Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann wirklich sagen: Sie versuchen in jedem Plenum, wieder Ängste zu wecken, und tun heute – nach der Bundestagswahl – so, als hätten wir nicht schon vorher ganz klar gesagt: Die Kernenergie ist eine Brückentechnologie, die wir noch brauchen, und eine Verlängerung der Laufzeit ist nur unter Einhaltung bestimmter Sicherheitsaspekte möglich. – Dazu kann ich Ihnen ganz klar sagen: Diese Haltung setzen wir in Hessen in den letzten Jahren konsequent um.
Auch wenn andere Länder Genehmigungen ohne Auflagen erteilen, haben wir Genehmigungen und Auflagen, Nachrüstungen vorzunehmen, verbunden. Das bedeutet, dass hier eine echte atomgesetzliche Prüfung durchgeführt wird. Das macht deutlich – das kommt in einer Aktuellen Stunde manchmal zu kurz –, dass es auf der einen Seite darum geht, die Tür zu den erneuerbaren Energien weiter zu öffnen, dass es aber gleichzeitig zu wissen gilt, dass der Strom nicht einfach aus der Steckdose kommt und wir auch dafür verantwortlich sind, dass die Preise für Energie sozial verträglich sind.
Deswegen ist – trotz aller Kampagnen des Bundesumweltministers Gabriel – ganz klar, was wir schon vor der Bundestagswahl gesagt haben: Wir wollen die Laufzeiten verlängern – aber immer unter dem Gesichtspunkt, dass jedes einzelne Kernkraftwerk auf seine Sicherheitslage hin geprüft wird und dass die Genehmigung der Laufzeitverlängerung nicht pauschal erteilt wird. Genau darüber diskutieren wir derzeit mit den Kolleginnen und Kollegen der FDP in Berlin.
Dabei bleibt es ganz wichtig, festzuhalten, dass es nicht so einfach ist, wie Sie hier immer wieder darzustellen versuchen: Kernkraft weg, Kohlekraft weg, nur erneuerbare Energien. – Frau Kollegin Hammann, Sie haben gerade selber gesagt, dass wir im Bereich der erneuerbaren Energien eine hohe Volatilität haben. Sie haben das eben mit dem Wort „Flexibilität“ beschrieben. Aber Flexibilität ist das ja gerade nicht, sondern wir haben eine hohe Volatilität. Das heißt, dass man immer auch noch andere Möglichkeiten braucht.
Wenn man sagt, auch der Klimaschutz habe eine hohe Bedeutung, ist es sicherlich wenig sinnvoll, auf der einen Seite klar zu formulieren, man wolle erneuerbare Energien einsetzen,und auf der anderen Seite alles andere auszuschließen, die Kernkraftwerke ebenso wie die Kohlekraftwerke. Wir sagen, für den Klimaschutz bringt es wesentlich mehr, wenn wir bestehende Kernkraftwerke weiter laufen lassen, falls es mit der Sicherheit stimmt.
Genau das haben wir vor, aber unter dem Gesichtspunkt, dass dies dazu führt, dass wir auf Dauer vertretbare und damit sozial verträgliche Strompreise haben. Gleichzeitig soll das, was aufgrund der Laufzeitverlängerung der bestehenden Kernkraftwerke erwirtschaftet wird, zum Anlegen eines Fonds und für den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien genutzt werden. Das brauchen wir nämlich für die Zukunft.
Das, was DIE LINKE hier immer wieder betreibt – Angstmacherei, Rückfall in den Sozialismus, Verstaatlichungstheorien –, ist nicht der richtige Weg.
Wir wollen den Ausbau der erneuerbaren Energien fördern. Aber wir wissen, dass man nicht nur kluge Sprüche benötigt, sondern auch Übergangsmöglichkeiten. Es muss klar geschaut werden,wie es weitergeht,und wir brauchen noch viel Geld, um die Entwicklung von Speichertechnologien voranzubringen.
Wir werden das machen, und wir werden auch die Bürgerinnen und Bürger immer teilhaben lassen, wenn es darum geht, Aufklärung zu betreiben. Wir werden nicht – wie in einer Aktuellen Stunde – eine platte Angstmacherei betreiben, sondern vor der Wahl und auch nach der Wahl mit aller Offenheit erklären, wie unserer Vorstellung nach das zukünftige Energiekonzept für dieses Land aussieht:
zwischen erneuerbaren Energien, der Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken und einem vernünftigen Energiemix. Genau das machen wir.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wer regiert seit zehn Jahren? Sie kündigen seit einem Jahr an, Sie wollen das vorlegen!)
Herr Schäfer-Gümbel, wenn Sie hier dazwischenschreien, sage ich: Sie haben eine Aktuelle Stunde zu dem Thema beantragt und wissen doch genau, dass SPD und GRÜNE das nicht hinbekommen haben, obwohl Herr Gabriel alles versucht und jede Polemik genutzt hat, um den Menschen Angst zu machen.
Sie müssen das schon selbst verantworten. Sie sind verantwortlich, ernsthaft mit uns über die Kernenergie zu diskutieren. Das machen Sie nicht.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Machen Sie einmal einen Vorschlag! Seit einem Jahr kündigen Sie das an!)
Herr Kollege Schäfer-Gümbel, wenn Sie mit mir über erneuerbare Energien diskutieren wollen, beantragen Sie bitte eine Aktuelle Stunde dazu. Das machen wir gern, ausführlich und im Detail.
Aber in einer Aktuellen Stunde Angstmacherei zu betreiben und zu glauben, die Bürgerinnen und Bürger hätten nicht gewusst, worüber sie abgestimmt haben, ist der fal
Es gibt auch keine mehr. Eben ist Schluss. Man kann nicht alles haben.– Die Aktuelle Stunde ist damit erledigt.
Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Keine Tarifflucht in hessischen Betrieben) – Drucks. 18/1184 –
Ich weise noch einmal darauf hin, dass nach dieser Aktuellen Stunde sofort über den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Übernahme der Beschäftigten zu tariflichen Bedingungen in das Druckzentrum in Rüsselsheim – Verleger und IHKPräsident betreibt Tarifflucht und Arbeitsplatzabbau, Drucks. 18/1199, sowie über den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Arbeitsplätze sichern – Medienstandorte erhalten, Drucks. 18/ 1203, abgestimmt wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Verlagsgruppe Rhein-Main, zu der die „Mainzer Allgemeine Zeitung“, der „Wiesbadener Kurier“, das „Wiesbadener Tagblatt“ sowie das Medienzentrum Südhessen mit der Zeitungsgruppe „Darmstädter Echo“ gehören, baut derzeit ein neues Druckzentrum in Rüsselsheim. Hier soll eine der größten europäischen Druckereien mit einer Produktion von 28 Zeitungen und vielen Anzeigenblättern entstehen. Zurzeit verrichten diese Arbeiten 130 Beschäftigte in Darmstadt und 260 Beschäftigte in Mainz.
In der neuen Druckerei werden nur noch 200 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer benötigt. Da es sich juristisch um einen neuen Gemeinschaftsbetrieb handelt, findet auch keine – sonst übliche – Sozialauswahl unter den derzeit rund 400 Beschäftigten statt. Es werden zudem keine – ich wiederhole: keine – Arbeitnehmer im Rahmen eines Betriebsübergangs übernommen. Alle erhalten die Kündigung.
Alle diese 400 meist langjährig dort Beschäftigten dürfen sich aber gnädigerweise gemeinsam mit vielen anderen Arbeitsuchenden um einen der verbleibenden 200 Arbeitsplätze bewerben. Verantwortlich für diesen zynischen und menschenverachtenden Vorgang ist der Verleger des „Darmstädter Echos“ und IHK-Präsident von Südhessen, Dr. Hans-Peter Bach.
Herr Bach hat offenbar das formale Recht auf seiner Seite. Da die alten Druckmaschinen stillgelegt und in Rüsselsheim neue angeschafft werden, finden trotz der Produktionsverlagerung die gesetzlichen Bestimmungen
des Betriebsübergangs nach § 613a BGB keine Anwendung. Klarer gesagt: Sie werden einfach legal umgangen.
In dem neuen Druckzentrum soll es auch keine Tarifbindung mehr geben.Es sind also erheblich niedrigere Löhne als in den bisherigen beiden Druckereien unternehmerisch eingeplant.
Die gleiche Situation finden wir übrigens auch bei der Firma Schlecker vor: Dort wurde im Rahmen desselben Unternehmens kurzerhand ein neuer Betrieb namens Schlecker XL gegründet, der nicht tarifgebunden ist und seit Kurzem in denselben Städten neue Filialen eröffnet, die alten schließt und nur ausgewählte Beschäftigte zu niedrigen Löhnen ohne Tarifbindung übernimmt. So macht man einen Betrieb übrigens gleich noch betriebsratsfrei. In diesem Zusammenhang begrüße ich den Betriebsrat des „Darmstädter Echos“ auf der Zuschauertribüne.
Es ist ein unerträglicher Zustand, dass langjährig Beschäftigte und ihre Betriebsräte auf eine solche Weise von findigen, eiskalten Unternehmern ausgetrickst und ihrer Existenzgrundlage beraubt werden können. Das muss rechtlich schnellstens geändert werden.