Protokoll der Sitzung vom 17.09.2009

Weiterhin stand da:

Das Tauziehen um Opel geht weiter: Die FDP will den Verkauf an Magna und die russische Sberbank nach der Bundestagswahl überprüfen – und möglicherweise rückgängig machen. Voraussetzung ist eine Regierungsbeteiligung der Liberalen. …

Die FDP will im Falle einer Regierungsbeteiligung nach den Worten von Parteichef Guido Westerwelle die Vereinbarungen über den Verkauf von Opel an Magna überprüfen. „Wir werden uns das alles neu ansehen, wenn wir Regierungsverantwortung bekommen“, sagte Westerwelle. …

Westerwelle kritisierte die von der Bundesregierung geförderte Übernahme erneut als Geldverschwendung und technische Entwicklungshilfe für Russland.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, das ist doch Ihr Problem. Das war schon am Pfingstsonntag so. Wir saßen da zusammen. Es war ein schöner Tag. Es war warm. Wir haben uns vorher vieles durchgelesen.

Ich kam in diesen Raum zur Sitzung des Haushaltsausschusses. Die erste Frage, die ich mir gestellt habe:Warum sitzt da eigentlich Jörg-Uwe Hahn? – Denn er ist fachlich nicht zuständig. Er ist auch nicht Mitglied des Ausschusses.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Europa! Das ist zu schwer für Sie!)

Er ist weder für Wirtschaft zuständig, noch ist er Ministerpräsident.

Es ist einfach so: Ihr Grundproblem ist doch das, dass Sie immer, wenn Sie denken, das sei populär, sagen: Wir waren es. – Wenn es ernst wird, sagen Sie:Wir waren es doch nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das merkt man Ihrer Politik doch an. Die FDP spricht zu dieser Frage schlichtweg mit einer gespaltenen Zunge. Wenn es klappt, werden Sie schon immer dafür gewesen sein,also von Anfang an.Wenn es nicht klappt,werden Sie sagen, Sie seien von Anfang an dagegen gewesen.

Irgendwann kommen Sie an den Punkt, an dem das Ganze nicht mehr funktioniert.

Das war auch sehr spannend:Wir haben heute erlebt, dass es zwei Positionen gibt, mit denen man Probleme hat. Da steht Frau Wissler auf der einen Seite und Herr Rentsch auf der anderen Seite. Die Marktradikalen der FDP und die Antikapitalisten der Linkspartei haben dasselbe Problem. Die Wirklichkeit passt mit den Parteiprogrammen nicht zusammen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Beide Parteien sind nicht in der Lage, ihren Anhängerinnen und Anhängern und ihren Ideologen, die ihnen anhängen, diese Wahrheit zuzumuten. Genau daraus ergibt sich das Problem in dieser Debatte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Übrigens wollte ich noch sagen: Die Überschrift Ihres Dringlichen Entschließungsantrags ist ein bisschen komisch. Denn man kann für eine Tradition keinen Grundstein legen.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Doch, das kann man!)

Nein, man kann eine Tradition weiterführen. Das ist einfach so.

Ich will Ihnen ausdrücklich sagen: Wir hoffen, das es klappt. Wir wissen nicht, ob es klappt. Wir sehen, dass es eine Chance gibt.

Dazu gehört dann aber auch, dass man sich einmal mit den Fragen beschäftigt, wie die Bedingungen aussehen, was für Autos gebaut werden müssen und was für Autos die Leute wollen. Wir müssen uns Gedanken hinsichtlich der Frage machen, welche Kompetenzen vorhanden sind. Wir müssen uns Gedanken über die Frage machen, wie man das fördern kann. Wir müssen uns auch Gedanken über die Frage machen, wie die Konjunkturbeihilfen aussehen sollen. Ich bin nämlich von der Abwrackprämie, auch wenn Opel, glaube ich, einen Zuwachs um 30 % hatte, nicht so überzeugt. Denn ich glaube – –

(Zuruf)

Hyundai hatte einen Zuwachs um 212 %. Fiat hatte einen Zuwachs um 100 %, Skoda um 170 %. Daran ersehen Sie das Problem.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nenne einmal die absoluten Zahlen, dann siehst du die Unterschiede!)

Das war jetzt die prozentuale Steigerung. Die Hersteller mit großen Volumina haben natürlich, gemessen in Stückzahlen, mehr profitiert. Ich kann rechnen. Insofern ist das völlig klar.

Aber an den Zahlen sieht man, dass die Menschen andere Autos wollen, als die deutschen Hersteller bisher auf die Straße gebracht haben. Das sollte einem zu denken geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es sollte einem auch insofern zu denken geben, als dass man daraus lernen sollte.

Zu Beginn dieser Woche habe ich eine Presseerklärung von Jörg-Uwe Hahn und Dieter Posch gesehen. Sie haben ausdrücklich gesagt, sie seien dagegen, dass die Europäische Union schärfere CO2-Grenzwerte für Kleintransporter einführt. Daran haben wir gemerkt: Sie haben immer noch nicht verstanden, worin das Problem besteht. Sie haben es immer noch nicht verstanden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Ministerpräsident, ich wünsche mir, dass es funktioniert. Ich wünsche mir, dass es klappt. Ich hoffe, dass Sie irgendwann auch einmal nicht nur in der Öffentlichkeit erklären, was nötig ist, sondern dass Sie einmal im Kabinett Ihren Marktradikalen erklären, was sie zu machen und was sie zu lassen haben. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU: Das war reine Polemik!)

Herr Kollege Al-Wazir, vielen Dank. – Die letzte Wortmeldung dazu stammt von Herrn Kollegen Clemens Reif.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, der Debatte hätte es gutgetan, wenn wir sie nach der Rede des Ministerpräsidenten beendet hätten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Al-Wazir, lassen Sie mich gleich auf Ihre Ausführungen zu sprechen kommen. Sie sprachen eben davon, welches grundsätzliche Problem der Kollege Jörg-Uwe Hahn hat. Herr Al-Wazir, ich sage Ihnen: Ihr grundsätzliches Problem besteht in Ihrer Rechthaberei und darin,dass Sie Ihren Zeigefinger immer erheben, wenn Sie hier vorne stehen. Sie meinen, Sie müssten aufgrund Ihrer Lebenserfahrung, die auf Erfahrungen aus dem Hessischen Landtag und auf ein bisschen etwas davor beschränkt ist, anderen Leuten sagen, wie die Welt aussieht.

Sie ist nicht so, wie Sie das meinen. Sie ist viel komplexer. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt andere Lebens-, Berufs- und Branchenerfahrungen als die, die Sie meinen hier immer einbringen zu müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Ich rate Ihnen, bei diesem Thema nicht ständig Herrn Westerwelle zu zitieren.

(Lachen und Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich rate Ihnen: Blicken Sie in Richtung Ihrer eigenen Partei. Schauen Sie sich das Interview mit den drei Kandidaten an,das am Montagabend gesendet wurde.Schauen Sie sich dabei die Bemerkungen an, die Herr Trittin zu Opel gemacht hat. Da wird es Ihnen schaudern. Schauen Sie sich die Erklärungen von Frau Künast an. Da wird es Ihnen schaudern.Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist Lichtjahre von den Positionen entfernt, die Sie hier im Hessischen Landtag vertreten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Das ist es, was Sie auszeichnet. Sie sprechen hier über Dinge, ohne dass Ihre eigenen Parteikollegen das auch wirklich mittragen. Bitte gehen Sie mit sich und Ihren eigenen Leuten ins Gericht,bevor Sie uns hier Belehrungen erteilen.

Lassen Sie mich auf etwas anderes zu sprechen kommen. Wer wirtschaftliche Entscheidungen trifft, benötigt ein hohes Maß an Optimismus. Ich sage das als jemand, der das persönlich tut.Wenn Sie nicht den Optimismus haben, in eine Sache einzusteigen, wenn Sie nicht den Optimismus haben, dass die Sache gut geht, dürfen Sie in diese Sache kein Geld stecken.

Ich glaube, alle, die guten Willens sind, zeichnet miteinander aus, dass sie den Optimismus haben, dass das, was da getan wird, auch klappt. Wir haben den Optimismus, dass der, den die Politik gemeinsam mit den Fachleuten ausgewählt hat, auch in der Lage ist, diesen Optimismus zu rechtfertigen und das Ganze in eine ordentliche Zukunft zu führen.

Magna ist unter denen der Beste, die sich als Wettbewerber gezeigt haben. Selbstverständlich musste Magna in den Verhandlungen nachlegen.

Natürlich ist das alles mit einem Risiko verbunden. Niemand aus diesem Haus kann sagen, dass das gut geht.

Magna ist einer der größten globalen Zulieferer in der Automobilindustrie. Magna hat Erfahrungen im Fahrzeugbau, aber nicht im unabhängigen Fahrzeugbau. Magna hat bislang Fahrzeuge nur für Fahrzeughersteller hergestellt. Das heißt, es hat Aufträge von Fahrzeugherstellern übernommen, die diese aufgrund ihrer eigenen Kapazitäten nicht erfüllen konnten oder wollten.Sie taten das für BMW, Porsche, Mercedes und viele andere.

Magna ist aber weltweit nie als unabhängiger Fahrzeughersteller aufgetreten. Herr Al-Wazir, darin besteht der Unterschied zu dem, was Sie meinten ansprechen zu müssen, wozu in den letzten Tagen etwas in den Zeitungen stand. Das betrifft Ferdinand Piech, BMW und Ford. Sie meinten, sie müssten einmal ein Steinchen in den See nach dem Motto werfen: Wir überlegen, ob wir dann weiterhin Aufträge erteilen können.

Ich sage Ihnen: Die Zuliefererindustrie ist etwas komplexer, als das man sofort aussteigen kann. Hier steht eine Fülle von Patenten in Rede, die eingehalten werden müssen. Es gibt Verträge, die über Jahre hinweg laufen. Das heißt also, ein Ferdinand PiÎch kann nicht von heute auf morgen aussteigen, sondern das ist ein langfristiger Prozess. Ich denke, dass die Professionalität der Leute von Magna dafür sorgen wird,dass Magna langfristig als Automobilzulieferer und unter Umständen als Hersteller eine Chance in der Welt hat. Ich war am Montag – auch das zu

Ihnen, Herr Al-Wazir – bei einer Diskussion von BMW in Frankfurt.