Protokoll der Sitzung vom 16.09.2009

Dieser Steuersatz ist also um ein Drittel, rund 30 %, geringer als zu den Zeiten, als ihn die FDP mitverantwortet hat.

Jetzt schauen wir uns noch einmal den Spitzensteuersatz an.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Zwischen 1998 und heute wurde er um 20 % gesenkt – für die höheren Einkommen also weniger stark als für die niedrigeren. Die FDP verspricht dagegen für Reiche stärkere Steuerreduzierungen als für die kleinen Einkommen. Das passt hervorragend zu ihr. Es geht ihr ja um die Besserverdienenden.Meine Herren von der FDP,die Besserverdienenden werden aber enttäuscht sein; denn von Ihren Versprechen haben Sie bisher noch nichts realisiert. Das sagt uns auch die langjährige Erfahrung gemäß dem Motto: „Ihr Wort gilt nichts“.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, die steuerpolitischen Vorstellungen der Parteien im Bundestagswahlkampf haben natürlich viel mit dem Landeshaushalt zu tun. Am Ende wirkt sich alles, was in Berlin beschlossen wird, massiv auf unsere Einnahmen aus. Weil die CDU nicht genauso wie die FDP schon vor dem Wahltermin durch ihre eigene Widersprüchlichkeit zerquetscht werden will, hat der Finanzminister instinktiv darauf verzichtet, bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfes allzu viel vom Verschuldungsverbot zu reden.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr Finanzminister, denn in der Tat, sehr wohlwollend betrachtet, machten Sie sich angesichts der dramatischen Entwicklung der Neuverschuldung mit einem Verschuldungsverbot eher lächerlich. Nüchtern und sachbezogen betrachtet, muss man zu dem Ergebnis kommen, dass mit der bisher betriebenen Finanzpolitik à la Weimar eine Beendigung der jährlichen Neuverschuldungen nicht erreichbar ist. Ein völlig anderer, nämlich ehrlicher Konsolidierungskurs wäre hierfür notwendig. Doch den haben Sie noch nie eingeschlagen, weshalb Ihnen auch niemand mehr abnimmt,dass Sie den Haushalt des Landes wirklich konsolidieren wollen – vielleicht auch gar nicht können, damit Sie weiterhin vom Ministerpräsidenten „ein prima Finanzminister“ genannt werden.

Um kurz vor der Wahl aber niemandem gegenüber ungerecht zu sein, will ich in der gebotenen Zusammenfassung auch auf die Wahlaussagen der linken Seite zur Finanzpolitik eingehen. Die SPD will laut ihrer Wahlaussage im klassischen Stil des Wohlfahrtsstaates eine Nichtbelästigungsprämie für die Steuerverwaltung an die Steuerpflichtigen auszahlen, wobei die Beantragung und Prüfung der Voraussetzungen der Prämienzahlung die bisherige Steuererklärung und ihre Bearbeitung ersetzt. Weiterhin soll der Steuertarif steiler werden und von 10 bis 47 % reichen.

Unter dem Strich sind aus diesen Vorstellungen zumindest keine neuen gravierenden Einnahmeverluste für den Landeshaushalt zu errechnen, allerdings auch keine Entlastungen für die Steuerverwaltung.

Auch nach den Aussagen der LINKEN ist von Einnahmeeinbrüchen des Fiskus nicht auszugehen. Hier verwirrt eher das plakative Erscheinungsbild, woraus ich entnehme, dass es dieser Partei ein Anliegen ist, alle zu besteuern. Das wurde schon erwähnt. Ich will es Ihnen noch einmal zeigen.

(Der Redner hält ein Wahlplakat der LINKEN hoch.)

Unter dem Portrait von Gregor Gysi lese ich: „Reichtum für alle“ und denke dabei fälschlicherweise an die CDU und Ludwig Erhards Buchtitel: „Wohlstand für alle“, den die LINKE logischerweise toppen will, indem sie aus Wohlstand Reichtum macht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Am nächsten Laternenpfahl bin ich dann allerdings erschrocken, als ich die dortige Forderung der LINKEN gelesen habe.

(Der Redner hält ein anderes Wahlplakat der LIN- KEN hoch.)

Sie lautet: „Reichtum besteuern“.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Lieber Willi, Leuten, die mir gleich wieder wegnehmen wollen, was sie mir eben gerade zu schenken versprochen haben, denen vertraue ich nicht,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

denen vertraue ich erst recht meine Stimme nicht an.

(Zurufe der Abg. Dr. Walter Arnold (CDU), Willi van Ooyen und Janine Wissler (DIE LINKE))

Also bleibt nicht nur für mich, sondern eigentlich für alle übrig: Grün ist die Hoffnung, wie schon der Volksmund sagt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, grün gibt natürlich auch das Stichwort, unter dem man die Inhalte dieses Haushaltsentwurfs betrachten sollte. Die Frage lautet: Was ist am Haushalt 2010 frisch und neu, duftig und gesund, also grün? Die Antwort ist ebenso einfach wie deprimierend: nichts. Das ist noch nicht einmal ausschließlich mein persönliches Urteil.

Der Finanzminister höchstselbst sieht es offenkundig genauso. Noch nie, seit Weimar im Finanzministerium sitzt, war eine Präsentation seines Haushaltsentwurfs derart trostlos, grau und düster wie die diesjährige. Man weiß jetzt nur nicht, ob dem neuen Pressesprecher die blumige Fantasie fehlt, das Zahlenwerk aufzuhübschen, oder ob er einfach zu ehrlich ist.Jedenfalls sind genau sechs Zeilen in der Presseerklärung zu den politischen Inhalten gewiss zu wenig als politisches Programm einer Landesregierung für ein ganzes Jahr. Da Weimar zu den Inhalten auch heute nichts Neues vorgetragen hat, können wir dies getrost auch als sein eigenes Urteil betrachten. Die Regierung hat keine neuen Ideen mehr und erkennbar auch keine Lust mehr, zu regieren, was so kurz, nämlich nur neun Monate nach der Wahl, eigentlich verwunderlich ist, Herr Kollege Arnold. Vielleicht ist es das aber doch wieder nicht, wenn man sich die Handelnden so anschaut. Ich zumindest für meine Person wollte mit dem Hahn auch nicht regieren müssen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Meine Damen und Herren, bereits im April musste ich zum Haushaltsentwurf 2009 feststellen, dass er in allen Einzelplänen genau das widerspiegelt, was schon aus der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten gut zwei Monate zuvor heraustropfte: Unambitioniertheit, überall trostlose Langeweile und ein gerüttelt Maß an Hilflosigkeit. Nicht eine einzige Innovation steckt in diesen Tausenden von Seiten Haushaltsplan.

(Dr.Walter Arnold (CDU):Was?)

Alles ist maximal die Fortsetzung dessen, was längst eingetütet wurde. „Maximal“ deshalb, weil manche Ansätze, die mit großem Pomp jüngst, d. h. beim Haushalt 2009 – das ist noch nicht so lange her –, werbewirksam angekündigt wurden, wofür sich die Regierung hat feiern lassen, schon jetzt wieder gestreckt und teilweise eingesammelt werden. Beispiele sind die Förderung der Biorohstoffe oder auch der Verbraucherschutz. Teilweise wird aber auch versucht, die inhaltliche Leere durch die abermalige Neudefinition der Produkte zu kaschieren, damit man sie

nicht mit den früheren Plänen vergleichen kann. Herr Kollege Arnold,doch dies reicht wahrlich nicht aus,um als kreativ zu gelten.

Auch das so hochgelobte Konjunkturprogramm von Bund und Land erweist sich keineswegs als Ausgeburt der Kreativität.

(Dr.Walter Arnold (CDU):Was?)

So ist es kein Wunder, dass das DIW die Inhalte eher kritisch bewertete. Die kürzlich präsentierte DIW-econ-Studie sieht als zentrales Ergebnis, dass „von 70 % der insgesamt betrachteten Ausgaben keine nachhaltigen langfristigen Wachstumsimpulse für die deutsche Volkswirtschaft ausgehen werden“.

(Dr.Walter Arnold (CDU):Das warten wir erst einmal ab!)

„Vielmehr sollen diese Mittel für den Erhalt des Status quo investiert werden. Statt beispielsweise“ – so sagt das DIW – „die Qualität der Bildung durch Investitionen in Computer, Labore etc. zu erhöhen, soll... überwiegend in die Erhaltung des bröckelnden Gebäudebestandes investiert werden.“ Deshalb kommt es auch zu der Kurzformel: Gips statt Grips. – Das ist eine leider zutreffende Beschreibung für unsere Regierung – sicherlich soweit es ihr Konjunkturprogramm angeht, womöglich auch, was ihre Köpfe angeht.

Im bundesweiten Vergleich schneidet Hessen eher kläglich ab. Mit einem Anteil von 31% Zukunftsinvestitionen liegt Hessen im Vergleich der Bundesländer auf Platz zwölf und damit im letzten Drittel der Rangfolge.

(Minister Karlheinz Weimar: Das ist dummes Zeug!)

Schauen Sie es in dieser Studie nach. – Das ist kein adäquater Platz für unser Bundesland. Die Tatsache, dass Herr Weimar jetzt aufgebracht ist, zeigt, dass er das genauso sieht.

(Minister Karlheinz Weimar: Nein!)

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Dabei will Hessen doch nach den Worten unseres Ministerpräsidenten ein Musterland für alles Mögliche werden.

(Petra Fuhrmann (SPD): Leuchtturm!)

So fragt man sich:Was ist eigentlich mit dieser Regierung los? Könnten Sie jetzt alle bitte einmal Ihre Lethargie – ich spreche in Richtung Kabinett – überwinden und wenigstens ein bisschen regieren, d. h. Ideen entwickeln, aufgreifen und innovativ umsetzen, und sich nicht nur im nächsten Wolkenkuckucksheim verlieren?

(Zuruf der Abg.Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich wollte jetzt den Ministerpräsidenten ansprechen. Ich sehe ihn leider nicht.

(Petra Fuhrmann (SPD): Nicht einmal bei der Etatberatung!)

Er ist leider nicht mehr hier. Ich frage ihn trotzdem: Herr Koch, wollen Sie in Wahrheit doch lieber einen Kabinettsessel in Berlin oder in Brüssel? Herr Koch,wenn Sie wegwollen, dann gehen Sie dorthin, und nehmen Sie Ihre Kabinettkollegen am besten gleich mit.Aber hören Sie end

lich auf, gemeinsam mit Ihrem „prima Finanzminister“ unseren Haushalt und unser Land weiter zu ruinieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)