Einen Satz noch zur Pkw-Maut: In 20 Ländern um uns herum gibt es sie. Wir wollen sie deshalb einführen, weil wir in einem der Haupttransitländer ein Interesse daran haben, auch die ausländischen Nutzer an den Kosten der Verkehrsinfrastruktur zu beteiligen.
(Günter Rudolph (SPD): Was denn nun? – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Doch wieder die Maut! Was sagt denn Mutti dazu?)
Mein allerletzter Satz: Wenn ich mir anschaue, was die GRÜNEN in der Straßenverkehrspolitik planen, kann ich mich nur dem anschließen, was vorhin schon gesagt wurde: Da kann einem tatsächlich das Lachen vergehen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man kann es wirklich nicht anders sagen: Diese Landesregierung betreibt Verkehrspolitik wie ein Geisterfahrer. Deshalb ist es gut, dass wir hier heute einmal mehr über die Verkehrspolitik reden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, Sie haben diese Aktuelle Stunde zur Verkehrspolitik beantragt und zählen auf: Kassel-Calden, Blitzer-Warnschilder und die Pkw-Maut. Ehrlich gesagt, ich finde, dass die dramatischste verkehrspolitische Fehlentscheidung dieser Landesregierung in Ihrer Aufzählung fehlt, nämlich der Ausbau des Frankfurter Flughafens.
Wir haben immer gesagt, dass der Ausbau des Flughafens nicht raumverträglich ist, und fühlen uns durch das Urteil des VGH darin bestätigt. Durch den Bau der neuen Landebahn hat der Lärm dramatisch zugekommen; erst vorges
tern gab es in Flörsheim erneut einen Wirbelschleppenschaden. Deswegen muss diese falsche Entscheidung korrigiert werden. Wir unterstützen die Forderung der Bürgerinitiativen, und wir wünschen ihnen viel Erfolg bei der Demonstration am kommenden Samstag in Wiesbaden.
Statt sich um die Bekämpfung des Fluglärms zu kümmern, lässt der Minister lieber Warnschilder vor Blitzern aufstellen. Dabei sind sich fast alle einig, dass es sich hierbei um eine Schnapsidee handelt. Ob es nun Verkehrswissenschaftler, die Gewerkschaft der Polizei oder die Vertreter der Städte und Kommunen sind: Alle lehnen das ab. Die Gewerkschaft der Polizei schrieb in einer Pressemitteilung, der Verkehrsminister hinterlasse „den Eindruck, von Verkehrssicherheit nicht wirklich viel zu verstehen“.
Das Ergebnis ist klar: Raser werden vor den Blitzern kurz abbremsen und danach wieder Vollgas geben. Da könnten Sie auch gleich Schilder mit der Aufschrift „Hier können Sie trotz Geschwindigkeitsbegrenzung ungestraft rasen“ aufstellen. Dann könnte man auch in U-Bahnen davor warnen, dass an der nächsten Haltestelle Kontrolleure einsteigen.
Nun hat auch Ministerpräsident Bouffier die Verkehrspolitik für sich entdeckt und fordert eine Pkw-Maut für Ausländer. Ich stelle fest, die Hessen-CDU findet wirklich immer einen Weg, Ausländer zum Wahlkampfthema zu machen.
Dabei wissen Sie, ebenso wie Horst Seehofer, ganz genau, dass es europarechtlich überhaupt nicht möglich ist, eine Maut einzuführen, die Inländer nicht zahlen müssen. Die Regeln der EU verbieten eine derartige Diskriminierung. Entweder wird eine allgemeine Maut eingeführt oder gar keine. Sie beklagen, dass Deutsche in manchen anderen Ländern Maut zahlen, verschweigen aber, dass dort alle Maut zahlen müssen, nicht nur die Deutschen.
Dass Sie diesen Vorschlag jetzt, kurz vor der Wahl, trotzdem ins Gespräch bringen, zeigt, dass es Ihnen überhaupt nicht um die Maut geht. Sie wollen vielmehr davon ablenken, dass die Infrastruktur einschließlich des Straßennetzes chronisch unterfinanziert ist. Es gibt einen enormen Investitionsstau bei allen Verkehrswegen, gerade beim öffentlichen Verkehr. Dafür benötigte die öffentliche Hand mehr Geld. Darüber wollen Sie nicht reden. Herr Minister, deshalb kommen Sie mit dem Argument, dass die Ausländer unsere Straßen kaputt fahren.
Ich denke, im Fall von Horst Seehofer sollte man sich den Rat des Satiremagazins „Extra 3“ zu Herzen nehmen, der lautet: „Widerspreche nie Horst Seehofer. Warte eine Woche, dann tut er es selber“.
Die Maut wird nicht kommen. Die Kanzlerin hat klargestellt, dass es mit ihr keine Maut geben wird. Mutti hat ein Machtwort gesprochen. Man könnte auch sagen: Mutti hat Volker zum Horst gemacht.
Kommen wir zu dem Millionengrab Kassel-Calden: Da bestätigen sich leider die Warnungen, die seit den ersten Plänen für den Ausbau ausgesprochen wurden. 270 Millionen € an Landesmitteln sind für diesen Flughafen zur Verfügung gestellt worden. Das Defizit für seinen Betrieb soll bis 2018 pro Jahr 8 bis 10 Millionen € betragen. Das FDPgeführte Verkehrsministerium macht also in Calden vor, wie sich der Staat als unfähiger Unternehmer betätigt und Steuergelder in den Sand setzt.
Die EU-Kommission ist übrigens gerade dabei, eine neue Richtlinie für Regionalflughäfen zu erarbeiten. Das geschieht vor dem Hintergrund, dass es in Europa deutlich zu viele Regionalflughäfen gibt – nämlich 460 – und dass sie fast alle defizitär arbeiten. Deshalb will der EU-Wettbewerbskommissar gegen die staatlichen Zuschüsse für diese Flughäfen vorgehen, wenn diese nicht innerhalb von zehn Jahren schwarze Zahlen schreiben. Kassel-Calden könnte also wegen Verzerrungen im europäischen Wettbewerb geschlossen werden, und das hätte dann die FDP zu verantworten.
Für all die Millionen gibt es dann drei Linienflüge pro Woche. Anderswo streiten wir über ein Nachtflugverbot; in Kassel-Calden könnte man ohne Probleme an vier von sieben Tagen ein Tagflugverbot verhängen. Es würde niemand merken.
Außerhalb von Hessen wird sicherlich darüber geschmunzelt. Ich glaube aber, in Kassel, wo gerade die Schwimmbäder geschlossen werden sollen, wird nicht darüber geschmunzelt. Herr Minister Hahn, wenn Sie dann noch davon sprechen, dass diese Probleme mit der nordhessischen Mentalität zusammenhängen, muss ich sagen: Das ist ein schlechter Witz.
Wir denken, es gibt viele gute Gründe, diese Landesregierung abzuwählen. Die Verkehrspolitik ist einer davon. Wir brauchen eine Verkehrspolitik, die sich an den Menschen orientiert. – Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Minister Jörg-Uwe Hahn: Ich weiß, wovon ich rede!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass wir über Infrastrukturpolitik reden, ist in der Tat notwendig. Es gibt in Hessen durchaus Bedarf. Wir haben
einen Investitionsstau von 6 Milliarden € für hessische Straßen, hessische Brücken und hessische Schienen.
Wir haben einen Investitionsstau von 6 Milliarden €. Es ließe sich darüber diskutieren, wie wir das beheben und angehen.
Dann kommt der sehr originelle Vorschlag des amtierenden Ministerpräsidenten: Wir führen mal eben eine PkwMaut ein.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Holger Bellino (CDU): Unverschämtheit! – Anhaltende Zurufe von der CDU)
Herr Kollege Rudolph, ich will Sie nur darauf hinweisen, dass Sie an der Grenze dessen sind, was ich mit meinem bescheidenen Gemüt noch ertragen kann. Seien Sie so lieb, bitte.
Das, was der amtierende Ministerpräsident vorgeschlagen hat, ist rechtlich nicht zulässig. Das wollen wir uns einmal ein bisschen näher anschauen. Nach Art. 18 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ist „jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit“ verboten. Das hat die EU-Kommission Mitte August dieses Jahres noch einmal ausdrücklich bestätigt. Eine Pkw-Maut nur für Ausländer ist mit EU-Recht nicht vereinbar. Sie sind Jurist; Sie müssen das wissen. Was soll ein solcher Vorschlag, Herr amtierender Ministerpräsident Bouffier?