Protokoll der Sitzung vom 07.07.2009

Sie haben das Thema Windenergie angesprochen. Es gibt genug Untersuchungen darüber, welche Leistungsträger es überhaupt gibt, um das Minimalziel zu erreichen, das Sie erreichen wollen, nämlich bis 2020 20 % des Endenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energien zu decken. Es gibt nur zwei Energieträger, die es an der Stelle wirklich bringen: Biomasse und Windenergie.Wenn Sie das erreichen wollen, was Sie vorhaben, müssen Sie die Handbremse beim Thema Windenergie lösen. Dann müssen Sie dazu kommen, im positiven Sinne zu diskutieren, wo es geht und wo es nicht geht.

(Zurufe von der CDU)

Das tun Sie aber nicht. Herr Kollege Stephan, Sie sind mit Ihrer Partei immer noch auf dem Weg, auf dem Sie schon die ganze Zeit sind.

(Zurufe von der CDU)

Sie stellen immer das Wort „Windkraftmonster“ nach vorne. Das ist aber keine positive Betrachtungsweise, wenn es um den Klimaschutz geht. Da sind Sie auf dem klimapolitischen Holzweg, und da bleiben Sie auch.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU – Thor- sten Schäfer-Gümbel (SPD): Holzweg ist gut! Die wollen jetzt einen Ablasshandel einführen!)

Das habe ich so verstanden. – Viel mehr, als es eine Windenergieanlage je tun könnte, werden Natur und Landschaft verändert. Herr Kollege Stephan, deshalb erwarte ich, dass Sie Ihre Fraktion überzeugen, dass Sie an der Stelle wirklich positiv mitdiskutieren. Darauf warte ich. Wenn das erreicht wird, wäre schon viel gewonnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Herr Görig. – Für die Landesregierung hat sich Frau Staatsministerin Lautenschläger zu Wort gemeldet. Bitte, Frau Lautenschläger.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen kein energiepolitisches Klein-Klein, bei dem es nur darum geht, in jeder Plenarsitzung einen Teil eines Gesetzentwurfes vorzulegen. Das wird uns in Hessen energiepolitisch nicht weiterbringen. Deshalb wird die Landesregierung einen klar strukturierten Plan vorlegen, wie wir das Ziel „Erneuerbare Energien: 20 % bis 2020“ erreichen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Dazu brauchen wir nicht jeden Tag einen neuen Vorschlag, der von der Landesregierung schon umgesetzt wird und nun noch mit einem Gesetz untermauert werden soll.Auch das muss hier einmal betont werden.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Das Thema CO2-neutrale Landesverwaltung wurde in einem ganz intensiven – –

(Lebhafte Zurufe von der SPD)

Hören Sie doch einfach einmal zu.Vielleicht ist auch für Sie eine zusätzliche Information dabei, was schon gemacht wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Das Thema CO2-neutrale Landesverwaltung wurde in einem mehrmonatigen Prozess im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung vorbereitet. Liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, ich empfehlen Ihnen, beim Thema CO2-neutrale Landesverwaltung einmal mit Ihrem ehemaligen Kollegen Baake zu sprechen, der in der Pressekonferenz für die Deutsche Umwelthilfe sehr deutlich gesagt hat, so weitgehend, wie das hier in Hessen ausgearbeitet wurde, hat er es noch in keinem Bundesland oder auf Bundesebene gesehen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das macht deutlich, dass wir keinen neuen Gesetzentwurf brauchen, sondern eine klare Strategie, wie das umgesetzt wird. Die Landesregierung hat die Ziele und Projekte der

Nachhaltigkeitsstrategie mit einem Kabinettsbeschluss nachdrücklich untermauert, damit deutlich wird, dass die Landesregierung die Ziele der Nachhaltigkeitsstrategie übernimmt und sie in den nächsten Jahren umsetzt.

Zum Zweiten will ich darauf aufmerksam machen, dass der Klimaschutz nicht allein die Stromerzeugung betrifft. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist das eine; der Klimaschutz betrifft aber auch die Energieeffizienz. Deswegen bezieht sich das Ziel „Erneuerbare Energien: 20 % bis 2020“ auf den Endenergieverbrauch und nicht allein auf den Stromverbrauch.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ohne Verkehr!)

Ja, ohne Verkehr. Liebe Kollegin Hammann, wenn Sie im Programm der GRÜNEN über den Strom sprechen, haben Sie den Verkehr, die Elektromobilität gerade nicht mit eingerechnet. Sie gehen von einem zurückgehenden Stromverbrauch aus, aber Sie haben nicht eingerechnet, was alle Experten sagen, dass wir nämlich wahrscheinlich auch in Zukunft einen eher steigenden Stromverbrauch haben werden, wenn die Wirtschaft normal läuft und die Elektromobilität tatsächlich kommt, was wir hoffentlich alle wollen. Deswegen setzt die Landesregierung beim Thema Elektromobilität einen Schwerpunkt in der Umsetzung. Auch das gehört dazu. Das wird aber nicht vom Energieforum bearbeitet, sondern an einer anderen Stelle, nämlich von der Gruppe, die sich mit dem Thema Elektromobilität befasst. An der Stelle wollen wir einen großen Schritt weiterkommen.

Ich will aber noch einmal deutlich machen: Das Thema Energieeffizienz scheint mir bei Ihren Gesetzentwürfen völlig ausgeblendet worden zu sein.

(Widerspruch bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

40 % des Endenergieverbrauchs entfallen in Deutschland allein auf Raumheizung und Warmwasserversorgung. Ich will deshalb noch einmal darstellen, was das für das Thema Energieeffizienz bedeutet.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Hessen gibt es rund 1,3 Millionen Wohngebäude mit rund 2,8 Millionen Wohnungen. Die Hälfte davon sind Gebäude mit drei oder mehr Wohnungen. 74 % der Gebäude, bezogen auf die Fläche, wurden vor 1978 gebaut, also zu dem Zeitpunkt, als erste Anforderungen an den Wärmeschutz für Neubauten formuliert wurden, und 19 % der Gebäude wurden nach Inkrafttreten der Wärmeschutzverordnung 1995 gebaut.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Das heißt, rund 14,5 Millionen t CO2 werden jährlich ausgestoßen, wenn diese Wohngebäude beheizt und ihre Bewohner mit Warmwasser versorgt werden. Deswegen ist es besonders wichtig, dass wir ein ganz großes Augenmerk auf das Thema Energieeffizienz und -einsparung legen.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Wenn Sie für Neubauten den Passivhausstandard festlegen wollen, sage ich Ihnen: Wir haben das längst aufgenommen. Unser Ziel ist, den Passivhausstandard für Neubauten umzusetzen, das sogenannte 10-l-Haus.

(Lebhafte Zurufe von dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Schreien Sie doch nicht so viel dazwischen. Mit Mikrofon bin ich immer lauter als Sie. Hören Sie doch einfach einmal zu.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Neubauten sind aber eben nur ein kleiner Teil des Gebäudebestandes.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist es!)

Wenn Sie über den Gebäudebestand sprechen,ist es unser Ziel, sowohl mit Beratungs- und Aufklärungsarbeit als auch mit unterstützenden Programmen höchstmögliche Energieeffizienz zu erreichen. Dabei ist es nicht ausreichend, vorzugeben, welche erneuerbare Energie verwendet und in welchem Umfang sie genutzt wird. Das hört sich auf den ersten Blick vielleicht ganz nett an, z. B. die Marburger Solarsatzung. Richtig ist aber, dass Sie in jedem Einzelfall prüfen müssen, was die effizienteste Maßnahme ist und wie mit den zur Verfügung stehenden Mitteln das Ziel im Sinne des Klimaschutzes am sinnvollsten erreicht werden kann. Das muss nicht immer die Solaranlage auf dem Dach sein, das kann genauso der Brennkessel sein, das kann auch die Nutzung der Kraft-WärmeKopplung sein. Das bedeutet also, Energie rationell zu verwenden, innovative Techniken einsetzen, Modernisierungen vorzunehmen und moderne Wandlungstechniken zu nutzen, von den Mikrogasturbinen bis zur Brennstoffzelle.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Lebhafte Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Dorn?

(Ministerin Silke Lautenschläger: Gerne!)

Frau Ministerin, vielen Dank. – Ist Ihnen bekannt, dass in der Solarsatzung genau die Dinge, die Sie eben erwähnt haben, berücksichtigt sind, dass es eben nicht nur um Solarzellen geht, sondern um vielfache Möglichkeiten der Wärmedämmung, der Erzeugung regenerativer Energie usw.?

Sehr verehrte Frau Kollegin Dorn, wenn Sie die Landtagsanhörung der Experten auswerten, dann sehen Sie, dass das Thema Energieeffizienz da eine ganz große Rolle gespielt hat. Damals ist auch deutlich geworden, dass das Ziel nicht allein über Vorgaben erreicht werden kann.

(Widerspruch bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Gut, aus der Sicht der Landesregierung kann das so nicht erreicht werden. – Deswegen werden wir die Potenziale sowohl in den Bereichen Biomasse, Windkraft, Solarthermie als auch in den Bereichen Fotovoltaik und Geothermie erheben – Projekt Energie-Forum –, um festzustellen, was das Land Hessen in den nächsten Jahren hier beitragen kann, und gleichzeitig das Thema Energie

effizienz vorantreiben. Dabei wird auch der große Brocken beim Energieverbrauch, den ich vorhin genannt habe, nämlich die Wärme- und Warmwassererzeugung, berücksichtigt. Ich bitte Sie aber, redlich mit den Zahlen umzugehen und nicht über 100 % erneuerbare Energien im Bereich Stromerzeugung zu sprechen, wenn wir tatsächlich über einen Anteil von 40 % beim Endenergieverbrauch allein für die Wärmeversorgung reden.

(Beifall bei der CDU)

Frau Ministerin, die Redezeit der Fraktionen ist erschöpft.

Ich will noch einige wenige Anmerkungen machen. – Die Landesregierung hat im Übrigen nicht nur das Projekt „CO2-freie Landesverwaltung“ bereits auf den Weg gebracht – einen Modellversuch, bei dem sie vom Bundesministerium im Zusammenhang mit dem Thema Elektromobilität ausgewählt wurde –, sondern sie geht dem Thema selbstverständlich auch bei den Unternehmen nach. Dabei geht es um die CO2-neutrale Fabrik, für die hier ein Handlungsleitfaden entwickelt wurde. Aufgrund der Umweltallianz Hessen und auch der Nachhaltigkeitsstrategie sind die Unternehmen gefordert, die Produktionsprozesse umzustellen.

Herr Kollege Görig, ich will aber auch noch einmal deutlich machen, dass wir es für falsch halten, den absoluten Vorrang der erneuerbaren Energien zu verankern.Ich bin übrigens überrascht, dass Sie das im Landtag wieder einbringen. Außer Herrn Scheer hat diese Position, zumindest bei der Gesetzgebung zum Bundesnaturschutzgesetz, kein anderes Bundesland vertreten. Kein anderes Bundesland – auch nicht die SPD-geführten Länder – hat diesen Anträgen entsprochen. Selbst der Kollege Gabriel hat das nicht mit ins Bundesnaturschutzgesetz aufgenommen.