Wie ist denn die derzeitige Situation in Hessen? Die in dem Gesetzentwurf zu findende Behauptung, dass der Beauftragte, Henning Möller, nicht erfolgreich genug arbeite und der Vertrauenszuwachs nicht gerechtfertigt sei, entbehrt, wie die Polizei selbst schreibt, jeder Grundlage. Ich weiß nicht, was Sie haben. Der Mann macht eine hervorragende Arbeit; Sie haben das auch erwähnt. Was soll denn noch an Ombudsmöglichkeiten geschaffen werden?
Das wichtigste Fundament – das schreiben die Polizeileute selbst – ist das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Arbeit der Polizei; denn die Polizei ist auf die Unterstützung der Bürger angewiesen. Von daher ist auch das innerdienstliche Arbeitsklima – das Zweite, was Sie wollen – eine wichtige Voraussetzung für eine gute Teamarbeit, und um den Berufsanforderungen im Polizeidienst gerecht zu werden.
Ich will es ganz kurz auf den Punkt bringen, weshalb wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen: In den Polizeibehörden gibt es heute schon – auch ohne Ihren Gesetzentwurf – eine ausreichende Anzahl von Ansprechpartnern und Einrichtungen: Gleichstellungsbeauftragte, Frauenbeauftragte, Schwerbehindertenvertretungen, Personalräte, Personalberatungen, soziale Ansprechpartner, Zentraler Polizeipsychologischer Dienst, Gremien zum behördlichen Gesundheitsmanagement, runde Tische und der Polizeibeauftragte. Sie alle können innerdienstliche Angelegenheiten neutral entgegennehmen und ernsthaft und konsequent bearbeiten. Wir brauchen Ihren Gesetzentwurf und eine neue Ombudsstelle überhaupt nicht.
Auch die Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger werden aufgenommen und nachvollziehbar abgearbeitet. Es gibt die entsprechende Wege, die man gehen kann.
Darüber hinaus hat das hessische Ministerium im Februar 2013 eine Anordnung übersandt: eine Konzeption für den Umgang mit Konflikten in der hessischen Polizei. Man hat die Polizeibehörden dazu verpflichtet, mindestens eine Konfliktberaterin oder einen Konfliktberater im Hauptoder Nebenamt zu beauftragen. Konflikte, die auf dieser Ebene nicht gelöst werden können, werden dem Landespolizeipräsidium vorgetragen. Wir brauchen keine weitere Stelle, die – ganz nebenbei – fast 1 Million € an Haushaltsmitteln verschlingen würde.
Nehmen Sie bitte auch ernst, was die kritischen Stimmen, die vom Bund Deutscher Kriminalbeamter und auch von
der Gewerkschaft der Polizei kamen, Ihnen ins Stammbuch schreiben. Auf der Seite 5 der schriftlichen Stellungnahme der Deutschen Polizeigewerkschaft heißt es – ich darf noch einmal zitieren –:
Ein/e Polizeibeauftragte/r als „Hilfsorgan des Hessischen Landtages“ würde sich neben den bewährten und rechtsstaatlich legitimierten Kontrollinstanzen als „Superrevisionsinstanz“ etablieren wollen – dies ist weder verfassungsmäßig gewollt noch vorgesehen.
Ich komme zum Schluss: Rechtswidriges Verhalten von Polizeibeschäftigten in Hessen wird weder geduldet noch stillschweigend akzeptiert. Es wird nach klaren rechtsstaatlichen Regeln untersucht und aufgeklärt, und es wird auch geahndet, wenn sich die Vorwürfe bestätigt haben. Auch und gerade die Staatsanwaltschaften unterliegen dabei einer ebenso klar geordneten und verfassungsrechtlich abgesicherten Verfahrens- und Überprüfungspraxis, an deren Effektivität es keinen Anlass zu zweifeln gibt. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Bauer. – Als nächster Redner hat sich Kollege Frömmrich von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man hört, was der Kollege Bauer hier sagt, könnte man glauben, er hat das, was in dem Gesetzentwurf steht und was die Intention der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist, überhaupt nicht verstanden, geschweige denn, dass er sich damit beschäftigt hat.
Hier das Bild von einem Gesetzentwurf zu malen, der Misstrauen schürt und sozusagen alle Beschäftigten der Polizei unter Generalverdacht stellt, ist geradezu absurd. Herr Kollege Bauer, Sie sollten diesen Gesetzentwurf einmal lesen; dann könnten Sie auch mitreden. Sinnerfassendes Lesen hilft bei solchen Texten oft.
Wir haben das in den Debatten immer wieder betont – das zeigt auch die Intention dieses Gesetzentwurfs –: Natürlich macht die überwiegende Zahl der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in Hessen einen guten, engagierten und rechtlich einwandfreien Job. Aber es ist Fakt, dass es in solch großen Systemen wie der Polizei – die Polizei hat rund 18.000 Beschäftigte – immer auch Menschen gibt, die sich nicht regelkonform verhalten, sondern über Grenzen gehen und Gesetze verletzen.
Für diejenigen, die von den Handlungen dieser Menschen betroffen sind, wollen wir eine Ansprechperson schaffen, die unterhalb der Grenze zu den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und dessen, was wir heute schon haben, tätig wird: ein sogenannter Ombudsmann für die Bürgerinnen und Bürger. Das ist die Intention dieses Gesetzentwurfs.
Ein weiterer Punkt, mit dem man sich in diesem Gesetzentwurf beschäftigt – es ist deutlich, dass wir dafür eine Anlaufstelle brauchen –, sind die innere Verfasstheit der Polizei und die Inanspruchnahme von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich in diesem System gemobbt fühlen und dort Probleme haben. Wir hatten in den vergangenen Jahren eine Fülle von Meldungen.
Herr Kollege Bauer, es war nicht die böse Opposition, sondern dieser Innenminister, der seinerzeit, als er noch Staatssekretär war, auf dem Gewerkschaftstag der GdP davon gesprochen hat, dass sich an der Führungskultur der hessischen Polizei etwas ändern müsse: dass sie dringend reformbedürftig sei. Es war nicht die böse Opposition, die das angesprochen hat, sondern dieser Innenminister. Deswegen brauchen wir eine unabhängige Anlaufstelle.
Wir brauchen eben keine Anlaufstelle, die in die dienstlichen Hierarchien eines Ministeriums eingebettet ist. Das ist genau der Unterschied zu dem, was wir zurzeit haben. Wir wollen einen unabhängigen Landespolizeibeauftragten haben, der beim Hessischen Landtag angesiedelt ist und sowohl für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch für die Bürgerinnen und Bürger eine Ansprechperson ist. Das ist unser Vorschlag. Ich glaube, das ist der Weg in die richtige Richtung.
Schauen Sie sich einmal Länder an, in denen man mit Beschwerden und solchen Angelegenheiten durchaus anders umgeht. Ich will Ihnen nur zwei Beispiele nennen. Das erste Beispiel kommt aus dem Land Berlin. Meines Wissens ist der Innensenator von Berlin kein GRÜNER.
Eine Behörde wie die Berliner Polizei mit mehr als 22.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die täglich tausendfach in konfliktträchtigen Begegnungen polizeiliche Maßnahmen durchzusetzen hat, muss sich dieses Vertrauen immer wieder erarbeiten, darum werben und es erhalten. Dazu benötigt die Berliner Polizei ein gut funktionierendes Beschwerdemanagement, das höchsten Ansprüchen genügt. Angesprochene Probleme müssen ernsthaft aufgenommen sowie schnell und kompetent bearbeitet werden. Fehler müssen erkannt und eingeräumt, Konsequenzen aufgezeigt werden.
Dieses Zitat stammt aus einer Information der Berliner Polizei. Man sieht, dass selbst CDU-Politiker diese Problematik deutlich anders sehen.
Schauen Sie sich Holger Stahlknecht, CDU, Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt, an. Er schreibt im Erfahrungsbericht seiner Beschwerdestelle:
Er ist leider weit verbreitet und unterstellt, dass es für die Bürgerinnen und Bürger im Grunde genommen zwecklos ist, Kritik an einer scheinbar übermächtigen Staatsgewalt zu üben, die sich nicht um die Meinung der Bevölkerung schert und ihr Verhalten nicht ändert.
Nicht alle Beschwerden sind tatsächlich ein Indikator für kritikwürdiges Verhalten der Kolleginnen und Kollegen der Polizei, aber jede einzelne Beschwerde ist eine Chance, das eigene Tun kritisch zu analysieren.
Sie sehen also, dass es durchaus Landesregierungen und durchaus Vertreterinnen und Vertreter der CDU gibt, die merken, dass eine ordentliche Beschwerdekultur und ein ordentliches Beschwerdemanagement gerade im Verhältnis zwischen Polizei und Bürgern, aber auch polizeiintern Chancen sind, etwas zu machen. Deswegen geht unser Antrag genau in die richtige Richtung.
Wir hatten in den vergangenen Monaten und Jahren eine Fülle von Fällen, in denen es um das Verhältnis zwischen den Bürgern und der Polizei ging. Frau Kollegin Faeser hat die Fälle in Frankfurt angesprochen. Aber das ist nicht nur ein hessisches Problem, sondern es gibt auch in anderen Bundesländern immer wieder Schwierigkeiten. Neulich hat ein Fall in München große Schlagzeilen gemacht. Auch dort war es die öffentliche Empörung: Die Menschen, die diesen Vorgang an die Öffentlichkeit gebracht haben, haben dafür gesorgt, dass dem nachgegangen wurde und dass das nicht im System versackt ist.
Deswegen glaube ich, dass wir für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die Polizistinnen und Polizisten eine unabhängige Anlaufstelle brauchen, die diese Probleme aufgreift und bearbeitet. Deswegen werbe ich noch einmal dafür, dass Sie dem Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD zustimmen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Greilich von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Greilich.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was wir jetzt mit diesem zweiten Aufguss, der zweiten Lesung eines zweiten Aufgusses, erleben, ist wieder einmal gepflegte Langeweile, die die Opposition in dieses Haus trägt. Der Gesetzentwurf, den wir hier schon einmal durchgenudelt haben, unterscheidet sich inhaltlich in keiner Weise positiv abweichend von dem, was wir in der Vergangenheit hatten. Er überzeugt nicht, wie schon der erste Aufguss nicht überzeugt hat.
Die hessische Polizei hat – das will ich hier notwendigerweise wieder voranstellen – die in diesem Entwurf wie auch in dem vorherigen Gesetzentwurf zum Ausdruck kommende Pauschalverdächtigung nicht verdient. Unsere Polizistinnen und Polizisten machen unter oft anspruchsvollen Bedingungen eine hervorragende Arbeit. Sie sind der Garant für die Sicherheit und Freiheit unserer Bürger, auch wenn niemand im Einzelnen vor jeglichen Fehlern gefeit sein mag.
Herr Kollege Merz, natürlich machen wir alle Wahlkampf. Die Bürger in diesem Land wissen längst, dass am 22. September darüber entschieden wird, ob erfolgreiche Politik fortgesetzt wird oder ob Sie ans Ruder kommen. Deswegen bin ich relativ optimistisch, dass die Menschen auch richtig entscheiden werden.
Jetzt haben wir diesen Gesetzentwurf in leicht veränderter Form; dieses Mal haben wir ihn mit Unterstützung der GRÜNEN in einer erneuten Runde im Parlament. Das deutet mehr auf ideologiegeprägte Mätzchen hin als auf echtes Interesse an der Sache. Die Argumente, Herr Kollege Frömmrich, haben sich auch mit der Lautstärke, in der Sie sie hier immer vortragen, kein bisschen verändert.
Wir haben mit dem Ansprechpartner der Polizei bereits Ende 2010 eine erfolgreich arbeitende Institution geschaffen. Durch die persönliche Erfahrung und durch das Engagement von Herrn Henning Möller hat sich der Ansprechpartner bereits einen hohen Respekt innerhalb der Polizei erarbeiten können. Ich finde es schon erstaunlich, dass schon im Entwurf dieses Gesetzes die Feststellung getroffen wird – auch wenn Frau Kollegin Faeser jetzt auf einmal gemerkt hat, dass es vielleicht nicht so gut kommt –, dass der Ansprechpartner aus Sicht der Opposition nur unzureichende Arbeit leistet. Ich werfe Ihnen vor, und da lasse ich Sie auch nicht raus, dass Sie es bis heute versäumt haben, sich selbst einmal davon zu überzeugen, was dort überhaupt passiert.
Sie haben im Ausschuss schon in der ersten Runde der Gesetzesberatung vollmundig angekündigt, dass Sie sich vor Ort überzeugen wollten. Ich habe mich jetzt einmal vergewissert; ich habe schon bei der ersten Lesung auf Ihre Unterlassungen hingewiesen: Sie waren bis heute nicht da. Sie wissen überhaupt nicht, was dort passiert. Sie wissen überhaupt nicht, welche hervorragende Arbeit dort geleistet wird. Das ist eine Unverschämtheit, Frau Kollegin Faeser.