Hochschulen eine nie dagewesene Freiheit. Das tun wir, weil wir überzeugt sind,dass sich Hochschulen,die in Freiheit forschen und lehren, auch am besten in Freiheit und Eigenverantwortung selbst organisieren können.
Wir erinnern uns: In den Neunzigerjahren unter RotGrün gab es zwar viele Gremien, doch am Ende lag jede relevante Entscheidung beim Ministerium. Erst 1999 wurde unter Ruth Wagner ein neuer Weg eingeleitet. Auf diesem Weg gehen wir heute einen weiteren Schritt.
Meine Damen und Herren, wer selbstständige Hochschulen will, muss bereit sein, auf direkte Einflussnahme weitgehend zu verzichten und Aufgaben auf Organe der Hochschulen zu übertragen. Genau dies ist der Geist der Novelle, mit der wir den Einfluss des Ministeriums weiter zurücknehmen und im Wesentlichen auf die Steuerung durch Zielvereinbarungen beschränken. Diese Autonomie ist die Voraussetzung dafür, dass sich unsere Hochschulen im bundesweiten, ja im internationalen Wettbewerb um die beste Forschung und Lehre frei bewegen, eigene Profile ausbilden und die besten Köpfe gewinnen können.
Meine Damen und Herren, am Markt des Wissens besteht man nicht mit zentral gelenkter Planwirtschaft. Deshalb ist es so wichtig, Entscheidungsbefugnisse an die Hochschulen abzugeben.
Wie muss eine Hochschule daher aufgestellt sein? Sie braucht zunächst ein Gremium, den Senat, um die Regeln für die internen Abläufe festzulegen, wie Prüfungsordnungen oder Satzungen. Sie braucht ein handlungsfähiges Präsidium, das die operativen Entscheidungen eigenverantwortlich trifft.
Sie braucht auch ein Gremium, das die Erwartungen von außen an die Hochschule widerspiegelt und damit eine Aufgabe abdeckt, die früher das Ministerium wahrgenommen hat, und dies ist der Hochschulrat. Die Rolle des Hochschulrats gehört zu den wenigen – wir haben es gerade in der Rede gehört – kontrovers diskutierten Teilen dieser Reform. Es sollte aber jedem klar sein: Wer den Hochschulrat nur als beratendes Gremium will, der belässt wichtige Aufgaben im Ministerium. Dass mancher mit dem Status quo ganz zufrieden war, ist durchaus ein Lob für die beteiligten Ministeriumsmitarbeiter. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir die Hochschulen nicht in die Autonomie entlassen können, wenn wir sie aus dem Ministerium herausführen.
Er muss deshalb eine gewisse Distanz zur Hochschule haben, er darf also nicht mit aktiven Angehörigen der jeweiligen Hochschule besetzt sein, und er muss die Hochschule wie ein kritischer Freund begleiten.
Meine Damen und Herren, es wird viel davon abhängen, Persönlichkeiten zu finden, die sich mit Engagement und Motivation dieser Aufgabe widmen. Im Vorfeld Hochschulräten pauschal zu unterstellen – ich habe das an meh
reren Stellen gehört –, sie seien ungeeignet, da sie nicht ausreichend qualifiziert seien, entbehrt jedweder Grundlage und wird auch durch viele erfolgreiche Beispiele im In- und Ausland widerlegt.
Senate und Präsidien sollen in der Zusammenarbeit mit dem Hochschulrat eine Chance sehen. Nur in gegenseitigem Vertrauen und Respekt kann die Hochschule vorangebracht werden. Deshalb war es uns als FDP sehr wichtig, dass die Hälfte der Hochschulratsmitglieder, die vom Ministerium vorgeschlagen wird – eine Hälfte wird ohnehin von der Hochschule selbst vorgeschlagen –, im Benehmen mit der Hochschule bestellt wird. Ein solcher Hochschulrat ist demokratisch legitimiert, zumal er auch vom Ministerium abberufen werden kann.
Lassen Sie mich noch einmal kurz auf die Aufgaben des Hochschulrats eingehen. Der Hochschulrat kann zwar zu vielen Vorgängen Stellung nehmen, aber seine Entscheidungskompetenz beschränkt sich im Wesentlichen auf drei Felder:
Erstens die Aufstellung des Entwicklungsplans, bei dem es um die strategische Ausrichtung der Hochschulen geht. Meine Damen und Herren, gerade hier ist es wichtig, dass die von der Berufswelt an die Hochschule gestellten Erwartungen ausreichend artikuliert werden.
Zweitens die Einbeziehung bei den Wahlen zum Präsidium, insbesondere das Vorschlagsrecht bei der Präsidentenwahl. Die wichtige Stellung des Präsidenten macht es notwendig, dass hier Kandidaten gefunden werden, die von allen Organen getragen werden können.
Da die Findungskommission – auch dies ist ein wichtiger Punkt – paritätisch vom Hochschulrat und Senat besetzt ist, die Vorschlagsliste des Hochschulrats mehrere Namen enthalten soll und die eigentliche Wahl weiterhin Aufgabe des Senats ist, ist ein ausgewogenes Verhältnis der Organe gegeben.
Drittens die Zustimmung, wenn über das Vermögen der Hochschule verfügt oder im Einzelfall bei Berufungen von gesetzlichen Regelungen abgewichen wird, also nicht im Regelfall. Dies sind eher seltene Vorgänge. Für das operative Tagesgeschäft der normalen Berufung ist der Hochschulrat nicht zuständig, übrigens auch nicht mehr bei der TUD. Betrachtet man das Zusammenspiel der Organe, so zeigt sich, dass alle Befürchtungen, die Wirtschaft würde in unangebrachter Weise Einfluss nehmen, jeder Grundlage entbehren.
Meine Damen und Herren, die guten Erfahrungen der Stiftungsuniversität Frankfurt sowie der TUD, die bereits ähnliche Strukturen besitzen, zeigen dies. Der Hochschulrat hat sich als kritischer Freund der Hochschule bewährt.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU – Michael Siebel (SPD): Als kritischer Freund! – Janine Wissler (DIE LINKE): Wer solche Freunde hat!)
Ein großer Vertrauensvorschuss ist der vorliegende Gesetzentwurf auch gegenüber der Studentenschaft. Der
Entwurf stärkt ihre Rechte zur eigenen Organisation. Nicht mehr der Landesgesetzgeber schreibt vor, wie sich die Studentenschaft im Detail zu organisieren hat. Dies kann das Studierendenparlament nun weitgehend autonom festlegen.
Wir haben das Vertrauen, und ich habe das Vertrauen, dass dieses Parlament seine neuen Befugnisse mit Augenmaß einsetzen wird.
Dass dies die SPD – Herr Grumbach hat das gerade gemacht – und auch die Jusos in einer Pressemeldung kritisieren, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.
Meine Damen und Herren, in den Siebzigerjahren hat die SPD einmal mit dem Slogan „Mehr Demokratie wagen“ geworben. Heute hat man offensichtlich Angst vor zu viel studentischer Eigenverantwortung.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN – Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD) – Janine Wissler (DIE LINKE): Da müssen Sie selber lachen!)
Ferner kommen wir einer Forderung der Studentenschaft nach, indem wir den Hochschulen erlauben, über die Abweichungsbefugnis die Mittelkürzung bei Wahlbeteiligungen unter 25 % – auch dies wurde gerade angesprochen – auszusetzen. Dabei ist uns eines klar, nämlich dass immer stärker sinkende Wahlbeteiligungen auf Dauer die demokratische Legitimation des Studierendenparlaments infrage stellen werden.
(Janine Wissler (DIE LINKE):Ach was? Das ist auf Landesebene genauso! Was ist mit Bürgermeisterwahlen? – Heike Habermann (SPD): Dann schaffen wir die Direktwahl ab!)
Ich vertraue jedoch darauf, dass dies die Fraktionen des Studierendenparlaments ähnlich sehen und aus sich heraus alles in ihrer Kraft Stehende unternehmen werden, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen, auch wenn eine Hochschule die Regelung zur Mittelkürzung aussetzt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen. Die HHG-Novelle ist ein weiterer Schritt zu mehr Freiheit und Autonomie unserer Hochschulen. Sie schafft die Basis, damit unsere Hochschulen im internationalen Wettbewerb erfolgreich bestehen können. Sie folgt dem Geist der Eigenverantwortung und der Partnerschaft und bringt unser Vertrauen in die Fähigkeiten und die guten Absichten aller Beteiligten zum Ausdruck.
Sie geht einen weiteren Schritt auf dem erfolgreichen Weg, der 1999 von Ruth Wagner eingeschlagen worden ist. Mit der Novelle werden unsere Hochschulen hervorragend für die Zukunft aufgestellt. Meine Damen und Herren, heute ist ein guter Tag für Hessens Hochschulen. – Vielen Dank.
Herr Kollege Büger, ich habe mit großem Interesse Ihre Drohung mit dem schlanken Staat gehört und frage mich, ob das heißt, dass in Zukunft auch die Gemeindeparlamente die Bürgermeister abschaffen können sollen
und der Kommunale Finanzausgleich nach Wahlbeteiligung ausgeschüttet werden soll. Aber darum habe ich mich nicht gemeldet,sondern ich habe mich aus einem anderen Grund gemeldet.
Ich habe mich zu Ihrem grundsätzlichen Verständnis der Hochschulbildung gemeldet. In „Phaidros“, einem sokratischen Dialog von Platon, wird das Bild, das meines Erachtens auch heute noch für das europäische Bild der Hochschule prägend ist, geschaffen, nämlich das des Lehrers und Schülers im dialogischen Prozess, der beide bereichert.