Nach dem Baurecht und dem Immissionsschutzrecht haben Antragsteller unter bestimmten Voraussetzungen einen Rechtsanspruch,Windparks zu errichten.
Was würden Sie eigentlich sagen, wenn politische Mehrheiten über den Landesentwicklungsplan den Windkraftanlagen den Garaus machen und eine Abwägungsdirektive dazu führt – –
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das passiert doch schon! Genau das machen Sie doch! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nein, wir wollen die politische Debatte darüber erneut! Das war das Ziel der Maßnahme!)
Ich wiederhole es:Was würden Sie sagen, wenn politische Mehrheiten über den Landesentwicklungsplan Windkraftanlagen nicht mehr zuließen und eine Abwägungsdirektive dazu führte, den Entscheidungsspielraum der Genehmigungsbehörde auf null zu reduzieren,
und das Ergebnis darin bestünde, dass Windkraftanlagen nicht mehr errichtet werden können? Was würden Sie dann sagen?
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja, wir wollen die Debatte darüber! Deswegen habe ich es gemeinsam mit Ihnen gemacht! Es ist unglaublich, was Sie da veranstalten!)
Es muss gerade in Ihrem Interesse sein – ich weiß,dass Sie das eigentlich nicht möchten –, diese grundsätzliche Rechtsfrage zu klären.
Was würden Sie denn sagen, wenn irgendeine politische Mehrheit in der Begründung zum Landesentwicklungsplan sagen würde: „Der Artenschutz spielt keine Rolle mehr“? Was würden Sie sagen, wenn darin steht: „Was die Europäische Union zum Thema FFH gemacht hat, interessiert uns überhaupt nicht mehr; dieses Recht findet bei uns keine Anwendung“?
Was würden Sie denn dann sagen? Deswegen sage ich: Eigentlich müssten wir ein gemeinsames Interesse daran haben, diese Frage zu klären.
Meine Damen und Herren, dass der VGH die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen hat, zeigt, dass das Gericht selbst der Auffassung ist, hier liege eine schwierige Rechtsmaterie vor, die durch eine Entscheidung des obersten deutschen Verwaltungsgerichts für das gesamte deutsche Planungsrecht zu klären sei. Um diese Revisionszulassung richtig zu würdigen,muss man wissen, dass die Oberverwaltungsgerichte nur selten eine Revision zulassen. Ich habe eben darauf hingewiesen, dass in drei anderen Verfahren die Revision eben nicht zugelassen wurde. Wer sich ein bisschen auskennt, weiß, dass das gängige Praxis ist; denn das Bundesverwaltungsgericht soll als Revisionsinstanz ausschließlich über Rechtsfragen entscheiden.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof weist mit der Zulassung der Revision den Weg zum Bundesverwaltungsgericht, weil es sich bei der Entscheidung, wie es in der Presseinformation heißt, um „grundsätzlich zu klärende, über
den Einzelfall hinausgehende Rechtsfragen“ handelt. Meine Damen und Herren, wenn der Hessische Verwaltungsgerichtshof dies ausdrücklich zur Begründung der Revisionszulassung in der Presseerklärung mitteilt, dann sollten wir so ehrlich sein und so ehrlich miteinander umgehen, zu sagen, dass es sich wirklich um eine sehr, sehr weitreichende und schwierige Frage für das gesamte Planungsrecht und insbesondere für Investitionsentscheidungen in Deutschland handelt.
Aber wir sollten eigentlich alle daran interessiert sein, keine voreiligen Maßnahmen zu ergreifen, sondern Rechtsklarheit und Rechtssicherheit herbeizuführen. Wir dürfen nicht übersehen,dass ein Planergänzungsbeschluss wiederum gesondert angefochten werden kann und auch angefochten werden wird, wenn er nicht auf einer abschließenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beruht. Ich bin ziemlich sicher:Wenn wir diese endgültige Entscheidung haben, ist Rechtsklarheit gegeben.
Ich prophezeie: Wenn wir so verfahren, wie wir es vorhaben,werden wir am Schluss schneller eine endgültige Entscheidung haben, als wenn wir einen Zickzackweg gehen. Es besteht keine Eile,
jetzt eine Planergänzung vorzunehmen. Sie wissen, der Betrieb ist zum Winterflugplan 2011 beabsichtigt. Erst ab diesem Zeitpunkt greift die neue Nachtflugregelung. Damit bliebe also auch nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, mit der durchaus bis Ende 2010 gerechnet werden kann, noch genügend Zeit, ein ergänzendes Verfahren durchzuführen.
Es spricht auch aus meiner Sicht – ich weiß,dass das in der Diskussion erörtert worden ist – nichts dagegen, die vom VGH gewünschte Planergänzung vorsorglich behördenintern schon vorzubereiten, um später keine Zeit zu verlieren, wenn diese Rechtsprechung Bestandskraft erlangen sollte.Es spricht aber viel dagegen,die Verfahren jetzt in Gang zu setzen.
Meine Damen und Herren, ich habe versucht, Ihnen eine sicherlich nicht einfache Materie darzustellen.
Ich fasse zusammen. Hier geht es um die Frage, ob Landesrecht Bundesrecht brechen kann, ob Landesrecht unter anderem auch europäisches Recht, wenn nicht brechen, so zumindest stark relativieren kann,
Meine Damen und Herren,erlauben Sie mir abschließend noch ein paar Bemerkungen, weil auch die von Bedeutung sind. Die Mediatoren haben seinerzeit fünf Programmpunkte gesetzt: den Ausbau, die Optimierung des bestehenden Flughafens, das Nachtflugverbot, den AntiLärm-Pakt und den Dialog. Die Planfeststellungsbehörde – das möchte ich hier noch einmal darstellen – hat einen sehr detaillierten und alle betroffenen Belange in Rechnung stellenden Planfeststellungsbeschluss getroffen und sich mit großer Gewissenhaftigkeit darangemacht, die Programmpunkte der Mediation im Rahmen dessen, was erkennbar rechtlich möglich war, bestmöglich umzusetzen.
Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Hause schon häufig Diskussionen über das Thema geführt. Es überrascht mich schon sehr, dass die Sozialdemokraten, die auf unsere Anregung hin mit uns gemeinsam immer die Auffassung vertreten haben, dass die Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde unangetastet bleiben soll und dies ausschließlich eine rechtliche Entscheidung ist, von dieser Position offensichtlich abrücken wollen.
Doch, Sie machen nichts anderes. Sie fordern mich hier auf,etwas zu tun,von dem Sie in der Vergangenheit immer gesagt haben: Das ist nicht unsere Aufgabe, sondern das ist Aufgabe der Planfeststellungsbehörde.
Erlauben Sie mir deshalb noch ein paar Hinweise. Es gibt mehrere Säulen im Planfeststellungsbeschluss, mit dem das Ergebnis der Mediation umgesetzt werden soll. Die erste Säule beschäftigt sich mit den Nachtflügen. Die zweite Säule ist die Tatsache, dass im Planfeststellungsbeschluss eine Obergrenze für die Gesamtnacht von 22 bis 6 Uhr auf 150 Bewegungen festgesetzt ist. Das ist etwas, was in der Mediation so nicht diskutiert worden ist, was also über das Mediationsergebnis hinausgegangen ist.
Die dritte Säule – warten Sie ab, Sie werden gleich wissen, warum ich das sage – im Schutzkonzept für die Nachtruhe ist die völlige Sperrung der Landebahn Nordwest zwischen 23 und 5 Uhr. Die vierte Säule ist das Verbot verspäteter oder ungeplanter Landungen in der Zeit zwischen 24 und 5 Uhr. Das muss man im Zusammenhang sehen.
Ich habe Ihnen das dargestellt, weil es von der genauen Fassung der Urteilsgründe abhängt,ob das Schutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses vielleicht in Gänze neu geschrieben werden muss. Denn es ist durchaus fraglich, ob man eine oder zwei Säulen aus diesem Konzept herausnehmen kann, ohne dass das gesamte rechtliche Dach zusammenstürzt.
Nehmen Sie das Beispiel des Verbots von Verspätungsflügen oder des Deckels über die Zahl von Flügen in den Abendrandstunden. Geht der Verwaltungsgerichtshof in seiner Urteilsbegründung auf diesen Fall ein, und gibt er Hinweise? Wie weit werden die Vorgaben des Gerichts gehen? Will es mit seiner Entscheidung vielleicht auch die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit der Planfeststellungsbehörde neu ziehen?