Protokoll der Sitzung vom 08.07.2009

Frau Kollegin Enslin,deshalb heute keine Zustimmung zu diesem Antrag, aber das Angebot, offen und konstruktiv mit Ihnen gemeinsam über die Frage der Reformierung des KFA in Zukunft zu diskutieren. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Reinhard Kahl (SPD): Das können Sie doch gar nicht!)

Schönen Dank, Herr Kollege Blum. – Für eine Kurzintervention hat sich Herr Siebel gemeldet.

(Günter Schork (CDU): Jetzt kommt der ICEBahnhof dran!)

Lieber Leif Blum, aus Teilen deiner Rede atmete eine große Sehnsucht nach Opposition heraus

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

und nach einer großen Ratlosigkeit, wie man mit einem Vorgang umgehen soll, mit dem die FDP konfrontiert ist. Da du keine Zwischenfragen zugelassen hast:

(Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Die FDP-Fraktion im Kreis Bergstraße hat, unterzeichnet von Frank Sürmann, einen Antrag eingebracht, in dem es heißt:

Der Kreistag des Kreises Bergstraße fordert das Land Hessen auf, auf die im aktuellen Finanzplan des Landes Hessen für die Jahre 2008 bis 2012 vorgesehene Kürzung des Kommunalen Finanzausgleichs um jährlich 40 Millionen c landesweit zu verzichten,

(Günter Schork (CDU): 40 Millionen c?)

danke schön für deinen Hinweis –,

jährlich 400 Millionen c landesweit zu verzichten, bis der Kommunale Finanzausgleich neu geregelt ist.

Lieber Leif Blum, es ist doch fürchterlich einfach. Es wehrt sich doch niemand gegen Verhandlungen,weder die Kommunalen Spitzenverbände noch die kommunalen Kreistage und Städte. Es geht um folgenden Topos. Das will ich herausarbeiten, weil der Finanzminister gleich die Möglichkeit hat, dazu etwas zu sagen.

Er ist hergegangen und hat die Veröffentlichung der Finanzplanung vorgenommen, ohne vorher mit den Kommunalen Spitzenverbänden dazu auch nur ein Wort zu reden. Das ist eine Stilfrage, die so eben gerade nicht geht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

Das ist nicht die Voraussetzung für Gespräche, wie sie von Ihnen allen jetzt eingefordert sind, sondern die Voraussetzungen für Gespräche sind die, dass diese Kürzungen – dazu haben Sie mit dem Kabinett die Möglichkeit – zurückgenommen werden. Dann sind offene Gespräche jederzeit möglich.

Lieber Leif Blum, insofern gibt es natürlich noch einen Weg. Man kann offensichtlich in zwei Minuten mehr sagen als in zehn. Das war mein bescheidener Versuch dazu. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Das Wort hat der Finanzminister.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ein bisschen habe ich mich jetzt über die letzte Intervention gewundert. Worüber hätten wir diskutieren sollen, wenn ich nicht sage, wie viel wir haben wollen?

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist ja super! – Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass die Kommunen dem Land Hessen freiwillig Geld anbieten,ist ziemlich ausgeschlossen.Also muss einer einmal sagen, was Verhandlungsgrundlage sein soll. Und das habe ich gemacht.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist Dialog!)

Zweiter Punkt ist – ich weise alle Landtagsabgeordneten darauf hin –, wir haben die Interessen des Landes Hessen zu vertreten.

(Beifall bei der CDU)

Ich finde eigentlich, dass es schon grenzgängig ist,

(Reinhard Kahl (SPD):Wir auch!)

dass die Fakten eindeutig dafür sprechen, dass das Land im Vergleich zu allen anderen Bundesländern zu schlecht bei der Steuerverteilung wegkommt. Wir haben über Jahre extrem kommunalfreundlich gesagt, es mag dabei bleiben. Wir müssen aber jetzt mit der Situation fertig werden, dass es auf die Dauer so nicht weitergehen kann, weil sich die Schere weiter auseinanderentwickelt. Das ist doch ein Faktum. Natürlich können Sie sich auf die Seite der Kommunen schlagen und Resolutionen machen.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Das ist auch ausdrücklich okay, wenn das einer aus der kommunalen Familie macht. Ich bin völlig unaufgeregt bei der Frage. Denn wer würde das im privaten Leben, wenn jemand kommt und ihm sagen würde: „Also jetzt

weniger Geld“,klaglos hinnehmen? Man muss davon ausgehen, dass das die Reaktion ist.

Mein Job als Finanzminister ist es an der Stelle, dass ich, wenn ich objektiv offensichtliche Ungleichgewichtigkeiten sehe, sie darlege, die Forderung darstelle und anschließend mit den Beteiligten darüber rede – was wir auch machen –, das zu tun.

Übrigens habe ich seit vielen Jahren bei allen Gesprächen mit den Kommunalen Spitzenverbänden auf dieses Ungleichgewicht mit Zahlen hingewiesen.Es ist nicht so,dass irgendeiner davon überrascht wird. Wer sich übrigens seine Freunde in der kommunalen Familie aussucht, sollte vielleicht einmal schauen, dass die in der Vergangenheit auch ein bisschen anders agiert haben. Herr Kahl hat ausweislich einer ausführlichen Pressemitteilung in der kommunalen Familie zu einem Zeitpunkt, als er noch glaubte, Finanzminister zu werden, Folgendes gesagt:

An der Verbundmasse von 23 % wird nicht gerüttelt. Dies habe die SPD auch im Landtagswahlkampf bereits so verkündet. Nicht auszuschließen ist nach Einschätzung von Kahl eine Überfrachtung des Kommunalen Finanzausgleichs mit landespolitischen Aufgaben. Dies werde aber nur im Einzelfall und jeweils nach Anhörung der Kommunalen Spitzenverbände geschehen. Der Kommunale Finanzausgleich bestehe im Übrigen nicht nur aus Schlüsselzuweisungen,

(Zuruf von der FDP: Hört, hört! – Zuruf von der SPD)

was auf Deutsch heißt, man wolle von den Kommunen natürlich Geld haben.

Meine Damen und Herren, so ändern die Sitzordnung im Landtag und die Frage der Einflussmöglichkeiten das Bewusstsein an der Stelle.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir haben im zuständigen Ausschuss schon häufig darüber gesprochen. Das ist doch unstreitig. Ich will sozusagen die Fakten zu Protokoll vortragen.

Herr Minister, gestatten Sie Zwischenfragen?

Nein, jetzt lassen Sie mich einmal die Fakten vortragen. Ich mache es auch ganz ruhig und versuche, es hier darzulegen.

Erster Punkt. Da die Kommunen mit ihren Steuereinnahmen, die sie haben, zu 64 % bei der Bemessungsgrundlage des Länderfinanzausgleichs berücksichtigt sind, hat das Land Hessen in den Jahren 2007 und 2008 jeweils über 400 Millionen c in den Länderfinanzausgleich für Steuern bezahlt, die die Kommunen eingenommen haben.

Übrigens ist in dieser Sache auch etwas Falsches behauptet worden. In diesem Rundschreiben wurde gesagt, die Kommunen würden die Lasten des Landes aus dem LFA über den Steuerverbund unmittelbar mittragen. Das stimmt so nicht, bzw. unsere Rechnung nimmt das ausdrücklich aus. An dieser Stelle haben wir eine reine Nettorechnung gemacht, damit hier überhaupt kein Zweifel

bestehen kann. Sonst wäre dieser Betrag viel höher. Wir bezahlen fast 500 Millionen c.

Ich sage einmal in diese Runde hinein und jedem Außenstehenden – unabhängig davon, dass niemand gerne Geld abgibt –, ich muss auf das Faktum hinweisen, dass wir fast 500 Millionen c in den Länderfinanzausgleich für Mittel einzahlen, die die Kommunen einnehmen und von denen das Land gar nichts hat. Es muss doch erlaubt sein, dies zu bemerken.

Ein zweiter Punkt, der damit korrespondiert: Die Steuereinnahmen der Kommunen sind in den letzten Jahren um über 10 % gestiegen, und in den Jahren zuvor war es relativ vergleichbar, die des Landes nur um 6,3 %.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Bei den Kommunen sind es 10,5 %, beim Land nur 6,3 %. Damit auch das klar ist: Der kommunale Finanzausgleich ist von 2,5 Milliarden c im Jahr 2006 auf 3,3 Milliarden c im Jahr 2009 gestiegen. Meine Damen und Herren, das sind 800 Millionen c, dazu die Steuereinnahmen, die entsprechend hochgegangen sind. Die Kommunen haben also in den letzten Jahren gewaltige Geldzuflüsse gehabt, und wir haben das akzeptiert.

Am Ende aber argumentieren Sie nicht ganz vollständig, und ich setze mich damit bewusst auseinander. Man sagt: Wenn es den Kommunen gut geht, geht es auch dem Land gut. – Ja, solange das Land seine Aufgaben auch noch annähernd erfüllen kann. Denn auch wir haben natürlich Aufgaben zu erfüllen, die für die Zukunft dieses Landes konstitutiv sind. Dazu gehört beispielsweise der ganz große Bereich Bildung, dazu gehören Schule und Hochschule; dazu gehört die soziale Infrastruktur, die Infrastruktur allgemein. Hören Sie also damit auf. Im Moment bezahlen wir das Dreifache im Bereich Soziales gegenüber dem Jahr 2004. Das ist an dieser Stelle alles bestens abgedeckt.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))