Tatsache ist, dass es auf dieser Erde wahrscheinlich keine offenere und demokratischere Armee gibt als die Bundeswehr.
Haben Sie jemals – jetzt rede ich, Herr van Ooyen – etwas von dem Leitbild des „Staatsbürgers in Uniform“ gehört? Haben Sie jemals vom Prinzip der „inneren Führung“ gehört?
Wolf Graf Baudissin, wahrlich kein Christdemokrat, sondern eher ein Sozialdemokrat, hat dieses Prinzip in der Bundeswehr eingeführt. Haben Sie davon jemals etwas gehört? Haben Sie jemals etwas von dem Beschwerderecht gehört, das die Soldatinnen und Soldaten haben?
Eigentlich müssten Sie auch die Institution des Wehrbeauftragten kennen, der jedes Jahr dem Bundestag einen Bericht vorlegt. All dies zeigt, dass die Soldatinnen und Soldaten über Rechte verfügen, die nicht in dem Sinne eingeschränkt werden, wie Sie es behaupten und in die Welt zu setzen versuchen.
(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Sie haben es ja vorgelesen! Wir setzen nichts in die Welt! – Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))
Ich sage auch, dass es aus unserer Sicht geradezu das Recht und die Pflicht der Bundeswehr als Verfassungsarmee ist, die Bürgerinnen und Bürger und auch die Schülerinnen und Schüler über ihre Aufgaben sachgerecht zu informieren.
Zum Schluss sage ich an dieser Stelle: Die Soldatinnen und Soldaten verdienen unseren Respekt und unsere Anerken
nung für ihren Dienst und ihre Leistungen für die Bundesrepublik Deutschland und für uns alle, statt von Ihnen dauernd diffamiert zu werden.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin mir nicht sicher, ob die Verleihung des Aachener Friedenspreises tatsächlich eines der fünf wichtigsten politischen Themen ist, die man kurz vor der Landtagswahl im Rahmen einer Aktuelle Stunde hier einbringen sollte, oder ob es nicht andere Punkte gäbe, wo man die Landesregierung besser attackieren könnte. Das ist aber Ihre Entscheidung.
Ich muss zunächst einmal feststellen, dass hier etwas ganz Normales passiert ist. Eine Schule hat sich entschieden, keine Jugendoffiziere als Referenten einzuladen. Dazu hat sie das Recht. Das entspricht der Kooperationsvereinbarung, die die Landesregierung mit der Bundeswehr geschlossen hat. Es ist ein Angebot, aber die Schulen können selbst entscheiden, ob sie dieses Angebot nutzen wollen. Von daher ist das ein ganz normaler Vorgang. Ich finde, man muss es nicht verurteilen, Herr Schork, wenn sich eine Schule damit aktiv auseinandersetzt, ob sie Jugendoffiziere zulassen will oder nicht, sondern das ist ein ganz normaler demokratischer Prozess in einer Schule, der so vorgesehen ist. Von daher finde ich, dass Sie etwas abrüsten sollten.
Was Sie bezüglich der GEW und von „linkssozialistischer Resttruppe“ erzählt haben: Auch ich bin GEW-Mitglied,
wie viele Tausend Lehrer in Hessen auch, und ich glaube, dass Sie ein bisschen von Ihren Vorurteilen herunterkommen und die Lehrerinnen und Lehrer, die sich gewerkschaftlich organisieren, nicht in dieser Art beschimpfen sollten.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): Auch die frühere Bundestagsabgeordnete der GRÜNEN Vera Lengsfeld hat den Aachener Friedenspreis erhalten!)
Die Begründung der Jury des Friedenspreises entspricht auch nicht unserem Geschmack. Es sind nicht unsere Argumente, die da genannt wurden. Wenn davon geredet wird, dass eine Militarisierung der Gesellschaft erfolgt, muss ich sagen: Die Jury des Friedenspreises hat wahrscheinlich keine genaue Vorstellung von dem, was in der Schule passiert und was die Jugendoffiziere da machen.
Das ist sogar eine Beleidigung der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrerinnen und Lehrer; denn man geht dabei davon aus, dass die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerinnen und Lehrer bei dem Besuch eines Jugendoffiziers sofort indoktriniert werden. Erstens glaube ich, dass das von den Jugendoffizieren gar nicht in der Art und Weise betrieben wird, und zweitens sage ich: Selbst wenn sie
es versuchten, wären Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer kritisch genug, um sich diesem Versuch zu widersetzen.
Von daher muss ich sagen, die Jury des Friedenspreises ist etwas über das Ziel hinausgeschossen. Ich finde, wir sollten es so halten, wie es jetzt an der Käthe-Kollwitz-Schule, aber auch an den Schulen praktiziert worden ist, die sich dafür entschieden haben, in ihrem Unterricht Jugendoffiziere in die Auseinandersetzung über die Rolle des Militärs einzubinden: Jede Schule entscheidet selbstständig – wir entscheiden das nicht für sie –, wie sie in ihrem Unterricht die Auseinandersetzung über Krieg und Frieden, über Außen- und Sicherheitspolitik sowie über das Militär gestaltet.
Für uns ist völlig klar, dass die Bundeswehr allein kein ausgewogenes und vollständiges Bild der Außen- und Sicherheitspolitik vermitteln kann. Aber sie kann sicherlich einen Beitrag dazu leisten. Ich bin mir sicher, dass unsere Schulen damit selbstständig, kritisch und souverän umgehen können.
Von daher sage ich: Man kann der Käthe-Kollwitz-Schule in Offenbach dazu gratulieren, dass dort ein politischer Prozess stattgefunden hat. Aber ich glaube, man sollte das nicht so hoch hängen und es nicht zum Ausgangspunkt einer wie auch immer gearteten Gegenwehr gegen die Militarisierung der Gesellschaft machen. Eine solche Militarisierung der Gesellschaft gibt es nämlich wirklich nicht. Unsere Zivilgesellschaft ist kritisch. Es gibt auch keine militarisierenden Tendenzen in der Bundeswehr, sondern sie ist eine Freiwilligenarmee, die vom Deutschen Bundestag getragen wird und damit mittelbar von den Wählerinnen und Wählern in diesem Lande. Von daher passt das alles nicht.
Zu guter Letzt noch ein Hinweis: Auch im Grundsatzprogramm der LINKEN ist eine Armee für Deutschland vorgesehen.
Von daher glaube ich, die Aussage, dass jegliche Armee schlecht sei – dieses Argument hat die Jury genannt –, ist auch nicht im Sinne der LINKEN. Man muss da Maß halten.
Von daher beglückwünschen wir die Käthe-KollwitzSchule dazu, dass sie einen Preis gewonnen hat. Wir wünschen den Beteiligten ein weiteres gutes demokratisches Zusammenleben in ihrer Schule. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann mich dem, was der Kollege May gesagt hat, unmittelbar an
schließen: Ich spreche der Käthe-Kollwitz-Schule herzliche Glückwünsche für die Auszeichnung aus, die sie bekommen hat, sowie dafür, dass sie dort einen demokratischen Prozess in Gang gesetzt und eine Auseinandersetzung darüber geführt haben,
Ich bedauere aber zutiefst, dass diese Auszeichnung im Landtag dazu benutzt wird, eine ideologische Debatte über die Rolle der Bundeswehr zu führen.
Mein erster Vorwurf richtet sich an die LINKEN: Frau Cárdenas, sich hierhin zu stellen und so zu tun, als hätte DIE LINKE eine Offenbacher Schule dazu bewogen, in ihren Gremien entsprechende Beschlüsse zu fassen, finde ich vermessen. Die Käthe-Kollwitz-Schule hat in Offenbach schon Friedensprojektwochen durchgeführt, als man an DIE LINKE überhaupt noch nicht gedacht hat. Das heißt, sie stehen mit dem Beschluss, den sie gefasst haben, in einer guten Tradition.
Die Schülerinnen und Schüler der Käthe-Kollwitz-Schule sind ein Abbild der Offenbacher Bevölkerung. Dort versuchen Menschen aus zahlreichen Nationen und verschiedenen Kulturen, mit unterschiedlichen Religionen, aber auch mit einem ganz unterschiedlichen Aufenthaltsstatus, ein friedliches Miteinander zu realisieren, aufbauend auf Akzeptanz und Toleranz. Die Käthe-Kollwitz-Schule als berufliche Schule hat sich sehr frühzeitig mit dieser Problematik auseinandergesetzt und friedliche Konfliktlösungen sowie den Erwerb sozialer Kompetenzen in den Mittelpunkt ihres Schulprogramms gestellt.
Herr Schork, diese Schule hat im März 2011 in der Gesamtkonferenz und in der Schulkonferenz den Beschluss gefasst, Jugendoffiziere nicht in die Arbeit der Schule einzubinden. Ich weiß nicht, warum es so bemerkenswert ist, dass dieser Beschluss nicht einstimmig gefasst wurde. Es gibt Regelungen dafür, mit welchen Mehrheiten Beschlüsse in einer Schulkonferenz gefasst werden. Das sind Zweidrittelmehrheiten. Dem ist ein Diskussionsprozess vorausgegangen, der, glaube ich, deutlich gemacht hat, dass dort nicht leichtfertig über irgendjemanden hinweg Beschlüsse durchgeboxt wurden. Dieser Beschluss wurde von der Schülervertretung 2012 noch einmal bekräftigt.
Es geht nicht darum, sich für oder gegen die Bundeswehr zu entscheiden, sondern darum, dass Schulen in der Verantwortung für ihre Schüler den besten Weg suchen, um ihnen die Grundlagen eines friedlichen Miteinanders und einer solchen Gemeinschaft zu vermitteln. Den Weg einer privilegierten Partnerschaft zwischen Schule und Bundeswehr, wie er in Hessen vereinbart wurde, haben wir, die SPD, in der damaligen Diskussion abgelehnt; denn Schulen müssen sich im Rahmen ihres pädagogischen Konzepts auch gegen den Besuch von Jugendoffizieren entscheiden können, ohne dafür an den Pranger gestellt zu werden.
Ganz zum Schluss möchte ich sagen: Es ist eigentlich völlig unverständlich, dass gerade die Fraktionen, die sich als
Wegbereiter der selbstständigen Schule rühmen, die Entscheidungen von Lehrkräften, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern kritisieren.
Bei Ihnen hört das selbstständige pädagogische Handeln einer Schule dort auf, wo Ihnen deren Weg nicht gefällt. Das ist entlarvend. Ich will zitieren, was Herr Wintermeyer vorhin gesagt hat. Er hat hier von einer „ideologiegetriebenen Bevormundung“ geredet.