Protokoll der Sitzung vom 07.07.2009

Das mag ja sein. Da stellt man sich die Frage nicht. Ich glaube, wenn ich Entfernungen von 20, 30 km zurückzulegen habe, dann kann ich mich vielleicht mit einem Hybridauto, mit einer anderen Mobilität fortbewegen, als wenn ich in Hessen 250 km von einem zum anderen Punkt zurückzulegen habe. Ich meine, das ist ein Vergleich, der ganz einfach hinkt. Der ist meines Erachtens auch unpassend.

Ich komme nun zum zweiten Punkt, der mir wichtig erscheint, heute erwähnt zu werden. Das ist das Thema CO2-neutrale Landesverwaltung.

Da überrascht es mich doch schon, dass dazu ein Gesetzesvorschlag vorgelegt wird. Denn Sie hätten bei der Nachhaltigkeitskonferenz aufpassen sollen – dort wurde das Projekt der CO2-neutralen Landesregierung beschlossen; ich beziehe mich dabei auf das Protokoll der zweiten Sitzung der Nachhaltigkeitskonferenz vom 3. Juni 2009.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sehr gut!)

Es wurde dort mit dem Vermerk „sofort starten“ beschlossen. Dort saß nicht allein die Nachhaltigkeitskonferenz am Tisch, sondern auch die Regierung saß dabei. Unser Ministerpräsident hat dies mitgenommen, und er wird dies umsetzen. Wofür wollen wir dann noch ein Gesetz machen?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Das ist der grundsätzliche Weg: Die Freiwilligkeit steht vor dem Zwang.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sehr gut!)

Sie wollen ein Gesetz, wir wollen freiwillig handeln.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Genau das unterscheidet uns schon im Ansatz.

Sie haben dann den interessanten Vorschlag einer Abgabe auf Flugreisen unterbreitet. Dabei hat es mich überrascht, dass die Landtagsabgeordneten keine solche Abgabe zahlen müssen.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das machen wir doch schon!)

Oder reisen Sie nicht? Wir werden demnächst insgesamt die Emissionsabgabe haben, auch für die Flugzeuge. In diesem Zusammenhang nehmen wir auch darauf sicherlich Rücksicht.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Wann denn?)

Sie haben das Thema Passivhäuser bei der Landesregierung angesprochen. Wir hatten schon ein Projekt in der Diskussion, das war dieser Anbau beim Finanzministerium. Unser Minister hat ganz klar gesagt: Dies wird nach dem Passivhausstandard gebaut.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Also auch hier ist die Landesregierung schon dabei, jene Punkte umzusetzen, die Sie erst noch gesetzlich regeln wollen.

Noch ein, zwei Anmerkungen zu dem Gesetzentwurf der SPD.

Herr Görig, ein Satz, den Sie laut „FAZ“ irgendwann gesagt haben, sollte Ihnen und allen zu denken geben. Sie haben nämlich gesagt – ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten –, dass „im Hinblick auf Windenergie auch in der eigenen Partei noch einige Überzeugungsarbeit zu leisten“ ist.

Ich glaube, das macht das ganze Dilemma deutlich,

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

das wir haben, wenn wir über diesen Themenkomplex sprechen. Das lösen wir nicht per Gesetz – um das einmal gleich von vornherein klar zu sagen. Wir lösen es auch nicht so, wie es der eine oder andere Bürgermeister der SPD macht: Ich gehe natürlich mit der Parteilinie, ich baue auch ein Windrad, aber bitte nicht dort, wo meine Bürger sind, sondern ganz weit weg, am Rande des Gemarkungsgebietes, damit es die Nachbarn sehen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Genau so ist es!)

Genau ein solches Beispiel haben wir im Kreis Bergstraße. Da müssen wir einfach ehrlich bleiben: Das ist ein Problem.

(Norbert Schmitt (SPD): So ein Quatsch! – Gegenrufe von der CDU)

Herr Schmitt, schauen Sie doch einmal nach Heppenheim, Ihre Heimatstadt. Dort lese ich in der Zeitung: Wir bauen ein Windrad weder ins Ried noch auf die Berge der Bergstraße, sondern hinten, in den Odenwald, kurz vor der Gemarkung von Fürth. – Das sind die Beispiele, die wir nicht haben wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich greife da einmal vor und gehe auf das ein, was Herr Görig gesagt hat. Die Clearingstelle ist ein guter Ansatz. Da können wir mitgehen.Wir haben viel Erfahrung.Wenn wir eine Clearingstelle einrichten, dann werden alle Interessen berücksichtigt. Ich komme später noch einmal darauf zurück.

Dann Ihr Vorschlag zur Änderung des Landesplanungsgesetzes, § 1a Abs. 1 Nr. 6. Dort schreiben Sie, Windkraftanlagen und Anlagen zur Nutzung von Fotovoltaik können überall dort gebaut werden; sie tragen „in erheblichem Maße zum Natur- und Landschaftsschutz bei …, was in einer Gesamtabwägung … zu berücksichtigen ist“. Im Grunde genommen heißt das doch nur, der Natur- und Landschaftsschutz wird dem Bau von Windkraft- oder Solaranlagen untergeordnet.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): So ist es!)

Das ist ein Punkt, bei dem wir nicht mitgehen können. Da werden wir nie zu einer Übereinstimmung kommen. Es gibt andere Interessen. Es gibt auch die Interessen der Menschen.

(Manfred Görig (SPD):Was ist wichtiger?)

Da müssen wir auch sagen: Es gibt die Gleichwertigkeit verschiedener Gesetze, keine Unter- oder Überordnung. Wir brauchen – auch das sage ich – die Windenergie als einen Teil des Energiemix für die Zukunft. Ja, aber wir brauchen die Nutzung der Windenergie im Einklang mit Mensch und Natur, mit denen, die davon betroffen sind.

Lassen Sie mich nun zu den übergreifenden Feststellungen der Gesetzesvorhaben kommen, die wir heute hier diskutieren. Seit einiger Zeit diskutieren wir jetzt in jeder Plenarrunde einmal über Energie.

(Zustimmung der Abg. Ursula Hammann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich stelle dazu nur fest: Die Landesregierung in Hessen hat gehandelt. Mit der Nachhaltigkeitskonferenz hat sie die Diskussion versachlicht. Dort erarbeitet sie unter der Einbindung vieler Hundert Menschen, vieler Hundert Gedankengeber ein Nachhaltigkeitskonzept. Ich sage es noch einmal: Wer dabei war und das Protokoll gelesen hat, weiß, wie wertvoll und gut die Anregungen dort sind, die auch umgesetzt werden.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Diese Nachhaltigkeitskonferenz zeichnet sich durch eines aus, sie sagt: einbinden, motivieren, kommunizieren. Sie sagt nicht: Gesetze erlassen und anschließend durchsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich glaube, das macht den wesentlichen Unterschied unserer Ansätze aus. Es ist wichtig, die Menschen zu überzeugen und sie mitzunehmen.Wir müssen sie freiwillig zur Selbstverpflichtung gewinnen.

Frau Hammann hat dargestellt, wie viele Kosteneinsparpotenziale dabei bestehen – ob das nun Energiesparen ist, ob das der Einsatz von regenerativen Energien ist. Sie hat gesagt, wie viel wir dabei auch persönlich sparen können. Das müssen wir den Menschen nahebringen.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Dann kommen sie und machen dabei mit. Wir dürfen ihnen nicht vorschreiben, dass sie dann, wenn der Ziegel am

Dach kaputt ist, eine Solaranlage auf dem Dach installieren müssen. Das ist der Unterschied zwischen uns und Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Hier wollen wir keine Bevormundung. Wir wollen keine Überreglementierung. Wir wollen die Handlungsspielräume nicht einengen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich sage aber auch dazu, es gibt eine Reihe von Punkten, bei denen wir mit Ihnen ernsthaft diskutieren werden. Dazu gehört das Landeskataster.Dazu gibt es viele Ideen. Dazu gibt es heute schon viele Daten. Da gibt es die Geothermie. Wir wissen, wo der Wind am stärksten und am wenigsten weht.Wir wissen, dass er am stärksten offshore weht.Wir fliegen auch heute schon Gegenden ab und machen ein Kataster, wo man am besten Sonnenenergie gewinnen kann,

(Zuruf der Abg. Lisa Gnadl (SPD))

und Ähnliches mehr. Da gibt es vieles.