Die GRÜNEN schreiben in ihr Programm – ich zitiere nur aus Ihrem Munde –, man wolle längeres gemeinsames Lernen bis zum Ende der Mittelstufe. „In den kommenden fünf Jahren wollen wir es der Hälfte der weiterführenden Schulen auf freiwilliger Basis ermöglichen, sich zu neuen Schulen weiterzuentwickeln.“
Meine Damen und Herren, die als Gemeinschaftsschule bei der SPD und die als „Schule für alle“ bei der LINKEN verharmloste Einheitsschule wird von den GRÜNEN euphemistisch als „neue Schule“ bezeichnet. Was es mit dieser geschönten Rhetorik auf sich hat, wird beim Blick in die Haushaltsanträge der GRÜNEN vom 12. November 2012 deutlich.
Da heißt es, schon etwas weniger blumig, wörtliches Zitat aus der Feder der GRÜNEN: „Es soll eine Abkehr vom strikt gegliederten Schulsystem in Hessen eingeleitet werden“.
Meine Damen und Herren, es kommt noch schöner. Auch im gescheiterten Ypsilanti-Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2008 haben die GRÜNEN in rot-rot-grüner Einvernehmlichkeit geschrieben, wörtliches Zitat:
bestehende Schulen des Sekundarbereichs in einer neu gestalteten Sekundarstufe I mit binnendifferenziertem Unterricht ohne schulformbezogene Leistungsgruppen arbeiten können.
Meine Damen und Herren, stellen Sie sich einmal vor, nach der letzten Landtagswahl hätte Rot-Rot-Grün die Regierung gestellt.
Die wollten bereits bis 2009/2010 das gegliederte Schulwesen im Wesentlichen abgeschafft haben. Dazu kann ich im Interesse der hessischen Bürgerinnen und Bürger und der Schülerinnen und Schüler nur sagen: Ein Glück, dass sie damals die Landtagswahl nicht gewonnen haben. Ein Glück, dass wir weiterhin ein solch erfolgreiches Schulsystem besitzen.
Meine Damen und Herren, die GRÜNEN stehen der Einheitsschulfront von SPD und LINKEN ideologisch nicht im Weg. Allerdings verstecken sie ihre Absichten hinter nebulösen Formulierungen. Sie reden fadenscheinig von der Bereitschaft zu einem Schulfrieden. Herr Al-Wazir – er ist noch immer nicht da, das Thema interessiert ihn noch immer nicht –, für wie naiv halten Sie und Ihre grünen Mitstreiter eigentlich die Menschen? Sie haben sich in der Opposition 14 Jahre lang einem Schulfrieden verweigert. Sie behaupten, Sie wollten ein Ende des Schulkampfes – in Wirklichkeit aber sind Sie die Mitanstifter des Schulkampfs, und zwar des ideologiegeleiteten Schulkampfs.
In der Schulpolitik ziehen die GRÜNEN mit genau demselben Sendungsbewusstsein durch die Lande, mit dem sie die Menschen durch Tempolimits, Fleischverbote, Steuererhöhungen, Wassercents oder ein Ölheizungsverbot zu gängeln versuchen.
Meine Damen und Herren, Ihre politische Agenda lautet: Die Einheitsschule ist gut. Das Gymnasium ist schlecht. Wenn alle die Einheitsschule mittragen, haben wir den Schulfrieden.
Nein, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, wer die eigene Meinung zur unteilbaren Wahrheit erhebt, der strebt nicht nach einem Schulfrieden, sondern nach einem Diktatfrieden.
Deswegen werden wir die Abschaffung der Gymnasien und Ihre rot-rot-grünen Bestrebungen zur Errichtung der Einheitsschule entschlossen verhindern.
Ich will noch ein Thema aufgreifen – die Kultusministerin hat es bereits angesprochen –, das zeigt, wie Sie sich in Ihrem Nivellierungswahn vergaloppiert haben. Herr SchäferGümbel stellt sich bei jeder Gelegenheit vor die Mikrofone und spricht von den angeblichen Bildungsabsteigern und Bildungsverlierern in unserem Land. Wer kein Abitur hat, ist nach der Logik von Herrn Schäfer-Gümbel ein Bildungsabsteiger oder Bildungsverlierer. – Ich weiß nicht, ob Sie das bewusst oder aus purer Unkenntnis sagen, Herr Schäfer-Gümbel. Das eine wäre allerdings nicht besser als das andere. Für diese fortwährende Beleidigung der Millionen Menschen ohne Abitur sollten Sie sich eigentlich entschuldigen.
Ausgerechnet die Partei, die früher einmal vorgab, die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten, beschimpft heute den Bäckerlehrling, den Zimmermannsgesellen und die Kassiererin bei Aldi als Bildungsabsteiger.
Der Arbeiter am Fließband bei Opel ist nach SPD-Definition ein Bildungsabsteiger. Die Erzieherin in der Kindertagesstätte ist nach SPD-Definition ein zurückgelassenes
Kind. Der Busfahrer, der morgens die Kinder zur Schule fährt, ist nach SPD-Definition ein Bildungsverlierer. Meine Damen und Herren von der SPD, lassen Sie sich gesagt sein: Haupt-, Real- und Berufsschüler sind keine Bildungsabsteiger, sondern Menschen mit nicht weniger wichtigen Fähigkeiten, als sie Gymnasiasten aufweisen. Das müssen Sie endlich verinnerlichen.
Haupt-, Real- und Berufsschüler sind keine Bildungsverlierer, sondern die Begründung für die in Deutschland mit Abstand niedrigste Jugendarbeitslosigkeit aller 28 EU-Länder. Haupt-, Real- und Berufsschüler werden nicht zurückgelassen, sondern sind die Garanten für Wachstum und Wohlstand in Hessen und in Deutschland.
In dem Zusammenhang bin ich dem ehemaligen SPD-Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin dankbar, der vorgestern in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ wörtlich sagte: „Wir sollten den Akademisierungswahn stoppen.“ Das ist bei der SPD in Hessen noch nicht angelangt. Er hat es bereits verinnerlicht.
Meine Damen und Herren, ich verweise auf eine Studie, die in der letzten Woche veröffentlicht wurde: „Der soziale Aufstieg ist in Deutschland die Regel.“ Das wird von dem gesamten Linksblock dieses Hauses schlichtweg ignoriert. In unserem Erfolgsland, in unserem Land von Freiheit und Chancen gibt es riesige Möglichkeiten des Aufstiegs, die auch sehr genutzt werden. Das passt aber nicht in Ihre Ideologie.
Meine Damen und Herren, der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, hat es richtig erkannt. Er sagt wörtlich: „Sozial ist, was junge Leute in Lohn und Brot bringt, und nicht das, was Berechtigungen anstelle von Befähigungen vermittelt.“
Meine Damen und Herren von SPD, GRÜNEN und Linkspartei, Sie tragen Ihre Monstranz der Einheitsabschlüsse vor sich her, und am Ende stehen ein paar Tausend Akademiker vor dem Arbeitsamt, während die Bäckerei nebenan händeringend nach Auszubildenden sucht.
Wir brauchen auch künftig ein leistungsfähiges, differenziertes Schulsystem, das sich nicht an einer Ideologie, sondern am Schüler selbst orientiert.
Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Hessen ist bildungspolitisch, neben vielen anderen Bereichen, ein Chancenland, das jungen Menschen mit unterschiedlichen Interessen und Begabungen Karrierechancen und Lebensperspektiven eröffnet. Es geht um nicht weniger als um die Frage, ob an den hessischen Schulen auch in Zukunft das Primat der Bildung oder das Primat der Ideologie regieren soll. Es
geht darum, dass wir zwischen Schulvielfalt auf der einen Seite und Einheitsschule auf der anderen Seite wählen müssen. SPD, LINKE und GRÜNE reden unser Schulwesen permanent schlecht. Das ist eine Beleidigung für die 60.000 Lehrerinnen und Lehrer und eine Beleidigung, was den Leistungswillen von fast 800.000 Schülerinnen und Schülern angeht.
Zum Glück übertreiben Sie mit dem Schlechtreden. Das geht an dem Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger, an der Aufnahme in der Öffentlichkeit völlig vorbei. Mit dieser permanenten Realitätsverweigerung werden Sie sich zum Schluss selbst richten.