben wir in dieser Legislaturperiode 2.500 neue Lehrerstellen geschaffen. Im Vergleich zum Vorjahr konnten damit in diesem Schuljahr den Schulen zusätzlich 739 Stellen unterrichtswirksam zur Verfügung gestellt werden. Wir haben die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Schulen noch passgenauere Konzepte entwickeln können, um ihre Schülerinnen und Schüler individuell zu fördern. Meine Damen und Herren, das steht im Gegensatz zu rotgrün regierten Ländern, in denen Tausende von Lehrerstellen der Rotstiftpolitik zum Opfer fallen. Hessen geht den genau entgegengesetzten Weg, und das ist gut so.
Für die Zukunft unserer Kinder ist es nämlich unabdingbar, dass der Unterricht zuverlässig stattfindet. Allen Schulen in unserem Land werden ab diesem Schuljahr mehr Unterrichtsstunden zugewiesen. Die Unterrichtsversorgung liegt im Landesschnitt bei 105 %. Damit hat diese Landesregierung von CDU und FDP das zentrale bildungspolitische Versprechen der schwarz-gelben Koalition eingelöst.
Diese Lehrkräfte stehen nicht, wie in anderen Bundesländern, nur auf dem Papier, sondern sie stehen Tag für Tag in unseren Klassenzimmern.
Das waren ein ganz erheblicher Schritt und ein großer Kraftakt; denn unter der letzten rot-grünen Landesregierung in Hessen wurde mit einer Lehrerzuweisung von gerade einmal 83 % der Unterrichtsausfall quasi politisch beschlossen. Das hieß, dass fast ein Fünftel des Unterrichts von vornherein nicht stattfand. Kindern den für ihren persönlichen Bildungserfolg notwendigen Unterricht zu kürzen heißt, ihnen Bildungschancen zu nehmen.
In meinen Augen ist das der schlimmste Verstoß gegen die Bildungsgerechtigkeit, den man begehen kann. Hier haben CDU und FDP Verantwortung übernommen und diesem bildungspolitischen Kahlschlag von Rot-Grün endlich ein Ende bereitet. Das ist verantwortungsvolle Bildungspolitik.
Wir, CDU und FDP, führen keine rückwärtsgewandten Strukturdebatten und planen auch keine neuen Schulexperimente. Diese Landesregierung rückt die Zukunft unserer Kinder in den Mittelpunkt, und die brauchen dafür einen guten Unterricht.
Die Innovationskraft dieser Hessischen Landesregierung zeigt sich in der Einführung des Sozialindex. Dort, wo sich besondere Probleme ergeben und der Bildungserfolg gefährdet ist, ist auch eine ganz besondere Hilfe notwendig. Im Gegensatz zu rot-grüner Ankündigungspolitik, die weitestgehend von dem Instrument der Sozialrhetorik getragen wird, haben CDU und FDP erstmals 300 Stellen über einen Sozialindex auf die Schulen in Hessen verteilt.
Mit der speziellen Deutschförderung insbesondere für Migrantenkinder steigt die Lehrerzuweisung je nach Schule sogar bis auf 144 %. Hieran wollen wir anknüpfen und gemeinsam mit den Schulen die Startchancen junger Menschen weiter ausbauen. Die Hessische Landesregierung wendet sich damit den Schulen zu, die im Landesvergleich unter schwierigen sozialen Rahmenbedingungen arbeiten, und sorgt für massive Unterstützung – Frau Habermann, Sie wackeln jetzt so schön mit dem Kopf; das betrifft Ihren Wahlkreis –, z. B. auch in Offenbach oder Dietzenbach.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Heike Haber- mann (SPD): Woher wissen Sie denn, warum ich mit dem Kopf wackele?)
Frau Habermann, allein in Ihrer Heimatstadt Offenbach sind es über 50 Stellen, wobei die 121 Stellen für die Deutschförderung im Bereich des Schulamts Offenbach noch gar nicht mitgerechnet sind. Da, wo die Sozialdemokratie – auch Sie, Frau Habermann – jahrzehntelang nur den Mangel verwaltet hat, handeln wir für die Zukunft unserer Kinder.
Die Sicherung der Zukunft unserer Kinder setzt auch eine verantwortungsvolle Personalpolitik voraus. Wir haben die mobile Vertretungsreserve zu diesem Schuljahr auf über 300 Lehrkräfte verdoppelt, um auf Unterrichtsausfälle kurzfristig reagieren zu können. Durch die direkte Einstellung dieser Lehrkräfte auf Beamtenstellen bringen wir darüber hinaus Berufseinsteiger in unbefristete Arbeitsverhältnisse.
Des Weiteren hat die Landesregierung vor dem Hintergrund der gestiegenen Anforderungen an Schulleitungen die Besoldung für Schulleiterinnen und Schulleiter an Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen und Mittelstufenschulen zum Oktober hin verbessert. Während in Nordrhein-Westfalen diese und sämtliche anderen Lehrkräfte von der Tariferhöhung ausgeschlossen werden, verbessern wir an dieser Stelle unser Vergütungssystem; denn in Hessen bieten wir weiterhin die Garantie dafür, dass leistungsgerecht besoldet wird.
Für die Zukunft unserer Kinder hat die Hessische Landesregierung in dieser Legislaturperiode das Ganztagsangebot kontinuierlich ausgebaut. Wir haben es in der Fragestunde schon angesprochen: 565 Lehrerstellen wurden hierfür zusätzlich zur Verfügung gestellt. Mit dieser Ressource konnten insgesamt 389 Schulen neu in das Ganztagsprogramm aufgenommen werden. Weitere 393 Ganztagsschulen konnten ihr bereits bestehendes Angebot ausbauen. Seit diesem Schuljahr arbeiten 917 hessische Schulen ganztägig. Damit besteht für 77 % der hessischen Schülerinnen und Schüler an ihrer Schule ein Ganztagsangebot.
Aber die Hessische Landesregierung wird den Ausbau der Ganztagsangebote weiter vorantreiben. Wir haben im Doppelhaushalt bereits die nächsten 5 Millionen € bzw. 115 zusätzliche Stellen abgesichert. Wenn wir weiter jedes Jahr 115 zusätzliche Stellen zur Verfügung stellen, können wir am Ende der nächsten Legislaturperiode jede hessische Grundschule an fünf Tagen in der Woche mit einem Ganztagsangebot bis 16 bzw. 17 Uhr ausstatten. Genau das ist unser Ziel.
Allerdings – das sage ich sehr deutlich – erteilen wir der Forderung nach einer gebundenen Ganztagsschule für alle weiterhin eine klare Absage; denn das würde für alle Kinder jeden Tag Pflichtunterricht bis 16 Uhr bedeuten. Wir teilen nicht das Misstrauen gegenüber der Erziehungsarbeit der Familien, das offensichtlich hinter dieser Forderung steht. Wir stehen in dieser Frage für die Freiheit der Eltern und der Kinder, selbst zu entscheiden, wie sie ihr Leben gestalten wollen. Wir lehnen derartige rot-grüne Zwangsbeglückungen ab.
Es gilt vielmehr, passgenaue örtliche Lösungen anzubieten. Um dies auch in der Zukunft machen zu können, müssen die Kräfte sämtlicher Akteure des Landes, aber auch der kommunalen Seite und der Schulfördervereine mit ihren diversen Angeboten und Programmen gebündelt und aufeinander abgestimmt werden. Eine Einheitslösung für alle Schulen in allen Regionen und für alle Familien kann es nicht geben. Mit unserem Ansatz bilden wir die Lebenswirklichkeit von Familien ab, die selbst entscheiden wollen, in welchem Umfang ihr Kind an welchem Tag an einem Ganztagsangebot teilnimmt.
Ein kleiner Blick nach Baden-Württemberg offenbart zudem, dass sich die rot-grüne Ankündigungspolitik im Ganztagsbereich als nicht umsetzbar erweist. Die kommunale Seite trägt in Baden-Württemberg dieses Modell nicht mit. Die Kommunen laufen vielmehr Sturm gegen das, was Sie in Hessen als Verbesserung zu verkaufen versuchen. Beim Ganztag müssen aber alle an einem Strang ziehen:
Mit der Eröffnung einer Wahlmöglichkeit zwischen G 8 und G 9 auch für unsere Gymnasien hat die Hessische Landesregierung den Wunsch vieler Eltern aufgegriffen, für ihre Kinder zwischen diesen beiden Organisationsformen wählen zu können. Für etwa die Hälfte der Kinder, die in diesem Schuljahr in die 5. Klassen an Gymnasien, kooperativen und integrierten Gesamtschulen gewechselt sind, gilt wieder der neunjährige Weg zum Abitur. An einer Reihe von Schulen werden beide Modelle parallel angeboten.
Wichtig ist mir jedoch, noch einmal darzustellen, dass G 8 gute Ergebnisse bringt. Das bestätigen Leistungsvergleiche ebenso wie die durchschnittlich besseren Abiturnoten und auch die unverändert hohe Bereitschaft von Schülerinnen und Schülern, sich trotz G 8 in Sport- und sonstigen Vereinen zu engagieren. Deshalb sind meines Erachtens die oppositionellen Bestrebungen unbedingt abzulehnen, G 8 in Hessen komplett abzuschaffen und damit in unverantwortlicher Weise die Schullandschaft in Unruhe zu versetzen und in ihrer Vielfältigkeit zu beschneiden.
Meine Damen und Herren, genau diese Bestrebung zeigt am allerdeutlichsten, dass von der rot-grünen Friedenstaubenrhetorik nichts, aber auch gar nichts zu halten ist.