Gestatten Sie mir dazu noch eine Anmerkung. Unseren Milchbauern geht es wirtschaftlich schlecht, weil zu viel Milch auf dem Markt ist. Dass dem Verbraucher vor diesem Hintergrund für eine Ersparnis von wenigen Cent Produkte angedreht werden, die sich z. B. Käse nennen, obwohl sie mit Milch nie in Berührung gekommen sind, scheint mir abstrus zu sein.
Ob das hinsichtlich der Gesundheit und volkswirtschaftlich auf Dauer billiger kommt, bezweifle ich sehr. Ich bin davon überzeugt, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher diesen Fake, diese Täuschung, nicht wollen und diese Lebensmittel, wenn sie sie denn identifizieren könnten, auch nicht mehr kaufen würden.
Ich bin mir übrigens ganz sicher, dass das auch für Lebensmittel gilt, die gentechnisch veränderte Bestandteile haben. Auch deren genaue Kennzeichnung fordern wir. Das wäre wünschenswert.
Eine gesetzliche Regelung zur eindeutigen Kennzeichnung kann in die aktuell im Europäischen Parlament und im Europäischen Rat diskutierte Verordnung aufgenommen werden. Wir bitten Sie, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen. – Ich danke Ihnen.
Frau Müller,vielen Dank.– Nächster Redner ist Herr Kollege von Zech. Er spricht für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bismarck hat sicherlich nicht übertrieben,als er sagte,es sei gut,dass der kleine Mann nicht wisse, wie die Wurst und die Gesetze gemacht würden. Denn ansonsten würde dem Bürger der Appetit vergehen.
Das mit den Gesetzen machen wir heute sehr transparent und nachvollziehbar.Wir reden heute über „Hessen vorn“ im Kampf gegen Lebensmittelimitate. Über ein Drittel der bundesweiten Betriebskontrollen des Jahres 2009 findet in Hessen statt. Das zeigt, dass Hessen diesem Bereich eine hohe Aufmerksamkeit schenkt.
Was sind eigentlich Lebensmittelimitate? Das bekannteste Lebensmittelimitat ist die als Kunstbutter bekannte Margarine. Wir kaufen sie aber als Margarine und nicht als Butter. Insofern ist sie als eigenständiges Lebensmittel klar erkennbar.
Genau das wollen und müssen wir mit den sogenannten Lebensmittelimitaten auch so handhaben.Analogkäse ist kein Käse und darf so auch nicht benannt werden.
Denn nach europäischem Recht dürfen nur Produkte im Namen als Käse bezeichnet werden,die ausschließlich aus Milch hergestellt werden.
Für viele Vegetarier stellt sich die Frage, ob sie auf Käse verzichten können. So wird auf Internetseiten für Vegetarier mit dem Begriff Veganerkäse oder für Käse geworben, der in Anführungsstriche gesetzt ist. Da ist es jedoch dem Verbraucher klar, dass es sich nicht um echten Käse, sondern um ein gewünschtes Imitat handelt.
Ein Imitat muss also nicht gesundheitsschädlich oder minderwertig sein. Unter Umständen kann es sogar als gesünder angesehen werden.
Wenn ich aber Käse kaufen will, dann möchte ich auch echten Käse bekommen. Hier sind wir der Auffassung, dass der Verbraucher eindeutig klar erkennen können muss, um welches Produkt es sich handelt.
Auch der Handel muss erkennen, dass sich Verbrauchertäuschung nicht auszahlt. Es muss eine eindeutige Trennung zwischen originalen und wahren Produkten und solchen, die diese imitieren, vorgenommen werden.
Ganz übel wird es jedoch, wenn, wie die Verbraucherzentrale Hamburg berichtet, im Indischen Ozean gefangener Fisch zu Surimi gemacht wird, dann Fisch- und Hühnereiweiß genommen wird, das Ganze durch Geschmacksverstärker und Aromen verbessert und dann als echte Garnele verkauft wird.
Häufig werden auch echte Lebensmittel mit Zusatzstoffen gestreckt. So besteht z. B. der sogenannte Mogelschinken meist nur zu 60 % aus Schinkenstückchen. Der Rest ist Stärkegel.
Der von der Verbraucherzentrale Hamburg angeführte Kaffee einer renommierten Rösterei besteht nur zu 89 % aus Röstkaffee. Der Rest ist Karamell und Maltodextrin.
Deutlich schwieriger wird es, wenn die Lebensmittelimitate in der Gastronomie weiterverarbeitet werden. Selbst wenn die Lebensmittelimitate im Handel klar deklariert wurden, kann das anzugeben in der Gastronomie anschließend vergessen werden.Auf einer gebackenen Pizza ist der Unterschied zwischen den wahren Produkten und den Imitaten nicht mehr ohne Weiteres zu erkennen. Hier muss man sich als Konsument auf die Angaben in der Speisekarte verlassen können.
Die Namen derjenigen, die betrügen, müssen zum Schutz der Verbraucher veröffentlicht werden. Wir wollen deshalb, dass solche Anbieter im Wiederholungsfall und nach Verifizierung auf der Internetplattform „Verbraucherfenster“ benannt werden.
Schon die Androhung der Veröffentlichung des Betruges am Kunden kann sehr disziplinierend auf die Anbieter einwirken.
Ich bin in den letzten Tagen schon etwas aufmerksamer bei meinen Besuchen in den Supermärkten gewesen. Die meisten dort erhältlichen Lebensmittel werden inzwischen verarbeitet angeboten. Dies ist eine Entwicklung, die mit der Zunahme der Ein- bis Zweipersonenhaushalte
in Zusammenhang steht. Es ist häufig nicht möglich, kleine Einheiten der Waren und der echten Lebensmittel zu kaufen.Diese sind häufig nur in größeren Gebinden erhältlich.
Der Blick auf das Kleingedruckte der schon verarbeiteten Lebensmittel – ich habe das Glück, kurzsichtig zu sein; durch Abnehmen meiner Brille kann ich das im Supermarkt dann auch lesen –
Lebensmitteleinkauf und Restaurantbesuche sind Vertrauenssachen. Der Handel und die Gastronomie tun gut daran, auch selbstverantwortlich Schummeleien und Betrug aufzuklären und zu verhindern. Ohne staatliche und externe Kontrollen werden wir auch weiterhin nicht auskommen. Hessen befindet sich dabei auf dem richtigen Weg.
Im Vergleich der Bundesländer belegt Hessen einen Spitzenplatz. Diesen gilt es, im Sinne der Verbraucher, aber auch im Sinne der heimischen Landwirtschaft, zu verteidigen und auszubauen. Gute Produkte aus heimischer Produktion haben bei erhöhter Transparenz und Kontrolle beste Absatzchancen, wenn der mündige Verbraucher in die Lage versetzt wird, bewusst und frei von Täuschung einzukaufen.Hinsichtlich dieses Ziels stimmen wir wohl alle in diesem Haus überein, auch wenn man ob der Verhältnismäßigkeit hinsichtlich einer Veröffentlichung beim ersten Verstoß geteilter Ansicht sein kann.
Ich rufe die Oppositionsfraktionen auf, mit der Koalition in dieser Frage konstruktiv zusammenzuarbeiten und sich im Ausschuss an der Fortentwicklung angemessener und finanzierbarer Lösungen zu beteiligen, wie etwa der räumlichen Trennung der Produkte von deren Imitaten im Supermarkt. – Vielen Dank.
Herr Kollege von Zech, vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Schott. Sie spricht für die Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr von Zech, wenn die Zusammenarbeit darin bestehen soll, die Regierung für das zu beklatschen, was sie getan hat, und sich dafür zu loben, dass alles gut ist und es die Regierung noch besser macht – so steht das in dem Entschließungsantrag, den Sie geschrieben haben –, dann ist das ein ganz klein bisschen wenig.
Es kann doch nicht nach dem Prinzip gehen: Da hat jemand einen Antrag geschrieben, deswegen schreibe ich schnell auch noch einen, und zwar unabhängig davon, ob er Inhalt, Sinn und Zweck hat.
Das ist nun wirklich nicht notwendig. Deshalb glaube ich, dass diese Anmerkung absolut unpassend ist.
Wir haben die Situation, dass wir manchmal nicht mehr wissen, was wir essen. Dieses Manchmal geschieht zunehmend öfter. Denn je mehr wir vorgefertigte Produkte wie Tiefkühlkost oder Dinge, die wir in den Kühltheken finden, zu uns nehmen, die man zu Hause nur noch fertig zubereiten muss, je öfter wir auswärts essen, je mehr wir in Bäckereien nicht nur die Brötchen, sondern auch mit Käse, Schinken und dergleichen mehr belegte oder überbackene Teile kaufen, umso öfter kommen wir in die Situation, dass wir eigentlich gar nicht mehr wissen, was wir essen. Es kann natürlich nicht Sinn der Sache sein, dass wir Menschen mit Allergien nicht mehr die Möglichkeit geben, sich zu schützen und trotzdem Dinge zu essen, die wenigstens – –
Frau Schott, entschuldigen Sie bitte. – Es ist im Saal doch arg unruhig. Ich möchte Sie bitten, die Aufmerksamkeit auf die Rednerin zu lenken.
Herr Wintermeyer, das mit dem Hunger kann ich mir nicht vorstellen. – Ich will also Folgendes sagen: Frau Schott sollte die gesamte Aufmerksamkeit erhalten. Alle Gespräche, die unbedingt stattfinden müssen, führen Sie bitte vor der Tür. Herzlichen Dank.