Das, was der amtierende Ministerpräsident vorgeschlagen hat, ist rechtlich nicht zulässig. Das wollen wir uns einmal ein bisschen näher anschauen. Nach Art. 18 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ist „jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit“ verboten. Das hat die EU-Kommission Mitte August dieses Jahres noch einmal ausdrücklich bestätigt. Eine Pkw-Maut nur für Ausländer ist mit EU-Recht nicht vereinbar. Sie sind Jurist; Sie müssen das wissen. Was soll ein solcher Vorschlag, Herr amtierender Ministerpräsident Bouffier?
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN – Peter Beuth (CDU): Unterirdisch!)
Dann haben Sie in letzter Zeit ein bisschen herumgeschwurbelt. Jeden Tag gab es ein neues Interview zur PkwMaut, bis zu dem Tag, als die Bundeskanzlerin gesagt hat, so gehe es nicht, und Sie einmal kurz in den Senkel gestellt hat. Jetzt kommt Herr Landau und sagt, die hessische CDU sei trotzdem für die Pkw-Maut. Was gilt nun, Frau Merkel oder Herr Landau? – Ich weiß, wem ich da näher bin; ich habe da so eine Vorstellung, aber gut.
Dann sagt der Ministerpräsident: Na ja, ich will ja, aber wenn wir als deutsche Autofahrer in Italien oder in Frankreich unterwegs sind, dann müssen wir bezahlen. – Das stimmt. Die haben aber ein anderes System.
Nun sagt Herr Bouffier, dann solle möglicherweise die Einkommensteuer für Autobesitzer gesenkt werden. – Sollen ausländische Autofahrer an der Zapfsäule künftig mehr Mineralölsteuer zahlen als deutsche? Wie ist denn das praktisch umzusetzen?
Der Seehofer schwurbelt auch, es sei alles kein Problem, man müsse in Brüssel ein bisschen verhandeln. – Also wer Brüssel kennt, weiß, dass Verhandlungen über die Einführung einer Pkw-Maut nicht en passant zu führen sind.
Nein, für ein sachlich anstehendes Problem, den Investitionsstau auf deutschen und hessischen Straßen zu beseitigen, ist die Pkw-Maut mit einem Volumen von 200 Millionen € wohl eher ein ungeeignetes Instrument, meine Damen und Herren. Der ADAC sagt, die Einführung einer Vignette und Ähnliches kosten schon 200 Millionen €. Also ist es auch betriebswirtschaftlich ein ziemlicher Blödsinn, der hier aufgelegt wird.
Wenn Sie sagen: „Ich schaffe die Kfz-Steuer ab“, dann können wir darüber reden, aber dann machen wir es mal ein bisschen konkret. Die Einführung der Pkw-Maut wäre unsozial. Fahrer von Klein- und Mittelklassewagen würden deutlich mehr belastet. Bei der Abschaffung der Kfz-Steuer kostet das mindestens 163 € mehr. Für Fahrer von kleineren Fahrzeugen – nehmen wir den Golf VI 1.4 TSI – liegt die Mehrbelastung bei derzeitiger Kfz-Steuer bei mindestens 68 €; die zahlen also mehr, als wenn sie abgeschafft wird. Diejenigen, die einen Porsche Cayenne S 4.8 – also eher Ihre Klientel, weniger unsere – fahren,
Das ist genau das, was Sie sonst im Großen machen: Diejenigen, die hohe Einkommen haben, werden mehr entlastet. Das ist soziale Politik à la Volker Bouffier.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das haben Sie selbst erfunden!)
Dass ein Lkw so viele Schäden verursacht wie 60.000 Pkw, darüber kann man lachen wie Herr Irmer; aber genau das ist ein Problem. Deshalb ist der Zustand deutscher und hessischer Straßen so schlecht.
Deswegen war das, was Herr Bouffier vorgeschlagen hat, der latente Versuch, so ein bisschen eine Kampagne gegen
ausländische Autofahrer ins Spiel zu bringen. Die Bundeskanzlerin hat gesagt: „mit mir nicht“, trotzdem glaube ich der gesamten Diskussion irgendwie nicht. Herr Bouffier, Sie sind wie Herr Seehofer grandios als Tiger gestartet, und jetzt liegen Sie sinnbildlich als Bettvorleger vor uns.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Judith Lannert (CDU): Und so jemand will unser Land regieren, da kann man sich nur schämen!)
Meine Damen und Herren, die Einführung der Pkw-Maut ist sachlich nicht geboten und bringt effektiv nicht den Effekt, den wir brauchen. Deswegen gibt es von uns das klare Bekenntnis zur Lkw-Maut, für die Verursacher vieler Schäden auf hessischen und Deutschlands Straßen. Das bringt Milliardenbeträge, die zweckgebunden investiert werden können. Das ist die Alternative; aber keine plumpen Wahlkampfdinge, wie Sie das gemacht haben.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist für die Bürgerinnen und Bürger ganz spannend, heute Morgen hier zu sehen und zu hören, was denn die Vorstellungen von Rot-Rot-Grün in Hessen sind. Aber, meine Damen und Herren: Fehlanzeige. Wir haben leider, außer wüsten Beschimpfungen, korrespondierend zu der Kampagne, die die SPD gerade vorgestellt hat, nichts, aber auch gar nichts dazu gehört, wie sie die Infrastruktur in Hessen voranbringen wollen.
Das ist schade, denn es gibt an einem Punkt Einigkeit, jedenfalls habe ich das zum Teil gehört: dass die Infrastruktur in unserem Land die wichtigste Grundvoraussetzung dafür ist, dass Hessen wirtschaftlich so erfolgreich ist. Mit unserer Lage mitten in Deutschland, mit den hervorragenden Infrastrukturbedingungen – vom Frankfurter Flughafen, dem Straßennetz, dem Schifffahrtsnetz, den Flüssen, die genauso notwendig sind, bis hin zur Bahn – haben wir eine Schlüsselfunktion. Herr Grube, Chef der Deutschen Bahn, hat nicht umsonst gesagt: Hessen ist das Herz der Infrastruktur. – Das trifft für alle Bereiche zu, und deshalb ist es so wichtig, dass wir in den nächsten Jahren weiterhin in diese Infrastruktur investieren.
Wir merken an jeder Stelle, und da gibt es noch nicht einmal einen Dissens, wie wichtig und notwendig es ist, dass wir in nächster Zukunft mehr Geld für Infrastruktur ausgeben. Deshalb bin ich dafür dankbar, dass wir eine Debatte darüber führen, wie wir mehr Geld für Infrastruktur reservieren und mehr Geld für Infrastruktur ausgeben können. Das sehen wir aus ideologischen Gründen nicht anders, nach dem Motto: „Infrastruktur darf nicht sein“, sondern wir, CDU und FDP, haben die tiefe Überzeugung, dass nur
All das ist unsere Überzeugung: Das schafft Arbeitsplätze, ermöglicht Wirtschaftswege und ermöglicht die Fahrt zur Arbeitsstelle. Deshalb ist es manchmal schon hanebüchen, dass sich die Partei, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die im letzten Haushalt noch 35 Millionen € für den Straßenbau kürzen wollte, die in jedem anderen Land in Deutschland Infrastrukturprojekte verhindert, kaputt macht und Straßenbauhaushalte kürzt, heute hierhin stellt und sagt, sie hätte den Stein der Weisen gefunden. Dieses Schicksal mag an Hessen vorbeigehen.
Deshalb will ich Ihnen auch einmal sagen: Der Ministerpräsident hat mit seiner Mautaussage, zu fragen: „Brauchen wir mehr Geld für Infrastruktur?“, einen wunden Punkt getroffen. Er hat auch gesagt: Wir wollen keine Mehrbelastung der Deutschen – auch das ist richtig –, aber wir wollen, dass von den 53 Milliarden €, die in Deutschland eingenommen werden, mehr als 13 Milliarden € für Infrastruktur ausgegeben werden. – Ich hätte gern einmal von Ihnen gehört, dass Sie mehr Geld für Infrastruktur ausgeben wollen. Wo ist denn von Ihrer Seite dieses Bekenntnis gewesen? – Es kam nichts, aber auch gar nichts.
Sie machen es sich einfach. Sie polemisieren gegen Kassel-Calden; Sie polemisieren gegen den Frankfurter Flughafen; Sie polemisieren damit übrigens auch gegen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dort arbeiten.
Natürlich ist das so. – Ich kann Ihnen sagen, dass diese Menschen in uns, in dieser Landesregierung, einen Anwalt haben. Wir werden alles dafür tun, dass diese Bereiche weiterhin wachsen werden. Und wir werden alles dafür tun, dass diese Arbeitsplätze in diesem Land niemals gefährdet werden. Das ist unser Anspruch, und das unterscheidet uns von Ihnen.
In Baden-Württemberg findet bis 2016 kein Neubeginn von Landesstraßenbaumaßnahmen statt. 35 Millionen € wurden von Grün-Rot gestrichen. In Niedersachsen streicht Rot-Grün die Liste der Anmeldungen zum Bundesverkehrswegeplan,
verzögert bewusst die Planung der A 20 und der A 39. Im kommunalen Straßenbau werden 25 Millionen € gestrichen.
(Zuruf von der FDP: Das ist unglaublich! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Weil die in die Sanierung gehen!)
In Nordrhein-Westfalen sind 80 Projekte des Bundesfernstraßenbaus gestrichen worden. 80 Projekte des Landesstraßenbaus sind ebenfalls gestrichen worden. In Rheinland-Pfalz werden nur noch im Bau befindliche Maßnah
men zu Ende geführt. Die Planungen für eine Mittelrheinquerung sind abgebrochen worden, und bei der A 643, Schiersteiner Brücke, bedurfte es eines Machtwortes des Bundesverkehrsministers, damit dieser Unsinn nicht Realität wird, den Sie vorhatten. Meine Damen und Herren, so ist die Realität.