Auch wenn die miserable Performance dieser Regierung dem miserablen Zustand des Landeshaushalts durchaus entspricht: Wir GRÜNE wollen jedenfalls, dass sich beides rasch zum Besseren ändert. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kaufmann. – Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Herr van Ooyen zu Wort gemeldet. Bitte, Herr van Ooyen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Frank, mit Steuern kann man steuern. Wegnehmen ist etwas anderes, als mit Steuern zu steuern. Es geht wahrscheinlich um Steuersätze, über die wir diskutieren müssen. Dort liegen wir weit auseinander, mit der FDP noch viel weiter.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Landeshaushalt ist Ausdruck einer politischen Geisterfahrt. Die Milliardenkredite, die Sie jetzt aufnehmen, wollen Sie nach der Bundestagswahl den Beschäftigten und den sozial Schwachen in Rechnung stellen.
Es war Ihre Politik der Deregulierung von Banken und Finanzmärkten, die die Wirtschafts- und Finanzkrise verursacht hat. Es ist Ihre einseitige Fixierung auf Lohnzurückhaltung,die den Binnenmarkt beeinträchtigt.Wir sagen es immer wieder und haben diese Kampagnen auch mit organisiert: Wir zahlen nicht für eure Krise. Dazu wird es morgen einen bundesweiten Aktionstag geben.Wir sagen: Die Verursacher müssen zur Rechenschaft gezogen werden – die Banken und die Politik –, Finanzmarktspekulationen müssen besteuert werden. Dies ist die Lehre aus der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise.
Während an den Börsen wieder Partys gefeiert werden, Banken mit Staatsgeldern wieder fleißig spekulieren, müssen tagein, tagaus Hunderttausende von Beschäftigten um ihre Existenz zittern, und Tausenden droht Hartz IV. Die Neuverschuldung in Höhe von 3,4 Milliarden c, die das Land Hessen im nächsten Jahr aufnehmen soll, ist ein Armutszeugnis.
Herr Weimar, Sie verantworten Milliardenschulden, die Sie dann übermorgen bei den Beschäftigten und Finanzschwachen einkassieren wollen. Sie wollen, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, die Personalkosten trotz stetig steigender Beihilfen und Versorgungskosten kürzen. Den Trick, die Personalkosten in der mittelfristigen Finanzpla
nung im Gegensatz zu den Aussagen des Koalitionsvertrags steigen zu lassen, müssen Sie uns noch erklären. Die Investitionen und die geplante Neuverschuldung in den Jahren bis 2013 sind ohnehin nicht verfassungskonform. Deshalb sollten Sie die Finanzplanung noch einmal neu gestalten.
Die Lage am hessischen Arbeitsmarkt bleibt weiterhin prekär. Die Arbeitslosigkeit hat sich um fast 9 %, also mehr als 17.000 Menschen, erhöht. Die Jugendarbeitslosigkeit ist sogar um 25 % gestiegen. Auch das Stellenangebot hat sich innerhalb eines Jahres um fast ein Drittel reduziert. Es gibt keinen Grund zum Jubeln, denn die Frage ist: Was passiert in den Unternehmen, wenn das Kurzarbeitergeld ausläuft, die Unterauslastung der Betriebe in den Unternehmensbilanzen durchschlägt und die Banken weiterhin Kredite verweigern? Wie kann der wirtschaftliche Substanzverlust von 6 % des Bruttoinlandsprodukts, der allein für Hessen 13,2 Milliarden c Wertverlust bedeutet,wieder aufgeholt werden? Wie können wir nachhaltig wirtschaftliches und gesellschaftliches Wachstum generieren und gleichzeitig den sozialen Zusammenhang stärken?
Wir kommen darauf zurück,Herr Dr.Arnold.– Wie werden die Kosten der Wirtschaftskrise für den hessischen Landeshaushalt – schon im Jahr 2009 ca. 2,2 Milliarden c – durch die Allgemeinheit geschultert? Welche Lehren ziehen wir aus dem grandiosen Marktversagen und dem Verzocken gesellschaftlichen Wohlstands? Das alles sind Fragen, die Sie von der Landesregierung zu einer sachlichen und ehrlichen Antwort veranlassen sollten, und zwar vor der Bundestagswahl.
Jetzt zeigt sich, dass der von Ihren Parteien des Sozialabbaus bekämpfte Sozialstaat durch Kurzarbeiter- und Insolvenzgeld in Krisenzeiten der Wirtschaft Halt gegeben hat. Nicht wegen, sondern trotz neoliberaler Politik werden die Menschen in diesem Land derzeit noch aufgefangen. Die hessische Arbeitsagentur hat allein in diesem Jahr schon 130 Millionen c Kurzarbeitergeld und Sozialversicherungsbeiträge ausgezahlt und somit den Produktionsausfall von bis zu 20 % zulasten der Sozialsysteme abgepuffert. Genau deshalb ist es absurd und schädlich, dass Parteien wie die FDP den Sozialstaat abwracken wollen.
Während bei Banken und auf den Börsenplätzen die Kurse steigen und die alten Geschäfte wieder boomen, während Konjunkturprogramme die Nachfrage derzeit noch ankurbeln, werden im Geheimen in den Ministerialstuben und Expertenkommissionen unter dem Mantel von Exit-Strategien Sparprogramme zulasten von Geringverdienern und sozial Schwachen konzipiert. – Herr Weimar, Sie nennen dieses Vorgehen Haushaltsstrukturkommission, wir nennen es „Projektgruppe düstere Zukunft 2.0“.
Schon nach 2001 hat die Finanzpolitik den Einnahmeausfällen hinterhergespart, und die damalige Konjunkturkrise wurde angefeuert. Ergebnis dieser Politik war die „Operation düstere Zukunft“. Beschäftigte, Kommunen und auch Niedrigverdiener mussten die Zeche zahlen.Für das Verscherbeln öffentlichen Eigentums durch Leo I und
II, Herr Boddenberg, darf der hessische Steuerzahler Jahr für Jahr 300 Millionen c bezahlen. Das ist Ihre Politik.
(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Norbert Schmitt (SPD):Wo er recht hat, hat er recht!)
Auch mit diesem Haushalt wird deutlich, dass Privatisierung, Sozialabbau und Bildungsarmut Programm der Regierung bleiben sollen. Sie bringen weiterhin den Ausverkauf öffentlichen Eigentums durch PPP-Projekte voran, kümmern sich lieber um Kreditkonditionen für PPP-Projekte, statt aktiv gegen die Kreditklemme zu kämpfen.
(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir mieten doch nur! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es wird eine Umverteilung passieren, die Sie als Politikprinzip schon seit Jahren draufhaben. Sie bezahlen lieber millionenschwere Subventionen an Eliteuniversitäten,die Studienbeiträge in Höhe von 12.000 c verlangen,statt Sozialarbeit an Schulen zu unterstützen.
(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Ich kenne eine ganze Reihe Sozialdemokraten,die das gut finden!)
Es gibt ja auch eine Differenzierung. Wir sind ja nicht Sozialdemokraten, Herr Minister Boddenberg. Wir kommen noch darauf zurück.
Sie zahlen weiterhin Millionen für unsinnige Leuchtturmprojekte in Kassel-Calden und Beberbeck, statt ein Antiarmutsprogramm und eine vernünftige öffentliche Beschäftigungspolitik voranzubringen. Sie setzen mit Ihrem Straßenbauprogramm dreistellige Millionenbeträge in den hessischen Sand, statt den ökologisch-wirtschaftlichen Strukturwandel voranzubringen und für zukunftsgerechte Arbeitsplätze zu sorgen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN – Norbert Schmitt (SPD): Da hat er auch recht!)
Es gibt ja auch Gemeinsamkeiten in manchen Bereichen. – Sie sperren die Beschäftigten des Landes aus der Tarifgemeinschaft der Länder aus und verspielen die Chance einer nachhaltigen Stärkung der öffentlichen Nachfrage. Allein dieser Akt hätte die Binnenkaufkraft gestärkt, neue Arbeitsplätze und eine moderne Verwaltung geschaffen.
Ein wirkliches Trauerspiel ist jedoch die einseitige Aufkündigung der Solidargemeinschaft mit den Kommunen. Zuerst verpflichten Sie die Kommunen zu milliardenschweren Investitionen, dann kürzen Sie ihnen schon jetzt übermäßig die Schlüsselzuweisungen im Kommunalen Finanzausgleich,
und dann erdreisten Sie sich noch, den Kommunen ab 2011 noch einmal 400 Millionen c zu entziehen. Die hessischen Kommunen haben weder den Anstieg der Sozial
ausgaben noch die sinkenden Einnahmen zu verantworten. Die Ursachen hierfür liegen allein in der Wirtschaftsund Finanzkrise und in Ihrer neoliberalen Politik.
Allein von November 2008 bis Sommer 2009 sind 15 Gesetzesvorhaben – das muss ich leider auch an die Adresse der Sozialdemokraten sagen – zur Steuerentlastung verabschiedet worden,
die bis 2013 zu einer Mehrbelastung der Kommunen im Umfang von 19 Milliarden c führen werden. Hinzu kommen in einigen Städten Gewerbesteuereinbrüche um bis zu 70 %.Allein der Deutsche Städte- und Gemeindebund befürchtet infolge der Wirtschaftskrise einen Gewerbesteuereinbruch von 6 bis 7 Milliarden c für das Jahr 2010.
Nimmt man den vom Städte- und Gemeindebund ermittelten Durchschnitt von 14 % Mindereinnahmen an, würden nach ersten groben Schätzungen den hessischen Kommunen jährlich mehr als eine halbe Milliarde Euro an Gewerbesteuereinnahmen fehlen. Alleine die Stadt Frankfurt verbucht für dieses Haushaltsjahr ca. 400 Millionen c an Steuerausfällen und plant im nächsten Haushaltsjahr weitere 300 Millionen c ein.
Wer, wie die Landesregierung, meint, die Kommunen könnten einmal mit dem sichtlich notwendigen Ausbau der interkommunalen Kooperation und etwas Haushaltsdisziplin solchen Einnahmekrisen Abhilfe verschaffen, der ist nicht von dieser Welt. Künftig werden immer mehr hessische Kommunen nur noch unter Sparauflagen Haushalte auflegen können, werden die Wohltaten des Sonderinvestitionsprogramms vielen kommunalen Kämmerern mehr als bloß Kopfschmerzen bereiten, da diese über 30 Jahre abgezahlt werden müssen. Das Ergebnis dieser Politik werden abhängige und nicht handlungsfähige Kommunen sein, mit dem täglichen Haushaltsnotstand in den hessischen Kommunen.
Diese Landesregierung hat keinen wirklichen Plan, wie sie die steigenden Belastungen durch die kommunalen Kindergärten, die novellierte Mindestausstattungsverordnung, die Tagesbetreuung, den flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung und die schwarz-gelben Bildungsund Erziehungskampagnen finanzieren will. Das geltende Konnexitätsprinzip wird auf das Äußerste strapaziert.Wie bei der Kürzung des Kommunalen Finanzausgleichs sonnt sich auch hier diese Landesregierung mit vermeintlichen Wohltaten, die dann die Kommunen und auch die Eltern, z. B. durch die Erhöhung der Kitabeiträge, bezahlen dürfen.
Weiterhin werden die Kommunen von der Wirtschaftskrise auch ausgabenseitig übermäßig betroffen sein.
Wir werden ja sehen, wie die Kommunen mit dem Haushaltsdefizit umgehen werden, das sie erwartet. Wir gehen davon aus, dass es dazu kommen wird.