Völlige Verantwortungslosigkeit markiert die schwarzgelbe Ethik in der Finanzpolitik. Meine Damen und Herren, genau so nehmen Sie Ihre Verantwortung gegenüber künftigen Generationen wahr. Bei diesem Test sind Sie wahrlich mit Pauken und Trompeten durchgefallen.
Weiter steht übrigens in diesem famosen Koalitionspapier: „Wir halten am Ziel der Beendigung der Nettoneuverschuldung fest...“ – mit neuen Schulden von rund 14 Milliarden c in einer Legislaturperiode. – Die zweite Hälfte des Satzes steht nicht mehr in der Koalitionsvereinbarung. Die steht jetzt im Finanzplan dieses Finanzministers.
Meine Damen und Herren, angesichts dieser Daten aus dem Finanzplan, die ich Ihnen eingangs vortragen musste, ist das schlicht und einfach der blanke Hohn. Die Regierung hält sich überhaupt nicht an die eigene Vereinbarung, an das Wahlversprechen erst recht nicht. Insoweit lautet es auch korrekt: Unser Wort gilt nichts.
Von der in derselben Koalitionsvereinbarung angekündigten Aufnahme des Verschuldungsverbots in die Hessische Verfassung ist aktuell keine Rede mehr. Auch hier wird der Text des Koalitionsvertrags offensichtlich als dummes Geschwätz längst zur Makulatur.
Der Finanzminister glaubt ebenso wenig noch daran, wenn er als letzten Satz seiner Presseerklärung anlässlich der Präsentation des Haushaltsentwurfs jammert:
Nur wenn wir den eingeschlagenen Sparkurs sukzessive verschärfen und wenn die Steuereinnahmen wieder steigen, wird es uns gelingen, das angepeilte Ziel eines schuldenfreien Landeshaushalts zu erreichen.
Meine Damen und Herren, das ist nichts anderes als die Kapitulation des Finanzministers vor den von ihm selbst geschaffenen Problemen – oder in anderer Weise physikalisch ausgedrückt: Das schwarze Loch ist unerbittlich.
Die Versuche, die jetzt gemacht werden, alles auf die notwendige Ankurbelung der Konjunktur zu schieben, gehen natürlich am Kern des Problems völlig vorbei.
In allen meinen Haushaltsreden der letzten Jahre – deswegen glaubt der Kollege Blum ja auch, er könne sie
schon antizipieren – habe ich immer wieder auf das strukturelle Defizit des Haushalts hingewiesen. Man mag über dessen genaue Höhe streiten, aber auf jeden Fall ist es unstrittigerweise auf deutlich mehr als 1 Milliarde c zu beziffern.
Und natürlich begegnet es uns auch in diesem Haushaltsentwurf wieder.Wenn wir Weimars Aussage glauben wollen, dann kostet ihn die Krise, großzügig gerechnet, 2,2 Milliarden c. Wenn jetzt aber bei einer Investitionssumme von rund 1,6 Milliarden c zusätzlich 1,8 Milliarden c für konsumtive Ausgaben, in der Gesamtsumme also 3,4 Milliarden c, an Krediten aufgenommen werden, dann grüßt aus diesen Zahlen täglich – nicht das Murmeltier, sondern immer wieder das allgegenwärtige und natürlich noch immer bestehende strukturelle Defizit des hessischen Landeshaushalts.
Herr Weimar, Sie bekommen es nicht in den Griff. Nachdem die Vermögenswerte verkauft, die Rücklagen aufgelöst sind, feiert das strukturelle Defizit immer noch fröhliche Urständ.
Meine Damen und Herren, bei der letzten Haushaltsrede habe ich Ihnen bereits viel über den weimarschen Missbrauch des Wortes „Konsolidierung“ erzählt und nachgewiesen, gestützt auf den ehemaligen Kollegen von Hunnius, dass bislang in der weimarschen Finanzwirtschaft noch keinerlei ernsthafte Konsolidierungsbemühungen stattgefunden haben. Das hindert unseren Finanzminister natürlich noch lange nicht, erneut zu behaupten, mit dem Haushalt 2010 werde ein „Weg der Konsolidierung“ eingeschlagen.
Verehrter Herr Weimar, Sie zeigen sich wirklich ein bisschen zu renitent – ich würde fast sagen: auch zu ignorant. Deshalb nochmals zum Mitschreiben für alle:
Konsolidierung ist es nur, wenn die Ausgaben weniger werden und man nicht mehr Geld pumpt als im Vorjahr.
Diese durchaus einfachen Kriterien werden von dem Haushaltsentwurf 2010 in keiner Weise erfüllt. Also ist er auch kein Konsolidierungshaushalt, sondern klar ein Verschuldungshaushalt.
Ständig im Widerspruch zu den Fakten – da hilft auch der Regierung ein gebetsmühlenartiges Wiederholen des Begriffs „Konsolidierung“ im falschen Zusammenhang nichts. Das ruiniert nur das Image.
Soweit davon nur die schwarz-gelbe Regierung betroffen ist, könnte es uns GRÜNEN ja noch recht sein und durchaus gefallen. Das Bedauerliche ist aber, dass dadurch die Politik insgesamt in Verruf gerät und auch das Bild des einstmals geachteten und als Vorbild bewunderten Landes Hessen immer mehr verschandelt wird.
Herr Finanzminister, von diesem Schaden können Sie auch nicht dadurch ablenken, dass Sie immer andere für Ihre Fehler verantwortlich machen.
Meine Damen und Herren, wenn wir jetzt bei der Frage von Wirkung und Verlässlichkeit der Politik, insbesondere der Finanzpolitik, sind, dann muss man sich unbedingt die aktuellen Debatten anschauen, die jetzt im Wahlkampf stattfinden.
Ich sagte es bereits: Der Wahlkampf ist in vollem Gange. Es ist die Zeit, in der das sogenannte bürgerliche politische Lager, also das schon vorgeführte gefährliche Schwarz-Gelb, die Wählerinnen und Wähler besonders dreist für dumm verkaufen will.
Wir strudeln im Bund und im Land in das schwarze Schuldenloch – und zugleich überbieten sich diese Parteien in Versprechen auf Steuersenkungen. Obwohl die staatlichen Einnahmen bei Weitem nicht ausreichen, um die Ausgaben zu bestreiten,sollen nach dem Willen von CDU und FDP diese Einnahmen vorsätzlich und mutwillig deutlich verringert werden.
Wenn man das ernst nähme, dann hätten wir es mit einer Ankündigung der Plünderung des Staates und damit des Vermögens der gesamten Gesellschaft zu tun, einer Plünderung zugunsten bestimmter Klientelgruppen, die an einem armen und überschuldeten Staat interessiert sind.
Meine Damen und Herren, oder aber wir nehmen das nicht ernst. Dann ist es ein wiederholter Beweis dafür, dass das Versprechen, das man lesen kann – „Unser Wort gilt“ –, glatt gelogen ist. Hier müsste es richtig heißen: Unser Wort gilt nichts.
Schauen wir also konkret die steuerpolitischen Verheißungen der Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer – in einer finanzpolitischen Debatte gehören sie allemal dazu – doch einmal genauer an.
CDU und CSU wollen den Eingangssteuersatz um weitere 2 Prozentpunkte auf 12 % absenken, den Tarifverlauf abflachen und den Spitzensteuersatz auf 42 % zurückführen. Alles in allem kostet dies nach Aussage des Bundesministers der Finanzen gut 50 Milliarden c im Jahr. Über den Daumen gepeilt wären das 1,6 Milliarden c Einnahmeverlust für das Land, für den Landeshaushalt, und zusätzlich nochmals 400 Millionen c weniger im Kommunalen Finanzausgleich für die hessischen Städte und Kreise. Da von der CDU keinerlei Angaben zur Gegenfinanzierung gemacht werden, muss man derzeit von diesen Zahlen ausgehen.
Meine Damen und Herren, noch toller – wer hätte es anders erwartet? – treibt es die FDP mit ihren Ankündigungen. Hier soll der Eingangssteuersatz auf 10 %, also doppelt so stark wie bei der CDU, abgesenkt werden. Dann folgt aber keine lineare Progression, sondern es folgen eine zweite Stufe mit 25 % und eine dritte Stufe mit 35 % – in der Spitze also eine Senkung des Steuersatzes um 10 Prozentpunkte gegenüber dem Istzustand. Bereits das ist natürlich typisch FDP: dass die großen Einkommen zweieinhalbmal so stark entlastet werden wie die kleinen.
Aber das ist noch lange nicht alles. Die Abschaffung der Gewerbesteuer, die Senkung der Körperschaftsteuer und ein Wettlauf zwischen den Bundesländern um die geringste Erbschaftsteuer – das sind weitere Schmankerln im Wahlangebot der FDP für ihre besser verdienende Klientel.
Nach Feststellungen des Bundesministeriums der Finanzen summieren sich die Versprechen der Blau-Gelben auf jeden Fall auf rund 100 Milliarden c staatliche Einnahmeverluste im Jahr. Das würde nicht nur zum Bankrott selbst der wohlhabenden Kommunen führen, sondern schlüge beim Land Hessen nochmals mit rund 3 Milliar
Auch bei der FDP gibt es keinerlei Aussagen zur Gegenfinanzierung, außer dem Versprechen – man höre und staune –, dass die sinkenden Steuern zu höheren staatlichen Einnahmen führten.
Meine Damen und Herren, eine durchaus merkwürdige Aussage – zumal von einer Partei, bei der Steuerhinterziehung nicht als unehrenhaft gilt.
(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der FDP)
Deshalb ist es der FDP wohl auch egal, dass ihre steuerpolitische Bilanz der letzten Jahre ein einziges Fiasko ist.
Gemäß dem Motto „Unser Wort gilt nichts“ müssen wir uns aber darauf zum Glück nicht ernsthaft einstellen. Denn traditionell besteht bei der FDP die allergrößte Differenz zwischen Versprechen und Wirklichkeit, und zwar ganz besonders bei den Steuern. Von sechs Erhöhungen der Mehrwertsteuer in den letzten 40 Jahren war die FDP fünfmal mit dafür verantwortlich und hat den Steuererhöhungen zugestimmt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Deswegen sind sie ja so sauer!)
Nur die letzte Erhöhung war Anlass für sie, mit Nein zu stimmen. Beobachter vermuten, dass es der FDP dabei weniger um die Steuerhöhe als um Ministersessel ging. Man weiß es nicht so genau, man munkelt aber.
Besonders klar und eindeutig ist die Unwirksamkeit der Steuersenkungsattitüde der FDP bei der Einkommensteuer. Seit die FDP die Steuerpolitik nicht mehr mitentscheidet, wurde der Eingangssteuersatz von Rot-Grün von 22,9 auf 15 Prozentpunkte gesenkt.
Dieser Steuersatz ist also um ein Drittel, rund 30 %, geringer als zu den Zeiten, als ihn die FDP mitverantwortet hat.