Protokoll der Sitzung vom 03.09.2013

Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern ist aber immer auch das Ergebnis der eigenen Leistungsbereitschaft. Mit den nun erreichten Rahmenbedingungen des hessischen Bildungssystems schaffen wir gute Voraussetzungen für die gesellschaftliche Teilhabe und den Aufstieg aller unserer Kinder. Ob dieser Aufstieg jeweils gelingt, ist allerdings auch davon abhängig, ob diejenigen, die aufsteigen wollen, mit eigener Anstrengung dazu beitragen. Einen anstrengungslosen Aufstieg gibt es nicht, das ist reine Illusion. Leistungsorientierung als Rüstzeug für eine nach demokratischen Prinzipien organisierte freie Gesellschaft muss daher auch in der Schule vermittelt und gefördert werden. Deshalb bleiben die pädagogischen Instrumente der Notengebung und der Hausaufgaben, aber auch die Möglichkeit der Nichtversetzung, erhalten. Jeder Versuch einer Aufweichung aus ideologiegetriebenen Gründen ist einer konsequenten und gelingenden Bildung abträglich.

Wir haben die Aufgabe, Kinder in der Schule fit fürs Leben zu machen. Das bedeutet auch, dass Kinder lernen müssen, dass Misserfolge dazugehören. Scheitern tut aber nur derjenige, der danach nicht wieder aufsteht. Wir aber bringen unseren Kindern bei, wie sie immer wieder aufstehen können.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Aufstieg und Teilhabe in unserer Gesellschaft beginnen jedoch nicht erst mit dem Erreichen des Abiturs. Haupt- und Realschüler sind mitnichten Bildungsverlierer, wie es in diesem Haus leider immer wieder von der linken Opposition suggeriert wird. Bildungsgerechtigkeit ist auch keine Frage der „Voll-Akademisierung“ unserer Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Frau Ministerin, die Fraktionsredezeit ist erreicht.

Es geht um die Förderung von individuellen Talenten und ebenso um die Ermöglichung von Chancen in einem differenzierten Bildungssystem. Dazu tragen die beruflichen Schulen in hohem Maße bei. Die berufliche Bildung ist das Megathema der Zukunft. Im Kampf gegen die dramatisch hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU in diesem Jahr darauf verständigt, für die europaweite Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit 6 Milliarden € zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig wird das deutsche System der dualen Berufsausbildung zum Vorbild für andere Mitgliedstaaten, die in ihm eine wesentliche Ursache für die niedrige Zahl der Jugendlichen ohne Beschäftigung in unserem Land erkennen. Hier müssen wir weiter ansetzen und Tendenzen zum immer längeren Verbleib im System der allgemeinbildenden Schulen entgegenwirken. Dabei muss das Augenmerk künftig auf eine stärkere Strukturierung der Bildungsgänge der beruflichen Schulen gerichtet werden, um die Angebote mit der Wirtschaft noch besser koordinieren zu können.

Mit der gestuften Berufsfachschule haben wir in dieser Legislaturperiode begonnen. Diese Idee muss in Zukunft fortgeführt werden, damit Schülerinnen und Schüler noch direkter in die duale Berufsausbildung einsteigen können. Neben der bereits bestehenden Berufsorientierung in unseren Haupt- und Realschulen haben wir das Angebot in dieser Legislaturperiode auch für die Gymnasien geöffnet. Des Weiteren wollen wir eine umfassende individuelle Berufsberatung als verpflichtend zu besuchendes schulisches Angebot in den Haupt- und Realschulzweigen verankern. Die entsprechende Vereinbarung mit der Regionaldirektion Hessen der BA liegt bereits auf dem Tisch. Jungen Menschen echte Chancen zu geben ist fairer, als das Abitur für alle zu versprechen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Mir ist besonders wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen, dass ein hessischer Schreinermeister, eine Krankenschwester, ein Maurer, der Bäcker von nebenan, die Verkäuferin und die Sekretärin die Stützen unserer Gesellschaft sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wertschätzung und Respekt gehören diesen Berufsgruppen und vielen anderen, die wir im dualen System ausbilden; denn sie stützen unser aller Wohlstand, meine Damen und Herren.

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn ich die Unruhe so sehe, merkt man deutlich, dass das, was in der Bildungspolitik gegensätzliche Positionen zutage fördert – ich habe eine Reihe von Gegensätzen angesprochen –, seinen wirklichen Ursprung in grundsätzlich entgegengesetzten Welt- und Menschenbildern hat.

Diese Hessische Landesregierung, CDU und FDP betrachten Freiheit, Verantwortung, Vielfalt und Leistungsbereitschaft als konstitutiv für unsere Gesellschaft und als Voraussetzung für Wachstum und Wohlstand in unserem Land.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Opposition hingegen erachtet Gleichmacherei, Kollektivismus und Erziehung des Menschen nach ihrem Weltbild, dem Weltbild der Opposition, als zielführend.

Meine Damen und Herren, Politik, vor allem die Bildungspolitik, sollte aber niemals den Versuch darstellen, einen bestimmten Lebensstil staatlich durchzusetzen. Diese Landesregierung steht für Qualität und für Kontinuität in der Bildungspolitik. Genau deshalb setzen wir auf Wahlfreiheit, auf dezentrale Lösungen von unten und auf Selbstständigkeit.

Die Opposition steht für Zwangsbeglückung, „Einheitsbrei“ und Bevormundung. Meine Damen und Herren, diesen bildungspolitischen Irrtum gilt es in Hessen unbedingt zu verhindern.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Schule soll nicht alle gleich, aber Schule soll jeden besser machen und ihm die Chance dazu geben, sein Leben selbstverantwortlich in die Hand zu nehmen. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, stellen den Staat und die Institutionen in den Mittelpunkt Ihres Denkens, wir aber den Menschen, und für diesen Menschen machen wir Politik, heute und auch in Zukunft. – Danke schön.

(Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank. Damit ist die Regierungserklärung abgegeben.

Meine Damen und Herren, an Redezeit wachsen den Oppositionsfraktionen eine Minute und 40 Sekunden zu – für alle, die das nachher genau nachvollziehen wollen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Frau Abg. Habermann für die Fraktion der SPD das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da nicht nur Schuljahresbeginn ist, sondern die Landesregierung auch ihre bildungspolitische Abschlussbilanz vorlegt,

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU und der FDP)

will ich ausdrücklich mit dem Positiven beginnen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das wird ein herbes Erwachen für Sie werden!)

Deswegen bitte ich Sie, zuzuhören. – Sie haben notwendige 2.500 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen. Das erkennen wir an.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Unterstützt haben wir auch von Beginn an die Einführung eines bekenntnisorientierten Islamunterrichts, der in diesem Schuljahr zumindest beginnen kann. Das ist im Übrigen nicht so ganz Koalitionsmeinung gewesen.

(Günter Rudolph (SPD): Genau, Herr Irmer!)

Sie haben sich kurz vor Toresschluss auch noch an den Sozialindex erinnert, der schon in Herrn Banzers Schubladen schlummerte und zumindest einen ersten Einstieg in eine Lehrerversorgung bedeutet, die sich an der Situation der Schülerinnen und Schüler orientiert und nicht an einfachen Klassenteilern.

Frau Kultusministerin, ich denke, Sie geben mir recht, dass dieses Instrument noch schärfer justiert und ausgebaut werden muss, damit gerade Schulen in Offenbach wirklich adäquat für ihre wichtige Aufgabe ausgestattet werden können. Denn bisher gibt es hier noch reichliche Verzerrungen.

Meine Damen und Herren, damit aber Schluss des Positiven. Verschleppt haben Sie den Ausbau der Ganztagsschulen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Verhindert haben Sie die Fortschritte bei der Inklusion.

(Beifall bei der SPD)

Verpfuscht haben Sie eine Lösung für den Wunsch der Eltern, zur sechsjährigen Mittelstufe im Gymnasium zurückzukehren.

(Beifall bei der SPD)

Verprellt haben Sie außerdem Fachleute, Lehrkräfte und Beschäftigte mit dem Durchboxen eines Landesschulamtes, das keiner will und keiner braucht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde es übrigens sehr bemerkenswert, dass Kultusministerin Beer kein einziges Wort zu diesem Jahrhundertprojekt der Hessischen Landesregierung verloren hat.

(Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Falsch!)

Ich glaube, das hat auch etwas damit zu tun, dass Sie selbst noch nicht so genau wissen, was Sie dazu sagen wollen.

(Beifall bei der SPD – René Rock (FDP): Nicht zugehört!)

Meine Damen und Herren, Kontinuität in dieser Bildungspolitik hat alleine die Tatsache, dass Sie keine Anstrengungen für Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit unternommen haben und es zulassen, dass Bildungserfolg in Hessen weiterhin von der Herkunft der Kinder bestimmt wird.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

G 8 wurde durchgeboxt gegen den erbitterten Widerstand von Schulen, Eltern und Schülerinnen und Schülern. 75.000 Unterschriften haben 2004 bescheinigt, was sie von der Einführung von G 8 halten, nämlich gar nichts.

Wo war damals die Wahlfreiheit, die heute als liberales Deckmäntelchen dafür herhalten muss, dass den Schulen