Bei aller Freude über unseren Erfolg ist dennoch nüchtern zur Kenntnis zu nehmen, dass wir heute über einen Kompromiss beschließen werden. Im Vergleich zum ur
sprünglichen Antrag der LINKEN fehlt insbesondere das explizite Bekenntnis zur Notwendigkeit eines Armutsund Reichtumsberichts. Dass der laut Antrag zu erstellende Sozialbericht über die bisherigen Armuts- und Reichtumsberichte hinausgehen soll, gibt Raum für verschiedene Interpretationsmöglichkeiten. Im vorliegenden Antrag fehlt jedenfalls die in unserem Gesetzentwurf enthaltene Forderung nach einer Analyse der Verteilung von Einkommen und Vermögen.
Zweitens. Die Formulierung des vorliegenden Antrages, „einzelne Bevölkerungsgruppen“ zu untersuchen, kann auch so verstanden werden, dass eben nicht alle Bevölkerungsgruppen in die Analyse einzubeziehen sind. Armut tritt in vielfältiger Form in Erscheinung und ist keineswegs auf bestimmte Bevölkerungsgruppen beschränkt. Der Rat der Europäischen Union hat im Jahr 2005 nicht ohne Grund ausdrücklich auf die Notwendigkeit der Bekämpfung von Armut von Erwerbstätigen hingewiesen.
Drittens fehlt die in unserem Antrag vorgesehene Darstellung der Armut öffentlicher Kassen – ein Problem, welches Sie, meine Damen und Herren von der rechtskonservativen und der neoliberalen Fraktion gerne ausblenden würden, würde es doch unzweifelhaft Ihre steuerpolitische Misswirtschaft herausarbeiten.
Aber im Übrigen ist es kein Zufall,dass im Gesetzentwurf der GRÜNEN der Punkt Armut der öffentlichen Kassen auch ausgeblendet ist.Seine Berücksichtigung hätte transparent gemacht,wer angefangen hat,die öffentlichen Kassen systematisch in die Verschuldung zu treiben – die SPD und die GRÜNEN unter Schröder, Eichel und Fischer durch die enorme Steuersenkung für Unternehmen und die Besser- und Höchstverdiener.
Verschärft werden die Verteilungsdisparität und insbesondere die Wohlstandsverluste und Armut durch die derzeitige Wirtschafts- und Finanzmarktkrise. Die Situation der Armen wird sich weiter verschärfen, denn eines ist klar: Die Formel „Steuersenkung und Haushaltssanierung“ bedeutet Sozialabbau und weitere Kürzungen.
Vor diesem Hintergrund ist es erfreulich,dass am Ende einer Diskussion,die dann doch noch konstruktiv geworden ist, im Ausschuss ein Antrag zustande kam, der zwar nach unserer Ansicht weit hinter dem zurückbleibt, was möglich gewesen wäre. Die LINKE trägt diesen Antrag trotzdem mit, da die Intention in die richtige Richtung geht
und wir die Chance sehen, mit diesem Anfang einen genaueren Blick auf die Lebensbedingungen der Menschen in unserem Land zu bekommen. Insofern wird es spannend sein, zu beobachten, welche Handlungsempfehlungen die Hessische Landesregierung zukünftig aus dem ersten Bericht ableiten wird.Danach wird festzustellen sein, wie tauglich dieser Landessozialbericht tatsächlich ist.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Hessen bekommt einen Landessozialbericht, den die Hessische Landesregierung erstellt. Warum braucht Hessen einen eigenen Landessozialbericht? – Wir haben den des Bundes,und der ist mehr als ausführlich.Der wird weiterentwickelt,ist wissenschaftlich fundiert und gibt mit Sicherheit jeder Fraktion hier im Hause genug Argumente, um ihr Weltbild ausreichend fundiert darzustellen.
Warum brauchen wir einen Landessozialbericht in Hessen, warum brauchen wir ein eigenes Modell dazu? – Weil wir andere Fragestellungen haben als der Landessozialbericht, den der Bund für uns erstellt. Man könnte ganz einfach ins Internet gehen, könnte unter www.amtliche-sozialberichterstattung.de von den Statistischen Landesämter all die Daten, die es für Armuts- und Reichtumsberichterstattung des Bundes gibt, leicht abfragen. Es fehlen dort nur die Daten der europäischen Sozialberichterstattung, denn die Dateigrößen sind nicht ausreichend, um für alle Bundesländer die betreffenden Daten zu hinterlegen.
Man könnte ohne Ende Zahlen aneinanderreihen. Man könnte die Armutsgefährdungsquote unter verschiedenen sozialdemografischen Merkmalen – Geschlechtstypen, Erwerbseinkommen, Staatsangehörigkeit – in Hessen darstellen. All diese Dinge sind eigentlich vorhanden und können jederzeit abgerufen werden.
Das Ziel einer Sozialberichterstattung ist die Darlegung eines gesellschaftlichen Bildes, das sich – und das ist für uns als Landespolitiker wichtig – auch sozialräumlich und regional nachvollziehen lässt. Da sind wir bei dem Thema Weiterentwicklung.
Wir brauchen eine Sozialberichterstattung, die uns als Landespolitikern die Möglichkeit gibt, die Ressourcen optimal zu steuern.
Das ist ein Punkt. Des Weiteren muss uns natürlich auch die Möglichkeit eröffnet werden, zu sehen, wie sich die Problemlagen über einen gewissen Zeitraum entwickeln und ob sie derzeit überhaupt richtig eingeschätzt sind.
Das ist ein ambitioniertes Ziel, das wir uns gesetzt haben. Ich kann Minister Banzer nur viel Glück wünschen, dass es ihm auch gelingt, in dem Rahmen, den wir ihm gesetzt haben, den Forderungen gerecht zu werden, die wir formuliert haben. Das ist kein leichter Weg. Herr Banzer, ich möchte hoffen – und glaube, bei Ihnen sind wir da auch an der richtigen Stelle –, dass Sie diesen Beirat frühzeitig einberufen, den wir festgelegt haben, um sich schon frühzeitig Informationen zu holen und die Fachleute einzubinden, die Wissenschaftler und Kirchen, die Verbände, um
Wir als FDP- und CDU-Fraktion haben uns vorgenommen, dieses Thema konstruktiv zu bearbeiten. Wir haben uns sehr genau angeschaut, was die anderen Fraktionen vorgeschlagen haben und welche Stellungnahmen dazu abgegeben wurden. Mit unserer Zielrichtung, die vielleicht nicht hundertprozentig mit allen anderen übereinstimmt, haben wir versucht, eine Grundlage für eine staatliche Sozialberichterstattung zu formulieren. Das ist immer ein Prozess, den wir begleiten und weiterentwickeln müssen. Diese Aufgabe wollen wir dauerhaft und positiv begleiten.
An dieser Stelle kann man gar nicht sehr viel mehr sagen. Die eigentliche Debatte wird erst dann entstehen,wenn er uns vorliegt, zusammen mit den Handlungsempfehlungen und zu treffenden Zielvereinbarungen, wie wir das zu Beginn formuliert haben.
Ganz wichtig – das haben uns auch die Fachleute bestätigt – ist in dieser Diskussion die kommunale Ebene.
Denn wir alle wissen, landespolitisch kann Sozialarbeit nur in der Zusammenarbeit mit den Kommunen umgesetzt werden. Da gibt es viel Handlungsraum. Wir haben vieles kommunalisiert. Vielleicht kann man im Zuge dieser Sozialberichterstattung die Berichterstattung der Kommunen zur Kommunalisierung ein bisschen überarbeiten und schauen, ob wir dann schon die Rohdaten bekommen können, die wir für einen aussagekräftigen Bericht benötigen.
Ich möchte mich an dieser Stelle aber noch für die konstruktive Zusammenarbeit mit der CDU, dem Ministerium und vor allem auch mit den anderen Fraktionen bedanken.
Auf eines möchte ich noch hinweisen: Im Sozialausschuss haben wir nicht nur den Landessozialbericht sehr konstruktiv begleitet. Das wird der Ausschussvorsitzende bestimmt bestätigen können. Wir haben uns auch beim Thema Erzieherinnen sehr konstruktiv verhalten. Das Klima im Sozialausschuss ist außerordentlich gut.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir begrüßen ganz außerordentlich den Erkenntnisfortschritt der Mehrheit in diesem Hause, nunmehr einer Armuts- und Reichtumsberichtserstattung, erweitert in Richtung auf eine Sozialberichterstattung in Hessen, zu folgen.
Meine Damen und Herren, wenn das mit all den guten Vorschlägen der Sozialdemokratie passiert – dass es zwar zehn Jahre dauert, aber Sie dann doch einsehen, dass wir recht haben –, dann sehen wir mit großem Interesse der Entwicklung in den nächsten Jahren entgegen, was dann noch alles in Hessen passiert. Ich beglückwünsche Sie dazu und hoffe, dass das weitergeht.