Protokoll der Sitzung vom 17.11.2009

Im Gegenteil. Herr Kollege Weiß, lesen Sie die Protokolle nach. Dann werden Sie feststellen, dass viele große Erwartungen an das Informationsfreiheitsgesetz haben, dass viele große Hoffnungen damit verknüpfen, dass sie auch erklären, das sei in anderen Bundesländern wunderbar geregelt. Auf meine konkrete Nachfrage, welche Vorteile sie denn benennen könnten, kam großes Schweigen, oder es kamen ausweichende Antworten. Das ist der eine Tatbestand: Wir würden durch dieses Gesetz nichts zusätzliches Sinnvolles erreichen.

Die andere Komponente wurde schon mehrfach genannt: Es wurden Mehrbelastungen angeführt, gerade von den Kommunalen Spitzenverbänden und auch von den in kommunalpolitischer Verantwortung stehenden Personen.

(Marius Weiß (SPD): Minimal!)

Es sind insbesondere auch Politiker von SPD und GRÜNEN, die diese Bedenken auf der kommunalen Ebene tragen.

Herr Greilich, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme sofort zum Schluss, Herr Präsident.

Es gibt einen weiteren, allerletzten Punkt, den ich nicht unerwähnt lassen will. Informationsfreiheit für die einen hat auch immer etwas zu tun mit der Abwägung und der potenziellen Kollision mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der einzelnen Bürger. Diese Kollisionsgefahr ist meines Erachtens in Ihren Gesetzentwürfen unzureichend geregelt.

Ich kann das Ganze in einem Satz zusammenfassen.Auch den habe ich hier schon mehrfach gesagt, und der ist mein Credo: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, ist es notwendig, kein Gesetz zu machen. – Das gilt für den Gesetzentwurf der LINKEN in ganz besonderer Form, aber es wird auch für Ihre Gesetzentwürfe gelten.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE):Was sind wir wieder liberal heute!)

Danke, Herr Greilich. – Für die Landesregierung ergreift Herr Staatsminister Bouffier das Wort.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Kollege Weiß hat zu dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE alles gesagt. Er ist überflüssig, und er ist in der Sache falsch. Insofern kann ich mich Ihnen, Herr Kollege Weiß, anschließen.

Was die Frage des Informationsfreiheitsgesetzes angeht, haben wir in erster Lesung sowohl einen Gesetzentwurf der Fraktion der Sozialdemokraten wie auch einen der Fraktion der GRÜNEN hier behandelt. Es wird Sie nicht überraschen, dass sich meine Grundsatzposition dazu nicht geändert hat. Ich verstehe: Es gibt eine Gemeinde, die das wünscht, wie vieles andere auch.

Ich habe das mit den Kollegen in den anderen Ländern erörtert, und ich will Ihnen nur sagen, im günstigsten Fall schadet es nichts, aber irgendetwas gebracht hat es doch nicht. Die Hauptkonsequenz des Ganzen ist, es ist eine dramatische Bürokratisierung. Ich weiß nicht, welcher Kollege es eben gesagt hat,der gerade gesprochen hat.Ich bin mir nicht sicher,ich glaube,es war der Kollege von den GRÜNEN.

(Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frömmrich heißt er!)

Ja, ich glaube, es war Herr Kollege Frömmrich, aber ich will ihm nicht zu nahe treten. Ich glaube aber, er hat es erwähnt. – Er hat darauf hingewiesen, es könnte auch ein Beitrag dazu sein, um Wahlmüdigkeit, Politikverdrossenheit und Ähnliches mit Erfolg zu bekämpfen. Wenn es denn so wäre, wäre ich gern bereit, intensiv darüber nachzudenken.

Nun gibt es – Sie haben darauf hingewiesen – dieses Gesetz in anderen Ländern aber. Jetzt schauen Sie sich einmal die Verhältnisse dort an. Es gibt keinen einzigen Ansatzpunkt dafür – nicht einmal einen Ansatzpunkt –, dass all das, was wir alle zu Recht beklagen, durch ein solches Gesetz verbessert worden wäre. Im Gegenteil, es führt eigentlich eher zu Verdruss.

Ein Beispiel, das ich gern anführe; denn es ist eines, das man in dieser Debatte nicht unterschlagen darf:Wenn Sie sich den Bericht des Landes Brandenburg ansehen, stellen Sie fest, dass der Hauptnutzer des Informationsfreiheitsgesetzes des Landes Brandenburg der Landesverband der NPD ist, der genau damit versucht, jegliche Maßnahme einer Ordnungsbehörde zu konterkarieren. Das ist in einem freiheitlichen Rechtsstaat hinzunehmen.

Die NPD war der Hauptnutzer in diesem Land. Dass dies der Demokratie und der Verbesserung der Lage in diesem Land gedient und der Politikverdrossenheit entgegengewirkt hätte, kann man nicht sagen. Ich glaube, wir sollten das viel kürzer ansetzen.

(Marius Weiß (SPD): Die Möglichkeiten gibt es hier schon! Warum macht es die NPD hier nicht, wenn es die Möglichkeiten schon gibt?)

Es gibt die Jünger, die das seit Jahren verkünden. Es gibt nicht einen einzigen Sachverhalt, der es belegt. Aber es gibt die berechtigte Sorge, dass das einen irren bürokratischen Aufwand zur Folge hat.

Damit auch unsere Zuhörer verstehen, worüber wir hier eigentlich diskutieren, sage ich: Die Daten gehören nicht der Verwaltung.Aber die Verwaltung hat den Auftrag, die Daten der Bürger zu schützen.

(Janine Wissler (DIE LINKE):Vor ihnen selbst?)

Keiner von uns hätte es gern, wenn ein anderer, ohne ein berechtigtes Interesse zu haben, alles über ihn erfahren würde. Deshalb ist das falsch, wie ich hier ausdrücklich sage. Datenschutz und Informationsfreiheitsgesetz gehören nicht zusammen.An dieser Position hält die Hessische Landesregierung, vertreten durch mich, seit Jahren fest. Ich sage es heute noch einmal, damit wir auch etwas zum Diskutieren haben: Informationsfreiheit bedeutet nicht die Verfügbarkeit aller behördlichen Erkenntnisse.

Wir haben Informationsfreiheitsgesetze, sogar eine ganze Menge. Herr Kollege Greilich und auch Herr Kollege Beuth haben darauf hingewiesen – darauf kommt es zum Schluss an –: Ergibt es irgendeinen Sinn, wenn wir ein zusätzliches Informationsfreiheitsgesetz haben? Wir haben das allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz, das Baugesetzbuch, das Immissionsschutzgesetz und das Umweltinformationsgesetz. Sie alle enthalten Ansprüche, in Akten zu schauen, aber immer unter dem Aspekt, dass es irgendeine Form von Betroffenheit gibt. Das halte ich auch für richtig.

Ich will das zum Schluss an dem Beispiel eines Metzgers erklären: Ein Metzger will seine Wurstküche erweitern. Was braucht er dafür? Er braucht eine Baugenehmigung, eine Immissionsschutzgenehmigung und eine Lärmschutzgenehmigung. Überall dort haben die Nachbarn – der besorgte Bürger – das Recht, genau hineinzuschauen. Der Bürger wird gehört, er hat ein Rechtsschutzverfahrensinteresse, und er kann sich dort genau informieren.

Meine Damen und Herren, was braucht es eigentlich noch? Wenn wir einmal von der lyrischen Ebene herunterkommen, wonach das ein Beitrag zu mehr Demokratie sei – was ich nachhaltig bestreite –, stellen wir fest, es geht nur noch um die Frage, ob das sinnvoll ist oder ob es bedeutet, einer Schimäre hinterherzulaufen. Ich glaube, es ist im Prinzip Wortgeklingel.

Ich bin nicht dafür, dass wir eine Vorschrift schaffen, die mit Sicherheit viel bürokratischen Aufwand mit sich bringt und mit Sicherheit enorme Kosten verursacht.Herr Frömmrich, bei Ihnen im Kreis wird es keine einzige Gemeinde geben – außer vielleicht Korbach –, die in der Lage ist, dies ohne zusätzlichen juristischen Sachverstand zu bewerten.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das funktioniert in den anderen Bundesländern!)

Allein die Ausführungen, die Sie und Herr Weiß zu dem Gesetzentwurf der LINKEN so generös gemacht haben, haben doch gezeigt: Nicht einmal die waren in der Lage, juristisch zu verstehen, worum es dabei geht. Sie werden es in einer Kommunalverwaltung niemandem übel nehmen können, wenn er sich zusätzlichen juristischen Sachverstand besorgt.

Deshalb: Wir sind nicht immer derselben Auffassung wie die kommunale Gemeinschaft. Unterschiede gibt es immer wieder.Aber in dieser Frage ist es ein Belang,der Gewicht hat. Eine Antwort bleiben Sie schuldig, mit der Ausnahme, dass Sie sagen, das sei ein Beitrag zu mehr Demokratie.

Ich bestreite das. Das ist eine Einladung zu mehr Bürokratie, und deshalb wird sich die Landesregierung auch in Zukunft – jedenfalls soweit keine neuen Argumente vorgetragen werden – diesen Gesetzesinitiativen nicht anschließen, und sie wird empfehlen, den Gesetzentwurf der LINKEN, der heute hier eingebracht wurde, abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Zur weiteren Aussprache hat Herr Weiß, SPD-Fraktion, das Wort. Fünf Minuten Redezeit stehen zur Verfügung.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich brauche die fünf Minuten Redezeit nicht.Ich möchte nur noch einmal zwei Punkte darstellen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das funktioniert meistens nicht, wenn man so etwas sagt!)

Herr Minister, zwei Punkte, die Sie genannt haben, können einfach nicht so stehen bleiben.Zum einen geht es um den Mehraufwand – „Bürokratiemonster“ haben Sie es genannt. Das ist durch Zahlen definitiv nicht belegbar. Wir haben in der Anhörung erfahren, dass das, was immer befürchtet wurde, ausgeblieben ist, nämlich dass irgendwelche Ämter auf kommunaler Ebene mit Anträgen und Anfragen überhäuft werden. Das ist definitiv ausgeblieben. Es ist nicht so, dass die Bürokratie exorbitant zugenommen hat. Das ist definitiv nicht der Fall. Diese Aussage darf hier also nicht ohne Weiteres stehen bleiben.

Zum anderen gibt es hier einen Widerspruch,den ich auch nicht stehen lassen will. Einerseits sagt Herr Beuth die ganze Zeit, sie benötigten das nicht, die Möglichkeiten gebe es schon jetzt aufgrund anderer Gesetze. Die Möglichkeit, die wir mit dem Informationsfreiheitsgesetz schaffen wollten, bestehe also bereits. Dann, Herr Minister, stellen Sie sich hierhin, holen die NPD-Keule heraus und warnen davor, dass die NPD dies, wenn wir es einführten, genau wie in anderen Bundesländern nutzen würde. Wenn wir all die Möglichkeiten hier schon haben, warum nutzt sie die NPD nicht jetzt schon? Das frage ich mich. Eines von beidem kann also nicht stimmen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Weiß. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Ich stelle fest, dass die erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE für ein Hessisches Gesetz über die Freiheit des Informationszugangs erfolgt ist. Der Gesetzentwurf soll zur weiteren Beratung an den Innenausschuss überwiesen werden. – So können wir verfahren.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Achtes Gesetz zur Änderung des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Sozialgerichtsgesetz – Drucks. 18/1414 zu Drucks. 18/1052 –

Ich darf Frau Kollegin Hofmann als Berichterstatterin um das Wort bitten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Rechtsund Integrationsausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der SPD, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverändert anzunehmen.

Der Gesetzentwurf war dem Rechts- und Integrationsausschuss in der 21. Plenarsitzung am 17. September 2009 überwiesen worden.

Der Rechts- und Integrationsausschuss hat zu dem Gesetzentwurf eine schriftliche Anhörung durchgeführt.

Der Rechts- und Integrationsausschuss hat in seiner Sitzung am 10. November 2009 den Änderungsantrag Drucks. 18/1391 mit den Stimmen der CDU und der FDP gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN bei Enthaltung der SPD abgelehnt und anschließend die zuvor genannte Beschlussempfehlung an das Plenum ausgesprochen.

Vielen Dank. Das ist in Ordnung, und es hat auch alles geklappt.

(Heiterkeit)

Ich darf die Aussprache eröffnen.Als Erster hat sich Herr Kollege Klein für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die inhaltlichen Schwerpunkte des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Achtes Gesetz zur Änderung des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Sozialgerichtsgesetz und deren positive Auswirkungen habe ich bereits im Rahmen der ersten Lesung ausführlich dargestellt.