Der weitgehende Abbau der ministeriellen Genehmigungs- und Entscheidungsvorbehalte wird dort umgesetzt und z. B. das Berufungsrecht auf die Hochschulen übertragen sowie die Beteiligung der Hochschulen an Gesellschaften nach dem Vorbild der TUD.
Finanzmittel für die bauliche Instandhaltung sollen in die Eigenverantwortung der Hochschulen gelegt werden.Der Hochschulrat soll künftig bei der Wahl des Präsidiums mitwirken und seine Zustimmung zur Struktur- und Entwicklungsplanung erteilen.
Diese Reform des Hochschulrechts geht mit den Bemühungen des Landes einher, die Ausbildungskapazitäten zu erhöhen und die Qualität der Lehre und Forschung weiter zu verbessern.
Dazu muss auch die Infrastruktur der Hochschulen kontinuierlich ausgebaut werden – durch das Investitionsprogramm HEUREKA und durch den Hochschulpakt, nicht zu vergessen das LOEWE-Programm, die Exzellenzinitiative des Bundes und den Hochschulpakt 2020.
Im Vergleich zu anderen Gesetzentwürfen hat dieser eine etwas ungewöhnliche Vorgeschichte: Seit eineinhalb Jahren tauschen sich die Hochschulen mit Mitarbeitern meines Hauses in regelmäßigen Abständen über diesen Gesetzentwurf aus und reden miteinander. Daher ist dieser Gesetzentwurf unter Mitwirkung vieler in den Hochschulen in Hessen entstanden und hat in einer frühen Phase alle Fachleute einbezogen.
Von Anfang an habe ich dafür gesorgt, dass dieser Entwurf in einer ganz frühen Phase, nämlich nach dem ersten
Kabinettsdurchgang, den Fraktionen zur Verfügung gestellt wurde. Dann fand eine interne Anhörung mit über 50 Beteiligten statt.
(Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist aber bei einem solchen Gesetzentwurf eigentlich normal!)
Man kann sehen, dass Vorschläge – es wurden über 70 gemacht – im zweiten Kabinettsdurchgang in den Gesetzentwurf eingearbeitet worden sind. An dieser Stelle will ich beispielhaft drei Änderungen nennen.
Auf Anregung des VdK wurde in § 3 Abs. 4 Satz 3 der in der gesetzgeberischen Terminologie gängige Begriff der Barrierefreiheit eingeführt.
Auf Anregung der VhU wurde in § 4 Abs. 1 wegen der berufspraktischen Ausrichtung der Bachelorstudiengänge auch bei den Aufgaben der Universitäten der Berufsbezug der Ausbildung aufgenommen.
Letzter Punkt: Dem vor allem von Fachhochschulen und Gewerkschaften vorgebrachten Anliegen der Stärkung kooperativer Promotionsverfahren von Fachhochschulen und Universitäten wurde über die Änderung in § 24 hinaus durch eine Ergänzung von § 4 Abs. 3 – und damit bereits im Aufgabenkatalog – Rechnung getragen.
Das sind nur drei Beispiele für die Änderungen, die auf Vorschlag der Angehörten eingearbeitet worden sind. Auch diese Papiere der Anhörung habe ich den Fraktionen zur Verfügung gestellt, sodass alle Unterlagen, die dazu gedient haben, diese Änderungen vorzunehmen, dem Parlament zur Verfügung gestellt worden sind.
Im TUD-Gesetz sind die wichtigsten Punkte die Übertragung der Dienstherrnfähigkeit auf die TU Darmstadt; es wird die Möglichkeit vorgesehen, der TU Darmstadt durch Rechtsverordnung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst im Einvernehmen mit dem Finanzministerium Grundstücke des Landes zu übertragen; und es sind einige Vorschriften übernommen worden, die bereits für die Stiftungsuniversität Frankfurt gelten und die jetzt auch der Universität Darmstadt gegeben werden sollen. Dazu gehört die Möglichkeit der Regelung des Berufungsverfahrens in Abweichung von den Vorschriften des Hessischen Hochschulgesetzes.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Transparenz, die Beteiligung und die Beschleunigung des Verfahrens sind aus meiner Sicht durch diesen langen Weg gegeben. Alle Partner aus den Hochschulen haben ein Interesse daran,mehr Freiheiten,wie sie sich in der Novelle des Gesetzes befinden, zu erhalten. Diese Novelle des Gesetzes ist ein wichtiges Gesetz für die Universitäten, Fachund Kunsthochschulen. Sie erhalten noch mehr Autonomie.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muss sagen, ich habe etwas vermisst. Was im Gesetz steht, wurde vorgetragen.Aber warum das Gesetz so gemacht worden ist,dazu hätte ich gerne das eine oder andere erfahren.Ich habe nämlich den Eindruck,ein paar Dinge sind hier nicht zu Ende gedacht.
Das fängt mit dem Gesetzgebungsverfahren selbst an. Vielleicht erinnern sich diejenigen, die schon ein bisschen länger in diesem Landtag sind, an die Verabschiedung des TUD-Gesetzes. Wenn man in den damaligen Protokollen nachliest, so kann man bei allen Fraktionen lesen: Ja, wir werden hier ein beispielhaftes Verfahren einleiten – wir werden ein Gesetz für eine Universität machen, nach ein paar Jahren werden wir das evaluieren, und dann werden wir schauen, was wir auf alle Universitäten übertragen können.
Ein rationales Gesetzgebungsverfahren wäre ein Fortschritt im Hessischen Landtag gewesen. Dieses Gesetz schreibt jetzt das TUD-Gesetz fort – obwohl die Debatte über die vorliegende Kurzevaluation überhaupt noch nicht geführt worden ist, obwohl die Konsequenzen nicht zu Ende debattiert worden sind. Stattdessen – statt sich an das eigene Verfahren zu halten – wird einfach gesagt:Wir machen jetzt ein Gesetz, wie es uns passt.
Ich glaube, wir würden uns einen Gefallen tun, wenn wir uns statt an der Befristung am Verfahren festhielten. Das Verfahren ist: Wir schauen, wie es läuft. Wir debattieren, was besser gemacht werden kann und was nicht. – Ich glaube,schon das ist ein Fehler.Den werden wir nicht korrigieren können, weil das die Landesregierung nicht zulassen wird, aber ich halte es für einen Fehler.
Der zweite Punkt. Das Spektrum zwischen Autonomie und Staat wird aufgelöst, aber nicht in letzter Konsequenz. Ich sage das immer wieder sehr pointiert: Wer Autonomie der Hochschule will, der muss die Demokratie an den Hochschulen stärken und darf nicht hierarchische Strukturen fördern.
Das Faszinierende ist: Ich rede nicht nur über parlamentarische Demokratie.Ich rede über ganz simple Dinge,die heute in jedem modernen Unternehmen üblich sind.
Wenn wir in einer Gesellschaft leben, in der Wissensarbeiter, hoch qualifizierte Menschen, zusammenarbeiten, in der das, was sie erzeugen – Wissen –, nur in einem komplexen, sehr kooperativen Prozess organisiert werden kann, dann ist es genau falsch, dort Strukturen einzuführen, die straffe Hierarchien von oben nach unten nachbilden. Vielmehr muss man dann kooperative Strukturen einführen. Denn dann wird die Wissenschaft produktiver. Dann werden Hochschulen produktiver.
Das heißt, bei allem Verständnis dafür, dass es schwierig ist, mit einem Hochschulapparat umzugehen, ist die Stärkung der Präsidenten auf jeden Fall keine Stärkung vernünftiger Wissenschaftsstrukturen. An dieser Stelle irrt das Gesetz. Ich glaube, das muss man hier auch so grundsätzlich debattieren.
Wenn ich die Texte lese, habe ich den Eindruck, die neue Universität ist ein Dienstleistungsunternehmen, das Angebote für Studierende bereitstellt, und die Studierenden sind die Kunden. Das ist, mit Verlaub, völliger Quatsch.
Ich habe es einmal auf den Punkt gebracht:Wenn wir über Lernen und Lehren, wenn wir über Forschung reden, dann reden wir nicht nur über einen Kooperationsprozess derer, die Professoren sind, sondern Beteiligte – und zwar auch an der Hervorbringung der Ergebnisse Beteiligte – sind die Studierenden in ihrer Gesamtheit. Das heißt, wer dort einen ordentlichen Wissenschaftsprozess organisieren will, der muss dafür sorgen, dass auch die Studierenden eine klar definierte und auch eine mitbestimmende Rolle haben; denn sie sind an dem Prozess, um den es nachher geht, selbst in hohem Maße beteiligt. Über Zahlen will ich gar nicht reden.
Auch hier irrt das Gesetz, weil es die Studierenden immer weiter in ein Getto der Spielwiese drängt. Nein, sie müssen ernsthaft an den Entscheidungen der Hochschulen beteiligt werden. Hier besteht Nachbesserungsbedarf. Darauf kommen wir in der Ausschussberatung zurück.
Der vierte Punkt betrifft die Studierenden. Ich finde das faszinierend. Wir haben das bei den letzten Novellen schon einmal diskutiert. Ich weiß nicht, welche Vorstellungen Sie haben,wie man die Wahlpflicht oder Ähnliches durchsetzen soll. Wir haben die Debatte hier doch schon geführt, und sie wird nicht besser. Wer glaubt, dass der Entzug finanzieller Mittel eine Stärkung der Demokratie ist, dem rate ich, die Hessische Gemeindeordnung zu ändern und zu sagen: Wenn weniger als 25 % zur Wahl gehen, dann wird der Zuschuss an die Gemeinde gekürzt. – Ich halte dieses Konstrukt noch immer für absurd, und ich finde es bedauerlich, dass Sie es hier vorgelegt haben.
Der nächste Punkt ist auch einer,von dem ich glaube,dass er nicht zukunftsgerichtet ist. Wer sich die Debatten genau anschaut, die wir über Hochschulzugänge oder Gebühren an Hochschulen geführt haben, der wird feststellen: Wir haben in der letzten Legislaturperiode durchgekämpft, dass es keine allgemeinen Studiengebühren gibt. Wer genau hinschaut, wird aber auch feststellen, dass die Debatten über Studiengebühren für diejenigen, die im späteren Leben an die Hochschulen kommen – als Gasthörer oder im Rahmen einer Weiterbildung –, sehr viel massiver aufgefahren werden. Das ist in der derzeitigen Situation völliger Unsinn.
Wenn wir in einer Krise leben und aus dieser gut herauskommen wollen, dann hilft uns nicht nur beispielsweise ein Mechatroniker, der irgendwie vom Arbeitsamt vermittelt wird.Wir brauchen,wenn wir aus dieser Krise ökonomisch und politisch gut herauskommen wollen, auch Leute, die an die Hochschulen zurückgehen und ihre Ausbildung verbessern. Wir dürfen die Türen für die Weiterbildung nicht enger machen, sondern wir müssen sie im Gegenteil weiter machen. Die Hochschulen brauchen einen expliziten Weiterbildungsauftrag.Auch da ist das Gesetz schwach.
Ich glaube alles in allem, dass dieses Gesetz verbesserungsbedürftig ist. Ich glaube auch, dass es klug gewesen wäre, nicht dieses Eilverfahren zu wählen, aber wenn man nicht fertig wird, dann wird man nicht fertig. Das hat nicht das Parlament zu verantworten, sondern die Regierung.
Es gibt einen letzten Punkt. Dieser ist in der letzten Gesetzgebungsdebatte lange diskutiert worden: die Rolle der Hochschulräte. Es ist eine Institution, die mit niemandem etwas zu tun hat, weder mit der Hochschule noch mit den parlamentarischen demokratischen Gremien, und in die sozusagen Seiteneinsteiger gewählt wurden. Ihr Entscheidungsrechte zu geben ist strukturfremd. Das ist etwas, was auch nicht zur Demokratie passt.Wer Hochschulen demokratisieren will, der muss sagen: Okay, wir haben nichts dagegen, dass es Menschen gibt, die aus ihrer Weltsicht und der Vielfalt ihrer Weltsichten Zukunftsentwürfe für die Hochschule diskutieren können. Es kann aber nicht sein, dass Menschen, die weder durch ein Parlament noch durch eine Wahl an der Hochschule gewählt worden sind, aufgrund ihrer Entscheidungsfunktionen zentrale Universitätsentscheidungen treffen wie bei der Wahl des Präsidenten oder in Satzungsfragen. – Das ist völlig systemfremd. Das ist ein Freibrief für Menschen, die sich für nichts verantworten müssen. Verantwortung gehört dazu, wenn man entscheiden kann. Auch da ist das Gesetz veränderungswürdig.
Sie sehen, das war das Versprechen nach einer intensiven Debatte.Es war das Versprechen,dafür zu sorgen,dass die Hochschulen demokratischer werden, und es war das Versprechen, dass wir hier noch einmal darüber debattieren, ob wir Hochschulen so steuern wollen wie eine hierarchische Behörde oder einen Industriebetrieb, ohne dass es das Ministerium macht. Es ist völlig verrückt, dass wir zwar die Hierarchie des Ministeriums rauslassen, aber versuchen, die Präsidenten zur neuen Hierarchiespitze zu machen.Das ist nicht zu Ende gedacht,und ich glaube,wir haben im Interesse der Studierenden noch Debattenbedarf.Der wichtigste Punkt lautet – wie gesagt –:Die Türen der Hochschulen müssen weiter aufgemacht werden, nicht nur für die Studienanfänger, sondern auch für die, die sich weiterbilden wollen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Politik wird oft vorgeworfen, in Sonntagsreden Bürokratieabbau und Vereinfachungen zu fordern, werktags aber immer neue Regeln zu schaffen. Meine Damen und Herren, heute ist kein Sonntag,aber ein Feiertag für all diejenigen, die sich wenige, einfache und klare Gesetze wünschen. Wir reden nicht nur vom schlanken Staat; wir setzen ihn auch um.
Deshalb bescheiden wir uns im Hochschulgesetz darauf, das absolut Notwendige vorzugeben, und lassen den
Hochschulen eine nie dagewesene Freiheit. Das tun wir, weil wir überzeugt sind,dass sich Hochschulen,die in Freiheit forschen und lehren, auch am besten in Freiheit und Eigenverantwortung selbst organisieren können.